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12Privatrechtlich ist dagegen das Verhältnis der Versicherten zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder115, ebenso das Versicherungsverhältnis der nichtbeamteten öffentlichen Be­diens­te­ten zur Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Hessen116, der Streit um die Entsendung von Delegierten in die Schiedsstelle oder in den Landesausschuss für Krankenhausplanung nach KHG117, der Vertrag zwischen juristischer Person des Zivilrechts und der Gemeinde über Errichtung und Betrieb eines Krankenhauses118, auch das Rechtsverhältnis zwischen einem Prüfungsverband und der um Aufnahme nachsuchenden Genossenschaft119 oder mit der Bundesstiftung „Mutter und Kind“120 oder zwischen der JurisGmbH und ihren Kunden121; privatrechtlich ist auch die Frage der Kostenregelung ­zwischen Straßenbaubehörde und Versorgungsunternehmen für die Neuverlegung einer Versorgungsleitung beim Straßenausbau122; ebenso die für verbilligtes Bauland erforderlichen Geschäfte123. Die Entscheidung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Immobilien an einen von mehreren Interessenten zu veräußern, erfolgt ausschließlich zivilrechtlich124. Die gütliche Einigung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 VermG ist ebenfalls privatrechtlich und dem­ent­sprechend vor den Zivilgerichten zu verhandeln125.

13Der öffentlich-rechtliche Vertrag kann aber auch als subordinationsrechtlicher Vertrag dort geschlossen werden, wo die Behörde befugt ist, eine Regelung durch VA zu treffen126. Für die Rechtsgültigkeit des subordinationsrechtlichen Vertrags hat das BVerwG zu Recht da­rauf abgestellt, dass diese im Einzelfall auf ihre Verträglichkeit mit den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, des Vorbehaltes des Gesetzes und des Gleichheitsgrundsatzes geprüft werden müsse127. Die Verwaltung hat damit die Möglichkeit, verwickelte Sachverhalte durch Vertrag zu lösen128 und die hoheitliche Maßnahme als letzten Ausweg vorzusehen. Unzulässig ist jedoch, wenn die Verwaltung im Vertrag von zwingenden gesetzlichen Normierungen abweicht129. Ein Vertrag, der auf die Vorauszahlung eines späteren Beitrages gerichtet ist, kann geschlossen werden, bevor die vorgesehene Normierung der Beitragsregelung in Kraft getreten ist130; dies setzt zwar keine genaue Kenntnis des zu erwartenden, für die spätere Beitragserhebung maßgeblichen Aufwandes voraus131, jedoch muss eine so konkrete Kostenschätzung vorliegen, dass ein Übermaß an Vorauszahlung ausgeschlossen ist132. Im Baurecht (vgl. §§ 11, 12, 124 BauGB) sind über den subordinationsrechtlichen Vertrag hinaus öffentlich-rechtliche Verträge allgemein üblich (gerade für die Übernahme von Planungskosten, aber auch Folgekosten) und zulässig. Sie sind aber bei strenger Betrachtung häufig nicht synallagmatisch, denn zu der eigentlichen Gegenleistung, der Aufstellung eines Plans mit bestimmtem Inhalt, darf sich die Gemeinde nicht verpflichten, § 1 Abs. 3 BauGB. Deshalb wird vom hinkenden Austauschvertrag gesprochen133. Vor­aus­set­zung für den Ab­schluss eines Durchführungsvertrags zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan, § 12 BauGB, als häufiger Unterfall eines städtebaulichen Vertrags, ist die Grundstücksverfügbarkeit. Wird nun ein derartiger Grundstückkaufvertrag zwischen der Gemeinde als Verkäuferin und dem potenziellen Vorhabenträger geschlossen und scheitert das Planverfahren, dann ist die Rückabwicklung des Grundstückkaufvertrages zivilrechtlicher Natur134.

Hat die Behörde, statt einen VA zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, kann sie im Streitfall, wenn dies nicht gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist, die Erfüllung des Vertrags nicht mit einem VA, sondern nur mit einer Leistungsklage durchsetzen135; auch eine im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zu Unrecht gewährte Leis­tung kann durch VA nur zurückgefordert werden, wenn bei dessen Erlass hierfür eine ausreichende gesetzliche Grundlage vorhanden ist136.

14Der subordinationsrechtliche Vertrag kann nach § 56 VwVfG auch als Austauschvertrag mit dem Inhalt geschlossen werden, dass sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet. Diese Gegenleistung muss nach dem Gesetz für einen bestimmten Zweck vereinbart werden und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienen; sie muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und in sachlichem Zusammenhang mit der vertraglichen Leis­tung der Behörde stehen. Sofern ein Anspruch auf die Leis­tung der Behörde besteht, kann nach § 56 Abs. 2 VwVfG nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines VA Inhalt einer Nebenbestimmung sein könnte. Mit dieser Regelung hat sich der Gesetzgeber prinzipiell für die Zulässigkeit solcher Verträge ausgesprochen137. Es bleibt im Einzelfall weiterhin fraglich, wo die Grenzen der Zulässigkeit von Austauschverträgen liegen. Die Behörde darf sich Leistungen, auf die ein Anspruch besteht, nicht abkaufen lassen (Kopplungsverbot);138 ebenso wenig darf sie sich Leistungen verschaffen, auf die nach dem Gesetz kein Anspruch besteht139. Es wird daher umstritten bleiben, in welchem Umfang Verträge zulässig sind, in denen sich Bauwillige verpflichten, der Gemeinde bestimmte Folgekosten eines Bauvorhabens zu ersetzen (Folgekostenvertrag), d. h. Kos­ten jenseits der beitragsfähigen Erschließung als Folge neuer Ansiedlungen für Anlagen und Einrichtungen der Gemeinde140. Die auf die Folgekosten als „sonstige Abgaben“ bezogene Regelung des § 9 AbgG SchlH hat das BVerwG für zulässig erachtet141. Die Erhebung eines Schulbaubeitrages hat es für unzulässig gehalten142. Den Folgekostenverträgen stehen nach der Recht­spre­chung des BVerwG prinzipiell weder gesetzliche Vorschriften, noch das Kopplungsverbot oder der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen; doch ist ihre Zulässigkeit dadurch begrenzt, dass Ursächlichkeit zwischen Bauvorhaben und Folgelasten bestehen und die Folgemaßnahme im Vertrag konkretisiert sein muss; zudem darf weder ein Machtmissbrauch vorliegen noch das Verbot des Übermaßes verletzt sein143. Zur Rückabwicklung nichtiger Folgekostenbeiträge vgl. Münster NJW 1978, 1542; NJW 1980, 2093.

