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III.Elektronischer Katalog (Abs. 3)

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26Nach § 120 Abs. 3 Satz 1 GWB ist der elektronische Katalog ein „auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis“ der zu beschaffenden Leistungen in elektronischem Format. Erläuternd wird im 68. Erwägungsgrund der RL 2014/24/EU darauf verwiesen, dass er ein „Format zur Darstellung und Gestaltung von Informationen in der Weise [ist], die allen teilnehmenden Bietern gemeinsam ist und die sich für die elektronische Bearbeitung anbietet“.32 Zwar ist der in § 120 Abs. 3 Satz 2 GWB enthaltene Verweis auf Rahmenvereinbarungen als typische Einsatzmöglichkeit von elektronischen Katalogen auch bei § 4b EU Abs. 3 VOB/A relevant. Wie den Erwägungsgründen zu entnehmen ist, kommen elektronische Kataloge als Methode neben Rahmenvereinbarungen jedoch auch bei dynamischen Beschaffungssystemen i. S. von § 4b EU Abs. 1 VOB/A in Betracht.33 Insgesamt lassen sich den in § 120 Abs. 3 GWB enthaltenen Hinweisen auf die Verwendung von Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen Anhaltspunkte entnehmen, wie elektronische Kataloge im Rahmen von § 4b EU Abs. 3 VOB/A gestaltet sein können. Beispielhaft wird im 68. Erwägungsgrund auf die Verwendung einer Kalkulationstabelle verwiesen.34

27Schon aus Gründen der Transparenz sind die öffentlichen Auftraggeber gehalten, bereits in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbekundung darauf zu verweisen, dass elektronische Kataloge eingesetzt werden sollen (vgl. § 4b EU Abs. 3 Satz 2 VOB/A i. V. m. § 27 Abs. 2 VgV).35 Auf diese Weise erhalten interessierte Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit, ihre allgemeinen Kataloge durchzusehen und sich auf die relevanten elektronischen Standards vorzubereiten.

28Insgesamt ist der Effektivitätsvorteil einer Vergabe unter Einbeziehung elektronischer Kataloge damit verbunden, dass die in den Katalogen enthaltenen Leistungskategorien elektronisch angeboten werden, sodass dem öffentlichen Auftraggeber das Generieren eines Angebots durch einfachen Zugriff auf den elektronischen Katalog ermöglicht wird.36 Zwar dürfen die Wirtschaftsteilnehmer nicht ihre allgemeinen Kataloge pauschal in die Vergabe einbeziehen. Zumindest die Mühe einer an die Ausschreibung angepassten Auswahl wird ihnen abverlangt. Soweit jedoch diese Anforderung erfüllt ist, läuft die Vergabe weitgehend auf elektronischer Grundlage durch Abruf von der jeweiligen Plattform ab, sodass der öffentliche Auftraggeber selbst ein Angebot generieren kann.

29Um das mit der Verwendung elektronischer Kataloge verfolgte Ziel der Zeit- und Geldersparnis im öffentlichen Beschaffungswesen bei gleichzeitiger Stärkung des Wettbewerbs zu erreichen,37 müssen alle zugelassenen Bieter auf die eingesetzte elektronische Plattform Zugriff nehmen können, um ggf. auch nachträglich ihre Angebote der Wettbewerbslage anpassen zu können. Vor diesem Hintergrund sind die öffentlichen Auftraggeber gehalten, die Plattformen mit umfassend kompatiblen Systemen zu betreiben, da ansonsten weder Effektivitätsgewinne noch Wettbewerb im beabsichtigten Umfang gewährleistet werden können.

30Im 68. Erwägungsgrund wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Bieter zwar nicht einfach ihre „allgemeinen Kataloge“ übermitteln dürfen, sondern die darin enthaltenen Informationen grundsätzlich an die Anforderungen des „konkreten Vergabeverfahrens“ auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung anpassen müssen. Allerdings sind Kopien aus dem allgemeinen Katalog zulässig, sodass es letztlich auf die Auswahl und Zusammenstellung im Hinblick auf das konkrete Verfahren ankommt.38 Ob hiermit tatsächlich eine eingehende qualitative Überprüfung verbunden ist, wie manche Stimmen im Schrifttum annehmen,39 ist nicht zwingend der Fall, aber auch nicht ausgeschlossen. Naheliegender Weise steigen die Aussichten auf einen Erfolg beim Einsatz elektronischer Kataloge jedoch, wenn diese möglichst genau an die in Aussicht gestellten Einzelaufträge angepasst wurden.

31Im Grundsatz können öffentliche Auftraggeber elektronische Kataloge in allen Verfahren verlangen, in denen die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel vorgeschrieben ist.40 Dies ist wiederum als eine Bekräftigung des Vergabegrundsatzes der e-Vergabe zu verstehen (§ 97 Abs. 5 GWB).41 Allerdings lässt die Verwendung des Begriffs „kann“ in § 4b EU Abs. 3 VOB/A darauf schließen, dass den öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich Ermessen eingeräumt ist, ob sie elektronische Kataloge verwenden wollen.42 Bei der Schaffung von § 4b EU VOB/A war offensichtlich der Gedanke tragend, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der bereits Erfahrungen mit einer weitgehend elektronisch ablaufenden Vergabe gesammelt hat, mit großer Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wieder auf sie zurückgreifen wird.

