Читать книгу Praxiskommentar VOB - Teile A und B - Susanne Roth - Страница 148

3.Bekanntmachungsinhalte im Einzelnen

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23§ 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. a bis x führt die Mindestinhalte auf.

24a) Angaben zum Auftraggeber. Zur Identifizierung des Auftraggebers sind die konkreten Daten des öffentlichen Auftraggebers in Gestalt der Vergabestelle, die das Verfahren durchführt, anzugeben. Zudem sind neben dem Namen, die Anschrift und die Kontaktdaten (Telefon- und Telefaxnummer, E-Mail-Adresse) aufzuführen. Weitere Informationen, wie beispielsweise die Angabe eines, den Auftraggeber während der Ausschreibung unterstützenden, externen Ingenieurbüros sind zwar zulässig aber für sich betrachtet nicht ausreichend, weil sie die Identität des eigentlichen Auftraggebers nicht hinreichend deutlich erkennen lassen.44 Die Angabe einer Telefonnummer kann in der Praxis dazu führen, dass viele (fern-)mündliche Anfragen bieterseits gestellt werden. Diese müssten zur Wahrung des Transparenz- und Gleichbehandlungsgebotes dokumentiert und ohnehin in eine Form gegossen werden, die den Bietern anonymisiert zur Verfügung gestellt wird. Um einen unnötigen Aufwand zu vermeiden, bietet es sich deshalb an, Bieterfragen nur schriftlich zuzulassen. Damit wird zum einen vermieden, dass (ggf. versehentlich) Exklusivinformation an Bieter herausgegeben und zum anderen sowohl eine lückenlose Dokumentation als auch Kanalisierung des Verfahrens garantiert werden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz kann hierin nicht erblickt werden, da alle potenziellen Bieter gleich behandelt werden. Ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz liegt ebenfalls nicht vor, zumal kein Anspruch der Bieter auf eine direkte Kommunikation oder Beantwortung von Fragen besteht.45 In § 12a Abs. 4 wird lediglich vorgesehen, dass den Unternehmen die erbetenen Informationen unverzüglich – d. h. also ohne schuldhaftes Zögern – zur Verfügung gestellt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass eine sofortige Reaktion vorgegeben ist.

25b) Gewähltes Vergabeverfahren. Zum Mindestinhalt gehört auch die Angabe der Verfahrensart. Hieraus soll der potenzielle Bieter erkennen können, wie sich das Verfahren gestalten wird. Aus der Verfahrensart kann sich das Unternehmen ggf. auch schon Informationen über seine Erfolgschancen ableiten, da es Aufschluss darüber gibt, wie groß der teilnehmende Kreis sein wird.46

Die falsche Bezeichnung der Verfahrensart führt nicht immer zu einem Vergabeverstoß, welcher nur mittels Rückversetzung und Neudurchführung zu beheben ist. Wenn z. B. die Begrifflichkeit für EU-weite Verfahren benutzt wird – also Offenes Verfahren statt Öffentliche Ausschreibung – ist dies so lange unerheblich, wie der Adressatenkreis sich über die Modalitäten des Verfahrens klar ist.47 Etwas anderes gilt aber, wenn die falsche Bezeichnung z. B. dazu führt, dass der Bieter die falsche Beschwerdestelle anruft und hierdurch Fristen verstreichen. Hat der öffentliche Auftraggeber bei einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren die Durchführung einer „Öffentlichen Ausschreibung“ (statt eines Offenen Verfahrens) bekundet und hat sich der Bieter in Folge dessen an die Beschwerdestelle statt (rechtzeitig) an die Vergabekammer gewendet und ist die falsche Bezeichnung der Verfahrensart dafür kausal, ist dies erheblich und geht zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.

26c) Elektronische Vergabe. Der öffentliche Auftraggeber muss gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. c zum einen angeben, ob die elektronische Vergabe vorgesehen ist. Dabei waren schriftlich eingereichte Angebote gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 nur noch bis zum 18. Oktober 2018 zuzulassen. Zudem hat der Auftraggeber anzugeben, nach welchen Modalitäten die Handhabung elektronisch eingereichter Angebote zu erfolgen hat. Letzteres beinhaltet Angaben zur Ver- und Entschlüsselung (z. B. mittels fortgeschrittener elektronischer Signatur) aber auch zum verwendeten Internet-Portal, zu verwendender Software etc. Hierzu ist die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 sowie die entsprechende Kommentierung zu beachten. Ferner ist zu beachten, dass auch elektronische Vergabeverfahren vom öffentlichen Auftraggeber zu dokumentieren sind.48

27d) Auftragsart. Um den potenziellen Bietern die Einschätzung zu ermöglichen, ob ihr Betrieb auf den ausgeschriebenen Auftragsgegenstand eingerichtet ist, ist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. d zudem die Art des Auftrages anzugeben.49 Unschädlich, aber nicht zwingend erforderlich wäre die zusätzliche Angabe von einzelnen bauunternehmerischen Tätigkeiten.50 Die Angabe an dieser Stelle fällt kurz aus, da die genaue Beschreibung gem. lit. f zu erfolgen hat und dort näher beschrieben wird.

