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IV.Vertragsänderungen außerhalb der VOB/B

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16Für Vertragsänderung, welche ihre Grundlage außerhalb der VOB/B haben, enthält § 22 VOB/A keine Regelung. Dies ist auf die bewusste Entscheidung des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) zurückzuführen, insoweit die Regelung der EU-Vergaberichtlinie im ersten Abschnitt der VOB/A nicht umzusetzen.32 Insbesondere der praxisrelevante Fall eines Auftragnehmerwechsels,33 welcher im Oberschwellenbereich gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 4 VOB/A EU zumindest in einigen Fallkonstellationen (z. B. bei einer Unternehmensumstrukturierung) ausschreibungsfrei zulässig ist, bleibt damit für den Unterschwellenbereich ungeregelt. Es stellt sich daher die Frage, wie derartige Vertragsänderungen im Unterschwellenbereich zu behandeln sind.

17Zunächst ist eine Auslegung des § 22 VOB/A dahingehend ausgeschlossen, dass Vertragsänderungen außerhalb der VOB/B im Unterschwellenbereich grundsätzlich zulässig sein könnten. Bei einem derartigen Verständnis der Vorschrift wäre der in § 22 Hs. 1 VOB/A normierte Grundsatz der Ausschreibungsfreiheit von Vertragsänderungen auf der Grundlage der VOB/B überflüssig. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift aus dem Oberschwellenbereich, welche zumindest einige Fälle der Vertragsänderung ausschreibungsfrei zulässt, wird in der Literatur wegen der bewussten Entscheidung des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) zur Nichtübernahme der europäischen Regelung in den ersten Abschnitt der VOB/A34 skeptisch gesehen.35 In der Konsequenz hätte die Nichtanwendung der europäischen Grundsätze zur Folge, dass sämtliche Vertragsänderungen außerhalb der VOB/B im Unterschwellenbereich grundsätzlich ausschreibungspflichtig wären und Verfahrenserleichterungen allenfalls aus den allgemeinen vergaberechtlichen Bestimmungen, insbesondere zur Verfahrensart, resultieren könnten.36

18Dieses Ergebnis lässt sich nach hiesiger Ansicht allein mit dem dogmatischen Verweis auf das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke37 nicht rechtfertigen, da ein derartiges Verständnis die Privatautonomie der Vertragsparteien unverhältnismäßig einschränken würde. Die Privatautonomie ist sowohl im nationalen Verfassungsrecht als auch im Europäischen Vertragsrecht als fundamentales Prinzip anerkannt und gilt – wenn auch insoweit nicht verfassungsrechtlich untermauert38 – auch für öffentliche Auftraggeber.39 Die durch die Privatautonomie gewährleistete Abschluss- und Gestaltungsfreiheit40 von Verträgen wird für die öffentlichen Auftraggeber zugunsten des vergaberechtlichen Ziels der Marktöffnung durch die Prinzipien des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und Transparenz begrenzt.41 Diese grundsätzlichen Prinzipien des Vergaberechts erfordern allerdings – wie aus der Rechtsprechung des EuGH und den nunmehr auch im nationalen Recht normativ verankerten Regelungen für Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit im Oberschwellenbereich folgt – nicht in jedem Fall eine Neuausschreibung, sondern lassen durchaus Ausnahmen zu. Eine grundsätzliche Ausschreibungspflicht würde daher die zivilrechtliche Privatautonomie der im Falle der Auftragsvergabe fiskalisch handelnden öffentlichen Hand42 aber auch die verfassungsrechtlich verankerte Privatautonomie der beauftragten Unternehmen unverhältnismäßig beschränken. Im Ergebnis dürfte es daher überzeugen, auch im Unterschwellenbereich die Ausschreibungspflicht für nachträgliche Vertragsänderungen mit Grundlage außerhalb der VOB/B entsprechend der unionsrechtlich determinierten Regelung des § 22 EU VOB/A zu beurteilen.

§ 23 VOB/ABaukonzessionen

(1) Eine Baukonzession ist ein Vertrag über die Durchführung eines Bauauftrags, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.

(2) Für die Vergabe von Baukonzessionen sind die §§ 1 bis 22 sinngemäß anzuwenden.

Übersicht Rn.
A. Allgemeines 1
B. Begriff der Baukonzession 2–12
I. Abgrenzung von der Dienstleistungskonzession – Hauptgegenstand „Bauauftrag“ 3–5
II. Abgrenzung vom Bauauftrag 6–9
III. Entsprechende Geltung der §§ 1–22 VOB/A 10, 11
IV. Rechtsschutz 12
Praxiskommentar VOB - Teile A und B

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