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3.5.3Praxis

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148Angesichts des Risikos, durch ein Verbot eine Partei, die man für verfassungswidrig hält, in den Untergrund zu drängen,79 sind in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nur selten Verbotsverfahren eingeleitet und durchgeführt worden; davon waren zwei in den Anfängen der Bundesrepublik erfolgreich: Zum einen das Verfahren gegen die rechtsradikale SRP, zum anderen das Verfahren gegen die KPD. Gegen kommunistische Parteien, die sich nach Auflösung der KPD formiert haben, hat man keine Verbotsverfahren mehr durchgeführt. Zwei weitere Verfahren gegen die rechtsradikale FAP und die Nationale Liste wurden vom Bundesverfassungsgericht als unzulässig zurückgewiesen, weil die Gruppieren nach ihrem Organisationsgrad und ihren Aktivitäten schon nicht den Anforderungen an eine Partei genügen konnten.80 Damit war für ein Verbot nicht mehr das BVerfG zuständig, sondern die für ein Vereinsverbot zuständige Behörde. Das erste NPD-Verbotsverfahren stellte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2003 ein, nachdem bekannt geworden war, dass Vertrauensleute des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der NPD tätig waren. Die tragende Mehrheit des zuständigen Senats folgerte aus diesem Umstand ein Verfahrenshindernis.81 Der Antrag der NPD auf Feststellung ihrer Verfassungskonformität war schon mangels Zulässigkeit erfolglos. Weder einfaches Recht noch das Grundgesetz sehen ein solches Verfahren vor. Eine Rechtsschutzlücke ergibt sich daraus nicht, weil der Partei wie ihren Mitgliedern wegen rechtswidriger Beeinträchtigung ihres Status oder ihrer Betätigung andere Rechtsschutzmöglichkeiten offenstehen.82 Das zweite NPD-Verbotsverfahren führte zwar zu der Feststellung, dass die Partei verfassungswidrige Ziele verfolge, jedoch nicht zum Verbot der Partei mangel der erforderlichen „Potentialität der Zielerreichung“. Konsequenz dieses Urteils war die schon dargelegte Ergänzung des Art. 21 GG.

Rechtsprechung (zum Parteiverbot und Verbotsverfahren): BVerfGE 2, 1 – Sozialistische Reichspartei SRP; 5, 85 – Kommunistische Partei Deutschlands KPD; 107, 339 – erstes NPD-Verbotsverfahren (Parteiverbotsverfahren); 133, 100 – Antrag der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands NPD auf Feststellung ihrer Verfassungskonformität; BVerfGE 144, 20 – zweites NPD-Verbotsverfahren.

Literatur: J. Kersten, Parteienverbote in der Weimarer, der Bonner und der Berliner Republik, NJ 2001, 1; T. Kingreen, Auf halbem Weg von Weimar nach Straßburg: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im NPD-Verbotsverfahren, Jura 2017, 499; T. Kumpf, Verbot politischer Parteien und Europäische Menschenrechtskonvention, DVBl. 2012, 1344; Ph. Kunig, Parteien, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 40 Rn. 46 ff.; M. Morlok, Parteiverbote als Verfassungsschutz – Ein unauflösbarer Widerspruch, NJW 2001, 2931; ders., Das Parteiverbot, Jura 2013, 317; F. Shirvani, Parteiverbot und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, JZ 2014, 1074; F. Stiehr, Das Parteiverbotsverfahren, JuS 2015, 994; U. Volkmann, Dilemmata des Parteiverbotes, DÖV 2007, 577; ders., Grundprobleme der staatlichen Bekämpfung des Rechtsextremismus, JZ 2010, 209; A. Windoffer, Anspruch einer politischen Partei auf Feststellung ihrer Verfassungskonformität, DÖV 2013, 151.

Fallbearbeitungen: M. Knauff, Das Verbot der RÖP, VR 2003, 239 (Parteibegriff, Tatbestands­voraussetzungen eines Parteiverbots).

Staatsrecht I

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