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II.Auslegung

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3Bei der Auslegung der Bekanntmachung und ihrer Inhalte ist gem. §§ 133, 157 BGB vom objektiven Empfängerhorizont auszugehen, d. h. es ist auf die Sicht eines verständigen, durchschnittlichen aber auch vernünftigen, mit öffentlichen Vergaben vertrauten Bieters oder Bewerbers abzustellen.8 Aus diesem Grund sollten dem allgemeinen Sprachgebrauch entgegenstehende terminologische Besonderheiten hinter dem Verständnis aus Bietersicht zurückstehen.9 Maßgebend sind nach h. M. der Tenor und die Inhalte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung. Die Inhalte können ggf. durch den öffentlichen Auftraggeber bis zu der in der Bekanntmachung angegebenen Frist (Angebotsabgabefrist bzw. Teilnahmefrist) noch abgeändert werden.

4Abweichungen in den Vergabe- und Vertragsunterlagen zum Inhalt der Bekanntmachung sind nur zulässig, wenn es sich um Konkretisierungen handelt.10 Nach einer anderen Auffassung kommt es für die formale Wertung von Teilnahmeanträgen bzw. Angeboten aber nicht isoliert auf die Bekanntmachung an, sondern auf die Gesamtschau aller Unterlagen.11 Abänderungen in den Vergabeunterlagen gegenüber dem Bekanntmachungstext sind als Widerspruch zu werten, der zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers gehen. Diese Auffassung ist sachgerecht und stimmt mit der Praxis überein. Denn ein Bewerber oder Bieter zieht bei der Erstellung des Teilnahmeantrages bzw. des Angebotes nicht bloß den Bekanntmachungstext, sondern alle ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen heran. Dann ist ihm aber auch zuzumuten, eine Gesamtschau anzustellen und ggf. Unklarheiten aufzuklären. Ergibt die Gesamtschau aber Widersprüche oder Mängel, darf ein Ausschluss eines Bieters oder Bewerbers hierauf nicht ohne Weiteres gestützt werden.12

5Auch muss der Bieter oder Bewerber keine Kenntnis von früheren Bekanntmachung betreffend den entscheidenden Beschaffungsvorgang haben.13 Das Auflisten einer Anforderung unter der falschen Rubrik bzw. Überschrift führt jedoch nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht dazu, dass die Forderung unwirksam ist, vielmehr gilt sie als wirksam gestellt.14 Eine missverständliche Klausel schadet ebenfalls nicht, wenn die betroffenen Empfänger – also Bieter oder Bewerber – diese entgegen ihrem Wortlaut im gleichen Sinne verstehen.15

6Eine Auslegung scheidet aber insgesamt aus, wenn der Wortlaut der Bekanntmachung eindeutig ist.16 Wird eine klare und/oder unmissverständliche Formulierung gewählt, bei der es keine Interpretationsmöglichkeiten gibt, sind die Anforderungen so auch gestellt, ohne dass man auf den Empfängerhorizont eines Bieters oder Bewerbers abstellt.17

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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