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2. Die Justiziabilität von Regierungsakten

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Unter Regierungsakten versteht man außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens vorgenommene staatsleitende Akte oberster Staatsorgane wie zB die Anerkennung eines ausländischen Staates durch den Bundespräsidenten (Art. 59 Abs. 1 GG), die Auflösung des Bundestags durch den Bundespräsidenten (Art. 68 Abs. 1 GG), die Ausübung der Richtlinienkompetenz durch den Bundeskanzler (Art. 65 S. 1 GG), die Anordnung des militärischen Bereitschaftsdienstes gem. dem früheren § 6 Abs. 6 WPflG oder einen zu einer aktuellen politischen Frage Stellung nehmenden Parlamentsbeschluss. Entgegen einer früher verbreiteten Meinung sind auch sie keine justizfreien Hoheitsakte[6].

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Die Auffassung, Regierungsakte seien wegen ihrer politischen Bedeutung nicht justiziabel („Politik geht vor Recht“), ist in der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes nicht haltbar, weil auch die Regierungsgewalt als Teil der vollziehenden Gewalt durch Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 1 Abs. 3 GG umfassenden rechtlichen Bindungen unterworfen ist. Diese Ansicht ist zudem mit der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Dass Regierungsakte nach richtiger Auffassung keine justizfreien Hoheitsakte darstellen, bedeutet freilich nicht, dass bei einem Vorgehen gegen sie zwangsläufig auch der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Bedenken ergeben sich hier insoweit, als es sich bei einer entsprechenden Klage um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handeln dürfte (sehr umstritten, dazu Rn 139 ff). Im Übrigen fehlte für eine verwaltungsgerichtliche Klage jedenfalls in der Regel die in direkter oder in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 zu fordernde Klagebefugnis, da Regierungsakte meist nicht in subjektive Rechte von (natürlichen oder juristischen) Personen eingreifen (s. auch Ehlers, Jura 2008, 183, 185).

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Beispiel:

Keine subjektivrechtliche Relevanz hat in der Regel die Anerkennung eines ausländischen Staates oder eine Richtlinienentscheidung des Bundeskanzlers. Dagegen wird etwa durch einen Parlamentsbeschluss, der die Geschäftspraktiken eines großen multinationalen Unternehmens verurteilt, in dessen durch Art. 14 GG geschütztes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.

§ 3 Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 VwGO) › II. Das Vorliegen einer rechtlichen Streitigkeit › 3. Maßnahmen im besonderen Gewaltverhältnis (Sonderstatusverhältnis) keine rechtsfreien Hoheitsakte

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