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II.Antragstellung und Berechtigung

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1.Antrag

25Vor­aus­set­zung für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens ist ein Antrag. Auf das Antragsrecht kann verzichtet werden159.Der Antrag auf Normenkontrolle ist schriftlich einzureichen (§ 81 Abs. 1 Satz 1) und muss die Voraussetzungen des § 82 erfüllen160. Er unterliegt dem Vertretungszwang (§ 67 Abs. 4). Es ist unzulässig, ein Verfahren von Amts wegen einzuleiten161. Das OVG kann auch nicht ohne Antrag andere Rechts­vorschriften als die ausdrücklich angegriffenen unter dem Aspekt des Sachzusammenhangs zum Streitgegenstand machen162. Die Umdeutung einer Klageschrift in einen Normenkontrollantrag ist seit der Einführung des Vertretungszwanges nach § 67 Abs. 4 ausgeschlossen163. Eine Verweisung analog § 83 ist zulässig164.

2.Befristung

26Mit der Änderung des Absatzes 2 Satz 1 hatte das 6. VwGOÄndG eine Befristung für den Normenkontrollantrag eingeführt165. Der Antrag konnte nur innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden. Seit 1.1.2007 gilt eine Jahresfrist für die Antragstellung166, sofern die angegriffene Rechtsvorschrift nach dem 31.12.2006 bekannt gemacht worden ist (§ 195 Abs. 7). Für die davor bekannt gegebenen Rechts­vorschriften gilt die zweijährige Frist des § 47 Abs. 2 a. F. Auf die Fehlerfreiheit der Bekanntmachung kommt es nicht an167; es müssen aber durch eine Handlung des Normgebers die potentiell Antragsberechtigten die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Norm erlangt haben168; d. h. die Norm muss mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden sein169; dies gilt auch bei einer elektronischen Bekanntmachung,170. Ob die Frist im Fall nachträglicher Rechtswidrigkeit der Norm auch bereits im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Norm beginnt171 oder erst im – oft unbestimmten – Zeitpunkt der Rechtswidrigkeit oder gar nicht172 ist mit Blick auf den verfassungsrechtlich subsidiären Charakter der Normenkontrolle im ersteren Sinn zu beantworten173. Dies gilt auch für einen funktionslosen Bebauungsplan174. Die Änderung einer Rechtsvorschrift führt nur im Umfang der Änderung, die auch in einer Klarstellung einer bisher uneindeutigen Rechtslage bestehen kann175, zum Beginn einer neuen Frist; die unverändert gebliebenen Bestimmungen können nur innerhalb der Jahresfrist nach ihrer Bekanntmachung angegriffen werden176. Das gilt auch, wenn eine Rechtsvorschrift neu bekannt gemacht wird177; der fristgerechte Normenkontrollantrag erfasst nicht spätere Änderungsvorschriften, für die die Antragsfrist selbständig zu wahren ist178. Gegen eine im ergänzenden Verfahren geänderte179 oder vorsorglich zur Fehlerbehebung unverändert neu erlassene Rechtsnorm180 muss nicht erneut ein Normenkontrollantrag gestellt werden; die Einbeziehung in das laufende Verfahren genügt. Ebenso wenig frühere Bebauungspläne, die durch den fristgerecht angegriffenen B-Plan nur geändert, nicht aufgehoben worden sind181. Die Verlängerung einer Veränderungssperre ist innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntgabe anzugreifen; geschieht dies, kann innerhalb des Verfahrens die Veränderungssperre überprüft werden182. § 58 findet im Normenkontrollverfahren keine Anwendung183. Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist (vgl. § 60 Rn. 1). Wird innerhalb der Frist ein vollständiger PKH-Antrag gestellt, über den erst nach Ablauf der Frist entschieden wird, kann Wiedereinsetzung gewährt werden184. Ob das auch sonst gilt, hat das BVerwG offen gelassen185.