15Ansprüche wegen Leistungsstörungen im öffentlich-rechtlichen Vertrag können sich auf die Verletzung der Vorschriften des VwVfG (vor allem § 59: Nichtigkeitsgründe; § 58: Zustimmung von Dritten und Behörden; § 60: Wegfall der Geschäftsgrundlage) und über die Verweisung in § 62 VwVfG auf das BGB ergeben144. Für das Geltendmachen der Ansprüche steht der Verwaltungsrechtsweg offen145; der Anspruch auf Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Vertrags ist durch Treu und Glauben begrenzt146. Zur Kündigung wegen Änderung oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage vgl. BVerw­GE 97, 331 zur Anpassung des Vertrages; München BayVBl. 1995, 659; Münster DVBl. 1980, 763 für Kostenerstattung; Lorenz DVBl. 1997, 865; zur Änderung der Verhältnisse bei Zweckverbänden vgl. Dolde DVBl. 1995, 637.

15aAuch für den Schadensersatzanspruch entsprechend den §§ 276, 278 BGB oder den Anspruch aus positiver Vertragsverletzung147 ist der Verwaltungsrechtsweg zu bejahen (§ 40 Abs. 2 Satz 1). Das gilt auch für culpa in contrahendo, § 311 Abs. 2 BGB148. Das BVerwG hat sich jedoch nun der Recht­spre­chung des BGH angeschlossen und den Zivilrechtsweg bejaht149. Das überzeugt nicht, auch wenn das BVerwG selbst zugesteht, dass der Gesetzgeber „gewisse Zufälligkeiten“ in der Rechtswegentscheidung hinnehme, weil es in dem Fall nicht so sehr um eine Fehlberatung ging, sondern, sonst kein cic, gerade um den Ab­schluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, des Durchführungsvertrags zum Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Gerade hier hat der Gesetzgeber recht ausführlich und detailliert die Rechte und Pflichten der Parteien (öffentlich-rechtlich) festgelegt (bis hin zu Festlegungen hinsichtlich der Anbahnung des Vertrags, die Befassenspflicht der Gemeinde, § 12 Abs. 2 Satz 1 BauGB)150, so dass nichts für den Zivilrechtsweg spricht. Ebenso Verwaltungsrechtsweg für die Rückforderung vertraglich gewährter Subventionen, wenn der Vertrag wegen Verstoß gegen Beihilferecht der EG unwirksam ist151 oder für die Rückabwicklung eines Folgekostenvertrags152. Für den Rücktritt hat Münster153 die Regeln über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender VA angewandt; das kann jedoch nur beim subordinationsrechtlichen Vertrag und auch nur für die Behörde gelten, im Übrigen sind die Vorschriften des BGB analog anzuwenden.

16Auch Ansprüche aus Auftrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag sind öffentlich-rechtlich, wenn der Kläger für einen anderen als Hoheitsträger tätig ­geworden ist154 oder Aufgaben wahrgenommen hat, die an sich zum Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltung gehören155; zum Ersatz der Aufwendungen bei polizeilichen Sicherstellungen vgl. Münster DVBl. 1973, 922. Zur Verwirkung im öffentlichen Recht vgl. BVerwG DVBl. 1999, 922; DVBl. 1999, 1043 hier verneint, da unterbliebene Antragstellung nicht treuwidrig; Mannheim NuR 1997, 245 zum vertraglichen Anspruch. Auch für Leistungsstörungen bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen, die nicht vertraglicher Art sind, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit nicht ein enger Bezug zum Amtshaftungsanspruch besteht156. Zum Zurückbehaltungsrecht wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen vgl. Kassel NJW 1996, 2746; Stober DVBl. 1973, 351. Zur Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche vgl. BVerw­GE 42, 353; E 81, 301 zur Frist bei Regressansprüchen; NVwZ 1993, 70 zu Dienst- und Versorgungsbezügen der Beamten; E 97, 1 und E 99, 101 zur Zahlung und Erstattung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung; Haenicke NVwZ 1995, 348. Zum Verzicht auf Rechte, die dem Einzelnen in seinem eigenen Interesse eingeräumt sind vgl. E 38, 160. Ob bei rechtswidrigen Eingriffen in das Eigentum ein privatrechtlicher oder ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch besteht, richtet sich nach der Rechtsqualität des Eingriffs157.

17Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind öffentlich-rechtlich, wenn das zugrunde liegende Rechtsgeschäft dem öffentlichen Recht ­angehört158. Eine ausdrückliche Verweisung auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung enthält § 48 Abs. 2 VwVfG, auch beamtenrechtliche Vorschriften159. Bei Rückforderungen irrtümlich geleisteter Zahlungen zwischen Behörden ist eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ausgeschlossen160. Zur Anwendung der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, wenn Leistungen auf Grund eines gerichtlichen Beschlusses über die Aussetzung der Vollziehung eines VA erfolgen, die Klage aber schließlich abgewiesen wird, vgl. BVerw­GE 24, 92; E 30, 296.

18Der Grundsatz des Vertrauensschutzes hat bei dem öffentlich-rechtlichen Rückforderungs- oder Erstattungsanspruch, unabhängig davon, ob er nach Rücknahme eines begünstigenden VA durch VA161 oder nach schlichten Verwaltungsleistungen geltend gemacht wird, erhebliche Bedeutung162. Die Recht­spre­chung aus den einzelnen Rechtsgebieten unterstreicht diese Bedeutung163.

18aDie Rückforderung gemeinschaftswidrig gewährter Beihilfen richtet sich grundsätzlich nach nationalem Recht, dabei ist jedoch eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ebenso wenig zulässig wie die auf Vertrauensschutz oder auf einen Frist­ab­lauf164. Wegen Fehlens ordnungsgemäßer Nachweise über die zweckentsprechende Verwendung können bewilligte Beträge nur dann zurückgefordert werden, wenn der Nachweis innerhalb von drei Jahren seit Ablauf des Jahres, in dem die Bewilligung erfolgte, verlangt worden ist165; das BVerwG hat hier, da Sonder­rege­lung vorlag, §§ 48, 49 VwVfG nicht als Maßstab genommen. Die Rückforderung setzt dort, wo die Leis­tung durch VA gewährt wurde, die Rücknahme des Leistungsbescheides voraus166. Die sachliche Zuständigkeit zwischen den Gerichten der öffentlich rechtlichen Gerichtsbarkeiten richtet sich bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen nach dem Rechtsgebiet, aus dem sich die Leistungspflicht ergibt167. Bei Erstattungsbescheiden gegen öffentliche Be­diens­te­te nach dem ErstattungsG ist der Verwaltungsrechtsweg zur Anfechtung nur dem Beamten, nicht dem Angestellten oder Arbeiter eröffnet (vgl. Rn. 58). Den Verwaltungsrechtsweg verneint hat das BVerwG für die Rückforderung eines nach dem Tode des Begünstigten noch gezahlten Betrags168.

19Auch die Aufrechnung öffentlich-rechtlicher Ansprüche ist zulässig169. Die Aufrechnung mit einer in einem Leistungsbescheid konkretisierten Forderung setzt nicht dessen Vollziehbarkeit voraus170. Materiellrechtlich ist auch die Aufrechnung einer öffentlich-rechtlichen mit einer bürgerlich-rechtlichen Forderung zulässig171. Nach der Neufassung des § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG durch das 4. ÄndG VwGO hat das für einen Klagegrund zuständige Gericht den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. § 90 Rn. 10), soweit nicht, wie für Ansprüche aus Enteignung (Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG) oder aus Amtshaftung (Art. 34 Abs. 3 GG)172 eine verfassungsrechtliche Rechtswegzuweisung vorliegt173. Damit ist, soweit nicht diese Einschränkung greift, auch im Verwaltungsprozess die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung zulässig174. Zum Vorbehaltsurteil bei Aufrechnung, soweit dies noch in Betracht kommt, vgl. Lüneburg OVGE 33, 388; Münster NJW 1980, 1068; sowie Pietzner VerwA 74, 59. Zur Aufrechnung im einstweiligen Rechtsschutz vgl. § 80 Rn. 29a.

20Ob bei der Haftung des Rechtsnachfolgers für öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten der Verwaltungsrechtsweg weiterhin offen steht, richtet sich im Einzelfall nach der Art der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung und dem Rechtsgrund der Rechtsnachfolge175. Die Verpflichtung des Erben eines Ruhestandsbeamten zur Rückzahlung zu viel gezahlten Ruhegehalts ist eine öffentlich-rechtliche Erblasserschuld176, auch die durch ordnungsbehördliche Verfügung konkretisierte Zustandshaftung geht auf den Rechtsnachfolger über177. Der Konkursverwalter konnte durch Freigabe von Gegenständen die Pflichtigkeit des Gemeinschuldners wieder herstellen178. Eine Vererblichkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche kommt nur dann in Betracht, wenn sie vermögensrechtlicher Art sind179, nicht jedoch, wenn sie so höchstpersönlicher Art sind, dass sie mit dem Tode des Berechtigten erlöschen180. Nach dem SGB I bedarf es für den Bereich der Sozialleistungen einer differenzierten Betrachtungsweise181. Auch öffentlich-rechtliche Pflichten können auf den Erben übergehen, soweit nicht öffentlich-rechtliche Sonderregelungen in Betracht kommen oder sich aus dem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis Abweichendes herleiten lässt. Auf sie finden die erbrechtlichen Vorschriften entsprechende Anwendung182.

20aBei gesamtschuldnerischer Haftung für eine öffentlich-rechtliche Forderung hat das BVerwG für den Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis den Zivilrechtsweg bejaht183.

