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IV.Normative Ausgestaltung des Rechtsstaatsprinzips im Grundgesetz

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160Das Rechtsstaatsprinzip wird in Art. 20 GG nicht wie die übrigen Strukturprinzipien Demokratie, Bundesstaat und Sozialstaat ausdrücklich genannt. Der Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 GG dagegen setzt das Rechtsstaatsprinzip als Maßstab für die staatliche Ordnung der Länder voraus. Auch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG nennt die rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtete Ordnung der Europäischen Union als Voraussetzung der deutschen Mitwirkung. Es ist daher allgemeine Auffassung, dass das Rechtsstaatsprinzip, das man inhaltlich auch an Art. 20 Abs. 3 GG festmachen kann, den übrigen in Art. 20 Abs. 1 GG genannten Strukturprinzipien gleichwertig ist und unter dem qualifizierten Schutz der Ewigkeitsgarantie von Art. 79 Abs. 3 GG steht.

161Die normative Grundlage des Rechtsstaatsprinzips wird überwiegend aus einer Zusammenschau mehrerer verfassungsrechtlicher Bestimmungen hergeleitet:

„Das Rechtsstaatsprinzip gehört zu den Leitideen, die den Gesetzgeber unmittelbar binden; das ergibt sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 über die Bindungen der Einzelgewalten und der Art. 1 Abs. 3, 19 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes. Zwar enthält dieses Prinzip nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts […] keine für jeden Sachverhalt in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote oder Verbote von Verfassungsrang; dieser Verfassungsgrundsatz bedarf vielmehr der Konkretisierung je nach den Gegebenheiten, wobei fundamentale Elemente des Rechtsstaates und die Rechtsstaatlichkeit im ganzen gewahrt bleiben müssen.“47

In jüngeren Entscheidungen beschränkt sich das BVerfG auf die Nennung von Art. 20 Abs. 3 GG als Grundlage des Rechtsstaatsprinzips.48

Wie sich aus der angeführten Begründung des BVerfG herauslesen lässt, wird das allgemeine Rechtsstaatsprinzip in verschiedenen Vorschriften des Grundgesetzes konkret ausgestaltet. Insoweit ist das allgemeine Rechtsstaatsprinzip subsidiär. Es gilt aber über einzelne konkrete Regelungen hinaus für die gesamte Rechtsordnung als Wertentscheidung und allgemeines Prinzip, das vor allem die Auslegung einzelner Normen beeinflusst49.

Im Folgenden sollen die Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips im Grundgesetz dargestellt werden, wobei neben dem formellen Prinzip der Gewaltenteilung insbesondere der materielle Grundsatz der rechtlichen Bindung der Staatsgewalt und besondere Anforderungen an rechtsstaatliches Handeln zu untersuchen sind. Zu beachten ist dabei, dass der Rekurs auf das allgemeine Rechtsstaatsprinzip stets subsidiär gegenüber einzelnen gesetzlichen Bestimmungen ist, die das rechtsstaatliche Verfahren konkret ausgestalten.

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