Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 46

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Als sie sich wieder im Office befanden, sagte der Town Marshal: „Es steht mir nicht zu, dir Vorschriften zu machen, Carrie. Aber meinst du nicht, dass es besser für dich wäre, wenn du nach Tombstone zurückkehren würdest?“

„Erst, wenn der letzte der Mörder in der Hölle schmort!“, entfuhr es Carrie, die ihren Revolver vom Schreibtisch nahm und ihn ins Holster rammte. Dann griff sie nach dem Gewehr. „Und da ich bleibe, kann ich im Prozess auch eine Aussage machen.“

„Dem Sheriff liegt ein schriftlicher Bericht aus Tombstone vor. Darauf hat er seine Anklage begründet. Deine Aussage ist diesem Bericht beigefügt. Sie ist ausreichend. – Morgen Mittag fährt die Stagecoach in Richtung Tombstone. Hast du das nötige Geld für ein Ticket?“

„Ich besitze nicht einen einzigen Cent. Unser Erspartes haben die Banditen geraubt; hundertfünfzig Dollar.“

„Bei Jackson wurden etwas über hundert Dollar sichergestellt. Ich spreche mit dem Richter, und ich denke, dass er nichts dagegen einzuwenden haben wird, wenn ich dir von dem Geld eine Fahrkarte nach Tombstone kaufe.“

„Vielen Dank, Marshal, aber ich kann und will von dem Angebot keinen Gebrauch machen.“

„Verdammt, was willst du dann? Es kann doch nicht dein Ernst …“

Carrie ließ ihn nicht zu Ende sprechen, sondern stieß hervor: „Ich will die vier Bastarde tot sehen.“ Der Tonfall ihrer Stimme ließ keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Worte zu. „Gehen wir, Jerry! Go on!“

Sie schwang herum und strebte dem Ausgang zu, der Schäferhund trottete hinter ihr her. Lane Wilburn versuchte nicht, sie aufzuhalten. Er hatte begriffen, dass sie Worten nicht zugänglich war. Also schwieg er. Doch als draußen ihre Schritte auf dem Vorbau verklungen waren, verließ auch er das Office. Sein Ziel war die Telegraphenstation …

In Tucson herrschte rege Betriebsamkeit. Carrie wusste, dass diese Stadt ein Hexenkessel war. Tagsüber beherrschten die Handwerker und Kaufleute das Geschehen, am Abend aber, wenn Tucson zu Lasterhaftigkeit und Sünde erwachte, waren es die Spieler und Huren, die Vergnügungssüchtigen und Tanzmädchen, die Abenteurer und Banditen, die das Ruder übernahmen.

Es waren zwei Welten, die hier existierten. Eine gute und eine böse.

Trotz aller Entschlossenheit – sie kam sich ziemlich verloren vor, denn sie spürte die wilden, hemmungslosen Impulse, die Tucson durchfluteten. Die verworrenen Geräusche, die sie umgaben, verunsicherten sie. Dass hier jedes zweite Gebäude ein Vergnügungsetablissement war, registrierte sie zwar, doch sie konnte es kaum glauben. Dagegen war Tombstone ein Provinznest, obwohl es dort auch einige Saloons gab.

Sie fand ein Boardinghouse, band ihr Pferd davor am Hitchrack an, nahm das Gewehr und ging hinein. Jerry wich nicht von ihrer Seite. Hinter der Rezeption stand ein Mann um die fünfzig. Er hatte auf dem Tresen ein Magazin liegen, über das er gebeugt war, doch nun hob er das Gesicht und musterte Carrie aus wässrigen, blau-grauen Augen, streifte mit einem schnellen Blick den Hund, dann konzentrierte er sich wieder auf Carrie und sagte: „Du bist zwar gekleidet wie ein Kerl, siehst aber eher aus wie ein Mädchen. Was bist du nun?“

Der Typ gefiel Carrie nicht. Er hatte etwas Rattenhaftes an sich. Seine Gesichtshaut hatte eine gelbliche Färbung, fast wie Pergament. Das Gesicht war spitz, und da er den Mund halb geöffnet hatte, muteten seine Schneidezähne an wie die eines großen Nagers.

„Ich suche einen Platz zum Schlafen, denn ich habe vor, einige Tage in Tucson zu bleiben.“ Carrie fühlte sich unbehaglich unter dem durchdringenden Blick des Mannes, geradezu nackt.