21Auch bei der Abgrenzung zum fiskalischen Handeln kann nicht da­rauf abgestellt werden, ob bürgerlich-rechtliche Gestaltungsformen verwandt werden184; auch soweit sie in Formen des Privatrechts handelt, kann die Verwaltung an öffentlich-rechtliche Vorschriften gebunden bleiben185. Der BGH hat für Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen Privaten und öffentlicher Hand den Zivilrechtsweg bejaht186, wobei die öffentlich-rechtlichen Kompetenzgrenzen nur als Vorfrage der Wettbewerbsstreitigkeit nach § 1 UWG angesehen werden. Zu Recht hat das BVerwG187 jedoch diese Streitigkeiten dem öffentlichen Recht zugeordnet188. Erdmann189 bejaht für Wettbewerbsklagen von Privaten gegen die wirtschaftliche Betätigung von Wirtschaftskammern den Zivilrechtsweg. Kein Kaufvertrag, sondern öffentlich-rechtliche Beziehungen liegen vor bei der Übernahme von Getreide zum Erzeugerpreis durch die Einfuhr- und Vorratsstellen190. Für den Rechtsstreit über Inhalt und Ausmaß einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist der Verwaltungsrechtsweg auch dann gegeben, wenn diese Verpflichtung sich auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis bezieht191 oder in einen privatrechtlichen Vertrag mit aufgenommen ist192. Da der Verwaltung im öffentlichen Recht kein ähnlich geschlossenes Normensystem wie im bürgerlichen Recht zur Verfügung steht, muss sie sich im Bereich der Leistungsverwaltung der analogen Anwendung privatrechtlicher Gestaltungsformen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Zwecke bedienen193. Ob bei einem Handeln der Verwaltung in der Daseinsvorsorge aus dem öffentlich-rechtlichen Zweck stets auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der Handlung geschlossen werden kann, ist umstritten194.

22Bei der Gewährung von Subventionen und sonstigen Förderungen kann sich die öffentliche Hand der verschiedensten Gestaltungsformen bedienen. Ob bei der Gewährung von Subventionen allgemein ein öffentlich-rechtliches Subventions- oder besonderes Schuldverhältnis vorliegt, ist umstritten195. VA und öffentlich-rechtlicher Vertrag eröffnen im Streitfall den Verwaltungsrechtsweg. lnwieweit dies bei anderen Formen der Fall ist, muss im Einzelfall entschieden werden196. Bejaht bei Rückforderung von Subvention in Form von verbilligtem Grundstückskaufpreis auf Grund Haushaltsvermerks197. Dabei sollte jedoch davon aus­ge­gan­gen werden, dass das Handeln des Staates zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Zwecke grundsätzlich auch als öffentlich-rechtlich anzusehen ist; denn nur dann lässt sich begründen, dass der Staat bei diesem Handeln in mancher Hinsicht, z. B. durch den Gleichheitssatz, das Sozialstaatsprinzip u. Ä. gebunden ist und etwa eine Vertragsfreiheit nicht in gleichem Umfang für sich in Anspruch nehmen kann wie eine Privatperson. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob die Subvention auf Grund einer gesetzlichen Regelung oder ohne eine solche gewährt wurde198. Die Tätigkeit einer juristischen Person des Privatrechts, derer sich der Staat zur Erbringung von Leistungen an den Bürger bedient, unterliegt, soweit sie nicht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungs- oder Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist, nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte199.

23Zu Recht ist daher auch die für die Gewährung der Subvention durch VA entwickelte Zweistufentheorie angegriffen worden200, die das BVerwG in st. Rspr.201 bei der Darlehensgewährung im öffentlich geförderten Wohnungsbau angewandt hat, und zwar auch für das aus Wohnungsfürsorgemitteln dem Beamten gewährte Darlehen202, da es diese Streitigkeit auch nicht als beamtenrechtlich angesehen hat203.

Eine Trennung zwischen öffentlich-rechtlichem Teil und privatrechtlichem Teil im Sinne der Zweistufentheorie ist jedoch jedenfalls dort abzulehnen, wo sich nicht zwei deutlich voneinander abhebende Akte in der Handlung der Behörde feststellen lassen. Eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung auf der Grundlage der Zweistufentheorie enthielt § 102 Abs. 2. WohnbauG. Das ist in § 13 Abs. 3 WoFG entfallen. Für Ansprüche, die sich aus der Zahlung der Subvention ergeben, z. B. für einen Rückzahlungsanspruch, ist daher der Verwaltungsrechtsweg gegeben204, den das LG München unter Berufung auf die Zweistufentheorie zu Unrecht bei der Rückforderung einer Studienbeihilfe verneint205.

24Bei Benutzungsverhältnissen von Einrichtungen des Staates und der Gemeinden sowie bei öffentlichen Versorgungsbetrieben kommt es nach herrschender Meinung206 auf die organisatorische Ausgestaltung dieses Verhältnisses durch den Unternehmensträger, nicht jedoch auf den Errichtungsakt oder den mit dem Unternehmen verfolgten öffentlichen Zweck an207. Kassel208 rechnet die Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung stets dem öffentlichen Recht zu und bezieht die Wahlfreiheit zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht nur auf die Ausgestaltung der Benutzung209. Bei Konfliktsituationen im Benutzerverhältnis kommt wiederum die analoge Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften in Betracht210. Ändert der Unternehmensträger die Organisationsform, so kann sich ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Benutzungsverhältnis in ein privatrechtliches verwandeln211. Macht ein Kreditinstitut, das im eigenen Namen im Rahmen eines staatlichen Förderungsprogramms Gelder an Private ausgezahlt hat (sog. Bankenverfahren), aus eigenem Recht Rückzahlungsansprüche gegen die Empfänger geltend, so ist der ordentliche Rechtsweg auch dann gegeben, wenn das Kreditinstitut eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist212.

