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2.5Wahlprüfung

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124Die Bundestagswahl stellt ein hochkomplexes aufwändiges Verfahren dar113 und ist demzufolge fehleranfällig. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist gemäß Art. 41 GG einem besonderen Wahlprüfungsverfahren vorbehalten, dessen nähere Ausgestaltung durch das Wahlprüfungsgesetz114 erfolgt ist. Nach Art. 41 Abs. 1 GG ist die Wahlprüfung Sache des Bundestages. Die Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundestages, von der Art. 41 Abs. 2 GG handelt, ist in § 48 BVerfGG näher geregelt.

125Die Wahlprüfung durch den Bundestag wird ausgelöst durch einen Einspruch gegen die Wahl. Die Einspruchsberechtigten sind in § 2 Abs. 2 WahlprüfungsG aufgezählt. Zu ihnen gehören jeder Wahlberechtigte, die Landes- und der Bundeswahlleiter sowie der Präsident des Bundestages. Das Wahlprüfungsverfahren ist ein objektives Rechtskontrollverfahren, das – anders als die Verfassungsbeschwerde oder verwaltungsgerichtliche Klagen – vom Einspruchsberechtigten nicht verlangt, eine nachteilige Betroffenheit in eigenen Rechten geltend zu machen. Im Einspruch muss aber ein konkreter Wahlfehler plausibel vorgetragen werden. Über den Einspruch entscheidet – nach Vorbereitung durch den Wahlprüfungsausschuss115 – der Bundestag mit einfacher Mehrheit (§ 13 WahlprüfungsG).

126Mit dem Begriff des Wahlfehlers stellt sich die Frage nach dem Prüfungsmaßstab. Unstreitig führen Verstöße gegen die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG sowie gegen die Regelungen im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung zu Wahlfehlern. Fraglich ist dagegen, ob der Prüfungsmaßstab auf alle Normen zu erstrecken ist, die mit der Wahl Bedeutung erlangen können, wie etwa das Versammlungsgesetz, das Polizeigesetz, das Parteiengesetz und nicht zuletzt Grundrechte wie etwa die Meinungsfreiheit. Da der Zweck der Wahlprüfung allein die Gewährleistung einer demokratischen Wahl ist, wie sie die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgen, und das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung sie konkretisieren, sind Verstöße gegen andere Gesetze nur von Bedeutung, soweit es sich zugleich um Verstöße gegen die verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsätze handelt.116

Der Bundestag überprüft allein die Gesetzmäßigkeit einer Wahl, dagegen nicht die Verfassungsmäßigkeit des einfachen Wahlrechts am Maßstab der verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsätze, etwa die Bestimmungen über die Wahlkreiseinteilung oder die Regelungen über die Überhangmandate. Dies bleibt dem Bundesverfassungsgericht im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde vorbehalten.117

127Nicht jeder Wahlfehler führt zu einer über die Feststellung der Rechtswidrigkeit hinausgehenden Rechtsfolge. Zweck des Wahlverfahrens ist es, die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Parlaments zu gewährleisten. Da Gegenstand der Wahlprüfung die Frage der Gültigkeit der Wahl ist, hat ein Einspruch nur Erfolg, wenn ein Wahlfehler sich auf die Gültigkeit der Wahl zumindest eines Abgeordneten ausgewirkt, dh. Mandatsrelevanz entfaltet haben kann. Das Bundesverfassungsgericht formuliert, dass ein Wahlfehler für das Wahlprüfungsverfahren unbeachtlich ist, wenn sich aus ihm angesichts der Stimmenverhältnisse eine Änderung der Mandatsverteilung nicht ergeben kann.118 Schon aus diesem Grund sind Wahlprüfungsbeschwerden in der Regel „erfolglos“. Im Rahmen der Wahlprüfungsbeschwerde zum Effekt des negativen Stimmengewichts hat das Bundesverfassungsgericht trotz Wahlfehlers und Mandatsrelevanz die Wahl bestehen lassen. Da die Mandatsrelevanz keinem einzelnen Abgeordneten zugeordnet werden konnte, wäre eine Korrektur allein durch Auflösung und Neuwahlen möglich gewesen. Es ist nachvollziehbar, dass diese Maßnahme dem Gericht völlig außer Verhältnis zu den Auswirkungen des Wahlfehlers schien.119 Sofern das Bundesverfassungsgericht die Wahl nicht für ungültig erklärt, kann es gemäß § 48 Abs. 3 BVerfGG im Falle eines Wahlfehlers zumindest feststellen, dass Rechte der wahlberechtigten Person oder Gruppe von Personen verletzt wurden. Insoweit muss es sich dann um eigene Rechte der jeweiligen Person oder Personen handeln.

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