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IV.Nr. 2 grundlegende Änderung

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20Nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen.

21Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist.31 Dies ist der Fall, wenn nach Einleitung des Vergabeverfahrens unvorhersehbare rechtliche, technische oder wirtschaftliche Probleme aufgetreten sind, die unbehebbar und so einschneidend sind, dass die Fortführung des Verfahrens für den Auftraggeber sinnlos oder unzumutbar wäre.32 Die Umstände müssen dabei so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt.33 Die Durchführung des Auftrags darf also nicht mehr möglich oder zumindest für den Auftraggeber unzumutbar sein.34

22Mit der Aufhebung soll den öffentlichen Auftraggebern auf Grundlage einer Ermessensentscheidung eine Möglichkeit eröffnet werden, aufgrund vorher nicht absehbarer Entwicklungen von dem konkreten Vergabeverfahren Abstand zu nehmen.35 Dabei ist auch das Stadium zu berücksichtigen, in dem sich das konkrete Vergabeverfahren befindet. Je weiter es fortgeschritten ist, desto eher verdient das Vertrauen des Bieters in dessen Abschluß durch Zuschlagserteilung und damit seine Amortisationschance den Vorrang.36 Die Aufhebung ist nur dann möglich, wenn eine ganz entscheidende Abänderung der bisherigen Absicht zur Leistungserbringung erforderlich wird,37 bei denen die notwendigen Änderungen auch nicht mit den Regelungen der VOB/B aufgefangen werden können, ohne dass dadurch eine Wettbewerbsverzerrung eintritt.38

23Indem § 17 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A auf das Erfordernis der Änderung der an die Bieter versandten Vergabeunterlagen abstellt, wird auch klargestellt, dass bloße Motivationsänderungen oder Änderungen bei internen Beweggründen, die ggf. auf einer Änderung der politischen Mehrheitsverhältnisse beruhen, für eine entsprechende rechtskonforme Aufhebung nicht ausreichend sind.39

Einzelfälle

24Zeitliche Verzögerungen: Zeitliche Verzögerung aufgrund vergabestelleninterner Belange sind zwar ein nach Begründung der Ausschreibung entstandener Umstand, der grundsätzlich berücksichtigt werden kann. Dieser Umstand führt jedoch nicht zu einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse, auf denen die Ausschreibung ursprünglich beruhte. Dazu ist nämlich eine derartige Änderung erforderlich, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Verdingungsunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist. Die Umstände müssen so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt. Von den seltenen Ausnahmefällen eines relativen oder absoluten Fixgeschäfts abgesehen, lässt sich die Leistungszeit nach Vertragsschluß entsprechend den dann geltenden Vertragsregeln, hier der VOB/B anpassen. Dazu besteht unter den Vertragsparteien infolge der Erklärungen zur Zuschlagsfristverlängerung eine gesteigerte Kooperationspflicht.40

25Nach der Rechtsprechung können auch zeitliche Verzögerungen des Vergabeverfahrens durch ein Nachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu einer rechtmäßigen Aufhebung berechtigen. Derartige Verzögerungen sind in den Ablauf und die Dauer eines Vergabeverfahrens von vornherein einzuplanen.41 Mögliche Verzögerungen durch ein eventuelles Nachprüfungsverfahren müssen sowohl die 5-wöchige Entscheidungsfrist des § 167 GWB, als auch die 2-wöchige Notfrist der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 172 Abs. 1 GWB) und ein eventuelles Beschwerdeverfahren vor dem OLG berücksichtigen.42

26Rechtliche Gründe: In rechtlicher Hinsicht sind sämtliche der Verwirklichung des Bauvorhabens entgegenstehende Gründe relevant. Dies kann sich insbesondere auf genehmigungsrechtliche Aspekte, auf solche des Immissionsrechts oder des Wasserrechts beziehen. Auch etwaige eigentumsrechtliche Fragen oder Nutzungsbeschränkungen – bspw. aufgrund von Anwohnerklagen – kommen hier in Betracht. Letztlich dürfte aber gerade bei den rechtlichen Gründen oftmals die Konstellation vorliegen, dass die Gründe nicht erst im Nachhinein auftreten. Oftmals waren sie schon bekannt, wurden aber lediglich negiert oder mißachtet. Auch in diesen Fällen ist die Aufhebung möglich; sie kann allerdings nicht auf § 17 Abs. 1 Nr. 2 VBOB/A gestützt werden.

27Technische Gründe: Bei den technischen Gründen kommen vor allem gravierende Abweichungen in den Boden- oder Grundwasserverhältnissen in Betracht.43 Zu beachten ist jedoch, dass die notwendigen Änderungen so schwerwiegend sein müssen, dass sie nicht mit den Regelungen der VOB/B aufgefangen werden können, ohne dass dadurch eine Wettbewerbsverzerrung eintritt.44

Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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