25Nach der Neu­struk­tu­rie­rung und Liberalisierung im Bereich des Post- und Kommunikationswesens, die mit dem PostG v. 22.12.1997 (BGBl. I S. 3294) und dem TelekommunikationsG v. 25.7.1996 (BGBl. I S. 1120) zunächst ihren Ab­schluss gefunden hat213, sind die Benutzungsverhältnisse grundsätzlich privatrechtlicher Natur. Eine Ausnahme besteht nach § 33 Abs. 1 PostG bei der förmlichen Zustellung, wo der Lizenznehmer als beliehener Unternehmer handelt. Privatrechtlich sind auch die Benutzungsverhältnisse im Multimediabereich, in dem der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeit das Informations- und KommunikationsG214 erlassen hat und die Länder mit dem Mediendienste-Staatsvertrag215 die erforderlichen Ergänzungen für ihren Kompetenzbereich vorgenommen haben. Die Rahmenbedingungen für diese Benutzungsverhältnisse werden jedoch durch Hoheitsakte festgelegt, vgl. dazu Rn. 52. Auch das Bahnbenutzungsverhältnis ist nicht öffentlich-rechtlich, obgleich die Benutzungstarife einem Genehmigungsvorbehalt unterliegen, § 12 AEG. Öffentlich-rechtlich sind jedoch die Maßnahmen, die das Eisenbahn-Bundesamt im Rahmen seiner Aufsicht trifft216. Bürgerlich-rechtlich sind die Beziehungen Spielbank–Besucher217. Der Streit zwischen Flughafen und Flughafenbenutzern über Landegebühren218 sowie zwischen öffentlich-rechtlich organisierten Krankenhäusern und ihren Patienten ist zivilrechtlich, es sei denn, es erfolgt eine zwangsweise Einweisung etwa nach § 30 InfektionsschutzG. Nach § 9 Abs. 4 InformationsfreiheitsG sind Auskunftsansprüche öffentlich-rechtlicher Art; das gilt auch dann, wenn der Anspruch gegenüber einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts geltend gemacht wird219, wobei der Gesetzgeber den Behördenbegriff weit fassen kann220. Ob diese zum Kreis der Anspruchsverpflichteten zählt, ist eine Frage der Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs221.

26Öffentlich-rechtlich ist der Streit um die Benutzung von gemeindlichen Einrichtungen, wie Stadthallen, Sporthallen oder Sälen222, des Theaters223, des Freibades224, auch dann, wenn die Gemeinde die Einrichtung durch eine juristische Person des Privatrechts betreiben lässt225, des Kindergartens226, des für Gemeindebedienstete reservierten Teils eines öffentlichen Parkplatzes227 oder einer im Gemeindegebrauch stehenden Straßenanlage228. Auch wenn das Betreiben von Schule zur Daseinsvorsorge zählt, ist für die Entlassung eines Schülers aus einer Privatschule nur der Zivilrechtsweg eröffnet229. Öffentlich-rechtlich ist auch der Streit um wettbewerbswidriges Verhalten eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers230, ebenso der Streit um die Benutzung von Schleusen an Bundeswasserstraßen231 oder der privaten Anbieter mit der bayerischen Landeszentrale für neue Medien232, ebenso für das Begehren des privaten Anbieters eines Rundfunkprogramms, die Sendung eines Programmes des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verbieten233. Auch die Anfechtung von Entscheidungen der Schiedsstelle für Entgelte im Rettungsdienst ist öffentlich-rechtlicher Art234. München235 hat auch die Mitwirkungsansprüche von Gemeindebürgern an den Passionsspielen in Oberammergau dem öffentlichen Recht zugerechnet. Zu gemeindlichen Friedhofsordnungen vgl. BGHZ 19, 130; die Beziehungen zwischen den Trägern von Friedhöfen und den Personen, denen die Grabstellen überlassen sind, sind, auch bei Erbbegräbnisrechten236, öffentlich-rechtlich237. Für kirchliche Friedhöfe s. Rn. 34.

26aÖffentlich-rechtlich ist auch der Anspruch der Mitglieder von öffentlich-rechtlichen Zwangsverbänden, worunter auch die berufsständischen Kammern fallen, auf Einhaltung der Grenzen, die der Tätigkeit des Zwangsverbandes durch die gesetzlich normierte Aufgabenstellung gezogen sind238. Auch der Streit, ob die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Prüfung durch den Rech­nungs­hof unterliegt, ist öffentlich-rechtlich239. Inwieweit im Übrigen bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Handeln dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, bestimmt sich im Einzelfall nach der Aufgabenstellung, insbesondere nach etwaigen zugewiesenen Aufgaben240. Das Satzungsrecht241 ist öffentlich-rechtlich, auch etwaige Streitigkeiten zwischen den Organen der Körperschaft sollten, entsprechend der öffentlich-rechtlichen Verfassung derselben, hierzu zählen.

27Bei der Abwehr von Immissionen, die von Einrichtungen der Hoheitsträger bei der Erfüllung öffentlich-rechtlich geordneter Aufgaben ausgehen, ist mit Martens242 ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungs- oder Unterlassungsanspruch zu bejahen, da ein privatrechtlicher Eingriff i. S. v. § 1004 BGB nicht vorliegt243. Auch das BVerwG hat den Folgenbeseitigungs- oder Unterlassungsanspruch dem öffentlichen Recht zugerechnet244. Zu Recht hat dagegen der BGH245 den Zivilrechtsweg für eine Abwehrklage bejaht, die sich gegen die mit behördlicher Genehmigung erfolgte Verlegung der Haltestelle eines privatrechtlich betriebenen Busunternehmens richtete. Zu weitgehend, wenn der öffentlich-rechtliche Charakter eines Streitverfahrens bejaht wird, weil die Immissionen durch Private durch Nutzung aufgrund Sondernutzungserlaubnis ausgelöst werden246.

