Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 52
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ОглавлениеSie kehrten am nächsten Tag nach Tucson zurück. Curly erklärte Carrie, wo sie den Laden Coopers fand, und sie begann, das Haus, in dem Cooper sowohl arbeitete als auch wohnte, nicht mehr aus den Augen zu lassen. Egel, wohin Cooper sich wandte – sie schlich ihm hinterher – und Jerry, der Schäferhund, war immer an ihrer Seite.
Eine Nacht verstrich, und noch ehe die Sonne aufging, observierte Carrie schon wieder den Laden Coopers. Gegen 8 Uhr verließ er das Gebäude. Carrie heftete sich auf seine Fersen. Er ging zum Distriktgericht und verschwand in dem Gebäude. Zwanzig Minuten später erschien er wieder, nahm den Weg zu seinem Haus unter die Füße und ging in sein Geschäft.
Carrie ahnte, dass sein Besuch beim Gericht mit der Shaw-Bande zusammenhing. Wahrscheinlich hatte er sich von Richter Patterson die Bestätigung bezüglich der Höhe des Kopfgeldes für die vier Banditen geholt.
Eine halbe Stunde später ritt Cooper hinter seinem Haus hervor. Er führte ein zweites Pferd, das lediglich ein Zaumzeug trug, an der Longe.
„Komm, Jerry!“, stieß Carrie hervor und eilte zum Mietstall. „Ich muss sofort weg!“, keuchte sie, holte ihr Pferd aus der Box und bat Curly ihr beim Satteln und Zäumen zu helfen.
„Warum hast du es so eilig?“, fragte der Stallmann. „Hast du vielleicht irgendwo silberne Löffel gestohlen?“
„Cooper ist losgeritten. Vorher war er beim Richter.“
„Meinst du wirklich, dass er dich dabei haben will?“, fragte Curly skeptisch.
„Um mich loszuwerden müsste er mich erschießen“, versetzte Carrie.
„Wenn ich dir einen Rat geben darf, Kleine, dann …“
„Sie können mich nicht umstimmen, Curly. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, mit Cooper die Banditen zu jagen, und davon kann mich nichts abbringen.“
„Hoffentlich musst du deinen Eigensinn nicht irgendwann bitter bereuen, Kleine.“
Wenig später ritt Carrie aus dem Hof des Mietstalls auf die Gasse, die etwa fünfzig Yard weiter in eine breite Hauptstraße mündete. Als sie die beiden Pferde Coopers am Holm vor dem Store stehen sah, verhielt sie in der Gassenmündung. Ihre Geduld wurde auf keine allzu große Probe gestellt, dann verließ Cooper den Laden. Er trug einen prall gefüllten Leinenbeutel, den er an den Knauf seines Sattels hängte, band sein Pferd los, schwang sich in den Sattel, angelte sich die Longe und zog den Vierbeiner unter sich um die linke Hand.
Cooper ritt nach Westen aus der Stadt.
Als er über einer Bodenwelle aus Carries Blickfeld verschwunden war, folgte sie ihm. Doch als Carrie auf den Kamm der Bodenwelle ritt, war Cooper verschwunden, als hätte ihn die Erde verschluckt. Carrie hielt an und ließ den Blick schweifen. Jerry legte sich auf den Boden, hielt aber den Kopf in der Höhe.
Carrie wartete, doch Cooper tauchte nicht mehr auf. Sie trieb ihr Pferd wieder an. Sollte sie den Kopfgeldjäger aus den Augen verloren haben, wollte sie so schnell wie möglich zur Tanner Farm reiten, denn von dort aus – davon war sie überzeugt – würde Cooper zu der Stelle reiten, an der die Banditen das Aufgebot überfallen hatten, um ihre Spur aufzunehmen.
