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Eine Stunde später ritt Cooper weiter. Bald lag der kleine Ort hinter ihm und vor ihm breitete sich die Wildnis aus; Felsen, Geröll- und Sandhänge, Staub, Kakteen, dorniges Gestrüpp und quälende Hitze. Dazwischen erstreckten sich weite Flächen von der Sonne braun verbrannter Prärie.

Cooper hatte sich den Weg zu der Hazienda beschreiben lassen. Er ließ sich Zeit. Die Sonne begann hinter dem bizarren Horizont im Westen zu versinken. Schließlich glänzten nur noch die Bergspitzen im Sonnenlicht, denn in die tief eingeschnittenen Schluchten und Täler schlich sich schon die Abenddämmerung.

Dann war die Sonne verschwunden und ihr Widerschein färbte den Himmel über den Bergen mit einer Skala von Farben, die von schwefelgelb bis purpurrot reichte. Das Zwielicht legte tiefe Schatten in die Furchen des Gesichts des Kopfgeldjägers.

Der Horizont färbte sich langsam dunkel, und die zerklüfteten Berggrate stießen wie riesige, verwitterte Grabsteine düster und geradezu bedrohlich in den Himmel.

Und schließlich lag auf einer weitläufigen Ebene die Hazienda vor Cooper. Er hatte sein Pferd auf dem Kamm eines Hügels angehalten und nahm alles, was seinem Blick bot, auf. Wohin er auch schaute, überall rund um das große Anwesen weideten oder lagen Rinder. Es gab einen schmalen Fluss, das Gras, das hier wuchs, war zwar nicht gerade üppig, aber den halbwilden, genügsamen Longhorns reichte es, um ihre Bäuche zu füllen.

Das Windrad auf dem hohen Holzturm drehte sich langsam im Abendwind. In zwei Corrals standen wohl an die hundert Pferde. Einige Männer waren zu sehen.

Die Hazienda erinnerte an eine Festung. Sie war von einer etwa zwei Yard hohen Adobemauer umgeben, das Rundbogentor war der einzige Zugang zu dem Anwesen, im Moment aber waren beide Flügel geöffnet.

Cooper ritt den Hang hinunter, lenkte sein Pferd durch das hohe Tor und ritt in den Hof, dessen dem Tor gegenüberliegende Seite vom wuchtigen Komplex des Wohnhauses abgeschlossen wurde. Das Obergeschoss war übergebaut, der Vorsprung lagerte auf gemauerten Rundbögen. Eine Außentreppe führte zu einem Balkon hinauf, der die gesamte Breite des Wohnhauses einnahm.

Es gab eine Reihe von Wirtschaftsgebäuden. Das Schlafhaus für die Vaqueros und Helfer war ein langer Bau mit flachem Dach und einem Dutzend glaslosen Fenstern, deren Läden geöffnet waren. In einer Remise standen ein halbes Dutzend leichter Fuhrwerk, über deren Ladeflächen Planen gespannt waren und die an kleine Prärieschoner erinnerten. Die Armee in den Staaten benutzte solche Fuhrwerke als Munitionswagen.

Als Cooper vor dem Haupthaus vom Pferd stieg, wurde die doppelflügelige Haustür unter den Arkaden geöffnet und ein Mann, der eine blaue Uniform mit vergoldeten Knöpfen trug, zeigte sich. „Was wünschen Sie, Señor?“

Cooper reckte die Schultern. „Guten Abend“, grüßte er dann. „Ich hörte, dass auf der Hazienda Jobs zu vergeben sind. Sind Sie der Hausherr, Señor?“

„Ich bin der Mayordomo“, erklärte der Uniformierte. „Sagen Sie mir Ihren Namen.“

„Cooper – Jack Cooper.“

„Sie sind von Norden gekommen.“

„Ich war einige Zeit in Agua Prieta, hab mich dann nach Westen gewandt und hörte in Martinez, dass auf dieser Hazienda Jobs frei sind. Da ich ein wenig abgebrannt bin …“

„Werden Sie in den Staaten vom Gesetz gesucht?“

Ein hartes Grinsen bahnte sich in die Züge Coopers. „Warum fragen Sie? Ist das Voraussetzungen, um hier einen Job zu bekommen?“

Das Gesicht des Mayordomos verschloss sich. „Antworten Sie mit ja oder nein!“, forderte er ungeduldig.

„Nein“, sagte Cooper, „ich werde nicht vom Gesetz gesucht; weder in den Staaten noch in diesem schönen Land.“

In diesem Moment verließen zwei Männer die Mannschaftsunterkunft. Cooper erkannte sie auf Anhieb. Es waren Terrence Shaw und Cole Jackson. Lässig schlenderten sie heran. Cooper wandte sich ihnen zu. Er hatte keine Angst, dass sie ihn erkannten. Er hatte sich zwar unter den Reitern des Aufgebots befunden, das den Banditen gefolgt war und das sie brutal zusammengeknallt hatten, doch es war kaum anzunehmen, dass sich die beiden an ein einzelnes Gesicht erinnerten.