28Inhalt und Rechtsnatur des Hausrechts im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind umstritten247. Das Hausverbot, das eine Behörde ausspricht, sollte jedoch grundsätzlich in Zusammenhang mit ihrer Aufgabenwahrnehmung gesehen, deshalb einheitlich betrachtet und dem öffentlichen Recht zugeordnet werden248. Die Recht­spre­chung hat auf den Zweck des Besuches des Betroffenen abgestellt, der durch das Hausverbot verhindert wird, und den Verwaltungsrechtsweg nur bejaht, wenn dieser ein Anliegen aus dem Bereich des öffentlichen Rechts verfolgte249; verneint daher bei Hausierer250, Handelsvertreter251 oder der Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen252. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch dann eröffnet, wenn ein in zivil gekleideter Polizeibeamter, der zwecks Durchsetzung des Hausrechts zur Räumung des Vereinssaales nach Weisung des Vereinsvorsitzenden auffordert und bei Nichtbefolgung die Feststellung der Personalien sowie bei Widerstand Zwangsmittel in Aussicht stellt253.

29Die einheitliche Darstellung zur Klagebefugnis im Beamtenrecht wird zukünftig auseinanderfallen können, da auf Grund der Föderalismusreform I die Statusrechte und -pflichten der nicht beim Bund (für den Bund: Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG) tätigen Beamten nun­mehr gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfallen. Mit dem „Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern“, BeamtenstatusG (BeamtStG254) hat der Bund zwar einheitliche Regelungen für Länderbeamte geschaffen, jedoch mit der verfassungsrechtlich gebotenen Länderabweichungsklausel255. Nach § 54 BeamtStG ist für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG gelten §§ 126 f. BRRG jedoch fort. Für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis nach § 126 BRRG ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; § 40 Abs. 2 Satz 2 nimmt diese Klagen ausdrücklich von den Rechtswegzuweisungen in Absatz 2 Satz 1 aus. Da das Beamtenverhältnis, ebenso wie andere besondere Pflichtenverhältnisse256, dem öffentlichen Recht zugerechnet werden muss, ist die Rechtswegzuweisung in § 54 BeamtStG und § 126 BRRG nur deklaratorisch und muss aus der historischen Entwicklung heraus verstanden werden. Aus dem Beamtenverhältnis machen der Beamte, Ruhestandsbeamte, frühere Beamte und deren Hinterbliebene, gleichgültig, ob es sich um den Bundes-, Landes- oder Kommunaldienst handelt, ihre Ansprüche gegen den Dienstherrn geltend; des vorherigen Erlasses eines VA bedarf es nicht, aus § 54 Abs. 2 BeamtStG und § 126 Abs. 3 BRRG folgt nur, dass der Beamte in jedem Fall Widerspruch einlegen muss, bevor er Klage erhebt257. Dasselbe gilt für die Klage des Dienstherrn258. Das BVerwG259 hat auch die Klage eines Dritten auf Erteilung der Aussagegenehmigung für einen Beamten im Strafprozess hierunter gefasst. Für die Rückforderung beamtenrechtlicher Beihilfe, die den Erben des Berechtigten zugeflossen ist, hat das BVerwG260 ebenfalls den Verwaltungsrechtsweg bejaht261. Für den Streit um die Rückzahlung eines Entgelts, das für die in einem Arbeitsvertrag enthaltene Zusicherung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis und der Versorgung nach beamtenrechtlichen Regelungen gezahlt worden ist, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet262. Ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis eigener Art hat Münster263 angenommen, wenn ein Ausländer den juristischen Vorbereitungsdienst außerhalb eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf durchläuft264.

30Klagt der Dienstherr nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, muss der ­Anspruch während dessen Bestehen entstanden sein265. Auch wenn ein Beamtenverhältnis noch nicht begründet ist, es sich aber um einen Anspruch vorbeamtenrechtlicher Art mit einer dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage handelt, ist eine Klage „aus dem Beamtenrecht“ zulässig266. Die 2. juristische Staatsprüfung hat nicht diesen unmittelbaren Bezug zum Beamtenverhältnis, so dass auf sie § 127 BRRG nicht angewendet werden kann267, anders jedoch bei Bezug auf den Vorbereitungsdienst268. Beamtenrechtlich ist dagegen die Klage auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer Zusage auf Einstellung in das Beamtenverhältnis269. Das Gleiche muss bei nichtiger Ernennung gelten270. Auch für den „Konkurrentenstreit“, in dem ein Beamter die Besetzung einer Stelle mit einem Angestellten angreift, ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben271. Für die Klage eines schwerbehinderten Menschen auf Schadensersatz gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Allgemeines GleichstellungsG ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, wenn der geltend gemachte Anspruch auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Bewerbung auf Einstellung als Richter oder Beamter gestützt wird272.