28e) Ausführungsort. Insbesondere zur Berücksichtigung möglicher Standortvorteile (z. B. betreffend eine Filiale oder Kombination mit anderen Aufträgen in der Nähe)51 und auch zur Einschätzung, ob ein wettbewerbstauglicher Preis angeboten werden kann, ist dem interessierten Bieterkreis gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. e der Ort bzw. die Orte der Ausführung anzugeben. Der Leistungserbringungsort ist für die Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung, da z. B. bereits die Entfernung zum Unternehmensstandort und die damit zusammenhängenden Kosten für Person etc. einen maßgeblichen Einfluss an den Gesamtpreis haben.52

29In diesem Zusammenhang könnte der Auftraggeber auch bereits entschieden haben, ob er eine Ortsbesichtigung durchführen bzw. zulassen wird. Bei einer solchen ist zu beachten, dass der Geheimwettbewerb gewahrt bleibt und deshalb die interessierten Unternehmen möglichst isoliert Termine zur Besichtigung erhalten. Bei der Durchführung ist darauf zu achten, dass den Vertretern der interessierten Unternehmen keine Exklusivinformation gegeben wird und die Bieter bzgl. Fragenstellungen ausschließlich auf den schriftlichen Weg verwiesen werden.53 Werden Ortsbesichtigungen durchgeführt, hat der Auftraggeber diesen Umstand bei der Bemessung einer angemessenen Angebotsabgabefrist gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 zu beachten, wonach der zusätzliche Aufwand für die Besichtigung von Baustellen zu berücksichtigen ist.

30f) Art und Umfang. Die Beschreibung der Art und des Umfanges der Leistung ist eine Fortführung der Definition des Beschaffungsgegenstandes und die Festlegung der Leistungsbereiche, an denen sich die Eignungsanforderungen betreffend die technische Leistungsfähigkeit orientieren. Ohne eine Detailtiefe wie bei der Leistungsbeschreibung zu fordern, ist aber eine derart konkrete Angabe erforderlich, an Hand derer die interessierten Unternehmen einschätzen können, ob ihr Betrieb auf diese Bereiche eingerichtet ist.54 Die Informationen müssen Aufschluss über die Größe, die Intensität sowie die Art der baulichen Leistungen geben.

31g) Zweck der baulichen Anlage. Sind auch Planungsleistungen im Auftragsumfang erfasst, ist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. g auch der Zweck der baulichen Anlage oder des Auftrages anzugeben. Ist der potenzielle Bieter auf Planungsleistungen in seinem Betrieb nicht eingerichtet, muss er an Hand dieser Angabe den Aufwand einschätzen können, Dritte für die erforderlichen Planungsleistungen einzuschalten, in Form von Bietergemeinschaftsmitgliedern oder als Nachunternehmer. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Anforderungen betreffend die technische Leistungsfähigkeit keine Referenzen im Planungsbereich letztlich erfordern und der potenzielle Bieter den Nachunternehmer im Wege der Eignungsleihe bereits einsetzen und ggf. benennen muss.

32h) Losaufteilung. Aus der Bekanntmachung muss sich gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. h ergeben,

– ob die Leistung in Teilen (Teillose oder Fachlose) vergeben wird,

– Art und Umfang der Einzelnen Lose,

– Möglichkeit, Angebote für eines, mehrere oder alle Lose einzureichen.

Die Angabe korrespondiert mit dem Grundsatz der Losaufteilung gem. § 5 Abs. 2, auf dessen Kommentierung hinsichtlich der Details verwiesen wird. Gerade die Angabe des Umfanges der Lose sowie der Möglichkeit, für mehrere oder alle Lose ein Angebot abzugeben55 ist für den potenziellen Bieter höchst kalkulationserheblich.56

33Weicht der öffentliche Auftraggeber vom Grundsatz der Losvergabe ab und schreibt die Leistung als Gesamtauftrag aus, so ist es ratsam, die (technischen oder/und wirtschaftlichen) Gründe für das Absehen von der Losvergabe gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 am besten bereits zum frühen Zeitpunkt des Vergabeverfahrens – also in der Bekanntmachung – anzugeben. Sind interessierte Unternehmen damit nicht einverstanden, müssen sie dies vor Angebotsabgabe rügen und geben damit dem Auftraggeber die Möglichkeit einer Korrektur. Ein entsprechendes Feld für derartige Begründungen ist in den Vergabeportalen nicht vorgesehen, sodass eine Angabe in den sonstigen Ausführungen bzw. an sonstiger Stelle aufgeführt werden muss.57

34Die Festlegungen in der Bekanntmachung sind für das gesamte Vergabeverfahren bindend und ein Vorbehalt einer nachträglichen Entscheidung unzulässig.58 Hat der öffentliche Auftraggeber die Aufteilung in Lose vorgesehen, eine Möglichkeit alle Lose zu erhalten aber ausgeschlossen, kann er sich im Laufe des Vergabeverfahrens nicht anders entscheiden und den Auftrag an einen einzigen Bieter vergeben. Umgekehrt ist eine Aufteilung in Lose nicht zulässig, wenn eine Gesamtvergabe vorgesehen war. Dieser Fall spielt in der Praxis aber keine Rolle, da die Abgabe des Angebotes bereits auf die Gesamtvergabe zugeschnitten sein wird, es sei denn, ein Bewerber oder Bieter greift diesen Gesichtspunkt erfolgreich an und der Auftraggeber muss entsprechend korrigieren. Die Festlegungen betreffend die Loslimitierung, müssen entsprechend bei der Bewertung der Angebote umgesetzt sein.59

35i) Ausführungsfristen. Um den interessierten Bewerbern bzw. Bietern eine Einschätzung dahingehend zu ermöglichen, ob sie im entsprechenden Zeitraum Kapazitäten für eine Auftragsausführung zur Verfügung haben, ist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. i die Angabe des Baubeginns, der Baudauer oder/und des Bauendes wichtig. Dabei ist die Angabe des „Zeitpunktes, zu dem die Bauleistungen begonnen werden soll“ nur „sofern möglich“ anzugeben, sodass als Mindestanforderung entweder die Angabe der Baudauer oder des Bauendes vorausgesetzt wird. Die Angabe der Fristen für die Ausführung ist gleichermaßen kalkulationserheblich, da z. B. bei kurzer Baudauer bzw. einem kurzfristigen Bauende höhere Kosten für zusätzliches Personal entstehend können. Gerade bei Bauleistungen spielen auch die Jahreszeiten eine wichtige Rolle.

