Читать книгу Die Himmelskugel - Olli Jalonen - Страница 7
ОглавлениеDIE MAINAS SIND SCHULD, denn einmal kann man die Tonschale schon in der Astgabel vergessen, wenn man vor dem Mittagessen hinunterklettert, und dann ist es wahrscheinlich so, dass zuerst ein Maina angeflattert kommt und prüfend nach oben fliegt, sich begeistert, zwitschert und die anderen Mainas aus den Büschen lockt. Wenn die kommen, picken sie im Nu alles weg, außer den bunten, für die Sonderbaren fallen gelassenen Erbsen, weil Erbsen zu groß und zu hart sind für einen Maina und nach Trockenrauch riechen. Vielleicht haben sie in Indien keine Erbsen gesehen, von wo aus sie in Käfigen auf den Schiffen hergebracht werden, falls sie nicht von sich aus die ganze lange Fahrt im Laderaum mitgekommen sind.
Dadurch stimmt nur die Anzahl der Sonderbaren, aber ein Teil der Schwirrenden, der Sausenden und der Flatternden fehlt in der Endabrechnung des Tages.
(Ich erziehe dich zur Genauigkeit und zum Wissen, so wirst du besser, als du bist. Du wirst scharfe Augen bekommen und ein Himmelsspäher für höhere Aufgaben werden. Zuerst jetzt auf der Insel, und dann kann es sein, das hängt von dir selbst ab, dass es mehr wird und weiter weg. Jenseits des Meeres, in der Richtung dort, warten womöglich größere Aufgaben auf dich, aber jetzt darfst du bleiben und Zinsen tragen.)
(Lüge nie. Vermerke nicht die Stellen neuer Sterne, wenn du dir nicht vollkommen sicher bist, dass du sie siehst. Glaube nicht, wenn du es nicht weißt.)
(Habe keine Angst, dass man dich schlägt. Auch ein Pferd lernt den Stadtwagen nicht ziehen, wenn ihm das Blut aus der Kruppe läuft. Ein Pferd lernt neben einem anderen Pferd den Wagen zu ziehen, denn es wagt nicht, schlechter zu sein als das andere.)
Als mir einfällt, dass die Schale oben geblieben ist, bin ich schon im Hof des Hauses auf der Totholzebene. Meine Mutter brät Fische über dem Steinfeuer. Ich sage ihr, dass ich bei Herrn Hawleys Befehl und Auftrag etwas vergessen habe, mache kehrt und renne die ganze Strecke wieder hinauf. Die Mainas machen auf den Ästen Radau, ich schreie sie an und klettere sofort in die Sitzgabel, greife nach dem Rand der Schale, und erst da fliegt der letzte zum Himmel hinauf, mit einem Kern quer im Mund.
Wie kann so ein Tag ein guter Tag sein? Aber ich lüge nicht. Ich trage die Zahl der Vögel heute überhaupt nicht ein, sondern lasse im Kalender eine leere Stelle neben den Nummern IV 22° 1679. Im Kalender gibt es für jeden Tag nur eine richtige Zahl, und bei den Nächten kommt die Zahl von dem Tag, der untergegangen ist.
Ich kann nicht schreiben, aber die Zahlen hat mir Herr Hawley beigebracht, sodass ich alle kann, so weit hinauf, wie Ziffern auf der Welt geschaffen worden sind. Es gibt zwei Arten von Ziffern, die römischen und die unsrigen, die unsrigen kann ich bis ganz nach oben, weil man davon so viele aneinanderreihen kann, wie man will. Auch die römischen Ziffern kann ich bis ziemlich weit hinauf, aber ich will schreiben lernen. Wenn man schreiben kann, kann man daneben hinschreiben, warum die Stelle an dem Tag leer bleibt.
Weil ich nicht schreiben kann, hat mir Herr Hawley Zeichen für die Klarheit des Himmels beigebracht. Ein großer Bogen ist ein hoher Himmel und ein kleiner Bogen ∩ ein niedrigerer Himmel, drei Regentropfen bedeuten Nebel oder dass Wolken im Weg sind. Kommen gleichartige Nächte hintereinander, kann man daneben die passende Zahl malen.
Unter dem Baum verstecke ich die Schale in einem starken Korb, der Korb steht auf einem hohen Stein, und auf dem Deckel des Korbs und an den Seiten verteile ich, als Gewicht und um Ratten und Vögel abzuhalten, Schiefersteine. Dann laufe ich zum zweiten Mal nach Hause und sage schon im Hof zu meiner Mutter, dass ich schreiben lernen will.
Zuerst muss man lesen lernen, sagt sie.
Ich will lesen lernen.
Sie nimmt das Baby vom Boden auf, weil es Erde an der Hand und im Mund hat. Wenn der Pastor bereit ist, dir zu helfen. Herr Hawley war ein Freund des Pastors, sagt meine Mutter und wischt dem Baby Erde und kleine Würmer aus dem Mund.
Wenn man Erde oder Sand ganz aus der Nähe betrachtet, ist da wer weiß was an Beweglichem und Unbeweglichem drin.
(Wie weit gibt es in etwas Kleinem noch Kleineres, bis in welche Tiefe kann man Unterschiedliches erkennen, was glaubst du, Clarke? Ist irgendwo das Ende, oder kommt es erst im Unendlichen? So würde ich die Frage jetzt stellen. Die Ewigkeit, sagt Herr Clarke. Vermenge die Dinge nicht mit Gott, sagt Herr Hawley.)