Читать книгу Verwaltungsgerichtsordnung - Martin Redeker - Страница 188
III.Der Zuständigkeitskatalog nach Absatz 1
Оглавление3Die erstinstanzliche Zuständigkeit des OVG für Verwaltungsrechtsstreitigkeiten über bestimmte technische Großvorhaben4 nimmt keine Beschränkung auf bestimmte Klagearten vor, sondern weist dem OVG sämtliche Streitigkeiten zu. Es kann daher nicht nur ein VA Klagegegenstand sein, sondern auch der Streit um die Auslegung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags u. Ä. Neben der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage kommen damit auch alle weiteren nach der VwGO zulässigen Klagearten (vgl. § 42 Rn. 1) in Betracht.
4Für Änderungen, die im Katalog des Absatzes 1 vorgenommen werden, gilt, soweit nicht ausdrücklich eine Überleitung vorgenommen wird, die allgemeine Regel: Für anhängige Verfahren bleibt die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem sie anhängig sind, erhalten; für Klagen nach Inkrafttreten der Änderung gilt die neue Zuständigkeitsregelung; vor Inkrafttreten der Änderung anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes folgen der Zuständigkeit in der Hauptsache.
5Die Zuweisung der Zuständigkeit an das OVG ist in Absatz 1 Satz 1 so gefasst, dass entweder alle eine Anlage: Nr. 1–3b und Nr. 6 oder alle bestimmte Planfeststellungsverfahren betreffenden Streitigkeiten: Nr. 4 bis 5, 7–13 einbezogen werden5. Der Katalog stellt nicht auf Genehmigungstatbestände ab, sondern beschreibt die Vorhaben teils durch Hinweis auf Genehmigungsvorschriften, teils durch die Bezeichnung von Vorhaben6. Soweit die Zuweisung an Planfeststellungsverfahren anknüpft, werden von ihr nicht nur der Planfeststellungsbeschluss, sondern auch die mit ihm verbundenen inhaltlichen Beschränkungen und Auflagen, und alle weiteren mit der Planfeststellung zusammenhängenden Entscheidungen erfasst, wie vorbehaltene Entscheidungen, nachträgliche Auflagen7, die Beendigung des Verfahrens, die Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses, die Aufhebung des Beschlusses, Rücknahme und Widerruf8. Nicht erfasst werden Streitigkeiten, die die Ausführung der planfestgestellten Maßnahme betreffen9 oder Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung der Regelungen im Planfeststellungsbeschluss10. Beim Zusammentreffen mehrerer Vorhaben, für die ein Planfeststellungsverfahren erforderlich ist, erfasst die Zuweisung das gesamte einheitliche Verfahren, wenn dieses nach den Vorschriften für das zugewiesene Vorhaben abläuft. Ist das zugewiesene Vorhaben jedoch nicht bestimmend, verbleibt es auch insoweit bei der erstinstanzlichen Zuständigkeit des VG11.
6Nicht erfasst wird, wo das Planfeststellungsverfahren das Kriterium für die Zuweisung ist, die Entscheidung der Behörde, wegen geringer Bedeutung von Planfeststellung und Plangenehmigung abzusehen, und eine daraufhin erteilte Genehmigung12.
7Um das OVG für alle mit einem Vorhaben des Katalogs zusammenhängenden Fragen umfassend zuständig zu machen13, wird dieser durch Absatz 1 Satz 2 in dreifacher Hinsicht ergänzt. Zum Ersten werden von Absatz 1 Satz 2 auch die Plangenehmigungsverfahren erfasst. Zum Zweiten wird verdeutlicht, dass der Katalog für „Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderliche Genehmigungen und Erlaubnisse“ gilt. Neben den für die jeweiligen Vorhaben tragenden Gesetzesvorschriften (z. B. AtG, WStrG, KrWG, LuftVG) bezieht sich der Katalog damit auf alle weiter noch erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse aus anderen Rechtsgebieten (z. B. nach dem Immissionsschutzrecht, dem Wasserrecht, dem Baurecht, dem Bergrecht). Absatz 1 Satz 2 bewirkt damit, dass die in einigen Gesetzen vorgenommenen Ausnahmen von der Konzentrationswirkung der Planfeststellung14 nicht zu Ausnahmen von der erstinstanzlichen Zuständigkeit des OVG führen.
8Zum Dritten werden Genehmigungen und Erlaubnisse, die nicht Planfeststellungen sind, einbezogen, wenn sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit dem Vorhaben in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Der Bericht in der BT-Drucks. 10/3368 nennt in diesem Zusammenhang die Kühltürme bei Kraftwerken15 und die Schleusen beim Neubau von Wasserstraßen. Auf einen zeitlichen Zusammenhang kommt es für die Zuweisung nicht an16. Trotz der weiten Fassung des Katalogs und der Ergänzungsvorschrift bleibt die Schwierigkeit einer Abgrenzung nach außen. Die meisten der im Katalog aufgeführten Vorhaben sind durch vielfache Infrastrukturmaßnahmen mit ihrer näheren und weiteren Umgebung verknüpft, so dass nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles wird entschieden werden können, ob z. B. eine Zufahrt, eine Schienenverbindung, ein Verwaltungsgebäude, ein Lager oder Versorgungsleitungen, für die eine besondere Genehmigung erforderlich ist, von der Vorschrift mit erfasst werden. Auf Entscheidungen demonstrationsrechtlicher Art kann sich die Vorschrift dagegen nicht beziehen, da diese zwar aus Anlass der Planung oder Ausführung eines der im Katalog aufgeführten Vorhaben ergehen können, aber einen anderen Regelungsgegenstand als das Vorhaben betreffen. Ebenso wenig werden Streitigkeiten um rechtlich selbständige Ansprüche erfasst, die nicht im Planfeststellungsverfahren wurzeln17.
9Bei den Entscheidungen über Kosten (Gebühren und Auslagen) und Beiträge fällt unter die Zuweisung nur der Streit über Kosten, die die Behörde für die zugewiesene materielle Entscheidung erhebt18. Dagegen ergreift die Zuweisung nicht Bescheide über Benutzungsgebühren (z. B. § 21a AtG) oder Beiträge (z. B. VO zur § 21b AtG), da diese wieder ein anderes Rechtsverhältnis betreffen (Adressat im Atomrecht ist der Ablieferungspflichtige). Das VG ist nach BVerwG19 auch für die Anfechtungsklage zuständig, die lediglich eine im Rahmen eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens ergangene, behördliche Kostenentscheidung betrifft.