Читать книгу Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland - Volker Elis Pilgrim - Страница 40

Hitlers und Brauns »tote Hosen« in verschiedenen Größen

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»[…] für mich ist dieses ›Tagebuch‹ ein plumper Schwindel […] – Ich kannte Eva Braun gut, und zwar vom ersten Tage an, da ich meinen Dienst bei Hitler antrat [am 2. Juli 1934]. Ich möchte kein Urteil über sie abgeben; denn dieses wäre zweifellos befangen. Eva Braun und ich verstanden uns nicht besser, als – volkstümlich ausgesprochen – Hund und Katze. Wir hatten uns im Winter 1935 auf 1936 in einer persönlichen Angelegenheit einmal gehörig die Meinung gesagt, und seitdem waren wir miteinander fertig und grüßten uns nur noch.

In Berlin ist Eva Braun bis Kriegsbeginn nur etwa zwei oder drei Mal und dann immer nur für einen oder zwei Tage gewesen. In den Jahren 1934 bis 1937 war sie in Berlin überhaupt nicht mit Hitler zusammen. Die Beziehungen wurden erst mit Kriegsbeginn enger […] Längere Zeit lebte sie auf dem Berghof. Mit Martin Bormann, dem eigentlichen Herrn des Berghofs, war sie gut befreundet und wurde von ihm dort als Haushälterin eingesetzt, damit sie gegenüber dem Arbeitsamt eine Beschäftigung hatte. Im Hauptquartier ist Eva Braun niemals gewesen. Auch zu offiziellen Empfängen wurde sie nicht hinzugezogen. Bei privaten Gesellschaften trat sie als Hitlers Frau auf, wurde von ihm wie alle anderen Damen mit Handkuss begrüßt und Evchen genannt. Sie selbst sprach Hitler stets mit ›Du‹ an. Zweifellos betrachtete Hitler sie als seine ›Braut‹. Dabei war er nicht eifersüchtig.

Nach dem Umbau des Berghofs bestand zwischen den beiden Schlafzimmern eine Verbindungstür. Zweifellos lebte Eva Braun von der persönlichen Unterstützung Hitlers.« (Krause, S. 48 f., 44 f. – die beiden Seitenzahlen betreffen die zwei Ausgaben, die in einem Abstand von 60 Jahren publiziert wurden und auf ihre Identität oder Verschiedenheit hin geprüft werden mussten; zuerst folgt der Druck von 2011)

»In dem Tagebuch wird auch behauptet, dass Eva Braun von einzelnen Parteigrößen Instruktionen für den [Geschlechts]Verkehr mit Hitler erhalten haben soll. Das ist möglich; aber sie hatte kaum Gelegenheit dazu in dem Umfang, wie das ›Tagebuch‹ erkennen lassen möchte. Vielleicht auf dem Obersalzberg oder – nur für Stunden – in München. Es ist mir auch niemals aufgefallen, dass sich Göring jemals gut oder länger mit ihr unterhalten hätte […] – Niemals ist Hitler bis zum Morgen aufgeblieben und dann anschließend spazierengegangen […]« (a. a. O., S. 51, 47)

»Dass Hitler mit Eva Braun beim Schneider war und anschließend mit ihr zu einem Wasserfest nach Nymphenburg fuhr, ist gleichfalls […] frei erfunden […]« (a. a. O., S. 52, 48)

Auch wenn Krause ohne den Kampf mit der Braun-Tagebuch-Fälschung um die Richtigstellung von Begebenheiten Hitlers Beziehung zu Eva Braun beschreibt, legt er Zug um Zug »männerphantasierte« »Feuchtgebiete«« (Theweleit, Roche) trocken. Mehrmals stellt er einen Zusammenhang her zwischen einer Bemerkung über das Verhältnis Braun-Hitler und einer unmittelbar anschließenden organisatorisch-technischen Begründung oder einer Abweichung in ein anderes Thema. Der Text sagt zunächst etwas zu »Führer« und »Ehefrau« oder »Braut«. Aber es folgt sogleich eine Regulations-Plumpheit, die den Bezug zwischen Braun und Hitler aus jeglichem ins Bett lotsendem Flirren umleitet in etwas Anti-Sexuelles oder Behörden-Spezifisches und damit »Abgefucktes«: Oh, da passiert gleich etwas »Engeres«, »Längeres«! Doch nein, es geschieht nur Brauns »Einsetzung als Haushälterin« für die Täuschung des »Arbeitsamtes«. Wie beim Zimmermächen Anna (14.) und beim Adjutanten Schaub (15.) mündet die Schilderung des Verhältnisses nie im Hafen von Brunst, sondern verödet immer in etwas seit langer Zeit Verabredetem. Um dieses seltsame Vorgehen verständlich zu machen, müssen die Zitate ausschnitthaft wiederholt und vor allem aneinandergereiht werden: »Die Beziehungen wurden erst mit Kriegsbeginn enger […] Längere Zeit lebte sie auf dem Berghof. Mit Martin Bormann, dem eigentlichen Herrn des Berghofs, war sie gut befreundet und wurde von ihm dort als Haushälterin eingesetzt, damit sie gegenüber dem Arbeitsamt eine Beschäftigung hatte.«

»Bei privaten Gesellschaften trat sie als Hitlers Frau auf, wurde von ihm wie alle anderen Damen mit Handkuss begrüßt […]« [zur »sterilen« Bedeutung des Handkusses hatte als 13. Zeuge Hugo Blaschke Feuer-Löschendes beigetragen.]