36Die Angaben richten sich nach den Einschätzungen des öffentlichen Auftraggebers. Er hat diese sorgfältig zu ermitteln, selbst wenn das zur Folge hat, dass er sich entsprechendes Fachwissen „einkaufen“ muss.60 Ein Auftragnehmer kann sich jedoch letztlich später nicht auf die Angabe aus der Bekanntmachung berufen. Mehrkosten aufgrund verzögerter Bauzeit werden nur unter engen Bedingungen ersetzt.61

37j) Nebenangebote. Der öffentliche Auftraggeber hat gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. j auch Angaben zu Nebenangeboten gem. § 8 Abs. 2 Nr. 3 zu machen, nämlich ob solche zugelassen sind oder nicht.

Nebenangebote sind alle Angebote, welche Abweichungen – insbesondere technischer Natur – von der geforderten Leistung enthalten.62 Dabei muss das vorgegebene Ziel – wie bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung – erfüllt bleiben und nicht ein Weniger zum verlangten Inhalt darstellen.63 Hinsichtlich der Definition und weiterer Details wird auf die entsprechende Kommentierung zu § 8 Abs. 2 Nr. 3 verwiesen.

38Die Angaben nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 umfassen,

– ob Nebenangebote nicht zugelassen sind,

– ob Nebenangebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen sind.

Aus der Systematik der §§ 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. j, 8 Abs. 2 Nr. 3 resultiert für Bauvergaben nach dem ersten Abschnitt der VOB/A:

– Wird in der Bekanntmachung zur Rubrik Nebenangebote nichts weiter angegeben, sind Nebenangebote isoliert auch ohne Hauptangebot zugelassen.64

– Werden Nebenangebote ausdrücklich in der Bekanntmachung nicht zugelassen, müssen diese bei der Bewertung gem. § 16 Abs. 1 Nr. 5 ausgeschlossen werden.

Vertreten wird, dass die Zulassung von Nebenangebote zumindest ausdrücklich in der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu erfolgen hat.65 Um Nachfragen durch potenzielle Bewerber bzw. Bieter zu vermeiden und auch dem Transparenzgebot Rechnung zu tragen, sollte auch bei Zulassung von Angeboten eine explizite Aussage in der Bekanntmachung als dem ersten Medium, mit dem ein Vergabeverfahren eröffnet wird, getroffen werden.66 Sind Nebenangebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen, so muss auch das Hauptangebot wertungsfähig sein, sonst muss das Nebenangebot ausgeschlossen werden.67 Sind Nebenangebote zugelassen und erfolgt die Wertung nur anhand von preislichen Kriterien, hat der Auftraggeber auch detaillierte Mindestanforderungen für Nebenangebote festzulegen.68

39k) Zulassung mehrerer Hauptangebote. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. k hat der öffentliche Auftraggeber auch bekannt zu machen, ob mehrere Hauptangebote zugelassen sind. Diese Möglichkeit geht zurück auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf.69 Während identische Angebote eines Bieters als Doppelangebote unzulässig und auszuschließen sind, ist die Abgabe mehrerer (unterschiedlicher) Hauptangebote eines Bieters vergaberechtlich zulässig. Das gilt auch dann, wenn sich diese allein in technischer Hinsicht unterscheiden, im Übrigen aber die überwiegende Mehrzahl der Positionen des Leistungsverzeichnisses identisch ist. Mehrere Hauptangebote setzen demnach voraus, dass sie sich nicht nur bezüglich der Preise, sondern insbesondere in technischer Hinsicht unterscheiden. Mehrfachangebote, die sich nur in preislichen Kriterien unterscheiden, können aber zu einer Wettbewerbsverzerrung insbesondere durch Erzeugung eines künstlichen Bieterfeldes führen. Daher sind Mehrfachangebote, die sich nur im Preis unterscheiden (also Pauschallpreis- einerseits und Einzelpreisangebot andererseits) unzulässig.70

40Die Norm ist im Zusammenhang mit §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 13 Abs. 3 Satz 3, 4 und § 16 Abs. 1 Nr. 7 zu betrachten. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 kann der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen angeben, dass er die Abgabe mehrerer Hauptangebote nicht zulässt. Im Umkehrschluss gilt: Fehlt eine solche Angabe, sind mehrere Hauptangebote zugelassen. Diese Angabe hat bereits in der Bekanntmachung zu erfolgen, § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. k. Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 müssen bei Abgabe mehrerer Hauptangebote jedes für sich heraus zuschlagsfähig sein. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 werden Hauptangebote von Bietern ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber die Abgabe mehrerer Hauptangebote in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen nicht zugelassen hat.