32Beim Einsatz elektronischer Kataloge sollen darüber hinaus die allgemeinen Vergabegrundsätze des § 97 GWB berücksichtigt werden. Genannt werden in den Erwägungsgründen vor allem die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz.43 Diese allgemeinen Grundsätze hat der europäische Gesetzgeber im 68. Erwägungsgrund noch dahingehend konkretisiert, dass außerdem Rückverfolgbarkeit und Vorhersehbarkeit des Verfahrens gewährleistet werden müssen.44 Bei der technischen Ausgestaltung ist schließlich darauf zu achten, dass „ungerechtfertigte Hindernisse für den Zugang“ von Wirtschaftsteilnehmern zum Vergabeverfahren vermieden werden müssen. Auch in technischer Hinsicht ist auf die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung zu achten.45

33Das Verfahren für eine Berücksichtigung elektronischer Kataloge richtet sich aufgrund des Verweises in § 4b EU Abs. 3 Satz 2 VOB/A nach § 27 VgV. Auch hierin ist den öffentlichen Auftraggebern wiederum Ermessen eröffnet („kann“). Die verfahrensrechtlichen Einzelheiten ergeben sich aus § 27 Abs. 3 und Abs. 4 VgV.

34Obwohl § 27 Abs. 3 VgV ausdrücklich nur auf Rahmenvereinbarungen verweist, dürften dessen Festlegungen sinngemäß auch für andere Verfahren gelten, die ähnlich ausgestaltet sind.46 Zumal in § 4b EU Abs. 3 VOB/A Rahmenvereinbarungen gar nicht ausdrücklich genannt werden. Auf dieser Grundlage gelten die Vorgaben des § 27 VgV beispielsweise auch für dynamische Beschaffungssysteme, wie sie in § 4b EU Abs. 1 VOB/A vorgesehen sind.47

35Das Verfahren des § 27 Abs. 3 VgV sieht zwei alternative Möglichkeiten vor: Einerseits kann der öffentliche Auftraggeber nach Abs. 3 Nr. 1 die Bieter auffordern, ihre bereits vorliegenden elektronischen Kataloge an die Anforderungen eines nun unmittelbar zur Vergabe anstehenden Einzelauftrags anzupassen. Hiermit sollen die Bieter, möglicherweise unter Berücksichtigung der bei bereits abgelaufenen Vergaben gesammelten Erfahrungen, die Gelegenheit erhalten, ihre Angebote an den Anforderungen spezifischer Einzelaufträge auszurichten.48

36Andererseits werden Bieter nach Abs. 3 Nr. 2 über einen bestimmten Zeitpunkt informiert, zu dem der öffentliche Auftraggeber Daten aus ihrem bereits eingereichten elektronischen Katalog entnehmen wird.49 Die Generierung des Angebots erfolgt damit vonseiten des öffentlichen Auftraggebers durch Zugriff auf den elektronischen Katalog, der ihm vom Bieter auf der elektronischen Plattform zugänglich gemacht wurde. Durch die aktive Rolle des öffentlichen Auftraggebers und die eingeschränkte Beeinflussungsmöglichkeit des Bieters muss auf eine mögliche Beanspruchung dieser Verfahrensalternative schon in der Auftragsbekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen hingewiesen werden.50 Die Bieter haben im Einzelfall die Möglichkeit, diese Methode auszuschließen. Zwar ergibt sich das nicht unmittelbar aus § 27 Abs. 3 VgV, betrachtet man jedoch die zugrunde liegende unionsrechtliche Regelung des Art. 36 Abs. 5 UAbs. 1 RL 2014/24/EU, so ergibt sich daraus, dass die Bieter bei jedem Einzelauftrag über eine Ausschlussmöglichkeit im Hinblick auf das Verfahren nach Abs. 3 Nr. 2 verfügen.51 Auch wenn hiermit Effektivitätsverluste verbunden sind, wollte der europäische Gesetzgeber es den Bietern doch nicht zumuten, in diesen Fällen ohne die Möglichkeit zur Ablehnung zu bleiben. Zudem muss nach Art. 36 Abs. 5 UAbs. 2 RL 2014/24/EU zwischen der Mitteilung und der tatsächlichen Datenerhebung durch den öffentlichen Auftraggeber ein „angemessener Zeitraum“ liegen, um ggf. eine Ablehnung mitzuteilen.52