»Zweifellos betrachtete Hitler sie als seine ›Braut‹. Dabei war er nicht eifersüchtig.« [ein fast unmerklicher Hinweis aufs Nicht-Sexuelle der Verbindung, denn praktizierte Beziehungs-Sexualität macht immer eifersüchtig]

»Nach dem Umbau des Berghofs bestand zwischen den beiden Schlafzimmern eine Verbindungstür. Zweifellos lebte Eva Braun von der persönlichen Unterstützung Hitlers.« Dieses Ineinander der Satzteile »Verbindungstür zwischen den beiden Schlafzimmern« und »Eva Braun lebte von der persönlichen Unterstützung Hitlers« ist die kühnste Brücke zwischen architektonischer Demonstration und Versorgungs-Arrangement. Die Verbindungstür zwischen den Braun-Hitler-Schlafzimmern galt nicht der sexuellen Verbindung von Bei-Schläfern, sondern der finanziellen der Protagonisten am Tage, der »persönlichen Unterstützung« Brauns durch Hitler.

Nach dem Eingangssatz über die Verbindungstür »zwischen den beiden Schlafzimmern« suggeriert der weiterlaufende Text mit dem Anfangswort des nächsten Satzes »zweifellos« eine andere Fortsetzung, nämlich zum Beispiel diese frei erfundene: »Zweifellos wollte Hitler bei seinen nächtlichen Besuchen Eva Brauns ungestört sein und bequem von seinem Schlafzimmer in ihres gelangen.« Doch genau dieser erwartete Gedankengang wird nicht beschritten, sondern die Verbindungstür »zwischen den beiden Schlafzimmern« öffnet sich zur »persönlichen Unterstützung Hitlers« von der »Eva Braun« »zweifellos« lebte.

Anmerkung: Es gab nicht eine »Verbindungstür zwischen den beiden Schlafzimmern«, sondern zwei. Jede führte in den »Kofferraum«, der noch »zwischen den Schlafzimmern Hitlers und Brauns« lag: »Und dass sein Zimmer und das Schlafzimmer Eva Brauns lediglich durch ein Kammerl getrennt waren, das ›Kofferraum‹ hieß […] der sogenannte ›Kofferraum‹ hatte zwei Türen […]« – Dieser Schilderung der Braun-Hitler-Schlafzimmer-Anlage auf dem Berghof durch das Zimmermädchen Anna, die dort eineinhalb Jahre lang täglich zu tun hatte, ist unbedingt der glaubwürdige Vorzug zu geben. (Plaim/Kuch, S. 39) Außerdem wird die Anlage der »Führer«-»Mätressen«-Zimmerflucht vom Grundriss bestätigt, den 2015 die US-Wissenschaftlerin Despina Stratigakos publizierte. (B. 10, Stratigakos, HETERO)

Dass auch Karl Wilhelm Krause in seiner Braun-Story das Sexuelle zwischen Braun und Hitler zum Erliegen bringt, ist von der Hitler-Biografik fast 70 Jahre lang nicht bemerkt worden. Deshalb müssen ihr die ohne Beiwerk komprimierten Sätze »aufs Auge gedrückt werden«: »In dem [gefälschten Braun-] ›Tagebuch‹ wird auch behauptet, dass Eva Braun von einzelnen Parteigrößen Instruktionen für den [Geschlechts]Verkehr mit Hitler erhalten haben soll. Das ist möglich; aber sie hatte kaum Gelegenheit dazu in dem Umfang, wie das ›Tagebuch‹ erkennen lassen möchte. Vielleicht auf dem Obersalzberg oder – nur für Stunden – in München.«

Andere Orte für ein Zusammenkommen zum Geschlechtsverkehr gab es laut Krause für Braun und Hitler nicht. Doch auch über dem Obersalzberg und München lässt Krause die Guillotine des Vielleichts hinuntersausen. Und das macht jemand, der Tag und Nacht mit Hitler zusammen war, der jedes Ausscheren seines Chefs aus der Herr-Knecht-Beziehung zum Zwecke eines anderen Kammer-Geschehens hätte bemerken und es daraufhin vom Vielleicht-Fragezeichen befreien müssen. Aber Krause ist nichts aufgefallen. Das Vielleicht kann dann nur jenseits seiner Wahrnehmung gelegen haben, hätte hinter seinem Rücken passiert sein müssen. So etwas gibt es bei Kammerdienern nicht, da sie auch von all dem wissen, was ihr Kammerherr in seiner Schlaf-Kammer treibt.

Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland

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