41l) Kontaktstelle. Die Kontaktstelle, bei der interessierte Unternehmen die Vergabeunterlagen und die zusätzlichen Unterlagen anfordern und einsehen können, muss nicht zwingend die Vergabestelle sein.71 Es ist durchaus üblich, dass externe Berater wie z. B. Rechtsanwälte das Vergabeverfahren begleiten oder vorbefasste Planer (Architekten und Ingenieure) im Rahmen ihres geschuldeten Leistungsspektrums72 auch als Kontaktstelle fungieren.

42Bei der Angabe der Kontaktdaten betreffend die Kontaktstelle ist besonders darauf zu achten, dass diese eindeutig zuordenbar sind und nicht mit solchen des öffentlichen Auftraggebers vermengt werden. Die Masken im TED sind für oberschwellige Vergabeverfahren mittlerweile so angepasst, dass bei der Kontaktstelle eine eigene Post- und E-Mail-Adresse sowie sonstige Nummern (Telefon, Fax) möglich sind. In den nationalen Portalen (z. B. www.service.bund.de oder www.vergabe.rpl.de) muss eine Unterscheidung explizit ausgewiesen werden.

43Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. l stellt zwar nur auf die Stelle ab, bei der die Vergabeunterlagen (sowie zusätzliche Unterlagen) angefordert oder eingesehen werden können. Anzugeben ist aber entsprechend auch die Stelle, an welche die Fragen betreffend das Vergabeverfahren oder die Unterlagen zu adressieren sind. Eine eindeutige Angabe ist insofern von erheblicher Bedeutung, als dass z. B. nur rechtzeitig gestellte und an den richtigen Adressat gerichtete Fragen beantwortet werden.73 An wen die Fragen zu adressieren sind, muss sich ebenfalls aus der Bekanntmachung ergeben. Dies ist spätestens in den sonstigen Bestimmungen aufzuführen. Richtet ein Interessent die Frage anstatt wie gefordert nicht an die Kontaktstelle, sondern an den öffentlichen Auftraggeber, so muss dieser die Frage weder beantworten noch ist er dazu gehalten, diese an die Kontaktstelle weiterzuleiten. Unterlässt der öffentliche Auftraggeber dies, kann eine Fragestellung ggf. zu spät eingereicht worden sein und bleibt u. U. unbeantwortet. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Bekanntmachung eine Zuordnung der Kontaktdaten des Auftraggebers und der Kontaktstelle nicht hinreichend deutlich und differenziert aufführt.

44m) Kostenbeitrag. Korrespondierend zu § 8b Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. m hat der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung anzugeben, ob und wenn ja zu welchen Bedingungen für die Vergabeunterlagen ein Kostenbeitrag zu leisten ist. Eine Kostenerstattung darf gem. § 8b Abs. 1 Nr. 1 nur für Öffentliche Ausschreibungen verlangt werden. Veranschlagt werden können Kosten für die Vervielfältigung von Vergabeunterlagen und die Kosten für die postalische Übermittlung inklusive der Kosten für die Verpackung.74 Personalkosten können jedoch nicht berücksichtigt werden, es sei denn, das Personal wurde eigens hierfür eingestellt.75 Wird ein Kostenbetrag veranschlagt, ist zugleich in der Bekanntmachung anzugeben, wie dieser zu entrichten ist und welches Prozedere sich im Weiteren anschließt. In der Regel wird der öffentliche Auftraggeber einen Nachweis der Überweisung sowie den erfolgten Zahlungseingang fordern (Vorauskasse), bevor er die Unterlagen an das interessierte Unternehmen versendet. Dabei hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung alle Daten korrekt anzugeben (IBAN-Nummer, Aktenzeichen als Verwendungszweck), denn Fehler gehen zu seinen Lasten, wohingegen Überweisungsfehler in der Sphäre des Unternehmens liegen. Eine Erstattung der Kosten kommt nur in den seltenen Fällen in Frage, wenn der öffentliche Auftraggeber die Unterlagen – trotz rechtzeitiger Anfrage und Nachweis der Einzahlung – nicht oder nicht rechtzeitig übermittelt hat.76

45Bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben ist die Anzahl der Bieter eingeschränkt auf einen sehr übersichtlichen Kreis, sodass die Kosten für eine Vervielfältigung von Vergabeunterlagen und deren Versand überschaubar sind und nicht weiter ins Gewicht fallen. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, bei diesen Verfahrensarten keine Kostenlast für die potenziellen Bieter zuzulassen. Unterlagen für die Beschränkte Ausschreibung und die freihändige Vergabe sind nach § 8b Abs. 1 Nr. 2 unentgeltlich abzugeben.

46In der Praxis spielt die Norm kaum mehr eine Bedeutung. Denn bereits seit vielen Jahren werden die Vergabeunterlagen – kostenlos – via E-Mail versendet. Mit Einführung der elektronischen Vergabe, bei der die interessierten Unternehmen die Unterlagen auf dem Portal einfach herunterladen können, reduziert sich die Bedeutung dieser Norm demnach auf null.

47n) Teilnahmeantrag. Im Falle einer Beschränkten Ausschreibung oder einer Freihändigen Vergabe mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ist in der Bekanntmachung gem. 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. n zum einen die Teilnahmefrist sowie die Kontaktstelle, bei der die Anträge eingegangen sein müssen und zum anderen die Frist für die späteste Absendung des Aufforderungsschreibens für die Angebote (Verhandlungen) anzugeben.

