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König Adolf verrät: Kein Sex mit »Mätresse« Eva
Оглавление13. Zeuge – Hitlers Zahnarzt Dr. Hugo Blaschke
Könnte in der Darstellung seines Kollegen Brandt im weitesten Sinne doch etwas »Erotisches« inbegriffen sein, wenn der von »[Zusammen] Leben« zwischen Braun und Hitler spricht, so macht Hitlers Zahnarzt eisern klar: Keine Anzeichen von zu diesem »Leben« gehörendem Sex wären nach außen hin für ihn jemals wahrnehmbar gewesen.
Hugo Blaschke kann auf 14 Jahre »Mundauf« Hitlers verweisen. Gerade der Mund ist ein wesentlicher Teil, der zur »Erotik« eingesetzt wird. Jemand wie Hugo Blaschke, der professionell den geöffneten Mund eines Mannes regelmäßig über eine lange Zeit vor sich hatte, ist auch befähigt, das in sexuellen Aktionen dieses Mannes zum Mund gehörende Verbindungsorgan Penis der Wahrheit nahekommend einzuschätzen.
Von Blaschke ist ein ausführliches Statement im Interview mit Robert Kempner übermittelt, dem Nürnberger Ankläger und Investigator. Im Gespräch zwischen Kempner und Blaschke bleibt alles trocken, wenn es um das Verhältnis Braun-Hitler geht:
»Blaschke: Sie [Eva Braun] war kein kluger Mensch. Am liebsten hat sie zwei Filme am Tag gesehen. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie sich vier Filme am Tag angesehen. Das Komische ist ja, ich glaube nicht, dass ein Mann, wenn er eine Frau gern hat, es verbergen kann, trotz größter Selbstbeherrschung. Obwohl Hitler nie angab, so wie Göring: In den ganzen Jahren habe ich nicht einmal gemerkt, dass er [Hitler] die Frau liebt. Das muss man als Mann [von Mann zu Mann] doch merken!
Kempner: Ich weiß nicht.
Blaschke: Man müsste es doch merken, durch eine Geste oder so.
Kempner: Aber Sie wussten es auf der anderen Seite?
Blaschke: Ich sah nicht durch. Mir persönlich lag sie nicht. Ich habe sie sehr bald, nach zweimonatiger Behandlung, abgegeben, und zwar meinem Assistenten […]
Kempner: Sie haben sie [Braun und Hitler] zusammen gesehen?
Blaschke: Links von Hitler saß Eva und links von ihr Bormann.
Kempner: War das eine Brünette, die Eva?
Blaschke: Ein bisschen Wasserstoff, sie war nicht ganz hellblond.
Kempner: Gefärbt?
Blaschke: Blondiert. Ein bisschen nachgeholfen. Etwas heller gemacht.
Kempner: Kinder haben die nicht gehabt, oder doch?
Blaschke: Ich habe nichts gehört. Sie hatte auch das, was man Sex-Appeal nennt, nicht. Sie war sehr gut angezogen. Wenn ich wochenlang oben war, hatte sie nicht zweimal dasselbe Kleid an. Man sah sie nur mittags und abends. Manchmal, wenn es zum Tee im Berghaus [gemeint Teehaus] ging, ging sie auch runter.
Kempner: Sie sagen, man hat es ihm nicht angemerkt, dass er sie geliebt hat. Aber auf der anderen Seite, wenn einer ständig bei einer so hohen Persönlichkeit sitzt, zwischen Hitler und Bormann, müsste man annehmen, dass was Besonderes los war?
Blaschke: Die Position hatte sie, aber für mich ist es fraglich, warum. Denn in den 14 Jahren [seit 1931] bin ich mit größeren Abständen manchmal auch daneben gesessen.
Kempner: Haben Sie nie einen zärtlichen Blick beobachtet?
Blaschke: Wenn man in Berlin W. [West] aufgewachsen ist, kennt man das. Vielleicht liegt mir das auch, Menschen zu beobachten.
Kempner: Aber es war nie etwas zu merken?
Blaschke: Nein.
Kempner: Nur aus den äußeren Umständen konnte man das schließen?
Blaschke: Wenn ich eine Frau gern habe, nehme ich doch mal ihre Hand!
Kempner: Auch nicht in harmloser Weise?
Blaschke: Nein.
Kempner: Hat er sie nie angefasst in Gegenwart von Dritten?
