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Angriff im Westen

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Anfang August 1914 stehen im Westen stehen 70 deutsche Infanteriedivisionen 92 alliierten gegenüber. Waffentechnisch sind die deutsche und die französische Armee gleich gut ausgerüstet. Die Westalliierten haben Vorteile bei der leichten Feldartillerie, während die Deutschen bei der mittleren und vor allem bei der schweren Artillerie – hierzu gehört die berühmte »Dicke Bertha« mit einem Geschützrohrdurchmesser von 42 cm – überlegen sind. Der deutsche Aufmarsch erfordert enorme organisatorische Vorbereitungen und Anstrengungen. Zwischen dem 2. und 18. August rollen 2150 Züge über die Kölner Hohenzollernbrücke, durchschnittlich alle zehn Minuten ein Zug voller Soldaten.

Zwischen Namur und Löwen erwartet die Hauptmacht der belgischen Armee die deutschen Truppen. Belgische Wehrfähige, die nicht in der Armee dienen, werden als Bürgerwehr mobilisiert und nähren auf deutscher Seite die Annahme, man habe es wieder wie 1870/71 mit »Franktireurs« zu tun. Die Deutschen stoßen an den Forts um Lüttich auf erbitterten Widerstand. Lüttich fällt erst am 16. August 1914. Am 17. August ist der zweiwöchige Aufmarsch des deutschen Feldheeres mit 1,6 Millionen Soldaten gegen Frankreich abgeschlossen. Die große Schwenkbewegung mit dem Ziel der Umfassung von Paris kann nun beginnen. Drehpunkt ist die Gegend um Metz/Diedenhofen. Die Franzosen, die bereits Ende der ersten Augustwoche vorübergehend in den Oberelsass eingedrungen waren, haben sich mittlerweile mit der zahlenmäßig kleinen britischen Expeditionsarmee zusammengeschlossen. Sie greifen am 20. August den deutschen Schwenkungsflügel zwischen der Schelde und den Vogesen an. Den Deutschen gelingt es in den Grenzschlachten der kommenden Tage, den französischen Angriff abzuwehren, die Festungen Namur und Longwy zu erobern und die Franzosen in Lothringen auf ihre Festungslinie zurückzudrängen.

Im Zuge des Vormarsches erweitert sich die Front am rechten Flügel des deutschen Heeres bedenklich. Ende August sind die deutschen Truppen auf der gesamten Länge der Westfront in verlustreiche und kraftraubende Kämpfe verwickelt. Sie kommen zwar weiter vorwärts, laufen jetzt aber Gefahr, auseinandergerissen zu werden. So sehen sich die deutschen Armeen am rechten Flügel in den letzten Auguststunden gezwungen, ihr Hauptziel – die Umfassung von Paris – notgedrungen aufzugeben. Das Schlachtfeld der kommenden Tage liegt im Marnebogen östlich von Paris, teilweise nur 40 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Die Franzosen ziehen sich in das Gebiet südlich der Marne zurück, bereit, zusammen mit der englischen Streitmacht die deutschen Armeen in einer Gegenoffensive zurückzudrängen. Am 3. und 4. September – die 1. Armee ganz am rechten Flügel der Deutschen hat beispielsweise in den zurückliegenden 14 Tagen bei großer Sommerhitze und unter schweren Kämpfen 500 Kilometer zurückgelegt – überschreiten die 1. und 2. deutsche Armee die Marne. Am 6. September gehen die Franzosen vorwärts. In den folgenden sechs Tagen ringen beide Seiten an der Marne auf einer Länge von 250 Kilometern um eine frühe Entscheidung in diesem Krieg. Die nötige Verstärkung ihrer Truppen mit neuen Soldaten gelingt den Franzosen mit Hilfe von fast 700 Taxen, die die Infanteristen von Paris aus direkt an die Front befördern. Das Problem der Deutschen ist die offene Flanke nach Paris zu. Was aber noch schlimmer ist, am 8. September klafft zwischen der 1. und der 2. Armee eine Lücke von 40 Kilometern. Vor der Gefahr stehend, eingeschlossen zu werden, brechen zunächst die 2., dann die 1. Armee überstürzt und zur Verwunderung der Franzosen zwischen dem 9. und 13. September die Schlacht ab und ziehen sich weiter nördlich hinter die Aisne zurück. Am 11. September wird auch von der 3., 4. und 5. Armee – teilweise über 70 Kilometer – der Rückzug angetreten. Der deutsche Vormarsch ist gescheitert. Die Gründe liegen in dem schleppenden Nachschub im Hinterland der Front durch Pferdewagen, dem unzureichenden Informationsfluss zwischen den einzelnen Armeen und der Obersten Heeresleitung unter Generaloberst Helmuth von Moltke sowie schweren Kampf- und Marschverlusten. Zu alledem kommt aber noch die Abgabe von Truppen an die Ostfront und für die Belagerung von Antwerpen und Maubeuge. In der Schlacht an der Aisne am 13. und 14. September versuchen die mittlerweile in ihrer Kampfkraft auch geschwächten Alliierten ihrerseits, ihren Gegner bis nach Belgien zurückzuwerfen. Sie stoßen auf breiter Front auf deutsche Truppen, die sich inzwischen eingegraben haben und diesen Angriff abwehren können.

Noch einmal keimt bei den Deutschen Hoffnung auf, die Front ins Wanken zu bringen. In einem »Wettlauf zur Küste« versuchen sie, bis zur Kanalküste vorzudringen, um von dort aus bis nach Dünkirchen und Calais zu gelangen, beides Häfen, an denen die Briten ihre Soldaten auf dem Kontinent ausschiffen. In schweren Kämpfen zwischen dem 20. Oktober und dem 18. November 1914 stemmt sich die britische Expeditionsarmee bei Ypern mit Erfolg den deutschen Angreifern entgegen. Die auf deutscher Seite eingesetzten Reservekorps bestehen zum Großteil aus wenig ausgebildeten Kriegsfreiwilligen, die in diesen Stunden unter der Führung von Reserveoffizieren zu Zehntausenden fallen. In der Legende werden sie später zu den »Helden von Langemarck«, benannt nach dem kleinen Dorf im nördlichen Abschnitt der Front von Ypern.

Die Front im Westen erstarrt. Der Angriffsschwung ist verloren gegangen. Die Truppen verfangen sich im Spinnennetz einer gewaltigen Artilleriemaschinerie, angesichts derer es nur die eine Möglichkeit gibt, sich einzugraben und auf diese Weise notdürftig Schutz zu finden. Auf einer Länge von beinahe 300 Kilometern entstehen die Schützengräben, die für den Ersten Weltkrieg so kennzeichnend werden sollen.

Hineingeworfen

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