48Hinsichtlich der Teilnahmefrist gilt gem. § 10 Abs. 3 lediglich die Angemessenheitsschwelle. Dies ist bei Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte anders. Für das nichtoffene Verfahren ist neben der Angemessenheit gem. § 10 EU Abs. 1 Satz 1 in § 10b EU eine starre Frist von 30 Kalendertagen ab Absendung der Auftragsbekanntmachung vorgeschrieben, welche in Ausnahmefällen verkürzt werden kann, vgl. § 10b Abs. 5 EU. Für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gilt gem. §§ 10c EU Abs. 1, 10 EU, 10b EU Entsprechendes.

49Die Verpflichtung, bereits in der Bekanntmachung auch den spätesten Zeitpunkt anzugeben, wann die Aufforderung zur Abgabe der Angebote versendet wird, korrespondiert mit der sog. Ausschreibungsreife, § 2 Abs. 5.77 Der öffentliche Auftraggeber ist danach verpflichtet, das gesamte Vergabeverfahren vor dem ersten Schritt – je nach Verfahrensart also die Absendung der Auftragsbekanntmachung – durchstrukturiert zu haben. Hierzu gehört neben dem Erstellen der gesamten Vergabeunterlagen auch die – zumindest voraussichtliche – Planung der Verfahrensdurchführung. Hält sich der Auftraggeber hieran, wird es ihm nicht schwerfallen, einen voraussichtlichen Termin für die Versendung des Aufforderungsschreibens zu nennen.

50Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Forderung ist nicht die Information der Bewerber, ob sie mit ihrem Teilnahmeantrag die Eignungsprüfung bestanden haben und weiter im Verfahren bleiben.78 Dazu dient die Vorschrift des § 19 Abs. 1, wonach der Auftraggeber Bewerber, deren Bewerbungen abgelehnt werden, unverzüglich darüber zu informieren haben. Zugestanden ist aber, dass Bewerber anhand des Aufforderungsschreibens – im Umkehrschluss – erkennen können, dass sie weiter im Verfahren bleiben. Hintergrund ist vielmehr, dass ein am Auftrag interessiertes Unternehmen die Kapazitäten in zeitlicher Hinsicht für die – ggf. sehr aufwendige – Angebotserstellung einplanen können soll.

51Die Angabe des spätesten Zeitpunktes verpflichtet nicht zu einer Angabe eines konkreten Datums, an den der Auftraggeber dann gebunden bleibt. In der Regel kann er ohnehin nur eine ungefähre Angabe der Zeitplanung skizzieren, da u. U. die Teilnahmefrist verlängert werden muss oder die Auswertung der Teilnahmeanträge länger als geplant dauert.

52o) Angebotsfrist, Bindefrist. Eine der wichtigsten Informationen für den Bieter ist die Angebotsabgabefrist, § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. o. Angebote, die nach Ablauf dieser Frist eingehen, sind gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 auszuschließen. In diesem Zusammenhang ist § 14 Abs. 2, 6 zur Öffnung der Angebote/Eröffnungstermin zu beachten. Angebote, die nicht bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist eingegangen sind, werden bei der Öffnung nicht berücksichtigt, vgl. § 14a Abs. 2. Angebote, die nachweislich vor Ablauf der Angebotsabgabefrist eingegangen sind, aber dem Verhandlungsleiter im Eröffnungstermin aus vom Bieter nicht zu vertretenden Umständen nicht vorgelegen haben, sind gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 bzw. § 14a Abs. 6 Satz 1 wie rechtzeitig eingegangene Angebote zu behandeln.

53Um möglichst Klarheit über den rechtzeitigen Eingang der Angebote zu haben, ist neben dem Datum auch eine Uhrzeit anzugeben. Bei postalisch geforderten oder neben der elektronischen Angebotsangabe zugelassenen Angeboten sollten aus Praktikabilitätsgründen die üblichen Geschäftszeiten der Kontaktstelle gewählt werden, an denen der Eingang mit Eingangsstempel und Uhrzeit sowie einem Kürzel des Vermerkenden (z. B. Empfangsbesetzung) gezeichnet werden kann. Dies erleichtert die Nachweisführung sowohl für den Bieter als auch für den öffentlichen Auftraggeber.

54Für die Bemessung der Angebotsabgabefrist gilt – anders als bei der Teilnahmefrist – auch bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 eine Mindestgrenze von 10 Kalendertagen. Besonderheiten wie z. B. Baustellenbesichtigungen sind bei der Bemessung als zusätzlicher Aufwand zu berücksichtigen, § 10 Abs. 1 Satz 2.

55Erforderlich ist weiter die Angabe der Bindefrist, § 10 Abs. 4 Satz 1, d. h. der Frist, innerhalb derer die Bieter sich an ihr Angebot halten müssen. Diese war vor der Neufassung der VOB/A 2019 in § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. v geregelt.79 Diese Information ist bereits zum Zeitpunkt der Bekanntmachung auch deshalb wichtig, um den interessierten Unternehmen die interne Planung z. B. im Hinblick auf betriebliche und zeitliche Kapazitäten zu ermöglich. Letztlich ist dieser Aspekt auch deshalb kalkulationserheblich.

