Читать книгу Praxiskommentar VOB - Teile A und B - Susanne Roth - Страница 149

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77Da das Mitteilungsmedium in der Regel die Auftragsbekanntmachung ist, genügt es nicht, in der Bekanntmachung auf ein später in den Vergabeunterlagen zu findendes Formblatt hinzuweisen.109 Nach den entsprechenden Eingabemasken im TED ist es aber bei EU-weiten Vergaben hinsichtlich der wirtschaftlichen und technischen Leistungsfähigkeit zulässig, auf die übrigen Vergabeunterlagen hinzuweisen.110 Bei nationalen Vergabeverfahren wird aber eine konkrete Aufschlüsselung der Kriterien verlangt; lediglich ein Verweis „siehe Vergabeunterlagen“ ist nicht zulässig.111 Eignungsnachweise müssen zudem unter der richtigen Ziffer des Standardformulars verlinkt werden. Die wirksame Bekanntmachung von Eignungskriterien und Unterlagen mittels einer Verlinkung aus der Bekanntmachung setzt jedenfalls voraus, dass die Verlinkung sich dort befindet, wo sie von potenziellen Bietern erwartet wird, in der Regel in Ziffer III.1.1 bis III.1.3 des Standardformulars. Ein nicht aufklärbarer Fehler bei der Verlinkung geht dabei zu Lasten des Auftraggebers.112

Der Auftraggeber bindet sich mit der Kommunikation der Kriterien in der Bekanntmachung, sodass er diese später lediglich konkretisieren113, jedoch nicht abändern darf.114 Auch ein Verzicht auf einst festgelegte Eignungskriterien ist nicht zulässig, da es letztlich einen Verstoß gegen den Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen würde.115

78Grundsätzlich ist es auch möglich, dass Bewerber bzw. Bieter ihre Eignung mittels eines Belegens über die Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis (Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V.) nachweisen, vgl. § 6b Abs. 1.116 Werden jedoch Mindestanforderungen an die Eignungskriterien gestellt, dann reicht es nicht aus, dass ein Bieter sich auf die Präqualifikation beruft, denn sonst liegt ein erkennbarer Verstoß gegen die Vorschrift zur Nachweisführung präqualifizierter Unternehmen vor.117

79x) Nachprüfungsstelle. Letztlich ist die zuständige Nachprüfungsstelle gem. § 21 mit Namen und Adresse anzugeben. Dies sind die vorgesetzten Dienststellen der Rechts- und Fachaufsicht, z. B. bei Kommunen die Kommunalaufsichtsbehörden.118 Die Angabe bindet die Vergabestelle auch insofern, als dass sie sich später nicht mehr auf die Unzuständigkeit der angegebenen Stelle berufen kann.119 Eine Überprüfung der Zuständigkeit obliegt dann einzig der benannten Stelle.120

80Für unterschwellige Vergabeverfahren ist diese Angabe weniger von Bedeutung, da die Rechtschutzmöglichkeiten betreffend den Primärrechtschutz – Verhindern der Zuschlagserteilung an einen Konkurrenten – zumindest schwieriger durchzusetzen sind als bei oberschwelligen Vergabeverfahren. Bei Letzteren gilt – quasi automatisch – mit Zustellung des Nachprüfungsantrages an die Vergabestelle das Zuschlagsverbot als ausgesprochen, § 169 Abs. 1 GWB. Bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte muss ein solches erst mittels einstweiliger Verfügung erwirkt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bieter nicht wie gem. § 134 Abs. 1 GWB über die Zuschlagsentscheidung im Vorfeld informiert werden müssen und der Auftraggeber noch eine entsprechende Stillhaltefrist einhalten muss. In der Praxis führt dies bei nationalweiten Vergaben häufig dazu, dass die Bieter erst nach Zuschlag von der Entscheidung Kenntnis erlangen und ihnen dann bloß der Weg des Zivilgerichts für Sekundärrechtsansprüche (Schadensersatz für positives und negatives Interesse) verbleibt.

81Die zuständige Vergabekammer muss aber auch bei unterschwelligen Vergabeverfahren angegeben werden, wenn Lose einer europaweiten Ausschreibung vergeben werden, die aufgrund ihres geringen Volumens nur national weit auszuschreiben sind, § 3 Abs. 9 VgV.121

82y) Sonstiges. Vor der Reform der VOB/A 2019 war im Gegensatz zu Vergaben mit europaweiter Publizität bei nationalen Vergaben von Bauleistungen die Angabe von Zuschlagskriterien – entweder reiner Preiswettbewerb oder Bezuschlagen des wirtschaftlichsten Angebotes – in der Bekanntmachung nicht vorgesehen.122 Dies hat sich nach der Reform geändert: Für mehr Transparenz sind nunmehr auch die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. r explizit in der Bekanntmachung anzugeben, es sei denn, es handelt sich um ein Verfahren ohne eine Bekanntmachung (z. B. freihändige Vergabe), dann sind diese in den Vergabeunterlagen anzugeben. So können Bieter ihre Angebote besser und passgenauer vorbereiten, was letztlich nicht nur dem Wettbewerb dienlich ist, sondern auch dem öffentlichen Auftraggeber eine einfachere Handhabung bei der Auswertung und Vergabeentscheidung ermöglicht.123

83Fehler in der Bekanntmachung sind zu korrigieren, damit das Vergabeverfahren geheilt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Mangel durch das Veröffentlichungsportal bzw. die Bekanntmachungsstelle verursacht wurde, da allein die Einhaltung vergaberechtlicher Grundsätze maßgeblich ist, zumal die Bekanntmachung zur nochmaligen Überprüfung an die ausschreibende Stelle zugesendet wird.124 Dabei ist eine Berichtigung in dem Medium verpflichtend, in dem die Bekanntmachung abgefasst und veröffentlicht wurde.125 Je nach Inhalt der Bekanntmachungsänderung ist ggf. die Verlängerung der Angebotsabgabe- oder der Teilnahmefrist erforderlich. Dies ist nur möglich vor Fristablauf. Ist die Änderung so gravierend, dass ein anderer Bieter- bzw. Bewerberkreis angesprochen wird, ist die Bekanntmachung entweder ganz neu abzufassen oder die Fristen entsprechend neu festzulegen. Ob eine Verfahrensänderung auch ohne eine Korrektur der Angaben in der Bekanntmachung möglich ist, richtet sich nach dem Einzelfall. Das Zulassen von Nebenangeboten trotz der Angabe in der Bekanntmachung, diese seien ausgeschlossen und umgekehrt das Verbieten von Nebenangeboten ohne einen entsprechenden Ausschluss in der Bekanntmachung, wird beispielsweise für zulässig gehalten, wenn hierdurch das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot nicht tangiert werden.126

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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