Blaschke: Nein, er hat ihr nur die Hand geküsst. Ich fand es komisch, er küsste allen verheirateten Damen die Hand. Eine seiner Sekretärinnen heiratete, und nach der Heirat hat er ihr auch die Hand geküsst. Vorher nicht […]« (Kempner, S. 73 f.)
Das ungekürzte Gespräch zwischen Blaschke und Kempner über die Art von Hitlers Beziehung zu Eva Braun erschien in Kempners Das Dritte Reich im Kreuzverhör – 1969 und 2005. Einen verstümmelten Auszug gab es seit 1980 und gibt es wieder zwischen 2003 und 2015 in den Neuauflagen von Biograf Werner Masers fingiertem »Diensttagebuch« des Hitler-Dieners Heinz Linge (Bis zum Untergang), über diesen Text werden in AMORO Einzelheiten vorgebracht. Mit dem Auszug des Blaschke-Interviews versucht Maser, Blaschkes Verdikt der A-Sexualität des Verhältnisses Hitler-Braun lächerlich zu machen.
Wie wenig von Blaschke in der Hitler-Biografik hängenblieb, ist daran auszumachen, dass in ihr bis hin zu Volker Ullrich immer noch der heterosexuell einwandfreie Hitler herumgeistert, den Maser wider alle Fakten ab 1971 in die Welt gesetzt hat, was ihm mit über hundert Auflagen und Übersetzungen seiner Hitler-Biografie auch tatsächlich gelungen ist. (Linge 80)
Ullrich, der Blaschke Zeugnis einfach weglässt, macht sich der Aussonderung von Zeugnissen, die er kennt – denn er führt Kempners Kreuzverhör in seiner Literaturliste auf (a. a. O., S. 1041) –, sonst niemals schuldig in Hitlers politischen und allgemein persönlichen Angelegenheiten. Im Gegenteil, Ullrich offeriert der Gesellschaft in diesen Zusammenhängen am laufenden Band mit seiner Hitler-Biografie neue Einsichten. Aber in Hitlers Sexual-Bezüglichem glaubt Ullrich eingreifen zu dürfen, was er ebenfalls im gesamten Komplex zu Hitlers Wesensveränderung von Hitler 1 zu Hitler 2 – genauso wie seine Vorläufer – unternommen hat, (a. a. O., S. 87 ff.) sodass es in diesem Punkt darum gehen wird, auch in Ullrich immer wieder einen aktuellen Widerpart sehen zu müssen. Ullrich schifft mit seiner Heterosexualisierung Hitlers im brakigsten Fahrwasser seines Vorgänger Werner Maser, der zu diesem Thema schon vor fast 30 Jahren von seinem Herausforderer Anton Joachimsthaler ab 1989 verschrottet wurde.
Blaschke lieferte ein Panorama zur nicht-sexuellen Definiertheit des Braun-Hitler-Verhältnisses. Er speist die Nachwelt nicht mit einem Begriff ab wie »platonisch« (Hoffmann [1.] und Schwarz [2.]) oder informiert über Hitlers gesamtes Verhältnis zur Sexualität, die dieser gar nicht gebraucht hätte (Schroeder [3.]). Blaschke verhöhnt Hitler auch nicht mit Abschätzigkeiten wie »Neutrum« und »sexuelles Niemandsland« (Hanfstaengl [4.]), geschweige denn wird er ordinär wie Döhring (5.) mit seinen »unbefleckten Laken und Tüchern«, noch wartet Blaschke mit der Umschreibung »entsagungsvolles Leben« auf, das Eva Braun »als Bettgenossin« an Hitlers Seite geführt hätte (Linge [6.]).
Blaschke rafft seine 14-jährigen Beobachtungen der Paarschaft Braun-Hitler. Das heißt in Blaschkes Fall, er hatte von dieser Beziehung seit deren Beginn Kenntnis. Und Blaschke war kein Zahnarzt, in dessen Sprechstunde die Patienten Braun und Hitler hingingen. Das Verhältnis zwischen Blaschke und Hitler funktionierte umgekehrt, wie sich aus dem gesamten Kempner-Blaschke-Interview ergibt. Blaschke wurde gerufen und ständig in die Privatsphäre Hitlers hereingeholt, in der er dann auch nach der Zahnbehandlung verbleiben durfte, ja sollte. Er wurde in die Höflinge eingereiht. Blaschke ist daher mit allen anderen Nahen zu vergleichen, mit den Leibdienern, Adjutanten und Sekretärinnen. In den Berghof-Komplex war für Blaschke eine Zahnstation eingebaut worden – nur zum Zwecke der Versorgung von Hitler und den Seinen. (Misch, S. 101) Blaschke übertreibt also seine Position nicht, aus der heraus er das Paar Braun-Hitler jahrelang beobachten konnte. Blaschke war bis zum Untergang 14 Jahre lang Hitlers einziger Zahnarzt, weil er angeblich Wunder an Heilungen bewirkte und sich Hitler vor Blaschke keinen Zwang antat.