56Zivilrechtlich muss gem. § 147 Satz 2 BGB eine Bindefrist ohnehin bestimmt sein, da der Zuschlag des Angebotes nur dann als Annahme gilt, wenn er innerhalb der Bindefrist erfolgt ist. Verlängert sich das Vergabeverfahren über die Bindefrist hinaus, so ist der Vertragsschluss davon abhängig, dass die Bieter – zumindest der für den Zuschlag vorgesehene – die Bindefrist verlängert. Anderenfalls kehrt sich das Verhältnis um: Der Zuschlag gilt dann als ein Angebot der Vergabestelle, sodass der Vertragsschluss von einer Annahme des Bieters abhängt.80

57Die Begrifflichkeit „Frist“ setzt die Angabe eines bestimmten Kalendertages voraus, § 10 Abs. 4 Satz 4. Die Vorgabe einer Zeitspanne ab einem bestimmten Zeitpunkt – z. B. 35 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung – ist unzulässig.81

58Anders als bei Vergaben von Dienst- und Lieferleistungen (nach VgV oder UVgO bzw. VOL/A) hat die Bindefrist bei Bauvergaben gem. § 10 Abs. 4 Satz 3 grundsätzlich 30 Kalendertage nicht zu überschreiten und bedarf sonst einer näheren Begründung des Auftraggebers, welche er insbesondere in der Vergabedokumentation vorzusehen hat.

59Zeitgleich bestimmt in der Praxis der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagsfrist, d. h. die Frist, in der er den Zuschlag erteilen wird. Diese Angabe bindet letztlich nur die Vergabestelle, hat also keine Auswirkungen für die Bewerber- bzw. Bieterseite. Obwohl die Angabe der Zuschlagsfrist keine zwingende Voraussetzung ist, bietet es sich aber zur Kanalisierung des Verfahrens dennoch an, diese – zeitgleich – mit der Bindefrist dem interessierten Bewerber- bzw. Bieterkreis mitzuteilen.

60p) Kontaktstelle zur Einreichung. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. p ist die genaue Anschrift der Kontaktstelle anzugeben, an die die Angebote zu richten sind. Diese muss nicht zwingend mit der Vergabestelle (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) korrespondieren, insbesondere wenn beratende Architekten oder Rechtsanwälte als Kontaktstelle fungieren. In der Regel wird es aber die gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. l angegebene Kontaktstelle sein.82

61Werden digitale Angebote zugelassen, ist eine elektronische Anschrift anzugeben. Hierbei kann es sich um eine E-Mail-Adresse der Kontaktstelle oder die Angaben in einem Vergabeportal handeln. Die elektronischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen für den Angebotseingang unter Wahrung der Frist (keine vorherige Einsichtnahme möglich) und des Geheimwettbewerbs (keine Einsichtnahme durch unbefugte Dritte möglich) müssen hierbei eingehalten werden.

62Bei Zulassung von digitalen Angeboten ist es zum einen für den Bieter ratsam, das Angebot als solches entsprechend zu kennzeichnen. Zudem ist von enormer Bedeutung, dass das Angebot verschlüsselt eingeht, wobei der öffentliche Auftraggeber die Bedingungen hierfür bestimmt, d. h. wie die Angebote zu kennzeichnen und wie diese zu verschlüsseln sind (z. B. mittels qualifizierter elektronischer Signatur oder bei Übermittlung per E-Mail als Passwort-geschütze PDF-Datei). Fehlt eine Kennzeichnung oder eine entsprechende Schutzvorrichtung, könnte das Angebot – ggf. aus Versehen – vor der Angebotsabgabefrist geöffnet werden. In diesem Fall wäre der Geheimhaltungsgrundsatz verletzt und das Angebot nicht mehr wertungsfähig. Gleiches gilt für Fälle, in denen postalische Angebote verlangt waren, der Bieter aber – zur Sicherheit, damit es in jedem Fall rechtzeitig eingeht – das Angebot auf einem digitalen Weg (oder per Fax) zusätzlich versendet. Ist die Abgabe eines elektronischen Angebotes aufgrund technischer Probleme nicht möglich und versendet der Bieter – zur Wahrung der Angebotsabgabefrist – das Angebot unverschlüsselt per E-Mail, so muss dieses wegen Verletzung der Vertraulichkeit bzw. des Geheimwettbewerbes ausgeschlossen werden.83 Wird hingegen ein Angebot zusätzlich über die in den Ausschreibungsbedingungen angegebene Vergabeplattform verschlüsselt und fristgerecht eingereicht, ist es nicht allein deshalb vom Verfahren auszuschließen, weil es zuvor formwidrig per E-Mail an die Vergabestelle übermittelt worden war.84

63q) Sprache. In der Bekanntmachung ist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. q anzugeben, in welcher Sprache die Angebote abgefasst sein müssen. Während bei Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte in der Bekanntmachung die Sprache anzugeben ist, in der das gesamte Verfahren durchgeführt wird,85 wird bei nationalen Vergaben vom Wortlaut nur das Angebot erfasst. Vertreten wird aber, dass über den Wortlaut hinaus auch die Verfahrenssprache an dieser Stelle in der Bekanntmachung festgelegt werden kann.86 Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt es sich, in der Bekanntmachung noch zusätzlich an anderer Stelle festzulegen, welche Verfahrenssprache für das gesamte Verfahren maßgebend sein soll.

