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IV.Vorbefasste Unternehmen/Projektanten

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10Lange Zeit nicht ganz klar unterhalb der Schwellenwerte war der Umgang mit sog. Projektanten, also Bewerbern bzw. Bietern, die den öffentlichen Auftraggeber vor Einleitung des Vergabeverfahrens beraten oder sonst unterstützt haben. Wettbewerbsverzerrungen können insbesondere dann auftreten, wenn ein Unternehmen den Auftraggeber bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen unterstützt, etwa das Leistungsverzeichnis ausgearbeitet hat, und anschließend selber am Vergabeverfahren teilnimmt10 (vgl. zu dem Begriff des Projektanten auch die Kommentierung zu § 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A).

Da die Basisvorschriften des 1. Abschnitts der VOB/A keine dem § 6 EU Abs. 3 Nr. 4 und Satz 2 VOB/A entsprechende Regelung enthalten, die dem Auftraggeber einen bestimmten Umgang mit Projektanten vorschreiben, könnten Auftraggeber auf die Idee kommen, derartige Unternehmen von vornherein nicht zur Teilnahme am Wettbewerb zuzulassen. Hinzu kam, dass das Vergabehandbuch des Bundes 2008 in den Richtlinien zu 311-312 für den nationalen Bereich vorsah, dass Unternehmen, die mit der Planung und/oder Ausarbeitung der Vergabeunterlagen beauftragt waren, grundsätzlich nicht am Wettbewerb um die Vergabe der Bauleistungen beteiligt werden durften. Bereits damals gab es allerdings kritische Stimmen zu der Vereinbarkeit dieser Verpflichtung mit dem Gleichheitsgrundsatz sowie der Geltung für Auftragnehmer, die das Vergabehandbuch des Bundes nicht beachten müssen und es wurde teilweise befürwortet, auch unterhalb der Schwellenwerte die europäischen Vorgaben anzuwenden.11

Dieser Ansicht hat sich zwischenzeitlich auch das Vergabehandbuch des Bundes angeschlossen, das in der neuen Version 2017 die besagte Stelle gestrichen hat. Stattdessen wird dort nun darauf hingewiesen, dass Auftraggeber bei Beteiligung eines Projektanten sicherzustellen haben, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme nicht verfälscht wird und die erstellten Gutachten oder andere Unterlagen allen Bietern zugänglich gemacht werden. Das entspricht inhaltlich den Vorgaben im 2. Abschnitt der VOB/A.

Im Ergebnis ist es daher richtig, unterhalb der Schwellenwerte die gleichen Maßstäbe anzulegen wie im europäischen Vergaberecht und in jedem Einzelfall angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um eine Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Nur wenn dies im Einzelfall nicht möglich ist, kommt ein Ausschluss des betroffenen Bewerbers/Bieters in Betracht.12

Für Auftraggeber, die zur Anwendung des Vergabehandbuches des Bundes verpflichtet sind, ergibt sich dies bereits aus der dort neu aufgenommenen Verpflichtung. Schließlich ist aber auch bei allen übrigen Vergabeverfahren ein pauschaler Ausschluss von Projektanten als vergaberechtswidrig anzusehen. Denn unabhängig davon, ob man bei Ausschreibungen mit Binnenmarktrelevanz auf Grundlage des EuGH-Urteils einen Verstoß gegen Primärrecht annimmt,13 gelten auch im nationalen Bereich das Gleichbehandlungsgebot sowie der Wettbewerbsgrundsatz. Beiden kann ein Auftraggeber nur gerecht werden, wenn er die Vorgaben des europäischen Vergaberechts heranzieht. Denn der Ausschluss eines Bewer­bers oder Bieters, ohne dass zuvor im Einzelfall untersucht wird, ob tatsächlich eine Wettbewerbsverfälschung gegeben ist und ob diese mit anderen, milderen Mitteln ausgeglichen werden kann, stellt immer eine ungerechtfertigte und unzulässige Wettbewerbsbeschränkung dar. Für eine Ungleichbehandlung, wie der Ausschluss sie darstellt, bedarf es zur Rechtfertigung eines sachlichen Grundes im Einzelfall.

§ 6a VOB/AEignungsnachweise

(1) 1Zum Nachweis ihrer Eignung ist die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bewerber oder Bieter zu prüfen. 2Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit werden Selbstreinigungsmaßnahmen in entsprechender Anwendung des § 6f EU Absatz 1 und 2 berücksichtigt.

(2) Der Nachweis umfasst die folgenden Angaben:

1. den Umsatz des Unternehmens jeweils bezogen auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre, soweit er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Aufträgen,

2. 1die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind. 2Um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, kann der Auftraggeber darauf hinweisen, dass auch einschlägige Bauleistungen berücksichtigt werden, die mehr als fünf Jahre zurückliegen,

3. die Zahl der in den letzten drei abgeschlossenen Kalenderjahren jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte, gegliedert nach Lohngruppen mit gesondert ausgewiesenem technischem Leitungspersonal,

4. die Eintragung in das Berufsregister ihres Sitzes oder Wohnsitzes,

sowie Angaben,

5. ob ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzlich geregeltes Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt worden ist oder der Antrag mangels Masse abgelehnt wurde oder ein Insolvenzplan rechtskräftig bestätigt wurde,

6. ob sich das Unternehmen in Liquidation befindet,

7. dass nachweislich keine schwere Verfehlung begangen wurde, die die Zuverlässigkeit als Bewerber oder Bieter in Frage stellt,

8. dass die Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur Sozialversicherung ordnungsgemäß erfüllt wurde,

9. dass sich das Unternehmen bei der Berufsgenossenschaft angemeldet hat.

(3) Andere, auf den konkreten Auftrag bezogene zusätzliche, insbesondere für die Prüfung der Fachkunde geeignete Angaben können verlangt werden.

(4) Der Auftraggeber wird andere ihm geeignet erscheinende Nachweise der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zulassen, wenn er feststellt, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen.

(5) Der Auftraggeber kann bis zu einem Auftragswert von 10 000 Euro auf Angaben nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6 verzichten, wenn dies durch Art und Umfang des Auftrags gerechtfertigt ist.

Übersicht Rn.
A. Allgemeines 1
B. Die Eignungsprüfung 2–18
I. Der Inhalt der Eignungsprüfung 2–6
II. Zeitpunkt der Eignungsprüfung 7, 8
III. Die einzelnen Eignungsnachweise (§ 6a Abs. 2 VOB/A) 9–15
1. Umsatzangaben (§ 6a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A) 10, 11
2. Referenzen zu vergleichbaren Leistungen (§ 6a Abs. 2 Nr. 2 VOB/A) 12
3. Anzahl der Arbeitskräfte (§ 6a Abs. 2 Nr. 3 VOB/A) 13
4. Eintragung im Berufsregister (§ 6a Abs. 3 Nr. 4 VOB/A) 14
5. Einzelne Aspekte der Zuverlässigkeitsprüfung (§ 6a Abs. 2 Nr. 5–9 VOB/A) 15
IV. Zusätzliche Angaben (§ 6a Abs. 3 VOB/A) 16
V. Andere Nachweise (§ 6a Abs. 4 VOB/A) 17
VI. Eingeschränkte Prüfung bei kleinen Vergaben (§ 6a Abs. 5 VOB/A) 18
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