„Du bist also ein Mädchen“, knurrte der Rezeptionist. „Ich erkenne es an deiner Stimme. Du siehst aber aus wie ein Landstreicher. Bist du von zu Hause ausgerissen? Oder hast du gar kein Zuhause?“

„Ich bin wegen der Terrence Shaw-Bande nach Tucson gekommen. Sie hat meine Familie ermordet – vor anderthalb Wochen, unten, in Tombstone.“

„Von der Sache habe ich gehört. Furchtbar! Einer der Kerle sitzt doch im Gefängnis und wartet auf seinen Prozess. Ho, das wird wieder ein Volksfest, wenn sie ihm den Hals langziehen. – So, so, du bist also die Kleine, die die Halunken am Leben ließen, der sie aber ziemlich übel mitspielten.“

„Die Schweine haben mich vergewaltigt!“, fauchte Carrie. „Nun, Mister, ich will Sie nicht um Unklaren darüber lassen, dass ich keinen rostigen Cent besitze. Aber ich würde für die Unterkunft arbeiten. Sie können doch sicher jemand brauchen, der Ihnen zur Hand geht bei dem Betrieb hier. Für Kost und Logie würde ich jede Arbeit für Sie verrichten.“

Der Mann grinste schief. „Jede?“

Carries Gesicht versteinerte, denn sie verstand. „Ich bin keine Prostituierte, Mister!“, knirschte sie. „Das ist offensichtlich nicht der richtige Platz für uns, Jerry. Gehen wir!“ Carrie schwang herum und verließ schnell das Boardinghouse.

Sie fand einen Mietstall und führte ihr Pferd durch das Tor in die Düsternis des Stalles. Der typische Geruch schlug ihr entgegen und für die Spanne zweier Herzschläge lang hielt sie die Luft an. Der Stallbursche kam ihr entgegengeschlurft, ein alter, dürrer, bärtiger Bursche, der einen Priem kaute und der in seiner viel zu großen Hose aussah wie eine Vogelscheuche. Über seinen grauen Raubvogelaugen saßen buschige, graue Brauen, die riesige Hakennase war großporig und gerötet. „Ein bisschen zu klein geraten, Bürschchen, wie?“, krächzte er wie ein kranker Rabe. „Dafür aber schleppst du ein ziemlich schweres Schießeisen …“ Plötzlich stutzte er, dann stieß er hervor: „Hey, du bist gar kein Junge, du bist ein Mädchen. Ein hübsches noch dazu. Weshalb diese kriegerische Aufmachung? Warum ziehst du dir nicht ein schönes Kleid an und gehst zu Mister Fleming, damit er dir einen Job gibt und …“

„Ich suche keinen Job!“, unterbrach ihn Carrie mit klirrender Stimme. „Ich suche einen Platz zum Schlafen, habe aber kein Geld. Ich dachte, dass ich vielleicht hier im Heu übernachten könnte.“

„Ist der Hund gefährlich?“ fragte der Oldtimer.

Carrie schüttelte den Kopf. „Nein. Normalerweise nicht.“

„Was heißt das?“

„Man darf ihn nicht reizen. – Haben Sie was dagegen, wenn ich hier ein paar Nächte verbringe?“

„Und wovon willst du dich ernähren, wenn du kein Geld hast?“

„Ich kann auf die Jagd gehen.“

Der Stallmann lachte auf; es klang geradezu amüsiert. Dann spuckte er seinen Priem zur Seite aus und knurrte: „Ich wäre kein Christenmensch, wenn ich dich jetzt fortjagen würde. Okay, okay, du kannst bleiben. Und ich werde auch deinem abgemagerten Gaul etwas zu fressen geben. Ich schreibe mir auf, was du mir schuldest. Und solltest du doch irgendwann einen Job annehmen, dann kannst du mir ja alles zurückzahlen. – Vielleicht erzählst du mir deine Geschichte, Kleine. Wenn sie mich fesselt, können wir etwas von deinen Schulden dagegen aufrechnen.“

„Meine Geschichte ist schnell erzählt“, versetzte Carrie. „Es ist allerdings keine schöne Geschichte, Sir.“

„Sag Curly zu mir.“

„Ich heiße Carrie – Carrie Hayes. Und wenn ich Ihnen hier im Mietstall zur Hand gehen kann, dann sagen Sie es mir, Curly. Ich bin mir für keine Arbeit zu schade. Sie müssen wissen, dass ich auf einer Farm aufgewachsen bin.“

Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane

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