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II.Missbrauchsverbot

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12Wie bei vielen vergaberechtlichen Regelungen, die eine Schätzung oder andere schwer zu ermittelnde Tatbestandsmerkmale vorsehen (vgl. § 3 Abs. 2 u. Abs. 4 VgV21), gilt auch nach § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A ein generelles Missbrauchsverbot. In § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A ist zunächst festgelegt, dass eine Rahmenvereinbarung nicht missbräuchlich getroffen werden darf. Wie sich schon bei der Bestimmung des Preises und bei der Frage des Gesamtvolumens gezeigt hat, sind die Vertragsparteien gehalten, möglichst realistische und erwartbare Volumina zu vereinbaren. Da beim Vorliegen von Rahmenvereinbarungen für die Einzelaufträge keine vergaberechtlichen Verfahren mehr durchgeführt werden müssen, dürfen solche Vereinbarungen im Grundsatz nicht allein deshalb geschlossen werden, um die Anwendung des Vergaberechts auszuschließen. Aus dem generellen Missbrauchsverbot lässt sich daher das Erfordernis einer inneren Notwendigkeit zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung ableiten, die mit der Natur oder den spezifischen Eigenarten der darin gebündelten Einzelaufträge zusammenhängen.22 Auch wenn in § 4a VOB/A – anders als noch in § 4 VOL/A a. F. – nicht ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass nicht über denselben Vertragsgegenstand mehrere separate Rahmenvereinbarungen geschlossen werden dürfen, ist davon auszugehen, dass ein solches Vorgehen im Sinne von § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A als missbräuchlich anzusehen wäre.23 Auch eine willkürlich vereinbarte und nicht aus der Art der späteren Einzelaufträge resultierende Rahmenvereinbarung ist mit § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht vereinbar.

13Die zweite Variante des Missbrauchsverbots bezieht sich unmittelbar auf den vergaberechtlichen Wettbewerbsgrundsatz nach § 97 Abs. 1 GWB.24 Grundsätzlich dürfen Rahmenvereinbarungen nach § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht dazu missbraucht werden, den Wettbewerb zu behindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Ergänzend können hierbei die in Zusammenhang mit § 97 GWB entwickelten Konkretisierungen des Wettbewerbsgrundsatzes herangezogen werden.25 Allerdings muss dabei beachtet werden, dass Rahmenvereinbarungen ihrem Wesen nach grundsätzlich wettbewerbsschädlich sind und es daher nach § 4a Abs. 1 Satz 3 VOB/A darauf ankommt, dass eine hierüber hinausgehende Beeinträchtigung des Wettbewerbs vorliegen muss.26 Vor allem aber geht es darum, dass Rahmenvereinbarungen nicht absichtsvoll dazu missbraucht werden dürfen, einen ansonsten funktionierenden und auch den übrigen Vergaberechtsgrundsätzen entsprechenden Wettbewerb zu verhindern oder einzuschränken. Würden in allen relevanten Bereichen Rahmenvereinbarungen über Bauleistungen für den Zeitraum von mindestens 4 Jahren abgeschlossen, würde dies zu einer signifikanten Verminderung des Wettbewerbs bei der öffentlichen Beschaffung von Bauleistungen führen. Die Rahmenvereinbarung nach § 4a VOB/A bzw. nach § 103 Abs. 5 GWB soll zwar in bestimmten Beschaffungslagen eine Erleichterung und Flexibilisierung ermöglichen. Sie soll aber nicht zur Vereitelung eines an sich möglichen vergaberechtlichen Wettbewerbs führen. Als Beispiel für den missbräuchlichen Abschluss einer Rahmenvereinbarung werden eine fehlende Abnahmeverpflichtung bzw. fehlende Festlegungen zu Zeitpunkt und Umfang konkreter Einzelleistungen zum Zwecke der Markterkundung genannt.27

14Indes wird es in der Praxis ohne hinreichend konkrete Aussagen der Beteiligten nicht leicht sein, nachzuweisen, dass eine Rahmenvereinbarung in erster Linie oder vorwiegend aus missbräuchlichen Gründen abgeschlossen wurde. Für den Abschluss der Rahmenvereinbarung besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit, sodass einzelne Regelungen oder die Auferlegung spezifischer Pflichten hierüber üblicherweise keine hinreichend sicheren Schlüsse zulassen.28 Soweit jedoch für das Vertragsverhältnis keine innere Notwendigkeit vorliegt und auch für die Beteiligten keine mit Rahmenvereinbarungen typischerweise verbundenen Vorteile bestehen, liegt der Schluss auf eine missbräuchlich abgeschlossene Rahmenvereinbarung nahe.

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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