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I.Anfechtungsklage

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1.Legaldefinition

2§ 42 Abs. 1 enthält die entsprechende Legaldefinition. Es wird bestimmt, was eine Anfechtungsklage ist, nämlich eine Klage, durch die die Aufhebung eines VA erwirkt wird. Die Anfechtungsklage ist eine Gestaltungsklage, da das beim Obsiegen ergehende Urteil rechtsgestaltende Wirkung hat. Es handelt sich um einen verwaltungsrechtlichen Anspruch auf Aufhebung bzw. Rücknahme eines den Kläger in seinen Rechten verletzenden VA und ist damit ein Unterfall des öffentlich-rechtlichen Beseitigungsanspruchs9. Damit wird der VA zu einem zentralen Begriff in der VwGO. Die Definition und der Rechtsgehalt desselben werden von der VwGO allerdings vorausgesetzt. Die Darstellung des VA-Begriffs ist hier nicht zu leisten; dazu wird auf die entsprechenden Kommentare zum VwVfG verwiesen10.

2.Gegenstand: VA

3Gegenstand der Anfechtungsklage ist ein VA. Dabei ist umstritten, ob es einen einheitlichen VA-Begriff zwischen der VwGO und den VwVfG des Bundes und der Länder gibt (vgl. § 113 Rn. 8). So wird vertreten, dass es auf die jeweiligen anwendbaren Regelungen der VwVfG ankomme, neben der Legaldefinition des § 35 BVwVfG könnten also auch die entsprechenden Legaldefinitionen der VwVfG der Länder, des § 31 SGB X oder des § 118 AO maßgeblich sein11. Dagegen spricht zunächst einmal die Gesetzesgeschichte12. Und das regelungskompetenzrechtliche Verhältnis von Bundesrecht zu Landesrecht, weshalb zur Anwendung von § 42 nur die bundesrechtliche Vorschrift in § 35 BVwVfG herangezogen werden darf13. Dies gilt auch für das Handeln einer Lan­des­be­hör­de im Landesrecht, wofür das jeweilige LVwVfG maßgebend ist. Sollte eine Abweichung vorliegen, könnte ggf. der bundesrechtliche VA-Begriff der VwGO nicht erfüllt werden, was für den Rechtsschutz nach der VwGO keine nachteilige Wirkung hat, aber es kommt dann keine Anfechtungs- (bzw. Verpflichtungs-) Klage zur Anwendung14. Hierbei handelt es sich nicht um einen akademischen Streit, denn auf Grund der Föderalismusreform I des GG15 verbleibt dem Bund zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG das Gerichtsverfassungsrecht als konkurrierendes Recht ohne Länderabweichung nach Art. 72 Abs. 3 GG, das Verwaltungsverfahrensrecht unterliegt aber nun­mehr auch für Angelegenheiten, in denen die Länder Bundesgesetze ausführen, nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG den Ländern. Hier könnte ein stärkeres Auseinanderdriften auf Grund der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten durch die Länder erfolgen, das auch Auswirkungen auf diese Diskussion hat16.

4Der VA muss zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erlassen worden sein. Das setzt die Bekanntgabe voraus, nicht unbedingt dem Kläger gegenüber. Es genügt ein (sonstiger) Adressat, anschaulich bei begünstigendem VA mit belastender Drittwirkung (Behörde lässt Grenzbebauung zu, Nachbar erfährt wie auch immer davon) oder wenn der VA mehreren Personen gegenüber bekannt gegeben wird17. Es reicht nicht aus, wenn der VA während des Klageverfahrens erst erlassen wird. Eine nachträgliche „Heilung“ findet nicht statt, weil es sich hierbei um eine Zugangsvoraussetzung handelt18. Ausnahmsweise kann eine Maßnahme jedoch bereits vor der Bekanntgabe in subjektive Rechte eingreifen, dann ist allerdings allgemeine Leistungs- oder Feststellungsklage zu erheben19. Unerheblich ist, ob der VA wirksam, rechtswidrig oder nichtig ist. Auch ein nichtiger VA erzeugt einen Rechtsschein, weshalb der Kläger einen Anspruch da­rauf hat, die Nichtigkeit gerichtlich feststellen zu lassen. Dieser Anspruch besteht ungeachtet der Möglichkeit, nach § 44 Abs. 5 VwVfG20 sowie über § 48 VwVfG durch die Behörde selbst die Aufhebung bzw. Erklärung der Nichtigkeit vornehmen zu lassen21. Die Anfechtungsklage ist dann jedoch in eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des VA umzudeuten. Dieses zutreffende Ergebnis ist zwar nicht unbedingt logisch konsequent, jedoch sachangemessen (vgl. § 113 Rn. 9). Denn ob ein VA nichtig ist, ergibt sich aus § 44 VwVfG. § 43 Abs. 3 VwVfG bestimmt, dass ein nichtiger VA „unwirksam“ ist. Wenn jedoch § 42 VwGO erkennbar von einer rechtlichen Existenz als Vor­aus­set­zung für eine Klage ausgeht, dann müsste eine Klage eigentlich unzulässig sein. Zwei Argumente sprechen jedoch für die Zulässigkeit einer Klage, zum einen erweckt auch ein nichtiger VA einen Rechtsschein der Gültigkeit. Und zum anderen ist die Abgrenzung zwischen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit bisweilen sehr schwer22. Der Kläger muss nicht das Risiko einer, wenn man es anders sähe, unstatthaften Anfechtungsklage tragen. In diesem Sinne ist auch § 43 Abs. 2 Satz 2 zu verstehen. Es ist dann so, dass eine Anfechtungsklage in eine Feststellungsklage nach § 43 übergeht, wenn sich im Verlauf des Prozesses herausstellt, dass es sich bei dem angegriffenen VA um einen nichtigen handelt. Das stellt keine Klageänderung i. S. v. § 91 dar, weil der Klagegrund unverändert bleibt.

5Wenn der VA sich während des Prozesses erledigt, wird die Anfechtungsklage unstatthaft; sie kann jedoch unter bestimmten Umständen in eine Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 Abs. 1 Satz 4, umgestellt werden (vgl. dort Rn. 42). Das gilt auch dann, wenn sich der VA bereits vor Erhebung der Klage erledigt hatte, dann wird § 113 Abs. 1 Satz 4 analog angewendet. Bei einem Dauerverwaltungsakt kann bei fortbestehender Beschwer für die gesamte Dauer seiner Wirksamkeit (also auch für vergangene Zeiträume) angefochten werden23.

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