37Auf die in § 4b EU Abs. 2 Satz 2 VOB/A i. V. m. § 27 Abs. 3 Nr. 2 VgV beschriebene Methode zur Generierung eines Angebots kann der Bieter, nachdem er sie nicht ausgeschlossen hat, nur noch eingeschränkt Einfluss nehmen. Daher sieht § 27 Abs. 4 VgV eine Korrekturmöglichkeit für den Fall vor, dass hierbei Fehler unterlaufen sind. Im Anschluss an die selbstständige Datenentnahme nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 VgV legt der öffentliche Auftraggeber vor Erteilung des Zuschlags dem erfolgreichen Bieter seine „gesammelten Daten“ vor.53 Dieser kann dann Einspruch erheben oder den Inhalt der entnommenen Daten bestätigen. Auf diese Weise kann zwar der öffentliche Auftraggeber die Vorzüge des unmittelbaren Zugriffs auf den elektronischen Katalog nutzen. Gleichzeitig ist die Abgabe des Angebots dem Bieter nicht vollends aus den Händen genommen. Allerdings ist § 27 Abs. 4 VgV zu entnehmen, dass lediglich „materielle Fehler“ einen Einspruch rechtfertigen, sodass reine Verfahrensfehler nicht ausreichend sein dürften.

38Im Schrifttum ist im Hinblick auf die Art der Vorlage nach § 27 Abs. 4 VgV darauf verwiesen worden, dass diese – den in § 4b EU Abs. 3 VOB/A genannten Methoden entsprechend – ebenfalls nur elektronisch erfolgen kann.54 Soweit in Zusammenhang mit der Vorlage nach § 27 Abs. 4 VgV auf die Möglichkeit einer Fristsetzung für Einspruch bzw. Bestätigung verwiesen wurde, sprechen hierfür zwar praktische Erwägungen.55 Erste Voraussetzung ist jedoch, dass die Frist angemessen gesetzt wurde. Der ausdrückliche Hinweis im Wortlaut auf „Einspruch“ und „Bestätigung“ lässt darauf schließen, dass ein Schweigen auf eine Fristsetzung weder automatisch zum Einspruch noch zur Bestätigung führt. Auch der Hinweis auf „materielle Fehler“, die typischerweise Übertragungsfehler sein werden, deutet darauf hin, dass es im Einklang mit § 27 VgV ggf. eine Auseinandersetzung über die Natur der festgestellten Fehler geben könnte. Im Ergebnis kann – auch im Interesse des öffentlichen Auftraggebers – keinerlei Automatismus durch Fristablauf angenommen werden, sondern in jedem Fall ist eine ausdrückliche Erklärung des Bieters vonnöten.56 Dieser kann sich beim Fehlen eines „materiellen Fehlers“ nicht ohne Weiteres von seinem Angebot lösen, sondern ist grundsätzlich zur Bestätigung verpflichtet.57

§ 5 EU VOB/AEinheitliche Vergabe, Vergabe nach Losen

(1) Bauaufträge sollen so vergeben werden, dass eine einheitliche Ausführung und zweifelsfreie umfassende Haftung für Mängelansprüche erreicht wird; sie sollen daher in der Regel mit den zur Leistung gehörigen Lieferungen vergeben werden.

(2)

¹1. Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge an Dritte vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

2. Weicht der öffentliche Auftraggeber vom Gebot der Losaufteilung ab, begründet er dies im Vergabevermerk.

3. Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung an, ob Angebote nur für ein Los oder für mehrere oder alle Lose eingereicht werden können.

2Der öffentliche Auftraggeber kann die Zahl der Lose beschränken, für die ein einzelner Bieter einen Zuschlag erhalten kann. 3Dies gilt auch dann, wenn ein Bieter Angebote für mehrere oder alle Lose einreichen darf. 4Diese Begrenzung ist nur zulässig, sofern der öffentliche Auftraggeber die Höchstzahl der Lose pro Bieter in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung angegeben hat. 5Für den Fall, dass ein einzelner Bieter nach Anwendung der Zuschlagskriterien eine größere Zahl an Losen als die zuvor festgelegte Höchstzahl erhalten würde, legt der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen objektive und nichtdiskriminierende Regeln für die Erteilung des Zuschlags fest.

6In Fällen, in denen ein einziger Bieter den Zuschlag für mehr als ein Los erhalten kann, kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge über mehrere oder alle Lose vergeben, wenn er in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung angegeben hat, dass er sich diese Möglichkeit vorbehält und die Lose oder Losgruppen angibt, die kombiniert werden können.

Übersicht Rn.
A. Allgemeines 1–4
B. Einheitliche Vergabe (§ 5 EU Abs. 1 VOB/A) 5–9
C. Mittelstandsschutz und Vergabe nach Losen (§ 5 EU Abs. 2 VOB/A) 10–61
I. Berücksichtigung mittelständischer Interessen (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/A) 10–21
II. Aufteilung in Teil- und Fachlose (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/A) 22–35
III. Gründe für ein Absehen von der Losaufteilung (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A) 36–41
IV. Verpflichtung zur Losaufteilung bei Vergabe von Unteraufträgen (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 1 Satz 4 VOB/A) 42–45
V. Dokumentation (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 2 VOB/A) 46–48
VI. Loslimitierung (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 bis 5 VOB/A) 49–55
VII. Loskombination (§ 5 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A) 56–61
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