Zwei Schritte vor Cooper hielten sie an, betrachteten ihn von oben bis unten, machten sich ein Bild von ihm und schließlich stieß Shaw hervor: „Wo kommst du her, Hombre?“

„Mit welchem Recht fragst du?“ Cooper hatte Front zu den beiden Banditen eingenommen, ihre prüfenden, forschenden Blicke gelassen ertragen und zeigte sich nun furcht- und respektlos. „Nachdem ihr aus dem Bunkhouse kommt, glaube ich nicht, dass ihr hier etwas zu sagen habt.“

„Immer mit der Ruhe, Señores“, mischte sich der Mayordomo ein. Und an Shaw gewandt sagte er: „Sein Name ist Cooper. Er behauptet, einige Zeit in Agua Prieta gelebt zu haben.“

„Agua Prieta also“, echote Shaw. „Du scheinst mir kein besonders freundlicher Zeitgenosse zu sein, Cooper. Oder hast du nur schlechte Laune?“

„Ich mag es nicht, wenn man mir Fragen stellt“, versetzte Cooper. „Schon gar nicht, wenn mir jemand Fragen stellt, dem es nichts angeht, wer ich bin, woher ich komme und wohin ich will.“

„Treibst du dich aus einem bestimmten Grund in Mexiko herum?“, fragte Shaw lauernd, die wenig freundliche Antwort Coopers ignorierend. Er starrte den Kopfgeldjäger durchdringend an, als versuchte er, die Antwort von seinen Gesichtszügen ablesen zu können.

Da erklang eine grollende Stimme, und sie ertönte von der Haustür her. Der Mann sagte: „Auf dieser Hazienda stellt nur einer Fragen, Shaw – und derjenige bin ich. Du darfst niemals vergessen, dass du lediglich ein Name auf meiner Lohnliste bist.“

Cooper drehte den Kopf herum und sah einen hochgewachsenen, hageren und dunkelhaarigen Mann von etwa vierzig Jahren, der neben den Mayordomo getreten war und den Blick auf Terrence Shaw gerichtet hatte.

Das Gesicht des Banditen nahm einen verkniffenen Ausdruck an. „Ich habe meine Gründe, wenn ich Fragen stelle“, knurrte er.

Der Mann neben dem Mayordomo heftete den Blick auf Cooper. „Ich bin Brad Mitchell, und alles das, was du hier siehst, gehört mir. Ich bin vor zehn Jahren nach Mexiko ausgewandert und hab mir das hier mit meinen Händen aufgebaut.“

„Beachtlich“, antwortete Cameron. „Das ist ein Imperium.“

Der Mayordomo flüsterte Mitchell etwas ins Ohr, und der Hacendado ergriff sogleich wieder das Wort, indem er sagte: „Du suchst also einen Job. Welche Art von Job ist das? Wie einer, der hinter Kuhschwänzen herreitet, siehst du nicht gerade aus.“

„Ich habe schon alles mögliche gemacht“, antwortete Cooper gleichmütig. „Warum sollte ich es nicht auch mal als Vaquero versuchen?“

„Weshalb führst du ein zweites Pferd mit dir? Ist der Gaul gestohlen?“

„Sehe ich aus wie ein Pferdedieb?“

Mitchell winkte ab. „Kannst du schießen?“

„Nun ja …“

„Ich kann einen Mann einschätzen“, knurrte Mitchell. „Als Kuhtreiber brauche ich dich nicht. Aber ich werde in den nächsten Tagen einen Transport, der aus zwei Fuhrwerken besteht, in die Staaten schicken. Und jeder, der diesen Transport begleitet, muss dem Satan ins Maul spucken, sollte es notwendig werden. Du verstehst?“

„Ein rauchiger Job, wie?“

„Ja. In Mexiko wird es keine Probleme geben. Aber drüben können Schwierigkeiten auftauchen.“

„Was wird sich auf den Wagen befinden?“, fragte Cooper.

„Waren“, versetzte Mitchell ausweichend.

„Und für wen sind sie bestimmt?“

„Das wirst du sehen – falls ich dich einstelle.“

„Nun“, sagte Cooper, „ich scheue mich nicht, dem Satan ins Maul zu spucken. Habe ich den Job?“

„Ich zahle eine Erfolgsprämie von fünfundsiebzig Dollar. Der Job wird höchstens eine Woche in Anspruch nehmen. Es ist also schnell verdientes Geld.“ Mitchell nickte. „In Ordnung, du kannst bleiben. Übermorgen geht ihr auf den Trail.“

„Wer wird dabei sein?“

„Shaw und seine drei Gefährten. Einer meiner Leute, der schon vom ersten Tag an für mich gearbeitet hat, wird den Transport führen. Sein Name ist Miguel Valdes. Damit das von vornherein klar ist –„ Mitchell heftete den Blick auf Terrence Shaw, „- Miguel ist der Boss. Seinen Anordnungen ist Folge zu leisten.“

Shaw zeigte ein herablassendes Grinsen, sagte aber nichts.

„Du hast von Erfolgsprämie gesprochen, Mitchell“, so ergriff Cooper noch einmal das Wort. „Heißt das, dass du erst zahlst, wenn er Job erledigt ist?“

„Sobald die - Ware an den Mann gebracht ist, wird euch Miguel auszahlen.“

„Akzeptiert“, knurrte Cooper. „Ich bin dabei.“

„Dann bring deine Pferde hinüber in den Stall und such dir im Schlafhaus einen Platz.“

Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane

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