Читать книгу Verwaltungsgerichtsordnung - Martin Redeker - Страница 114

6Als solcher Beteiligter kann der VöI selbst Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen⁶. Er kann auch Berufung einlegen, wenn die anderen Beteiligten mit dem Urteil einverstanden sind und Rechtsmittelverzicht erklärt haben⁷. Eine Beschwer durch das angefochtene Urteil ist nicht erforderlich, es genügt, dass der VöI die Entscheidung für unrichtig hält⁸, insoweit wird die Ursprungsfunktion des VöI von der Recht­spre­chung anerkannt. Er kann deshalb nach Auffassung des BVerwG sogar ein Rechtsmittel einlegen, wenn das Urteil seinem Antrag entspricht⁹. Der VöI kann im nicht von ihm geführten Zulassungsverfahren fremden Vortrag vertiefen oder ergänzen, aber nicht rechtswirksam neue Zulassungsgründe darlegen¹⁰. Da der VöI getrennt bei VG und OVG einzurichten ist, endet der Bereich des VöI bei dem VG mit der Einlegung der Berufung oder der Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung. Zur Erhebung einer (unselbständigen) Anschlussberufung ist er nicht mehr berechtigt¹¹, er kann die von ihm eingelegte Berufung auch vor dem OVG nicht selbst vertreten. Dagegen kann der VöI beim OVG nicht nur Revision einlegen, sondern ist zur Führung des Revisionsverfahrens selbst berechtigt¹²; vgl. § 132 Rn. 3. Das setzt seine Beteiligung am Verfahren voraus; er kann seine Beteiligung bis zum Ab­schluss des Berufungsverfahrens erklären, zum Zweck der Einlegung der Revision auch noch nach Verkündung oder Zustellung des Berufungsurteils¹³; nach Ablauf der Rechtsmittelfrist für die anderen Beteiligten kann er jedoch mit einer Anschlussrevision nicht erstmalig seine Beteiligung erklären¹⁴. Er bleibt auch Beteiligter des Revisionsverfahrens, wenn er sich in den Vorinstanzen beteiligt und ein anderer Beteiligter Revision eingelegt hat¹⁵. Auch hier wird der Unterschied der Stellung des VöI zum VBI deutlich (vgl. § 35 Rn. 5). Dem VöI sind die Kos­ten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn er mit seinem Antrag oder Rechtsmittel nicht durchdringt¹⁶. Zur Erstattungsfähigkeit der Kos­ten des VöI VG Sigmaringen¹⁷.

7Der VöI unterliegt nicht dem Vertretungszwang (§ 67 Abs. 4 Satz 4).

8Über jedes anhängige Verfahren ist der VöI durch Über­sen­den von Abschriften aller Schriftsätze, Mitteilung aller gerichtlichen Maßnahmen usw. zu unterrichten. Er kann die Akten einsehen, um zu entscheiden, ob er sich am Verfahren beteiligen will. Erklärt er, dass er sich nicht beteiligen wolle, so entfällt diese technische Einschaltung. Erklärt er die Beteiligung, so wird er von diesem Zeitpunkt an echter Beteiligter gem. § 63 Nr. 4.

9Zur Vertretung des Landes im Verwaltungsstreit ist der VöI, der dort als Landesanwalt bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit (VG und VGH/OVG) bezeichnet ist, nur noch in Bayern (nur VGH und BVerwG)¹⁸ berufen. Er handelt insoweit als Bevollmächtigter kraft Gesetzes. Zur Befähigung zum Amt des VöI vgl. § 37 Rn. 1.

§ 37[Befähigung]

(1) Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht und seine hauptamtlichen Mitarbeiter des höheren Dienstes müssen die Befähigung zum Richteramt haben.

(2) Der Vertreter des öffentlichen Interesses bei dem Oberverwaltungsgericht und bei dem Verwaltungsgericht muss die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz haben; § 174 bleibt unberührt.

1Die Befähigung zum Richteramt richtet sich nach den §§ 5–7, 108, 109 DRiG. Die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst steht nach § 174 nur noch für den VöI an VG und OVG der Befähigung zum Richteramt gleich, und zwar auch nur für die VöI, die nicht in § 122 Abs. 5 DRiG genannt sind. Diese Vorschrift verweist für die Staatsanwälte und die Landesanwälte bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit (in Bayern) auf § 122 Abs. 1 DRiG, der uneingeschränkt die Befähigung zum Richteramt verlangt¹. Für ehemalige Richter der DDR gelten die Maßgaben des Einigungsvertrages mit der Folge, dass diese eine der Befähigung zum Richteramt gleichgestellte Qualifikation haben. Der Grad eines Diplomjuristen genügt nicht.