Carrie ließ das Pferd laufen; leichtfüßig lief Jerry daneben her. Sie kamen etwa zweihundert Yard weit, als Cooper sein Pferd aus einer Gruppe von Büschen trieb und sich ihnen in den Weg stellte. Carrie zerrte an den Zügeln, Jerry stemmte die Vorderläufe gegen den Boden, fletschte die Zähne und knurrte. „Ah, Cooper!“, rief Carrie. „Brechen Sie immer so leichtfertig Ihr Wort?“
Cooper musterte sie mit einem Ausdruck, der bei Carrie Unbehagen hervorrief. Denn brummte er unwirsch: „Wenn ich einem Mann mein Wort gebe, dann halte ich es auch. Einem Kind gegenüber fühle ich mich in keiner Weise dazu verpflichtet, und – einer Nervensäge gegenüber schon gleich gar nicht.“
„Welche Laus ist Ihnen denn über die Leber gelaufen?“
„Meine Launen und Stimmungen musst du schon mir überlassen, Göre. Und nun dreh deinen Zossen um und reite zurück nach Tucson. Ich kann dich nicht brauchen, du wärst mir nur ein Klotz am Bein und wenn – was sehr wahrscheinlich ist -, die Kugeln fliegen, müsste ich auch noch auf dich Obacht geben. Also, hau ab, oder ich mache dir Beine.“
„Ich reite nach San Xavier, Cooper. Ich bin erwachsen, Sie sind nicht mein Vormund, wir leben in einem freien Land. Wollen Sie es mir verbieten, nach San Xavier zu reiten?“
„Von mir aus reitest du dorthin, wo der Pfeffer wächst. Wenn du mir jedoch zwischen den Beinen herumstolperst, kriegst du einen Tritt und du lernst fliegen. Ich meine damit, dass du dich mir fernzuhalten hast.“
„Nicht ich habe auf Sie – Sie haben auf mich gewartet, Cooper. Wer hält sich also wem nicht fern?“
Cooper blinzelte etwas verdutzt. Plötzlich aber zog er wortlos sein Pferd herum und spornte es an. Das Tier begann zu traben, das Pferd an der Longe wurde mitgezerrt.
„Sie sind ein verdammt freundlicher Zeitgenosse!“, rief ihm Carrie hinterher.
Cooper drehte sich nicht um, er winkte lediglich wegwerfend mit der linken Hand.
„Hüh!“ Carrie ruckte im Sattel und ihr Pferd trat an. Jerry erhob sich, gähnte und trollte hinterher.
Es wurde wärmer und wärmer. Die Sonne hatte den Morgendunst längst aufgesaugt. Und als sie fast senkrecht über Carrie stand, erreichte sie San Xavier. Es gab hier einen Saloon und eine Pulqueria, und vor dieser waren die Pferde Coopers am Holm festgebunden. Die Kirchenglocke schlug soeben einmal. Der getragene Glockenton wurde von den Schallwellen hinaus in die Wildnis getrieben und zerflatterte in der Ferne.
Die Menschen hielten Siesta. Carrie ritt zum Tränketrog, saß ab, und während das Pferd und der Hund ihren Durst löschten, wusch sich Carrie das Gesicht, spülte sich den Staub aus dem Mund und trank schließlich auch. Dann setzte sie sich auf den Rand des Troges. Unter dem aus Ästen und Zweigen geflochtenen Sonnendach saßen auch heute wieder die beiden weißhaarigen Oldtimer und dösten.
Carrie knurrte der Magen. Sie hatte gehofft, auf dem Weg hierher einen Präriehund schießen und ihn bei Gelegenheit braten zu können, aber sie hatte kein einziges dieser Tiere gesehen und die Aussicht auf ein Mittagessen war auf Null geschrumpft.
An Coopers Sattel hing der Leinenbeutel mit den Vorräten. Carrie lief beim Gedanken an ein Stück Pemmikan oder trockenes Brot das Wasser im Mund zusammen. Durfte sie es wagen? Sie kämpfte mit sich; was war größer – ihre Angst vor Cooper oder ihr Hunger.
Entschlossen erhob sie sich. In diesem Moment verließ Cooper die Pulqueria, sah sie und blieb stehen. Carrie kniff die Lippen zusammen; nun war auch diese Chance, etwas Essbares zu ergattern, dahin. Sie ignorierte Cooper, stieg auf ihr Pferd und ritt davon. Jerry bellte zweimal in Richtung des Kopfgeldjägers, dann warf er sich herum und rannte hinter Carrie her.
Carrie nahm den Weg zur Tanner Farm unter die Hufe ihres Pferdes. Kath Tanner empfing sie unter der niedrigen Tür des Farmhauses. Dave kam hinkend aus dem Stall. Kath Tanner sah mitgenommen aus. Ihre Augen waren gerötet, um ihren Mund lag ein herber Zug, sie schien innerhalb der vergangenen beiden Tage um Jahre gealtert zu sein.
„Wo willst du denn hin, Carrie?“, fragte sie.