31Kasuistik: Für die Rückforderung von Ausbildungskosten bei vorzeitigem ­Ausscheiden hat das BVerwG den Verwaltungsrechtsweg bejaht273. Das Beamtenverhältnis ist jedoch einer Gestaltung durch Vereinbarung nur insoweit ­zugänglich, als dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Daher Rückforderungsvereinbarung abgelehnt bei Aufstiegsausbildung274, ebenso bei Laufbahnwechsel275. Ein Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens kann aus dem Beamtenverhältnis nicht hergeleitet werden276, ebenso wenig ein Anspruch des Bundesbeamten auf Anfechtung der Zustimmung, die dem Vermieter von Wohnungen, die mit Bundesmitteln für Bundesbedienstete errichtet wurden, zur Erhöhung der Mieten erteilt wurde277. Der Streit zwischen öffentlichen Körperschaften und Aufsichtsbehörde um eine beamtenrechtliche Frage ist dagegen keine Klage aus dem Beamtenverhältnis278, es sei denn, sie betrifft ein konkretes Beamtenverhältnis279, ebenso wenig die Inanspruchnahme des Landrates als Organ des Staates in Bayern280; anders jedoch, wenn der Dienstherr den beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung der Dienstpflicht geltend macht281, ebenso, wenn der Dienstherr bei versehentlich ohne Abzug der Steuer gezahlten Dienst- oder Versorgungsbezügen den an das Finanzamt nach Haftungsbescheid abgeführten Betrag der Lohnsteuer vom Beamten fordert282. Bei Pfändung des Anspruchs auf Dienst- oder Versorgungsbezüge ist für den Einziehungsrechtsstreit der Verwaltungsrechtsweg gegeben283. Für die privatisierte Bahn gilt, dass selbst für Streitigkeiten zwischen dem Beamten und einem Tochterunternehmen, dem der Beamte zur Dienstleistung zugewiesen ist, der Verwaltungsrechtsweg und nicht der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist284, da aus Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG folgt, dass der Bund auch über die der DB AG zugewiesenen Beamten als Dienstherr seine Personalhoheit un­mittel­bar ausübt285.

32Die nach § 63 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG fortgeltenden §§ 126, 127 BRRG gelten un­mittel­bar für alle Landesbeamtengesetze286, durch Verweisung auch für das BBG (§ 172) und das BPolBG (§ 2), für die Richter im Bundesdienst (§ 46 DRiG) und im Landesdienst (§ 71 Abs. 3 DRiG); für die Dienstzeitversorgung und Berufsförderung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (§ 87).287 Auch das Bayerische Kommunalwahlbeamtengesetz verweist auf diese Vorschriften (Art. 140). §§ 126, 127 BRRG finden keine Anwendung bei Klagen aus dem Dienstverhältnis bei einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft288.

33Nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV haben die Religionsgemeinschaften das Recht der Selbstverwaltung. Im Rahmen dieser kirchlichen Autonomie unterliegen die Kirchen in ihren innerkirchlichen Angelegenheiten nicht der staatlichen Aufsicht und damit auch nicht der Kontrolle durch staatliche Gerichte289. Der BGH sieht die Grenze dort290, wo die Justizgewährungspflicht den Zugang zu staatlichen Gerichten gebietet, da auch Art. 137 Abs. 3 WRV den allgemeinen Gesetzesvorbehalt zulässt. Der BGH betont die Justizgewährungspflicht auch dann, wenn es bei einem allein innerkirchlich begründeten Anspruch oder bei einer rein innerkirchlichen Rechtsfrage um die Anwendung der für alle geltenden allgemeinen Gesetze geht291. Selbst bei einem verkappten Statusverfahren soll der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten eröffnet sein. Die Kontrolle sei allerdings da­rauf beschränkt zu prüfen, ob die kirchliche Maßnahme gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstoße, wie das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 GG), die guten Sitten (§ 138 BGB) oder den ordre public (Art. 6 EGBGB). Da die Kirchen gerade auch das „Anstellungsverhältnis„ (man denke etwa an Mönche und Nonnen) als höchst innerkirchlichen Ausdruck des Glaubens begreifen, ist die Argumentation des BGH nur auf den ersten Blick überzeugend. Inwieweit der BGH sich damit in Widerspruch zur Recht­spre­chung des BVerfG setzt, bleibt offen292. Das BVerwG betont, dass im Bereich der eigenen Angelegenheiten der Kirche jedoch kein staatliches Recht zulässig sei, das die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaft einschränke – im Falle einer Versetzung eines Pfarrers in den Ruhestand293. Die Gerichte seien zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen, deren Beantwortung sich nach staatlichem Recht richte – mit dieser Begründung weicht das BVerwG dem Ansatz des BGH allerdings aus. Mithin dürfte erst eine Entscheidung des BVerfG eine nötige Klarheit bringen, da der BGH die Notwendigkeit gem. § 2 Abs. 1 RsprEinhG den GemS anzurufen, verneint. Nur wo kirchliches Handeln nach außen wirkt, unterliegt es eindeutig der gerichtlichen Kontrolle294; das Gleiche gilt, soweit die Kirchen vom Staat mit hoheitlichen Befugnissen beliehen sind295. Ob eine Religionsgemeinschaft vorliegt und ob sie nach Art. 137 Abs. 5 WRV den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat oder haben kann, ist im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden296.