In einem solchen Zusammenhang dann 14 Jahre lang keine einzige Zuneigungs-Geste von Hitler gegenüber Eva Braun wahrgenommen zu haben bedeutet – auf Schul-Zeugnisse übertragen – die Abqualifikation mit der Note Sechs = ungenügend. Hitlers Leistung im Fach »Braun-Sex« existierte nicht.
Zehnmal muss Blaschke auf äußere Gegebenheiten ausweichen, weil es über das Eigentliche, an dessen Charakterisierung der Interviewer Robert Kempner interessiert ist, nichts zu sagen gibt, so sehr nichts, dass es klar wird: Blaschke sagt aus seiner 14-jährigen Anschauung des Paares das Gleiche wie Berghof-Verwalter Herbert Döhring mit der Laken-Antwort: »Da war nix!«
Blaschkes Ausweichthemen sind: Eva Braun war vernarrt in tägliches Filme-Anschauen (erstens), der Zahnarzt hat sie nach kurzer Behandlungszeit seinem Assistenten abgegeben (zweitens), dargestellte Sitzordnung bei den Essen Braun-Hitlers mit Besuchern (drittens), Eva Brauns blondiertes Haar (viertens), Braun-Hitler haben keine Kinder (fünftens), Braun hat keinen Sexappeal, wechselt gerade deshalb ihre Kleider stündlich wie ein Mannequin (sechstens), Eva Braun hat auf dem Berghof eine halböffentliche Position, deren Grund Blaschke nicht kennt (siebentens), die Beziehung Braun-Hitler ergibt sich nur aus äußeren Umständen (achtens), Hitler küsst Eva Braun die Hand, wenn er erscheint (neuntens), Blaschke mag Eva Braun nicht (zehntens).
Blaschkes Erlebnisbericht von Hitlers einem Zwergstaat vergleichbarem Hofimperium auf dem Berghof endet mit einer Pointe, die enthüllt: Alles, was an »Landgraf« Adolf und seiner »Mätresse« Eva zu sehen war, war Show. Und dabei machte der höfisch ungebildete Möchtegern-Herzog mit dem Kuss von Eva Brauns Hand einen Fehler.
Der Handkuss war unter aristokratischen Bedingungen eine Geste des adligen Mannes gegenüber der verheirateten Frau, mit der der Hand-küssende Mann vorgegebenermaßen kein sexuelles Verhältnis hatte und es auch nicht zu haben beabsichtigte.
Der Handkuss hatte bei Hofe einen doppelten Show-Wert – einerseits zu zeigen, mit dieser Frau besteht nichts Genitales, sie wird mit dem Handkuss abgespeist. Andererseits werden mit dem Handkuss gleichzeitig die Rechte des befreundeten, bekannten oder fremden Mannes an dieser Frau respektiert. So galt der Handkuss subinformativ als Trostpreis für den nicht möglichen oder konventionshaft nicht gesollten Scheiden-Kuss zwischen dem Hand-küssenden Mann und dieser Ehefrau eines anderen.
Der in höfischen Sitten unbewanderte Adolf Hitler wusste von dieser sozialen Regel der um 1900 verfließenden Herrschaftszeit des Adels nichts. Bauern, von denen Hitler beid-Eltern-seits abstammte, küssten überhaupt nicht Hand.
Wenn Hitler seiner nicht mit ihm verheirateten angeblichen Geliebten bei einer Haus-öffentlichen Berghof-Begegnung vor den versammelten Höflingen summarisch wie allen anderen verheirateten Frauen die Hand küsste, verriet er sich mit zweierlei: Erstens: Eva Braun ist nicht wirklich seine Frau. Und geschlechtlich haben beide nichts miteinander zu tun. Zweitens: Das Gestellte und permanent künstlich Zelebrierte der Braun-Hitler-Lebensweise bricht mit den Wahrnehmungs-Werkzeugen des Doktor Blaschke in sich zusammen.