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3.Parlamentarismus, parlamentarische Demokratie und parlamentarisches Regierungssystem

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139Der Begriff Parlamentarismus umfasst alle staatlichen Ordnungen, in denen einem Repräsentativorgan (Parlament) eine Funktion bei der politischen und staatlichen Willensbildung eingeräumt wird26. Der Begriff Parlament wird im Staatsorganisationsrecht als Synonym für die Volksvertretung verwendet. Da unter Demokratie ursprünglich nur Formen direkter Interessenwahrnehmung verstanden wurden, war er nicht von Anfang an mit dieser Staatsform verknüpft.

140Entwickelt hat sich der Begriff Parlamentarismus vielmehr im monarchischen Staat aus dem Dualismus zwischen monarchischer Regierungsgewalt und deren Untertanen. Die Einführung eines Parlaments sollte die Macht des Monarchen beschränken, zunächst durch beratende Funktionen und im Laufe der Zeit durch eine parlamentarische Kontrolle der Regierungsakte. Die klassischen parlamentarischen Rechte sind seit dem Ende des Absolutismus vor allem das Budgetrecht, das den staatlichen Haushalt von der parlamentarischen Genehmigung abhängig macht, und legislative Funktionen27.

141Durch die Verknüpfung des Parlamentarismus mit dem Demokratieprinzip wird das Parlament zur allgemeinen Volksvertretung. Es besitzt nicht mehr nur Kontroll- und Informationsrechte, sondern vermittelt auch die demokratische Legitimation der Regierung und nimmt an der Gesetzgebung teil, eine Funktion, die im Zeitalter des Absolutismus durch den König ausgeübt wurde28. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit eine parlamentarische Demokratie: Der Bundestag ist die Volksvertretung (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG), die im politischen System der Bundesrepublik die demokratische Legitimation vermittelt29. Er hat das Budgetrecht inne und ist das zentrale Organ der Legislative.

142Es besteht darüber hinaus ein parlamentarisches Regierungssystem. Kennzeichen sind die Wahl des Regierungschefs durch das Parlament und die beständige Abhängigkeit der Regierung vom Vertrauen des Parlaments. Das Gegensystem ist die präsidiale Demokratie, bei der der Staatspräsident direkt vom Volk gewählt wird und die Regierung in eigener Verantwortung ernennt, ohne dass das Parlament hieran beteiligt sein muss, wie etwa in der Weimarer Republik oder den Vereinigten Staaten von Amerika.

143Die Entscheidung für ein parlamentarisches Regierungssystem im Grundgesetz ergibt sich aus Art. 63 Abs. 1 GG. Der Bundeskanzler als Regierungschef wird vom Bundestag gewählt. Entsprechend kann das Parlament einen Regierungschef auch wieder abwählen (vgl. Art. 67 GG). Die Stellung des Regierungschefs ist also abhängig vom Vertrauen des Parlaments. Die Teilhabe des Bundestags an der Staatsleitung ist im Grundgesetz vor allem durch die Gesetzgebung, die Kontrolle der Regierung, das Budgetrecht und das Zustimmungserfordernis zu völkerrechtlichen Verträgen festgelegt30.

Staatsrecht I

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