Читать книгу Die Himmelskugel - Olli Jalonen - Страница 24

Оглавление

ICH RENNE MIR DIE FÜSSE hart wie Schuhsohlen, wie Tierleder, obwohl die Haut des Menschen dünner ist, aber sie wächst und wird hart, wenn man sie lang genug drillt und zum Aufzeichnungsbaum hinauf und wieder zurück rennt, bei Tag zwei Mal, bei Nacht ein Mal, jedes Mal hin und zurück. Wenn das so weitergeht wie bis jetzt, ist alles gut.

Ich drille die Fußsohlen zu tierlederharten Sohlen, aber so, dass ich es nicht einmal merke und auf die gleiche Art, wie ich meine Augen zu schärferen Augen gedrillt habe, als sie sonst jemand hat. Auch die Veränderung der Augen merkt man erst, wenn man sie lange Zeit nicht bemerkt hat, so wie in der Nacht, die heller als alle vorigen Nächte sein muss, weil ich fast gleich, als ich auf die Araukarie klettere und meinen Kopf festbinde, im Aufzeichnungsloch neue kleine Sterne erkenne, so klein, dass man sie nicht sieht, wenn man direkt hinschaut, sondern nur, wenn man ein bisschen vorbeischaut.

Die Nacht rundum ist blauschwarz und hoch, der Himmel ist tief, und durch all das zusammen sehe ich mehr als je zuvor. Obwohl ich neue Sterne sehe, steche ich sie nicht sofort mit dem Kaktusstachel an ihren Platz in die Aloe-Scheibe, und dann schafft es der Rand einer Wolke oder eines Nebels, sich darüberzuschieben, sodass das am wenigsten sichtbare und dünnste Licht hinter einem Schleier verschwindet und nur die Sterne bleiben, die immer in klaren Nächten zu erkennen und in den Kalendern verzeichnet sind.

Das ärgert mich ein bisschen, aber trotzdem ist es ein gutes Gefühl, dass ich fähig gewesen bin, sie zu finden. Wenn Herr Halley hier wäre, wenn er noch ein zweites Mal mit der Unity zur Insel gesegelt käme, würde ich ihm als Erstes von den neuen Objekten berichten. Ich würde ihm zeigen, an welcher Stelle am Himmel sie standen und wo ich ihre Tintenpunkte ungefähr richtig auf das Aufzeichnungsblatt gedrückt habe.

Herr Halley wäre zufrieden und könnte mich ins Ohr kneifen. Er würde mich vielleicht loben und sagen, jetzt hat Angus seine Aufgabe als Aufzeichner der südlichen Himmelskugel großartig erfüllt.

Niemand auf der Insel ist derselbe wie ich, und niemand sieht den Himmel besser als ich durch das Loch in der Araukarie. Immer öfter kommt es mir so vor, als ob ich etwas sicher weiß, obwohl ich es nicht dürfte, aber ich weiß, dass es bald so sein kann, dass der Totholz-Angus nicht mehr hier ist, sondern anderswo und dort, wo Herr Halley und Herr Flamsteed die Sterne voneinander unterscheiden und vielleicht noch besser sehen als Angus, weil sie aus Messinghülsen und Glas und Eichenholzröhren gebaute Apparate auf Hausdächern an erhöhten Stellen befestigt haben, wo sie nicht wackeln.

Wenn es einem so vorkommt, hat man ein hohes Gefühl in sich und kann keinen Moment still stehen und nichts denken. Selbst wenn die Füße sich nicht rühren, spürt man in ihnen doch, dass sie schon gehen und rennen. Auch wenn der Kopf mit dem Lederriemen festgebunden ist, bewegen sich darin Pläne und Überlegungen, was, falls, und noch sicherer, was, wenn.

Aber wenn sich in der Nacht mehr Wolken oder Nebel zusammenballen, legt sich das Gefühl und wird wieder normal. Eigentlich hat der Mensch ein Meer in sich. Es gibt ähnliche große Wellen und Wind, und am Abend geht die Dünung zurück. Macht die Dunkelheit sie im Meer kleiner, oder hat der Wind keine Kraft mehr zu blasen, wenn die Sonne untergegangen ist? Ein paarmal im Jahr ist es so windstill, dass man am Ufer sein eigenes Herz hören kann.

Die Himmelskugel

Подняться наверх