„Ich jage die Mörder meiner Familie.“
„Als du mit dem Sheriff und seinen Männern nach Tucson zurückgekehrt bist, war ich mir sicher, dass du diese verrückte Idee begraben hast“, murmelte die verhärmte Frau.
„Ich bin in der Hoffnung nach Tucson zurückgekehrt, dass Cooper, der Kopfgeldjäger, sich auf die Spur der Halsabschneider setzt.“
„Das ist dieser finstere Mann, nicht wahr?“
„Ja, der Gunsmith.“
Dave, der heran war und die letzten Wortwechsel hören hatte können, stieß hervor: „Er hat dir was gepfiffen, wie? Nun, es ist nicht jedermanns Sache, ein Rudel zweibeiniger Wölfe zu jagen. – Die Schufte haben im Übrigen auch meinen Dad auf dem Gewissen, und mir haben sie den Oberschenkel durchschossen. Ist es dein Ernst, Carrie? Willst du tatsächlich hinter den Kerlen herreiten?“
Carrie nickte.
„Ich komme mit!“, stieß Dave kurz entschlossen hervor.
„Das kommt überhaupt nicht in Frage!“, widersprach Kath Tanner. „Willst du auch von diesen gewissenlosen Schuften erschossen werden wie dein Vater und die anderen Männer, die sie abgeknallt haben? Dir, Carrie, kann ich es nicht verbieten, hinter ihnen herzureiten. Aber ich bitte dich, denk noch einmal … He, da kommt ein Reiter. Er führt ein lediges Pferd an der Longe.“
„Das ist Cooper“, erklärte das Mädchen.
„Sagtest du nicht …“
Carrie unterbrach Dave, indem sie sagte: „Ich war nur noch nicht am Ende mit meinen Ausführungen. „Ich hoffte nicht nur, dass Cooper sich auf die Fährte der Schufte klemmt, sondern auch, dass er nichts dagegen einzuwenden hat, wenn ich mich ihm anschließe. Aber dieser Kotzbrocken hat dies in einer Art und Weise abgelehnt, die schon fast beleidigend war.“
„Komm ins Haus, Carrie“, lud Kath Tanner das Mädchen ein. „Ich denke, du bist hungrig. Ich habe Pfannkuchen gebacken, und schätzungsweise sind für dich auch einige dabei.“
„Danke“, versetzte Carrie mit einem erfreuten Lächeln und saß ab.
„Ich kümmere mich um dein Pferd“, gab Dave zu verstehen.
Carrie folgte der Frau in die Küche. Die beiden kleineren Kinder standen am Fenster, jetzt wandten sie sich Carrie zu …
Carrie aß mit gesundem Appetit. Sie hörten Cooper ankommen und mit Dave einige Worte wechseln, dann betrat der große, hagere Mann den Raum. „Willst du mir wirklich auf die Nerven gehen, Carrie?“, fragte er und seine Stimme klang wie fernes Donnergrollen. „Muss ich dich irgendwo anbinden, damit du mir vom Leib bleibst?“
„Nun, ich möchte sagen, dass ich zuerst hier war, Cooper“, fuhr ihn Carrie kauend an.
Der Kopfgeldjäger stieß scharf die Luft durch die Nase aus. „Soeben hat mir Ihr Sohn erklärt, Mrs Tanner, dass er mit dieser kleinen Kröte auf Banditenjagd gehen will. Ich hoffe doch, dass Sie ein Machtwort sprechen, Ma’am. Der Bursche ist noch grün hinter den Ohren. Wenn Shaw scharf Luft holt, hängt ihm das Bürschlein quer vor der Nase.“
„Ich werde es nicht zulassen“, murmelte Kath Tanner. „Haben Sie Hunger, Mr Cooper? Gegebenenfalls backe ich noch ein paar Pfannkuchen.“
„Danke. Ich reite sofort weiter, ich möchte nämlich keine Zeit mehr verlieren. – Und dir, Kleine, rate ich, hierzubleiben. Ich erledige die Bande – mein Wort drauf. Aber du wage es ja nicht, über die Grenze zu gehen. In der Sierra Madre wimmelt es von Grenzbanditen und Rurales. Die einen sind so schlimm wie die anderen. Wenn du denen in die Hände fällst, ist das, was die Shaw-Banditen mit dir angestellt haben, gar nichts. Dann, Mädchen, gehst du durch die Hölle.“
„Er hat recht“, pflichtete Kath Tanner dem Kopfgeldjäger bei.