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Achtundzwanzigster Januar

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Ich erinnere mich zurück. Es war vor vielen Jahren. Es war vor sehr vielen Jahren.

Damals war ich noch ein Schulkind. In die Grundschule ging ich nicht mehr. Ich war schon in der Sekundarstufe. Genauer gesagt war ich in der zehnten Klasse. Nur wenige Monate trennten mich von meinem ersten Schulabschluss.

Seit anderthalb Jahren fuhr ich mit dem Rad zur Schule und wieder nach Hause. Vorher fuhr ich immer Bus. Anfangs stieg ich in den Bus und fuhr rund zehn Minuten. Nach fünf Minuten Laufen war ich auf dem Hof meiner Grundschule.

Ab der siebenten Klasse war mein Schulweg weiter. Ich fuhr noch immer mit dem Bus. Ich fuhr noch immer rund zehn Minuten. Dann stieg ich aber in die Straßenbahn um. Mit ihr fuhr ich etwas mehr als zwanzig Minuten. Dann musste ich wieder laufen. Sieben Minuten später und zwei Straßenüberquerungen weiter war ich an meiner Hauptschule.

Seitdem ich Schüler in der neunten Klasse bin, fahre ich mit dem Rad. Ich fahre im Frühling, wenn die Zugvögel wiederkommen. Ich fahre im Sommer, wenn die Sonne vom Himmel brennt. Ich fahre im Herbst, wenn der Wind die bunten Blätter zum Tanzen bringt. Ich fahre auch im Winter, wenn es schneit. Ich fahre bei Regen, Wolken und Sonnenschein.

Mein Weg mit dem Rad zur Schule dauert natürlich länger als mit Bus und Bahn. Hin und zurück sind es für mich rund achtzehn Kilometer. Dies schaffe ich in einer Stunde. Der Hinweg ist dabei kürzer als der Rückweg. Dies liegt hauptsächlich daran, dass ich morgens durch die Innenstadt fahre. Viele Leute sind noch nicht unterwegs. Am Nachmittag ändert sich das aber. Die Innenstadt ist voll. Mit dem Rad dadurch zu kommen, gestaltet sich schwierig. Die Menschen stehen mir im Weg. Ich fahre lieber außen herum.

Im Sommer kann ich von Zuhause etwas später losfahren. Dank Sonne, Wärme und der Abwesenheit von Schnee bin ich schneller. Jetzt haben wir aber Winter. Ich fahre also nicht erst um sieben Uhr los. Ich verlasse schon gegen sechs Uhr fünfundfünfzig das Haus und breche Richtung Schule auf.

Wenn ich auf dem Rad sitze, fahre ich erst einmal rund dreihundert Meter geradeaus. Wenn die folgende Ampel Grün ist, brauche ich nicht anzuhalten. Die Gefahr des Wegrutschens ist geringer. Im Winter könnte es glatt sein.

Nach der Ampel geht es für mich auf dem Radweg auf der linken Straßenseite Richtung Stadt. Der Radweg wurde schon gestreut, trotzdem rase ich nicht so wie im Sommer. Glatt werden kann es stellenweise immer wieder einmal und viel Licht gibt es gegen sieben Uhr noch nicht. Die Sicht ist eingeschränkt.

Das Ortseingangsschild der Stadt erreiche ich nach rund anderthalb Kilometern. Knapp zweihundert Meter später wartet die nächste Ampel. Diesmal muss ich anhalten. Ich bremse vorsichtig ab.

An der Ampel wechsle ich wieder die Straßenseite. Es ist eine Kreuzungsampel. An dieser Kreuzung stehe ich zweimal. Erst wechsle ich auf die rechte Seite, dann überquere ich eine Straße, die von rechts zur Kreuzung stößt.

Nun erwartet mich ein Berg. Genauer gesagt ist es kein Berg. Es ist nur eine Bahnüberführung. Trotzdem geht es ganz schon aufwärts. Sand sehe ich hier nicht. Ein Streufahrzeug war hier noch nicht unterwegs. Noch nicht.

Dies ändert sich wenige hundert Meter später. Am höchsten Punkt angekommen, kommt mir ein Streufahrzeug entgegen. Einfach ausweichen geht nicht. Dafür ist kein Platz. Ich muss auf die Straße ausweichen. Das ist klar. Ich könnte direkt vom Radweg auf die Straße fahren. Nur die Bordsteinkante wäre mir im Weg. Doch ich lasse es. Ich bremse ab. Dann steige ich vom Fahrrad ab und betrete zu Fuß die Straße.

Zum Glück ging ich zu Fuß. Die Straße war stellenweise glatt. Wäre ich hinuntergefahren, wäre ich wohl hingeflogen. So aber umgehe ich das Streufahrzeug. Nachdem es hinter mir ist, betrete ich wieder den Radweg und setzte meinen Weg zur Schule fort. Gegen sieben Uhr dreißig werde ich dort sein. Das ist der Normalfall in den Wintermonaten und bis jetzt kam ich nie zu spät.

Erzählen-AG: 366 Geschichten

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