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3. Störungsspezifische Therapieforschung
3.2 Traumaforschung
ОглавлениеDas Trauma nimmt in ätiologischen Modellen eine Sonderstellung ein. Es ist nicht nur möglicher Auslöser einer posttraumatischen Störung (PTSD), sondern kann mit sekundären Beeinträchtigungen der Persönlichkeit verbunden sein (Achse II), wenn die traumatische Belastung früh und schwerwiegend war (s. Tab. 11). Und ein Trauma kann im weiteren Verlauf die Grundlage jeder klinischen Störung sein (Achse I), sowohl zahlreicher psychischer Störungen und Risikoverhaltensweisen als auch zahlreicher chronischer körperlicher Störungen (s. Tab. 12).
Die Traumaforschung ist ein herausforderndes Behandlungsfeld für alle Therapieschulen. Sie führt in der Konsequenz zur Relativierung schulenspezifischer Konzepte (z. B. der psychoanalytischen Dogmen von Verdrängung und Übertragung und der verhaltenstherapeutischen Dogmen einer primär verhaltenszentrierten oder primär kognitionszentrierten Vorgehensweise) und insofern auch zu einer Annäherung der Schulen.
Die Traumaforschung stellt uns vor drei zentrale Herausforderungen: 1. die Akzeptanz realer emotionaler Katastrophen und Gewalt, deren primär verletzender Charakter keiner Interpretation oder Deutung bedarf; 2. den Umgang mit der eigenen durch empathische Erschütterungen ausgelösten individuellen und gesellschaftlichen Abwehr/Verleugnung (nicht wirklich wissen wollen) oder Viktimisierung (Opfer-Identifikation) und 3. eine angemessene ätiologische Positionierung des Traumabegriffs entweder als eigenständige Störung oder als ätiologische Bedingung für eine Vielzahl von Störungen. In Bezug auf den störungsunspezifischen ätiologischen Charakter von Traumatisierungen geht es auch um die Frage, ob der Begriff «Trauma» zu häufig gebraucht wird («Traumaüberschätzung» Rudolf 2012 oder «Traumaschwemme» Linden 2011) als mögliche Überreaktion auf die Auseinandersetzung mit Belastungen in der Biografie.
Doch bevor zu diesen drei Herausforderungen Stellung bezogen wird, sollen Erkenntnisse zum Traumagedächtnis, zur Traumasymptomatik, zum Verständnis der Traumaentstehung, zu einer zentralen therapeutischen Kontroverse und zum Begriff der Traumafolgestörungen dargestellt werden. Nicht zuletzt soll dabei eine zukunftsweisende Studie einbezogen werden, die in Deutschland noch viel zu wenig bekannt ist.