27Unabhängig von der Befristung des Normenkontrollantrags in der VwGO sind in einigen Fällen weitere Fristen zu beachten. Bei der Einlegung einer Rechtsatzverfassungsbeschwerde gegen eine untergesetzliche Rechtsnorm fordert das BVerfG unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung des Rechtsweges die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens, wo dies statthaft ist; da die Verfassungsbeschwerde fristgebunden ist, muss hier das Normenkontrollverfahren, als Vor­aus­set­zung dieser Beschwerde, innerhalb der in § 93 Abs. 2 BVerfGG vorgesehenen Jahresfrist seit dem Inkrafttreten der Rechtsnorm eingeleitet werden186. Nach Ablauf dieser Frist ist nach jetzt geltendem Recht sowohl die Normenkontrolle wie die Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen187. Soll der Antrag auf eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen oder von Satzungen nach dem BauGB gestützt werden, sind die in § 215 BauGB enthaltenen Ausschlussfristen zur Geltendmachung gegenüber der erlassenden Gemeinde zu beachten. Die Befristung im Normenkontrollverfahren schließt eine inzidente Normenkontrolle (vgl. § 1 Rn. 11) im einzelnen Rechtsstreit auch nach Frist­ab­lauf nicht aus188.

3.Antragsberechtigung

28Antragsberechtigt ist

a) jede natürliche oder juristische Person, auch eine solche des öffentlichen Rechts189, die selbst190 geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Durch das 6. VwGOÄndG ist die Antragsberechtigung der Fassung des § 42 Abs. 2 und damit den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage angeglichen worden. Es ist also jetzt auch bei der Normenkontrolle erforderlich, dass der Antrag­steller grundsätzlich die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts geltend macht. Nach der dann anzuwendenden Schutznormlehre (vgl. dazu § 42 Rn. 52 ff. mit Nachweisen) muss sich dieses Recht aus einer objektiv-rechtlichen Bestimmung des öffentlichen Rechts ergeben, die zumindest auch den Zweck hat, den Antrag­steller zu begünstigen, und die es ihm ermöglichen soll, sich auf diese Begünstigung zu berufen. Zur Ermittlung einer solchen Schutzrichtung kann auf Überlegungen zur parallelen Situation der Anfechtungsklage eines Dritten zurückgegriffen werden, der sich auf eine Norm als ihn begünstigend nur berufen kann, wenn sie nach ihrer durch, auch an der Verfassung und ihren Grundrechten orientierten, Auslegung zu ermittelnden objektiven Bedeutung auch seinen individuellen Interessen, auch als Mitglied einer Gruppe mit gleichen Interessen, mit dem Ziel dienen soll, ihm die Möglichkeit der Berufung auf die Begünstigung zu verschaffen191. Dabei sind an die Geltendmachung der Rechtsverletzung grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2192; zu den Anforderungen an die Darlegung s. § 42 Rn. 48. Eine Rechtsverletzung ist über den unmittelbaren Eingriff in subjektive Rechte auch dann möglich, wenn sie sich der angegriffenen Norm tat­säch­lich und rechtlich zuordnen lässt, z. B. bei Normenkontrollantrag eines Arbeitnehmers gegen RVO, die längere Ladenöffnungszeiten erlaubt193; bejaht für Antragsteller, der verpflichtet ist, Kurtaxe einzuziehen und abzuführen194; verneint für die Verbandssatzung eines Abwasserzweckverbandes195; verneint für Mieter gegen gebührenrechtliche Bestimmung in Gebührensatzung, wenn er nicht der Gebührenpflicht unterliegt196. Vgl. auch Rn. 29a. Damit wird, trotz des Charakters der Normenkontrolle auch als objektives Rechtsbeanstandungsverfahren (vgl. Rn. 1), eine Popularklage ausgeschlossen197. Im Anwendungsbereich des UmwRG gilt für die Antragsbefugnis § 2 UmwRG; im Übrigen ist das Verbandsklagerecht nach § 64 BNatSchG zu beachten.

29Der Antrag ist auch zulässig, wenn der Antrag­steller geltend macht, dass ihn die Rechtsvorschrift oder ihre Anwendung erst in absehbarer Zeit verletzt. Das ist der Fall, wenn die Rechtsverletzung mit hinreichender Gewissheit für so nahe Zukunft droht198, dass ein vorsichtig und vernünftig Handelnder sich schon jetzt zur Antragstellung entschließen darf199. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Rechtsverletzung wie die zeitliche Nähe ihres Eintritts müssen zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden.

