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III. Die Klageänderung

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Solange der Klageantrag aufrechterhalten wird, ist das Gericht an ihn gebunden. Etwas anderes gilt – von den Fällen der Klagerücknahme (dazu unten Rn 1194) und der Erledigung (dazu unten Rn 1199 ff) abgesehen – nur dann, wenn eine Klageänderung (§ 91) vorliegt[10]. Sie ist prinzipiell dann gegeben, wenn sich der Streitgegenstand nach Erhebung der Klage (Rechtshängigkeit, Rn 664) verändert (vgl hierzu Rn 653 ff), wobei zwischen objektiver und subjektiver Klageänderung unterschieden wird. Eine objektive Klageänderung liegt vor, wenn ohne Wechsel von Kläger und Beklagtem der Klageantrag durch einen inhaltlich anderen Klageantrag (aliud, nicht hingegen minus, s. unten) ersetzt oder erweitert wird, aber auch dann, wenn sich nur der entscheidungsrelevante Sachverhalt ändert, auf welchen der Klageantrag gestützt wird.

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Keine Klageänderung iSd § 91 liegt nach der gesetzgeberischen Entscheidung in den Fällen des § 173 iVm § 264 ZPO vor. Das trifft zB zu, wenn der Kläger lediglich neue Tatsachen nachschiebt oder die rechtliche Begründung verändert (§ 264 Nr 1 ZPO) oder wenn er auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts statt auf Bescheidung oder auf Leistung statt auf Feststellung klagt (§ 264 Nr 2 ZPO). Keine dem § 91 unterfallende Klageänderung stellt es auch dar, wenn an Stelle des ursprünglichen Klagebegehrens nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses nunmehr nur noch die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits oder nach Erledigung des Verwaltungsakts die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit gem. § 113 Abs. 1 S. 4 begehrt wird (Rn 335). Entsprechendes gilt, wenn in Analogie zu § 113 Abs. 1 S. 4 festgestellt werden soll, dass ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts, der während des gerichtlichen Verfahrens wegen einer Veränderung der Sach- oder Rechtslage entfiel, ursprünglich (dh vor dieser Veränderung) bestand (Rn 354, 937; tlw aA BVerwG, NVwZ 1999, 1105, 1106). Kein Fall des § 91 soll nach dem BVerwG ferner dann gegeben sein, wenn die Behörde nach Erhebung einer Verpflichtungsklage den ablehnenden Bescheid durch einen anderen, ebenfalls ablehnenden ersetzt und der Kläger im Zuge seines Verpflichtungsantrags nunmehr die Aufhebung des zweiten ablehnenden Bescheids begehrt (BVerwG, Buchholz 310 § 91 Nr 18). Ersetzt die Behörde einen angefochtenen Verwaltungsakt durch einen anderen, so stellt hingegen ein nunmehr auf Aufhebung des neuen Verwaltungsakts umgestellter Antrag eine Klageänderung gem. § 91 dar. Anderes gilt aber im Falle des § 114 S. 2, der eine nicht dem § 91 unterfallende gesetzliche Klageänderung beinhaltet (Rn 887). Soweit der Kläger seinen Klageantrag beschränkt (etwa nunmehr nur einen Forderungsteilbetrag einklagt), handelt es sich um eine teilweise Klagerücknahme gem. § 92 (Rn 1194 ff), für die § 91 wegen § 173 iVm § 264 Nr 2 ZPO nicht gilt. Als ein Fall der Klageänderung gem. § 91 wird nach hM auch der Wechsel des Klägers oder des Beklagten angesehen (sog subjektive Klageänderung bzw Partei- oder Beteiligtenwechsel, dazu auch Rn 774).

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Die Zulässigkeit einer Klageänderung wird in § 91 Abs. 1 davon abhängig gemacht, dass die übrigen Beteiligten (s. § 63) des Rechtsstreits einwilligen oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält. Bei der Einwilligung der Beteiligten handelt es sich um eine Parteihandlung (Rn 38 ff). Von ihr ist bereits dann auszugehen, wenn sich der Beklagte auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat (BVerwG, Buchholz 310 § 91 Nr 24). Sachdienlichkeit ist gegeben, wenn für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Streits fördert. Das kann auch dann zutreffen, wenn die ursprüngliche und die neue Klage unzulässig sind (Beispiel: Übergang von einer mangels Klagebefugnis unzulässigen Unterlassungsklage auf eine ebenfalls mangels Klagebefugnis unzulässige Beseitigungsklage). Bezüglich des Vorliegens der Sachdienlichkeit besteht für das Gericht ein Beurteilungsspielraum (BVerwG, Buchholz 310 § 91 Nr 22 spricht von Ermessensentscheidung). Liegen die Voraussetzungen einer Klageänderung vor, so bedarf es hinsichtlich der geänderten Klage, auch wenn sie eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage zum Gegenstand hat, keiner erneuten Durchführung eines weiteren Vorverfahrens, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt durch einen neuen ersetzt wurde[11] (s. Rn 715). Bei Unzulässigkeit einer Klageänderung ist der neue Klageantrag als unzulässig abzuweisen[12]. Inwieweit noch über den ursprünglichen Klageantrag zu entscheiden ist, ist eine Frage der Auslegung[13]. Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass der ursprüngliche Antrag jedenfalls noch hilfsweise gestellt sein wird[14].

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Lösung des Ausgangsfalles (Rn 83):

Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Beklagten bestehen hier wegen § 78 Abs. 1 Nr 1 keine Bedenken. Es reicht aus, wenn die für ihn handelnde Behörde bezeichnet wird. Auch eine wegen mangelnder Bestimmheit des Klageantrags unzulässige Alternativklage dürfte nicht vorliegen. Wie sich nämlich im Wege der Auslegung ergibt, ist der Klageantrag des B bezüglich der Genehmigung des kleineren Bauvorhabens nur hilfsweise gestellt worden, womit eine zulässige Eventualklage vorliegt (vgl oben Rn 43 u. Rn 91).

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