64Gerade bei nationalen Vergabeverfahren (bei Bauvorhaben auf deutschem Hoheitsgebiet) wird Deutsch als die Sprache gewählt werden, in der die Angebote einzureichen sind. Trifft der Auftraggeber diese Entscheidung, so haben die Bieter keinen Anspruch darauf, dass Angebote, welche (ggf. nur in Teilen) in anderer Sprache gefasst sind, akzeptiert werden, selbst wenn eine Übersetzung beigefügt ist. Die in den Angebotsunterlagen enthaltenen Fachtermini müssen ebenfalls den in der Verfahrenssprache üblichen entsprechen – andernfalls hat der Bieter keinen Anspruch auf deren Akzeptanz und Wertung.87 Schwierigkeiten können sich z. B. bei Nachunternehmern stellen, die der Bieter – ggf. für die Eignungsleihe – mit seinem Angebot benennt und von diesen Erklärungen (z. B. zum Vorliegen von Ausschlussgründen oder Verpflichtungserklärungen) gefordert werden. Der öffentliche Auftraggeber wird häufig damit konfrontiert, dass z. B. Nachunternehmer mit Sitz im Ausland die abzugebenden Erklärungen in Deutsch nicht verstehen. Aber auch in diesen Fällen hat der Bieter keinen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber die Formblätter für die Erklärungen in anderer Sprache als Deutsch zur Verfügung stellt oder eine in anderer Sprache verfasste Erklärung akzeptiert.

65Werden Nachweise von offiziellen Stellen verlangt (z. B. Auszug aus einem Handels- oder Berufsregister), so kann dieses für ein Unternehmen, welches in einem entsprechenden ausländischen Verzeichnis geführt wird, nur in der dortigen Sprache ausgestellt werden. Für diesen Fall sollte die Vergabestelle zur Vermeidung von Wertungsschwierigkeiten eine Ausnahme zulassen und in der Bekanntmachung bereits bestimmen, dass für solche Nachweise eine (amtliche oder beglaubigte) Übersetzung ins Deutsche erforderlich ist oder eine eidesstattliche Erklärung vor einem Notar, einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde akzeptiert wird. Auch das ausnahmsweise Zulassen von Eigenerklärungen bei ausländischen Bietern in solchen Fällen wäre nicht als eine Inländerdiskriminierung und auch nicht als ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu werten und folglich zulässig.88 Etwas anderes gilt aber, wenn ein öffentlicher Auftraggeber bei nationalen Vergabeverfahren generell die Abgabe von Angeboten in einer anderen Sprache als Deutsch verlangt, ohne hierfür sachgerechte Gründe zu haben und/oder zu dokumentieren.89 Umgekehrt darf das Zulassen von Eigenerklärungen statt Nachweisen für ausländische Bieter nicht dazu führen, dass – zur Vermeidung von Inländerdiskriminierung – auch bei inländischen Bietern die Abgabe einer Eigenerklärung akzeptiert wird, weil sonst das Verlangen formalisierter Nachweise gar nicht mehr möglich wäre.90

66r) Zuschlagskriterien. Seit der VOB/A Reform 2019 ist in § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. r die Anforderung neu hinzugekommen, dass auch bei nationalen Vergaben die Zuschlagskriterien bereits in der Bekanntmachung anzugeben sind. Die Norm entspricht dem Transparenzgebot und erzielt letztlich – wie vom Gesetzgeber beabsichtigt – einen Gleichlauf mit dem Oberschwellenbereich, vgl. § 12 EU Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 i. V. m. Anhang V Teil C der Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. mit entsprechenden Standardformular der EU-Kommission.

67Bereits vor der VOB/A Reform 2019 hat die h. M. jedenfalls auch schon angenommen, dass in Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte ebenfalls keine reduzierten Anforderungen an die Verfahrenstransparenz und die Bietergleichbehandlung gelten und deshalb Zuschlagskriterien auch im Unterschwellen-Vergabeverfahren bekannt zu machen seien.91 Hat der Auftraggeber aber Zuschlagskriterien entweder nicht bekannt gemacht oder aber das Kriterium „Wirtschaftlichkeit“ genannt, aber nicht näher definiert, darf nur der niedrigste Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.92 Dabei darf der Preis auch das einzige Zuschlagskriterium sein, sofern der öffentliche Auftraggeber dies so festlegt.93 An die in der Bekanntmachung veröffentlichten Zuschlagskriterien ist der Auftraggeber auch gebunden.94

68Entsprechend der Regelung für Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte ist § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. r derart zu verstehen, dass nicht nur die Zuschlagskriterien – Haupt- und Unterkriterien – sondern auch deren Gewichtung zwingend in der Bekanntmachung anzugeben sind.95 Es ist folglich das gesamte zur Anwendung kommende Wertungssystem bereits in der Bekanntmachung – bzw. bei anderen Verfahrensarten in den Vergabeunterlagen – zu veröffentlichen. Gibt der Auftraggeber keine Gewichtung an, so zählen alle bekannt gegebenen Zuschlagskriterien gleich viel.96 Auf die Angabe der Gewichtung kann jedoch nur aus sachgerechten Gründen verzichtet werden,97 die in der Vergabeakte zu dokumentieren sind.

69s) Eröffnungstermin. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. s sind alle Daten zum Eröffnungstermin gem. §§ 14, 14a anzugeben, insbesondere Datum, Uhrzeit, Ort sowie welche Personen zugelassen sind. Diese Angaben sind lediglich im Hinblick auf die innerbetriebliche Organisation der Bieter noch von Bedeutung. Für die formelle Zulässigkeit des Angebotes ist nur auf die Angebotsabgabefrist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. o abzustellen.

70Mit Blick auf die Regelung des § 14a Abs. 1 Satz 1 sollte – auch wenn dies nicht zwingend notwendig ist –98 in der Bekanntmachung bestimmt werden, wer konkret zu den „Bevollmächtigten“ eines Bieters gehört und wie derjenige seine Bevollmächtigung zu Anfang des Eröffnungstermins nachzuweisen hat.99 Denkbar wäre auch eine Teilnahme via elektronischer Medien, z. B. einer Video-Konferenz. Ob das zulässig ist und welche Anforderungen dann z. B. an den Nachweis der Bevollmächtigung gestellt werden, sollte die Vergabestelle ebenfalls bereits in der Bekanntmachung angeben.

