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II.Verpflichtungsklage

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23Die Verpflichtungsklage ist keine Gestaltungs-, sondern eine besondere Leistungsklage. Zur Abgrenzung von der allgemeinen Leistungsklage s. Rn. 33. Mit der Verpflichtungsklage begehrt der Kläger die Verpflichtung der Behörde entweder zum Erlass eines von ihm beantragten, jedoch abgelehnten VA oder zur Änderung oder Aufhebung eines VA durch Erlass eines neuen, den Kläger besser stellenden VA (ggf. in dem Sinne, das Ermessen sachgerechter auszuüben) oder eines unterlassenen VA, wenn der Kläger diesen beantragt hatte, die Behörde sich aber bisher (ausdrücklich oder stillschweigend) geweigert hatte, einen solchen VA zu erlassen (Untätigkeitsklage nach § 75). Was für eine Art von VA das ist, ist unerheblich, es können rechtsgestaltende, feststellende oder befehlende VA sein63. Zur Bedeutung der Abgrenzung VA – Realakte vgl. unten Rn. 33.

1.Legaldefinition

24§ 42 Abs. 1 enthält die Legaldefinition für die Verpflichtungsklage, nämlich die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen VA. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers geht dahin, die Behörde zum Erlass des abgelehnten oder vom Umfang her abgelehnten oder im Falle des § 75 unterlassenen VA zu verurteilen oder, wenn die Spruchreife fehlt, die Behörde zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (vgl. § 113 Rn. 60). Im Unterschied zum von der VwGO bei der Anfechtungsklage verfolgten Lösungsweg „ipso jure“, also dass der Richterspruch den VA ersetzt, muss in diesem Fall die Behörde noch tätig werden. Durch den Richterspruch wird also die Amtshandlung nicht ersetzt oder erfüllt. Deshalb kommt – abgesehen von den Kos­ten – eine Vollstreckung nach §§ 172 nur bei Entscheidungen auf Grund von Verpflichtungsklagen, nicht bei Anfechtungsklagen, in Betracht.

2.Gegenstand: VA

25Umstritten ist, ob der Begriff „Amtshandlung“ in § 113 Abs. 5 gleichbedeutend ist mit „VA“ in § 42. Es ist im Sinne verständiger Rechtsanwendung davon auszugehen, dass die Begriffe hier synonym verwendet werden64; der Gesetzgeber hat lediglich unglücklich formuliert65.

26Davon ausgehend, dass jedes Begehren eines Klägers mit den von der VwGO zur Verfügung gestellten Klagearten adäquat gelöst werden kann, werden als Unterarten der Verpflichtungsklage folgende Differenzierungen gesehen66:

Vornahmeklage, sog. Verpflichtungsklage im Engeren, sie ist gerichtet auf den Erlass eines bestimmten VA;

Teilverpflichtungsklage, sie ist gerichtet auf Erlass einer bestimmten Teilregelung eines VA;

Bescheidungsklage, sie ist gerichtet auf den Erlass eines VA mit einem für den Kläger günstig(er)en Inhalt nach Bestimmung der Rechtsauffassung des Gerichts;

Verpflichtungsfortsetzungsfeststellungsklage, sie ist gerichtet auf Feststellung, dass die Unterlassung der Behörde, über den Antrag des Klägers zu entscheiden, rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist.

27Man kann auch unter rechtssystematischen Fragen differenzieren nach einer Versagungsgegenklage, gerichtet auf den Erlass eines beantragten und abgelehnten VA, die zugleich die Klage auf Aufhebung der Ablehnungsentscheidung mit einbezieht67, und einer Untätigkeitsklage; sie unterscheiden sich dadurch, dass im ersteren Fall ein Vorverfahren mit bestimmter Klagefrist durchgeführt werden muss, während im letzteren Fall die Sperrfrist nach § 75 Satz 2 ohne Vorverfahren zu beachten ist. Bei der Versagungsgegenklage folgt aus systematischen Gründen, dass die Aufhebung des bestehenden VA neben dem Vornahmeantrag nicht erforderlich ist, sofern nicht ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Ablehnungsbescheids besteht. Die Versagungsgegenklage hat keine zwei Teile einer Klage, etwa einer Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid und eine Verpflichtungsklage. Die praktische Bedeutung dieser Aussage liegt darin, dass der Versagungsbescheid nicht bestandskräftig wird, wenn der Kläger rechtzeitig eine Verpflichtungsklage erhebt und zwar ohne dass ausdrücklich die Aufhebung des VA beantragt wird – obgleich das der gängigen Praxis entspricht68.