29aEine Rechtsverletzung ist auch dann eingetreten oder zu erwarten, wenn die geltend gemachte Beeinträchtigung subjektiver privater Interessen zwar endgültig erst durch einen nachfolgenden eigenständigen Rechts­akt (VA) eintritt, dieser jedoch in der angegriffenen Norm bereits als vom Normgeber geplante Folgemaßnahme angelegt ist200. Ein noch nachfolgender Bebauungsplan genügt grundsätzlich nicht, um die Antragbefugnis für ein Normenkontrollverfahren gegen eine vorhergehende Planung zu begründen201. Eine Antragsbefugnis gegen eine vorhergehende Norm besteht ausnahmsweise dann, wenn zwischen ihr und der Norm, die eine Rechtsverletzung des Antragstellers möglich erscheinen lässt, ein enger konzeptioneller Zusammenhang besteht und dieser erkennbar Gegenstand der Abwägung der vorhergehenden Norm ist202. Diese Überlegungen sind grundsätzlich auch bei Raumordnungsplänen anwendbar. Soweit auf der Ebene der Raumordnung private Belange in die ­Abwägung einzustellen sind (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG), kann aus einer unzulänglichen Abwägung dieser Belange die Antragsbefugnis gegen Raumordnungspläne hergeleitet werden. Wenn in dem Plan bereits präzise räumlich so konkretisierte Festlegungen getroffen sind, dass sich bereits auf dieser Planstufe ein negatives Betroffensein in rechtlich geschützten Interessen für den Fall der Verwirklichung des Vorhabens absehen lässt203, kann die Antragsbefugnis nicht wegen eines mangelnden Ursachenzusammenhangs verneint werden.

30Keine Rechtsverletzung liegt vor, wenn die Unwirksamkeit eines Planes in solchen Teilen begehrt wird, die den Antrag­steller nicht berühren204 – dazu gehören auch die von Änderungen unberührt bleibenden Teile der Norm205 –, wenn eine Rechtsverletzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann206 oder bei Geringfügigkeit der Belastung207, wenn die Vorschrift dem Antrag­steller nur Vorteile gewährt208 oder nur gutachtliche Äußerungen des Gerichts verlangt werden209.

31Mit der Änderung der Antragsbefugnis im 6. VwGOÄndG hat der Gesetzgeber ein Ausufern der Antragsbefugnis in Richtung auf die Popularklage Einhalt gebieten wollen. Die Recht­spre­chung des BVerwG210 hat auf die Änderung in § 47 Abs. 2 Satz 2 in der Sache weitgehend211 „veränderungsnihilistisch“212 reagiert. Daher kann die Recht­spre­chung zum Nachteilsbegriff in weitem Umfang für die Auslegung des § 47 Abs. 2 in der Fassung des 6. VwGO-ÄndG herangezogen werden. Sicher ist dies für die Entscheidungen, die einen Nachteil bejahten, weil die Voraussetzungen einer Anfechtungsklage213 oder einer Feststellungsklage214 vorlagen, wie bei Änderung der Rechte und Pflichten eines staatlich gebundenen Berufes215.

Sicher ist es auch für die Entscheidungen, die einen Nachteil verneinten:

– wirtschaftliche und Wettbewerbssituation bei Ausweisung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes216; bei staatlich ermöglichtem stärkeren Wettbewerb217; bei Ertragseinbußen eines Einzel- oder Großhandelsunternehmens; ebenso für Rückgang des Beitragsaufkommens eines Einzelhandelsverbandes218; wenn nur Wettbewerbsnachteile gerügt werden219;

– für Inhaber einer vorhandenen Anlage bei Fortschreibung des Abfallbeseitigungsplanes220; für Erhöhung der baulichen Nutzung221; für Veränderung der allgemeinen Verkehrssituation222; für Hersteller von Bau­ma­te­ri­al­ien223.

31aFür Bebauungspläne und insgesamt für Pläne hat das BVerwG an der Linie festgehalten, dass das Abwägungsgebot für Bebauungspläne das des § 1 Abs. 7 BauGB – drittschützende Wirkung hat224; legt ein Antrag­steller dar, dass ein ihm zuzuordnender privater Belang in der Abwägung nicht ordnungsgemäß behandelt wurde, begründet dies die Antragsbefugnis225. Der Umfang des subjektiven Rechts auf fehlerfreie Abwägung wird durch die Überlegung eingegrenzt, dass nicht jeder private Belang in die Abwägung einzustellen ist226. Solche in der Abwägung nicht zu beachtenden Belangen sind geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht oder die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan, d. h. in der abschließenden Abwägungsentscheidung nicht erkennbar waren227. Auch unbeachtliche Mängel (§ 214 BauGB) genügen für die Antragsbefugnis228. Weiter sind aus der Praxis für das Bauplanungsrecht folgende Fallgestaltungen zu benennen:

– Die Mitgliedschaft in einer Wohnungsbaugenossenschaft vermittelt keine Antragsbefugnis gegen einen B-Plan229.

