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IX.Wirkung der Entscheidung

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45Die Entscheidung, die die Unwirksamkeit einer Rechtsvorschrift feststellt, ist allgemein verbindlich (Absatz 5 Satz 2), d. h., die Unwirksamkeit ist gegenüber jedermann, der sich auf die Vorschrift berufen oder sie anwenden will, festgestellt (zur Veröffentlichung vgl. Rn. 43); nicht nur die Behörden des Antragsgegners, sondern jede Behörde, auch die anderer Länder oder Bundesbehörden, und jedes Gericht – z. B. im Baulandverfahren321 und das erkennende Normenkontrollgericht322 – sind an sie gebunden. Diese Rechtsfolge tritt mit der Rechtskraft der Entscheidung ein; auf die Veröffentlichung kommt es nicht an323. Zwischen den Beteiligten entfaltet sie die Bindungswirkung nach § 121324. Der Antragsgegner ist bei einer Sachentscheidung grundsätzlich auch gehindert, eine Rechtsvorschrift gleichen Inhalts erneut zu erlassen325; ist die Unwirksamkeit der Rechtsvorschrift jedoch allein wegen eines Form- oder Verfahrensfehlers bei ihrem Erlass festgestellt worden, kann der Antragsgegner diesen Fehler beheben und die Vorschrift mit Wirkung für die Zukunft neu erlassen; § 214 Abs. 4 BauGB eröffnet den Gemeinden da­rü­ber hinaus die Möglichkeit, Flächennutzungspläne und Satzungen nach Behebung derartiger Fehler oder eines materiellen Mangels, der die Grundzüge der Planung nicht berührt, mit Rückwirkung erneut in Kraft zu setzen326. Besteht auf einer anderen gesetzlichen Grundlage die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens, wird dies durch die Unwirksamkeitsfeststellung nicht gehindert327. Nach Auffassung von München328 nimmt die in den Gründen enthaltene Feststellung des Ausschlusses einer Heilung der Mängel im ergänzenden Verfahren an der Allgemeinverbindlichkeit teil. Die für unwirksam erklärte Rechtsvorschrift kann nicht mehr Gegenstand eines Normenkontroll- oder Verfassungsbeschwerdeverfahrens sein329. Die Entscheidung wirkt, da sie feststellenden Charakter hat, ex tunc auf den Zeitpunkt des Erlasses der Vorschrift, soweit nicht das OVG ausdrücklich im Tenor einen anderen Zeitpunkt festlegt, z. B., wenn die Vorschrift wegen Kollision mit einer nachfolgenden Norm höheren Ranges für unwirksam erklärt wird330.

46Die Entscheidung hat für die auf Grund der unwirksamen Rechtsvorschrift erlassenen VA unterschiedliche Wirkungen:

– Die noch nicht unanfechtbaren VA sind von der erlassenden Behörde aufzuheben331; das gilt auch, wenn sie Dritte begünstigen, da diese sich erst nach Unanfechtbarkeit auf die Begünstigung verlassen können.

– Für VA, die durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung unanfechtbar geworden sind, gilt § 183 entsprechend (Absatz 5 Satz 3); sie werden durch die Entscheidung im Normenkontrollverfahren nicht berührt, bleiben also wirksam, jedoch ist die Vollstreckung aus ihnen unzulässig und es kann, soweit dies in Betracht kommt, Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) erhoben werden (vgl. § 183 Rn. 1).

– Auf sonstige unanfechtbar gewordene VA ist Absatz 5 Satz 3 entsprechend anzuwenden, da sich auch bei ihnen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vollstreckungsschutzes in gleicher Weise wie bei gerichtlichen Entscheidungen gegenüberstehen; sie bleiben also ebenfalls wirksam, die Vollstreckung ist aber auch aus ihnen unzulässig332. Diese Interpretation entspricht der Auffassung zu § 79 Abs. 2 BVerfGG333. Da­rü­ber hinaus kann ein Antrag des Betroffenen nach § 51 VwVfG auf Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Behörde, die den VA erlassen hat, in Betracht kommen, weil sich die Rechtslage nachträglich geändert hat334.

47Die auf Grund einer für unwirksam erklärten Norm ergangenen rechtskräftigen Strafurteile oder Bußgeldbescheide fallen nicht unter Absatz 5 Satz 3 mit § 183; zutreffend hat Kassel335 in diesen Fällen § 79 Abs. 1 BVerfGG analog angewandt, der eine Wiederaufnahme von Strafverfahren und in entsprechender Anwendung auch von Bußgeldverfahren zulässt336.

48Zurückweisende Entscheidung. Die Entscheidung, die den Antrag zurückweist, hat Rechtskraftwirkung nur für die Beteiligten337, erstreckt sich aber auch auf die Inzidentprüfung in anderen Gerichtsverfahren338. Sie schließt aus, dass der Antrag­steller seinen Antrag mit gleichen Gründen wiederholt, auch Wiederaufnahme bei Entscheidung in der Sache ist unzulässig339, nach zutreffender Auffassung des BayVerfGH340 steht jedoch die Rechtskraftwirkung der Entscheidung einem neuen Antrag nicht entgegen, wenn sich die Lebensverhältnisse oder die Rechtsauffassung nach Ablauf längerer Zeit grundlegend verändert haben. Ein Dritter kann dagegen den gleichen Antrag erneut einbringen, der, wenn das OVG bei seiner Auffassung bleibt, als unbegründet, nicht als unzulässig abgewiesen wird341. Neben der Rechtskraftwirkung inter partes kann die Bedeutung des abweisenden Beschlusses darin liegen, dass die Behörden ihm die gesetzeskonforme Interpretation der überprüften Vorschrift entnehmen können, die sie bei der weiteren Anwendung der Bestimmung, sollen ihre VA nicht im gerichtlichen Verfahren aufgehoben werden, berücksichtigen müssen.

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