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1.Direkte und indirekte Demokratie

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117Unterscheidungskriterium zwischen direkter und indirekter Demokratie ist, ob das Volk die Sachentscheidungen unmittelbar selbst trifft oder diese von einer Volksvertretung getroffen werden, deren Zusammensetzung das Volk vorher bestimmt hat15.

118In der direkten Demokratie fällt das Volk selbst die Sachentscheidungen. Sie entspricht dem reinen demokratischen Konzept, in dem der staatliche Wille vollständig und permanent vom Volk selbst gebildet wird. Die direkte Demokratie verkörpert das Ideal der Einheit zwischen dem Willen des Volkes und dem Willen des Staates. Direkte demokratische Entscheidungen besitzen die höchste demokratische Legitimation.

119In einer indirekten Demokratie ist die Entscheidungsbefugnis des Volkes auf die Bestimmung seiner Repräsentanten beschränkt. Die staatliche Willensbildung erfolgt danach durch die Repräsentanten, die alle Sachentscheidungen autonom fällen. Das Volk ist auf eine periodisch wiederkehrende Personalentscheidung beschränkt. Wegen der Wahrnehmung der unmittelbaren Entscheidungsgewalt durch Repräsentanten wird auch von repräsentativer Demokratie gesprochen.

120Das Grundgesetz geht von einem System der repräsentativen Demokratie aus, das plebiszitäre Elemente zwar nicht gänzlich ausschließt, aber nur in äußerst geringem Umfang kennt. Beispiel für eine demokratische staatliche Ordnung mit intensiven plebiszitären Elementen ist die Schweizer Bundesverfassung. Sie gewährt dem Volk umfangreiche Mitwirkungsrechte und Entscheidungsbefugnisse, die vor allem die staatliche Gesetzgebung beeinflussen.

121Die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Demokratie findet sich in Art. 20 Abs. 1 Satz 2 GG in den Begriffen Wahlen und Abstimmungen wieder. Wahlen sind Personalentscheidungen des Volkes, in denen seine Repräsentanten bestimmt werden – gem. Art. 38 Abs. 1 GG in der Bundesrepublik Deutschland die Bundestagsabgeordneten. Entscheidet das Volk dagegen in einer Sachfrage, handelt es sich um eine Abstimmung16.

122Hinsichtlich der Möglichkeit des Volkes, direkt zu Sachfragen Stellung zu nehmen, sind verschiedene Begriffe zu unterscheiden17:

– die Volksabstimmung (= Abstimmung gem. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 GG) ist das Verfahren, in dem das Volk über eine Sachfrage entscheidet.

– der Volksentscheid ist das Ergebnis einer Volksabstimmung.

– das Volksbegehren ist der Antrag aus dem Volk auf Durchführung einer Volksabstimmung.

– die Volksinitiative ist der Antrag des Volkes, dass sich die Volksvertretung mit einer Sachfrage beschäftigt und darüber entscheidet.

– die Volksbefragung ist die von staatlichen Stellen initiierte, unverbindliche Befragung des Volkes, um ein politisches Meinungsbild zu einer Sachfrage zu ermitteln.

– das Referendum ist ein Sonderfall der Abstimmung, bei der das Volk innerhalb des staatlichen Gesetzgebungsverfahrens über eine Sachfrage mitentscheidet.

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