– Für die Gemeinde, die als juristische Person einen Normenkontrollantrag stellt, gilt der Grundsatz, dass sie antragsbefugt ist, wenn sie ihre Planungshoheit ausgeübt und eine hinreichend konkretisierte Planung vorliegen hat, auf die sich der angegriffene Plan auswirkt230. Eine verbindliche Bauleitplanung ist nicht erforderlich, wohl aber eine erkennbare und sich realisierende Planungsabsicht. Sie ist auch dann antragsbefugt, wenn die Planung das Gemeindegebiet oder Teile davon nachhaltig betrifft und die Entwicklung der Gemeinde beeinflusst231. Die Antragsbefugnis setzt weiter voraus, dass die Beeinflussung von Gewicht ist232. Die Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit in der Abwägung erfolgt über § 2 Abs. 2 BauGB, der in seinem Anwendungsbereich der Gemeinde ein subjektives Recht einräumt233. Das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB) verleiht auch dann eine Antragsbefugnis, wenn die beteiligten Gemeinden nicht benachbart sind234.

– Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass sich der angegriffene Plan auf das Eigentum (oder ein anderes geltend gemachtes dingliches Recht wie Mit- oder Wohnungseigentum, Erbbaurecht; Nießbrauchsrecht) un­mittel­bar auswirkt235, ohne dass es auf den Grund der Auswirkung ankommt236. Die Belegenheit im Plan­ge­biet ergibt für sich genommen noch keine Antragsbefugnis237, hinzukommen muss, dass Inhalt und Grenzen des Eigentums durch die planerischen Festsetzungen unmittelbar bestimmt und ausgestaltet werden238. Auch außerhalb des Plangebietes liegende Grundstücke können insoweit die Antragsbefugnis vermitteln239, wenn Auswirkungen auf sie im Einzelfall einen abwägungsrelevanten Belang darstellen240. Der bloße Wunsch eines Eigentümers, sein Grundstück (teilweise) in den Geltungsbereich eines Bebauungsplanes einzubeziehen, ist nicht abwägungsbedeutsam und ergibt keine Antragsbefugnis241, wenn nicht die Nichteinbeziehung willkürlich erscheint242. Ein Bauantragsteller, der nicht Eigentümer des Baugrundstücks ist, kann eine Veränderungssperre angreifen243 oder einen Bebauungsplan, wenn einzelne Festsetzungen ihn belasten können244. Antragsbefugt gegen die Darstellung von Ausschlussflächen in einem Bauleitplan ist auch derjenige, der gesicherte zivilrechtliche Möglichkeiten hat, seine Errichtungsabsicht zu verwirklichen245. Dem Eigentümer gleichgestellt wird der Käufer, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und auf den Besitz, Nutzungen und Lasten übergegangen sind246. Der Eigentümer eines Grundstückes, das nach der Klarstellungssatzung im Außenbereich liegt, soll antragsbefugt sein247; ebenso der Eigentümer innerhalb des Geltungsbereiches einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1–3 BauGB248; nicht aber der Grundeigentümer im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung249. Auch der Pächter einer landwirtschaftlichen Fläche kann antragsbefugt sein250. Antragsbefugt ist auch der Mieter, wenn seine schutzwürdigen Interessen von den Festsetzungen berührt sein können251. Die Antragsbefugnis fehlt auch dann nicht, wenn die angegriffene Satzung eine Lärmverringerung bewirken soll, der antragstellende Nachbar aber substantiiert die Qualität des der Satzung zugrunde liegenden Gutachtens angreift252. Der bisherige Gemeingebrauch vermittelt keine Antragsbefugnis gegen seinen Entzug durch einen Bebauungsplan253.

31bAus der Recht­spre­chung zur Antragsbefugnis in Normenkontrollverfahren nach Absatz 1 Nr. 2 sind die folgenden Fallgestaltungen zu erwähnen:

– Die gemeindlichen Satzungen über die Nutzung eines Bolzplatzes vermitteln Nachbarn keine Antragsbefugnis254.

– Ortsrechtliche Bestimmungen über die Verwendung eines Produkts verletzen keine schutzwürdigen wirtschaftlichen Interessen eines dieses Produkt anbietenden Unternehmers255. Ebenso wenig liegt eine Antragsbefugnis vor bei bloß mittelbaren oder faktischen (Grund-)Rechtsbeeinträchtigungen256, wenn sie nicht ausnahmsweise final und grundrechtsspezifisch erfolgen. Aus Art. 9 Abs. 3 GG ergibt sich für eine Gewerkschaft257 und andere Träger des Grundrechts258 eine Antragsbefugnis in Verfahren betreffend Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV.

– Eine Gemeinde ist antragsbefugt, wenn sich der Normenkontrollantrag gegen eine naturschutzrechtliche Verordnung richtet, die ihr Gemeindegebiet erfasst259.

– Eine bergrechtliche Rechtsposition kann die Antragsbefugnis gegen eine Landschaftsschutzverordnung begründen260. Ein Bergbauunternehmen ist hinsichtlich solcher Festlegungen im Raumordnungsprogramm antragsbefugt, die Flächen betreffen, für die das Unternehmen bergrechtliche Rechtspositionen besitzt261. Eigentümer oder dinglich oder obligatorisch Berechtigte an Grundstücken in einer Ausschlusszone nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind wegen der Notwendigkeit der Abwägung ihrer Belange antragsbefugt262.

– In kommunalverfassungsrechtlichen Normenkontrollverfahren sind nur die von der Norm unmittelbar rechtlich beeinträchtigten Organe antragsbefugt, nicht die Organteile oder Dritte, die faktisch beeinträchtigt werden263.

31cAntragstellerin kann jede juristische Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sein. Dazu gehört auch die BGB-Gesellschaft264. Soweit die Rechtsstellung der BGB-Gesellschaft reicht, sind die einzelnen Mitgesellschafter nicht antragsbefugt265. Ob auch eine Erbengemeinschaft als Antragstellerin auftreten kann oder nur die einzelnen Miterben, ist streitig, aber mit Blick auf die – bislang – im Zivilrecht nicht anerkannte eigene Rechtspersönlichkeit der Erbengemeinschaft trotz § 61 Nr. 2 zu verneinen266.

32Wird der Antrag von einer juristischen Person gestellt, muss diese geltend machen, dass sie selbst in ihren Rechten verletzt ist oder in absehbarer Zeit sein wird (für Hochschule wegen Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit durch zu hohe Studentenzulassungszahlen267; für Einzelhandelsverband268; für Gemeinde wegen Gebietsreform269); es reicht nicht aus, wenn nur ihre Mitglieder Rechtsverletzungen geltend machen270. Nicht als schutzwürdig anerkannte Einzelinteressen kann ein Verein nicht dadurch für sich selbst schutzwürdig machen, dass er sie zum Vereinszweck erklärt271. Eine Ausnahme gilt für den Anwendungsbereich des UmwRG, vgl. § 2 UmwRG, und für § 64 BNatSchG.

33b) Jede Behörde. Der Begriff der Behörde ist in gleicher Weise auszulegen wie bei der Definition des VA, d. h. es fallen hierunter alle mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betrauten deutschen Stellen ohne Rücksicht auf ihre Rangstufe oder Besetzung (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG). Vor­aus­set­zung eines Normenkontrollantrages der Behörde ist, dass sie nach Landesrecht beteiligtenfähig ist272; fehlt eine entsprechende Regelung, kann nur die Körperschaft, der die Behörde angehört, den Normenkontrollantrag stellen.

34Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass die Behörde mit der Ausführung der Norm befasst ist273, d. h. für ihre Durchsetzung zumindest mitverantwortlich ist274, sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beachten hat275 oder dass diese bei ihrer amtlichen Tätigkeit auf sie Anwendung findet. Betroffensein bei öffentlichen Aufgaben, die mit öffentlichen Mitteln wahrgenommen werden, ist ausreichend276. Die Antragsbefugnis für Behörden hebt die Weisungsgebundenheit im hierarchischen Behördenaufbau nicht auf; ein Antrag kann daher nicht entgegen einer Weisung der übergeordneten Behörde gestellt werden. Bei Behörden der Kommunalverwaltung muss unterschieden werden, ob sie nur von der Normausführung betroffen sind (auch dann ist die Gemeinde antragsbefugt277) oder ob sie eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde geltend machen, und damit den Antrag als juristische Person stellen278.

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