33aBei den Angelegenheiten der Religionsgesellschaften fallen die Handlungen, die auf ihrem Selbstbestimmungsrecht beruhen, die also der Pflege, Bewahrung und Fortentwicklung der von ihnen verkörperten Glaubensidee dienen, nicht unter den Begriff der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit des § 40297. Hierzu zählen alle innerkirchlichen, nach außen, insbesondere im staatlichen Bereich, nicht wirksamen Maßnahmen298, wie Fragen der kirchlichen Lehre oder auch die Übertragung oder das Fortbestehen eines kirchlichen Amtes299, die Verleihung und der Entzug der missio canonica300, die Ausübung der Dienstgeschäfte eines Pfarrers301, die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung eines Kirchenbeamten302, oder die endgültige Versetzung in den Ruhestand303, die Verweigerung eines kirchlichen Dispenses oder der Sakramente, die Erhebung einer Gebühr für die seelsorgerische Handlung des Geistlichen304, die Zur-Ruhe-Setzung wegen Ablehnens der Kindestaufe305, eine freiwillige Unterstützung bei der Versorgung der Ostpfarrer306; zum Bereich der innerkirchlichen Autonomie rechnet auch die hierauf bezogene Verfahrensordnung307. Bei Konflikt zwischen religiöser Lehre und staatlichen Vorschriften ist jedoch der Rechtsweg eröffnet308, ebenso bei kirchlicher Tätigkeit mit Außenwirkung im staatlichen Bereich309, bei Eingriff des Staates in das Selbstbestimmungsrecht der Kirche310.

34Öffentlich-rechtlich ist dagegen das Handeln der Religionsgesellschaften, und damit der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen, soweit sie den Kernbereich kirchlicher Betätigung verlassen und mit einzelnen Maßnahmen oder Ausstrahlungen in den staatlichen Bereich hineinwirken, wenn mit der Klage eine durch das staatliche Recht begründete Rechtsposition geltend gemacht wird311, wie etwa in Kirchensteuersachen312, in Friedhofsangelegenheiten313, aber auch im Schulrecht314; bei Hausverbot für kirchlichen Kindergarten hat das BVerwG315 den Verwaltungsrechtsweg jedoch verneint316; ebenso Münster317 für Aufnahme eines Kindes in den kirchlichen Kindergarten. Öffentlich-rechtlich sind auch Beziehungen Religionsgesellschaft-Staat bzw. Gemeinde,318 die öffentlich-rechtliche Gegenstände betreffen, wie z. B. ein gemeindliches Läuterecht319 oder die Kirchenbaulast320; das BVerwG hat dies auch für die Klage des Nachbarn gegen das liturgische Glockengeläute bejaht321. Auch für Ansprüche auf Auskunft aus den Kirchenbüchern ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben322.

35Umstritten ist die Zuordnung des Dienstrechtes der Religionsgesellschaften. Das BRRG gilt nach der ausdrücklichen Vorschrift seines § 135 Satz 1 für die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und deren Verbände nicht; die Geltung von § 135 BRRG ist vom Beamtenstatusgesetz unberührt geblieben, § 63 Abs. 2 Satz 2 BeamStG323. Da die Religionsgesellschaften zwar nach Art. 137 Abs. 5 WRV Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, ihre hoheitlichen Befugnisse aber nicht aus der allgemeinen Staatsgewalt ableiten324, wird gefolgert325, dass sie die Regelung der Rechtsverhältnisse ihrer Amts­träger in herkömmlichen öffentlich-rechtlichen Formen gestalten können, auch ohne von der in § 135 Satz 2 BRRG eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, sie der Regelung des BRRG ein­schließ­lich der Rechtswegevorschrift anzugleichen.

Die Recht­spre­chung des BVerwG ist nicht so weitgehend, sondern bejaht den Verwaltungsrechtsweg, wenn und soweit die Verletzung staatlichen Rechts geltend gemacht wird326. Soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten vor einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, sollen staatliche Gerichte über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze jedenfalls nicht vor Erschöpfung des kirchlichen Rechtswegs entscheiden327.

36In einer anhängigen öffentlich-rechtlichen Streitigkeit sind die Verwaltungsgerichte auch befugt, über bürgerlich-rechtliche Vorfragen inzidenter zu entscheiden. Die Entscheidung über die Vorfrage nimmt nicht an der Rechtskraft des Urteils teil, auch kann sie nicht zum Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage gemacht werden (vgl. § 43 Rn. 3). Die Inzidententscheidung ist unzulässig, wenn ihr Gegenstand in Wahrheit eine Hauptfrage darstellt. Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das Gegenstand eines in einem anderen Rechtsweg anhängigen Verfahren ist, kann das Gericht bis zur Entscheidung des anderen Rechtsstreits aussetzen (§ 94 Rn. 2). Die Zivilgerichte sind ihrerseits befugt, in bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten über öffentlich-rechtliche Vorfragen inzidenter zu entscheiden; der BGH hat dabei in st. Rspr.328 nicht nur über die Unwirksamkeit (Nichtigkeit) eines VA befunden, sondern auch über dessen Rechtswidrigkeit entschieden. Bei der Klage wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB stellt zwar die Subsidiaritäts-Klausel in Absatz 3 dieser Vorschrift, wonach die Ersatzpflicht ausgeschlossen ist, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels (hier der Klage vor den Verwaltungsgerichten) abzuwenden, eine Einschränkung dar. Jedoch ist damit nur eine Wahlmöglichkeit zwischen den Rechtswegen ausgeschlossen, ohne dass die Zweispurigkeit der Rechtswege beseitigt ist. Eine klare Trennung wäre nur dann gegeben, wenn über die Rechtmäßigkeit eines VA allein im Verwaltungsrechtsweg entschieden würde329. Zur Prüfung verfassungsrechtlicher Vorfragen vgl. § 1 Rn. 7; zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts vgl. § 1 Rn. 13 ff.

Verwaltungsgerichtsordnung

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