Читать книгу Privat- und Prozessrecht - Peter Förschler - Страница 43
2.3.3 Beschränkte Geschäftsfähigkeit 2.3.3.1 Erfordernis der Einwilligung
ОглавлениеZwischen den Geschäftsunfähigen bis sechs Jahren und den voll Geschäftsfähigen ab 18 Jahren klafft eine Lücke: In dieser Altersspanne sind die Kinder und Jugendlichen („Minderjährige“) beschränkt geschäftsfähig. Das heißt, Minderjährige von sieben bis 17 Jahren können zwar rechtsgeschäftlich handeln, also selbst die erforderlichen Willenserklärungen abgeben. Die Wirksamkeit solcher Erklärungen hängt aber regelmäßig von der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (Eltern, evtl. Vormund) ab (§ 107 BGB). Die Einwilligung kann formfrei, also auch mündlich, erfolgen, was allerdings im Streitfall vor Gericht zu Beweisschwierigkeiten führen kann.
Diese Einwilligung bedeutet nicht, dass dadurch die Eltern selbst auch in das Rechtsgeschäft mit einbezogen würden; sie sind gesetzliche Vertreter. Vielmehr soll durch das Erfordernis der Einwilligung die Lebenserfahrung und Entscheidungskompetenz der Eltern für den wegen seines Alters zu sachlicher Beurteilung noch nicht voll fähigen Minderjährigen eingebracht werden.
Der 17-jährige Sohn kauft mit Einwilligung seiner Eltern ein Moped, mit dem er noch vor vollständiger Bezahlung des Kaufpreises einen Totalschaden erleidet. Die Eltern sind nicht verpflichtet, die Restkaufpreissumme vollends zu bezahlen, wenn der Sohn durch den Unfall erwerbsunfähig wird und den Rest schuldig bleibt. Sie sind durch ihre Einwilligung nicht selbst Vertragspartner geworden. Anders ist nur zu entscheiden, wenn die Eltern selbst als Mitkäufer mit dem Sohn ausdrücklich in den Kaufvertrag eingetreten sind.
Ein ohne vorherige Erteilung der Einwilligung oder ohne nachträgliche Genehmigung abgeschlossener Vertrag des Minderjährigen ist schwebend unwirksam (§ 108 Abs. 1 BGB). Unterbleibt die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, so ist das Geschäft endgültig unwirksam, sogar dann, wenn der Geschäftspartner fälschlich geglaubt hat, es mit einem Volljährigen zu tun gehabt zu haben.
Wird der gesetzliche Vertreter vom Geschäftspartner des Minderjährigen zur nachträglichen Genehmigung eines vom Minderjährigen bereits abgeschlossenen, aber noch schwebend unwirksamen Geschäfts aufgefordert, so kann er diese nur innerhalb von zwei Wochen erteilen, verstreicht die Frist ohne Antwort, gilt die Genehmigung als verweigert, und das Geschäft ist unwirksam (§ 108 Abs. 2 BGB).
Ist der Minderjährige vor Genehmigung seiner Eltern 18 Jahre alt und damit voll geschäftsfähig geworden, so kann er seine bis zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Willenserklärungen selbst genehmigen (§ 108 Abs. 3 BGB).
Ungeachtet dieser Rechtslage der Unwirksamkeit des Vertrags wegen fehlender Geschäftsfähigkeit kann sich allerdings eine Schadensersatzpflicht des Minderjährigen aus „unerlaubter Handlung“ ergeben, wenn er seine beschränkte Geschäftsfähigkeit wissentlich ausnutzt, um sich auf unlautere Weise einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen:
Der älter aussehende 17-jährige, kenntnisreiche Gymnasiast lässt sich von einem Taxi nach Hause bringen mit der vorgefassten Absicht, am Ende der Fahrt unter Hinweis auf seine fehlende Geschäftsfähigkeit und die daraus sich ergebende Vertragsnichtigkeit die Zahlung der Fahrtkosten zu verweigern.
Was die Unwirksamkeit des Vertrags anbelangt, hat er zwar recht. Sein „cleveres“ Verhalten wäre jedoch als unerlaubte Handlung zu werten (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. mit § 263 StGB – Betrug). An der Deliktsfähigkeit (Einsicht in das Unrecht seines Handelns) ist dabei wohl nicht zu zweifeln. Auch § 826 BGB könnte in Frage kommen (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung).