Читать книгу Marshals und Coltkiller: Wichita Western Sammelband 9 Romane - Pete Hackett - Страница 49
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ОглавлениеEs war gerade hell geworden, als Curly in den Mietstall kam. Das Rumpeln, Quietschen und Knarren, mit dem er das Tor öffnete, weckte Carrie, die sich auf dem Heuboden ein Lager gerichtet hatte. Unten schlich Jerry aus einer leeren Box, dehnte den muskulösen Körper und trottete an Curly vorbei nach draußen, um am Wassertrog seinen Durst zu löschen.
„Schlecht Nachricht, Carrie!“, rief der Stallmann.
Die junge Frau erhob sich. Heureste fielen von ihrer Kleidung. Sie gähnte, wischte sich die Augen aus und stieg schließlich mit Hilfe der Leiter nach unten. „Inwiefern?“
„Heute Nacht wurde Jackson befreit.“
Die Worte fielen wie Hammerschläge und Carrie duckte sich geradezu unter ihrer Wucht – sie empfand es zumindest so. „Er – wurde – befreit?“, stammelte sie betroffen und fassungslos zugleich.
„Ja. Ein Farmer namens Tanner und sein Sohn waren es. Sie gelangten unter einem Vorwand ins Marshal’s Office, schlugen den diensthabenden Deputy nieder und holten den Banditen aus dem Käfig. Aber Tanner hatte wohl kaum eine andere Wahl …“
Curly erzählte Carrie, was er auf dem Weg von seiner Wohnung zum Mietstall aufgeschnappt hatte. „O mein Gott“, murmelte Carrie, als er fertig war. „Hoffentlich richten diese Bestien auf Tanners Farm nicht dasselbe Massaker an wie auf unserer.“
„Niemand hier weiß, wo die Farm genau liegt“, murmelte Curly. „Bekannt ist lediglich, dass sie sich in der Nähe von San Xavier befinden muss. Ein Aufgebot unter der Führung Sheriff Donegans ist auf dem Weg dorthin. Die Banditen werden aber wohl über alle Berge sein, bis Donegan die Farm erreicht.“
„Ich muss sofort los!“, knirschte Carrie. „Helfen Sie mir, mein Pferd satteln und zäumen, Curly?“
„Was willst du dort, Kleine? Nimm doch endlich Vernunft an! Du bist viel zu schwach, um diese vier Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Die nehmen keine Rücksicht darauf, dass du fast noch ein Kind bist und pusten dich auf den Mond, solltest du sie tatsächlich irgendwann einholen und ihnen gegenüberstehen.“
„Ich reite!“, stieß Carrie stur hervor.
„Du bist unbelehrbar!“, krächzte der Stallmann enttäuscht, denn er erkannte, dass Carrie nicht umzustimmen sein würde. „Möge Gott dich beschützen.“
Es war Mittag und die Sonne stand hoch im Zenit, als Carrie in San Xavier ankam. Ihr Pferd taumelte nur noch dahin. Selbst Jerry hing die Zunge weit aus dem Maul, er hechelte stark und beim ersten Tränketrog stellte er die Vorderpfoten auf den Rand und begann gierig zu trinken.
Auch Carrie saß ab, trank und wusch sich das Gesicht, und auch das Pferd tauchte seine Nase in das abgestandene Wasser, auf dem ein feiner Staubfilm schwamm. Dann schaute Carrie sich um. Um die alte spanische Missionskirche mit den beiden schneeweißen Türmen hatte sich ein Dorf gebildet, das typische mexikanische Merkmale aufwies. Die Häuser waren aus Adobeziegeln erbaut, die Dächer waren flach und die Dachsparren ragten aus den Wänden. Nirgendwo waren Menschen zu sehen. Es war die heißeste Zeit des Tages, die Einwohner hatten sich in ihre Behausungen zurückgezogen und hielten Siesta.
Aber unter einem aus Zweigen und Ästen geflochtenen Sonnendach, das auf vier verkrümmten Stangen ruhte, saßen zwei weißhaarige Männer in Schaukelstühlen und dösten. Carrie ging hin. Ein Gitternetz aus Licht und Schatten lag auf den Gesichtern der beiden. Auf dem Tisch zwischen ihnen standen ein Krug und zwei Gläser. Einer von ihnen öffnete die Augen. Wahrscheinlich hatte ihn das Mahlen des Staubes unter Carries Stiefelsohlen aus seiner Versunkenheit gerissen. „Entschuldigen Sie, Sir“, sagte Carrie. „Ich suche die Tanner Farm. Sie muss sich in der Gegend befinden.“
Jetzt hatte auch der andere Mann die Augen offen.
„Der Sheriff aus Tucson war vor drei Stunden mit einem Aufgebot hier“, knurrte der Mann, „und auch er suchte die Tanner Farm. Hat Josh Tanner etwas ausgefressen? Sag du mir, Chica, aus welchem Grund ein Aufgebot zur Tanner Farm ritt.“
„Auf der Farm haben sich einige Banditen verkrochen.“
„Und was willst du dort? Stehst du in irgendeiner Beziehung zu den Banditen?“
„Sie haben meine Familie ermordet.“
Der Oldtimer pfiff zwischen den Zähnen. „Und du bist auf dem Rachefeldzug?“
„Bitte, sagen Sie mir, wie ich zu der Farm komme.“
Der Mann wies mit der rechten Hand nach Südwesten. „Siehst du die Berge? Das sind die Sierrita Mountains. Dahinter liegt das Altar Valley. Dort findest du an einem Creek die Farm. – Du hast meine Frage nicht beantwortet, Chica. Bist du hinter den Mördern deiner Familie her, weil du sie zur Rechenschaft ziehen willst?“
„Ich werde sie zur Rechenschaft ziehen!“, stieß Carrie mit Bestimmtheit im Tonfall hervor und machte kehrt.
Die beiden Weißhaarigen blickten ihr betroffen hinterher.
Carrie fand die Farm und traf dort eine Frau um die vierzig sowie zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen an. Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Nachdem sie sich vorgestellt und erklärt hatte, was sie auf die Farm getrieben hatte, bat die Frau sie in die Küche, sie setzten sich und Kath Tanner sagte: „Die Banditen haben sofort, nachdem mein Mann und Dave mit Jackson angekommen waren, die Farm verlassen. Heute Vormittag kam dann das Aufgebot. Joshua und Dave sind mit dem Sheriff geritten.“ Kath Tanner fing plötzlich an zu weinen. Jetzt wurde Carrie klar, dass sie mit den Nerven vollkommen am Ende war und sie fühlte Mitleid. „Joshua wird sich wohl vor Gericht verantworten müssen.“
„Haben die Banditen Sie … Habe Sie Ihnen Gewalt angetan, Mrs Tanner?“, fragte Carrie fast zaghaft.
„Nein.“
„Danken Sie Gott, und danken Sie ihm auch dafür, dass Sie und Ihre Kinder noch leben. In welche Richtung sind sie geflohen?“
„Nach Süden. Wahrscheinlich wollen sie über die Grenze.“ Kath Tanner schniefte. „Diese Kerle machten mir Angst; ihre habgierigen Blicke und anzüglichen Bemerkungen waren kaum noch zu ertragen. Und es hätte sicher nicht mehr lange gedauert, bis sie …“
Ihre Stimme brach, sie schluchzte.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich hier auf die Rückkehr des Aufgebots warte, Mrs Tanner?“
„Nein, nein. Bleib ruhig hier.“