3.Bescheidungsklage

28Eine Bescheidungsklage kennt die VwGO – ausdrücklich zumindest – nicht69. Die Zulässigkeit der Bescheidungsklage wird mit dem Argument bezweifelt, dass das Rechtsschutzinteresse fehle70. Dem ist entgegen zu halten, dass ohne Bescheidungsklage der Kläger Gefahr läuft einen Teil der Kos­ten tragen zu müssen, wenn das Gericht nur auf Neubescheidung erkennt. Nach dieser Auffassung wird dann neben der Versagungsgegenklage als weitere Unterart die Untätigkeitsklage gesehen. Hierbei ist umstritten, ob es sich um eine Unterart der Verpflichtungsklage oder um eine Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage handelt. Diese Differenzierung hat insoweit praktische Bedeutung, als man auf Grund der Einteilung besser Abgrenzungsfragen zu anderen Klagearten klären und da­rü­ber hinaus das Klagebegehren besser formulieren kann. Deshalb macht es auch Sinn, Verpflichtungsklagen danach zu differenzieren, wie eine Verurteilung erfolgt. Danach gibt es die Vornahme- und die Bescheidungsklage. Die Vornahmeklage ist da­rauf gerichtet, die Behörde zu verpflichten, einen bestimmten VA zu erlassen. Sofern der begehrte VA der Behörde jedoch eine echte Ermessensentscheidung zubilligt, kann der Kläger schwer prognostizieren, wie die Behörde das Ermessen aus­üben wird. Dafür steht dem Kläger die Bescheidungsklage zur Verfügung. Nach § 113 Abs. 5 Satz 2 beantragt der Kläger dabei nur, dass die Behörde einen neuen VA unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erlässt. Die Zulässigkeit der Bescheidungsklage ergibt sich daraus, dass auf Grund des Gewaltenteilungsprinzip das Gericht nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Behörde setzen darf, sondern lediglich zu überprüfen hat, ob das Ermessen von der Behörde zutreffend ausgeübt worden ist. Eine Bescheidungsklage kommt auch in Betracht, wenn der Kläger sich gegen einen belastenden VA wehren möchte, welcher jedoch die formelle Bestandskraft erreicht hat. Der Kläger kann sich dann nur noch da­rauf berufen, dass er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Rücknahme des VA (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) habe71.

29Wenn die begehrte Amtshandlung die Vornahme eines Realaktes oder eine sonstige schlicht-hoheitliche Amtshandlung ist, die in das Ermessen der Behörde gestellt ist, oder der Behörde ein Ermessensspielraum zugebilligt wird, so kann die Bescheidungsklage auch mit einer allgemeinen Leistungsklage verbunden werden. Auch ein Anspruch auf Erlass eines VA gegen einen Dritten ist mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen. Die früher Auffassung72 wird aufgegeben. Beispiele sind hierfür insbesondere das Einschreiten gegen einen Schwarzbau, welches der Kläger und Grundstücksnachbar gerne erreichen will oder der Anspruch des Klägers gegen die Polizei auf Einschreiten gegen den Störer.

4.Klageantrag

30Der Antrag geht dahin, die Behörde zu verpflichten, den begehrten VA zu erlassen (§ 113 Abs. 5 Satz 1) oder, sofern die Sache nicht spruchreif ist, die Behörde zu verurteilen, den Kläger unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2). Im Antrag, den begehrten VA zu erlassen, ist der Bescheidungsantrag als Minus automatisch enthalten, so dass er entgegen der Übung eigentlich nicht gestellt zu werden braucht73. Die Aufhebung des Versagungsbescheids ist damit ebenfalls impliziert74.

5.Sachurteilsvoraussetzungen

31Sofern es sich nicht um einen Fall der Untätigkeitsklage handelt, sind neben den allgemeinen Voraussetzungen zu beachten die Durchführung des Vorverfahrens entsprechend §§ 68 ff., die Einhaltung der Klagefrist (§ 74 Abs. 2) und die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Sachurteilsvoraussetzungen sind die rechtlichen und tat­säch­li­chen Verhältnisse zum Schluss der mündlichen Verhandlung75. Bei der Untätigkeitsklage ist die Sperrfrist nach § 75 Satz 2 zu beachten, die Klagebefugnis und der Kläger muss einen Antrag bei der Behörde gestellt haben76.

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