71t) Sicherheiten. Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung sind gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. t Angaben zu Sicherheiten zu machen. Dies umfasst die folgenden Gesichtspunkte:

– Welche Sicherheiten werden gefordert (Bürgschaften; Hinterlegung);

– Welche Modalitäten müssen solche Sicherheiten haben (Deckungshöhe).

Da dieser Gesichtspunkt sich auch auf den Entschluss der Bieter niederschlägt, ob er an einem Vergabeverfahren überhaupt teilnehmen möchte, ist die Angabe dieses Gesichtspunktes bereits zu einem frühen Zeitpunkt – Beginn des Verfahrens: oft Bekanntmachung – essentiell.100 Werden keine Details zu den Sicherheiten in der Bekanntmachung veröffentlicht, müssen diese spätestens mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe erfolgen, vgl. §§ 8a Abs. 4 lit. k, 9 c VOB/A. Da bei elektronischen Vergaben ohnehin alle Vergabeunterlagen zum Zeitpunkt der Bekanntmachung bereitzustellen sind, muss dieser Punkt also bis zur Veröffentlichung der Bekanntmachung feststehen. Wichtig ist – auch nicht zuletzt aus Sicht der Vergabestelle – jedoch auch zu bestimmten, wann der Nachweis über die Sicherheiten erbracht werden muss, gerade auch im Hinblick darauf, dass Bietergemeinschaften dies bei ihren vertraglichen Bindungen untereinander frühestmöglich klären müssen.

72u) Finanzierungs- und Zahlungsbedingungen. Für die Entscheidung eines Unternehmens ist auch die Angabe zu dem „Ob“ und „Welche“ wesentlichen Finanzierungs- und Zahlungsbedingungen gestellt werden von Bedeutung. Dabei kann – auch weil der Platz für die Eingabe in der Bekanntmachung begrenzt ist – auf die entsprechenden Vorschriften verwiesen werden.101 Dies sind solche des § 16 VOB/B (Angaben zu Voraus-, Abschlags-, Teilschluss- und Schlusszahlungen), die nach § 8a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 lit. j ohnehin zwingend zu vereinbaren sind.

Eine Besonderheit ergibt sich, wenn der Auftraggeber einen Zahlungsplan nach Zuschlagserteilung vereinbaren möchte. Dadurch, dass Bieter mit unterschiedlichen Zinssätzen (z. B. für Baumaterialien) kalkulieren, könnte sich eine Wettbewerbsverzerrung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe ergeben. Dem kann mittels Bekanntgabe von groben Eckpunkten des Zahlungsplans entgegengewirkt werden.102

73v) Rechtsform der Bietergemeinschaft. Der Auftraggeber hat die Möglichkeit vorzugeben, dass die Bewerber bzw. Bieter, die sich zu einer Bewerber- bzw. Bietergemeinschaft zusammengeschlossen haben, um den Auftrag zu erhalten, nach Zuschlagserteilung eine bestimmte Rechtsform annehmen müssen. Bei EU-weiten Vergaben ist eine solche Vorgabe nur möglich, wenn dies für eine ordnungsgemäße Auftragsausführung erforderlich ist, vgl. § 6 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 2. Mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot und das Gebot der Nichtdiskriminierung müsste dieser Grundsatz auch für unterschwellige Vergabeverfahren Geltung beanspruchen.103

74Die Vorgabe einer bestimmten Rechtsform der Bietergemeinschaft ist für Unternehmen entscheidungserheblich, weil damit ggf. Kosten (z. B. Gründungskosten) verbunden sein können, hiervon aber auch gewährleistungsrechtliche Fragen abhängen.104 Die Annahme einer bestimmten Rechtsform bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe ist jedoch nach der europäischen Rechtsprechung nicht zulässig.105 Weil sie Einzelbietern aufgrund des Gebots der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung gleichgestellt sind, können an Bietergemeinschaften nur für den Auftragsfall höhere Anforderungen gestellt werden, als an Einzelbieter.106 Dies müsste auch für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte übertragbar sein.

75In der Regel fragt der öffentliche Auftraggeber – zur Vereinfachung der Prüfung am besten mittels Formblattes – die erforderlichen Informationen ab: zum einen eine gesamtschuldnerische Haftung im Zuschlagsfalle und zum anderen die Angabe eines Vertreters während des Vergabeverfahrens und nach Zuschlagserteilung. Gleichzeitig würde in einem solchen Formblatt die gewünschte Form abgefragt werden.

76w) Eignungsnachweise. Einer der zentralen Gesichtspunkte107 für die Entscheidung eines Bieters, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, sind die bereits in der Bekanntmachung aufzuführenden Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers an die Eignungsanforderungen gem. § 6a – Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Von erheblicher Bedeutung sind auch die hieran geknüpften Mindestanforderungen (so z. B. an die Anzahl der vergleichbaren Referenzen für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit) sowie die Form des zu erbringenden Nachweises. Letzteres betrifft nämlich auch die zeitliche Komponente, da das interessierte Unternehmen beurteilen können muss, ob die Nachweise in der festgesetzten Frist für die Abgabe des Teilnahmeantrages oder Angebotes beigebracht werden können, sofern nicht vorhanden.108

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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