Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 55
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ОглавлениеIn Cooper war eine fast grenzenlose Genugtuung. Wenn sie erst einmal auf amerikanischem Gebiet waren, hatte er die vier Banditen genau dort, wo er sie haben wollte. Da er wusste, dass er, solange er auf Mitchells Lohnliste stand, die Rurales nicht zu fürchten brauchte, ging er hier in Mexiko sicherlich einer Menge Ärger aus dem Weg.
In der Mannschaftsunterkunft brannten einige Lampen und verbreiteten spärlichen Lichtschein. Cooper lag auf einer der Bunks, hatte die Hände flach hinter den Kopf geschoben und die Augen geschlossen. Auch Shaw lag auf seinem Bett, seine drei Kumpane hingegen saßen an einem Tisch und pokerten um kleine Einsätze. Einige Vaqueros und Helfer, die in den anderen Betten lagen, schliefen.
Fast instinktiv spürte Cooper die misstrauischen, abtastenden Blicke, die sie ihm immer wieder zuschossen. Ein Leben jenseits von Recht und Ordnung hatte sie vorsichtig, wachsam und argwöhnisch gemacht, und sie hatten in den vergangenen Wochen in Arizona für eine Menge Furore gesorgt. Sie schlossen nicht aus, dass sich einer ihrer Jäger über die Grenze gewagt hatte.
Er hatte sich nicht ein einziges Mal an einen der Kerle mit einer Frage oder der Absicht, mit ihm sprechen zu wollen, gewandt. Er beachtete sie gar nicht. Er gab sich ihnen gegenüber wie ein Mann, der sich seiner Überlegenheit bewusst ist und darüber hinaus mit ihnen nichts zu tun haben will.
Seine Arroganz brachte Shaws Blut zur Wallung. Die ganze Ausstrahlung Coopers mahnte ihn aber auch zur Vorsicht. Mit dem untrüglichen Instinkt des Gesetzlosen hatte er erkannt, dass es sich bei dem finsteren Burschen um einen zweibeinigen Wolf handelte, um einen Mann, der zuerst schoss und dann die Fragen stellte.
Immer wieder schielte der Bandit zu Cooper hinüber. Dessen Gesicht war total entspannt; er vermittelte den Anschein, zu schlafen. Die Art Coopers versetzte Shaw in Zorn, seine Anwesenheit jedoch löste Unbehagen in ihm aus. Sie hatten in den Staaten gemordet, geraubt und vergewaltigt, und zuletzt hatten sie ein Aufgebot zusammengeknallt. Im Arizona-Territorium waren sie sicherlich einen Haufen Dollar wert. Dass ein Sheriff oder Staatenreiter über die Grenze nach Mexiko ging, um sie zu jagen, hielt Shaw nicht für wahrscheinlich. Aber da waren die Kopfgeldjäger; Bluthunde, oftmals nicht besser als die Banditen, die sie jagten, die aber ihre Legitimation durch die Steckbriefe erhielten und deren Gesetzbuch der Sechsschüsser war.
Für diese Menschenjäger gab es keine Grenzen.
Shaw erhob sich. Er hatte seinen Revolvergurt zusammengerollt auf den Hocker gelegt, der neben seiner Bunk stand. Der Knauf des 45ers ragte aus der Gürtelrolle. Shaw zog das Eisen, erntete verblüffte Blicke seiner Kumpane, trat an Coopers Bett heran, richtete die Waffe auf Cooper und spannte den Hahn. Das Knacken ließ Cooper die Augen aufschlagen. „Was soll das werden, Shaw?“, fragte Cooper ruhig.
„Ich glaube es dir nicht, dass du einfach nur ein Herumtreiber bist, Hombre!“, antwortete Shaw. Er nahm beim Sprechen kaum die Zähne auseinander. „Allan!“
„Was willst du?“, fragte Allan Gentry.
„Nimm dir seine Satteltaschen vor. Vielleicht finden wir etwas, das mehr über seine wahre Identität verrät.“
Gentry holte sich die Satteltaschen, die neben Coopers Bett am Boden lagen, öffnete sie und begann sie zu durchsuchen. Er warf alles, was sich in den Taschen befand, neben Cooper auf das Bett. „Nichts“, knurrte er schließlich. „Nur Dinge, die jeder mit sich führt, der kreuz und quer durch die Gegend streift.“
In dem Moment erklangen draußen Hufschläge, die im Hof endeten. Dann war nur noch Hufestampfen und das Prusten der Pferde zu vernehmen, doch schon im nächsten Moment erklang eine dunkle Stimme. Die Worte, die der Mann sprach, waren in der Mannschaftsunterkunft nicht zu verstehen.
Ungeachtet des auf ihn angeschlagenen Revolvers erhob sich Cooper mit einem Ruck, an Gentry gewandt sagte er: „Ich hoffe, du räumst alles wieder ein, mein Freund. Und du –„ er schaute Shaw an, „kannst deine Gürtelkanone wieder wegstecken. Du hast keinen Grund, auf mich zu zielen.“
Er schlüpfte in seine Stiefel und ging zur Tür, öffnete sie und trat hinaus, blieb aber schon nach einem Schritt stehen. Soeben schwangen sich etwa ein Dutzend dunkel gekleideter Reiter mit wagenradgroßen Sombreros von den Pferden. Die Tür des Haupthauses war geöffnet und Licht fiel heraus. Es umriss die Gestalt Brad Mitchells, der zwei Schritte vor der Tür unter den Arkaden stand.
„Diese junge Gringa haben wir zwischen Martinez und deiner Hazienda aufgegriffen“, hörte Cooper einen Mann sagen. „Sie ist illegal über die Grenze gekommen. Ihr Name ist Carrie Hayes. Bei ihr war ein Hund, der uns allerdings entkommen ist.“
Hinter sich hörte Cooper die vier Banditen durch die Tür kommen. Und auch einige Beschäftigte der Hazienda waren aufgewacht und drängten nun ins Freie.
„Eine Amerikanerin?“, fragte Mitchell.
„Si, si!“ Ein glucksendes Lachen folgte. „Sie hat mir erzählt, dass sie vier Banditen jagt, die ihre Familie ermordet haben.“
„Das ist ja interessant“, knurrte Mitchell. „Gut, Capitán, Sie und Ihre Männer können die Nacht über gern auf der Hazienda bleiben. Ihre Leute finden sicher Plätze zum Schlafen. Sie sind natürlich mein Gast und können in einem meiner Gästezimmer nächtigen.“
„Gracias, Señor Mitchell, ich weiß Ihr Angebot zu schätzen. Werden Sie sich um die Chica kümmern? Ich weiß nicht, was ich mit ihr machen soll. Sie ist fast noch ein Kind.“
„Seguro, Capitán, überlassen Sie die Kleine mir.“
Einige der Peons halfen den Rurales, die Pferde zu versorgen. Mitchell, der Capitán und eine mittelgroße, fast zierliche Gestalt, die Jungenkleidung trug und auf deren Kopf eine Schildmütze saß, verschwanden im Haupthaus.
Coopers Zähne mahlten übereinander. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Nun konnte er nur hoffen, dass Carrie nicht von dem Kopfgeldjäger sprach, der sich auf die Fährte Shaws und seiner Komplizen gesetzt hatte.
Aber noch etwas machte ihm zu schaffen. Es war die Tatsache, dass die vier Banditen sicherlich gehört hatten, dass Carrie auf der Fährte vierer Mörder ritt – auf ihrer Fährte - Terrence Shaws und seiner Kumpane -, nämlich. Cooper wusste nicht, inwieweit Brad Mitchell bezüglich der Verbrechen der vier Outlaws eingeweiht war, ob er überhaupt eine Ahnung hatte, dass sie im Arizona-Territorium steckbrieflich gesucht wurden.
Als er sich umdrehte, entging ihm nicht, dass Shaw und Jackson miteinander flüsterten. Als sie bemerkten, dass sie damit seine Aufmerksamkeit erregten, schwiegen sie, Shaw drehte sich um und ging zurück in die Unterkunft, seine Gefährten folgten ihm auf dem Fuß.
Auch Cooper kehrte in das Schlafhaus zurück und setzte sich auf seine Bunk. Der Inhalt seiner Satteltaschen lag noch auf dem Bett und in Cooper kochte der Zorn hoch. „Sagte ich nicht, dass du alles, was du auf das Bett geworfen hast, wieder einräumen sollst, Gentry?“, rief er.
„Du hast mir gar nichts zu sagen, Cooper!“, versetzte Gentry und fixierte den Kopfgeldjäger herausfordernd. „Also räum deinen Dreck selber wieder ein.“
Auch Shaw, Shelton und Jackson starrten Cooper erwartungsvoll an, als warteten sie nur darauf, dass er ihnen einen Anlass bot, ihn niederzumachen. Aber hier mit ihnen zu kämpfen wäre selbstmörderisch gewesen. Daher zuckte Cooper nur mit den Achseln, griff nach den leeren Satteltaschen, die am Boden lagen, hob sie auf und begann seine Habseligkeiten hineinzuwerfen.
Allan Gentry lachte hohnvoll auf. „Er ist wohl gar nicht so gefährlich, wie er aussieht. Ich glaube sogar, er hat Schiss. Ob sich Mitchell für die Mission, die wir für ihn erledigen sollen, mit ihm den richtigen Mann an Bord geholt hat, ist fraglich. Aber wir werden es sehen.“
Jackson und Shelton stimmten in sein höhnisches Lachen ein, nur Shaw blieb ernst. Er musterte Cooper durchdringend, nachdenklich und mit finsterem Ausdruck, als spürte er, dass Cooper sehr wohl gefährlich – höllisch gefährlich war und nicht die Spur von Angst hatte.
Cooper war fertig und richtete den Blick auf Gentry. Es war ein Blick voll stählerner Härte und eisiger Kälte zugleich. Und obwohl Cooper nichts sagte, schien das spöttische Grinsen des Banditen zu gefrieren. Er hatte unvermittelt das Empfinden, als nähme der Tod persönlich bei ihm Maß.