Читать книгу Vergaberecht - Corina Jürschik - Страница 112
Оглавление23Auch ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur vorherigen Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union allein führt nicht zum Erfolg des Nachprüfungsantrags und damit zur Feststellung der Unwirksamkeit. Die Rechtsunsicherheit, dass ein Vertrag bis sechs Monate nach dessen Abschluss mit der Unwirksamkeitssanktion des § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB behaftet sein kann, genügt zwar als Beschwer für die Antragsbefugnis48 nicht jedoch als materielle Beschwer, die die Unwirksamkeit des Vertrags wegen Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB herbeiführen kann. Zur dafür erforderlichen Feststellung in einem Nachprüfungsverfahren ist es als materielle Beschwer vielmehr erforderlich, dass der Antragsteller ein Feststellungsinteresse49 dahingehend darlegt, dass er sich an einer Ausschreibung des Auftrags hätte beteiligen können und beteiligt hätte, wenn die Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden wäre.50
24Das Erfordernis einer materiellen Beschwer ergibt sich nicht direkt aus § 135 GWB. Allerdings wird schon in Art. 2d Abs. 1 lit. b der Rechtsmittelrichtlinie ausdrücklich verlangt, dass der formelle Verstoß mit einem materiellen Verstoß gegen die VRL verbunden sein muss, der die Aussichten des Antragstellers auf die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt hat. Auch der deutsche Gesetzgeber ist erkennbar davon ausgegangen, dass ein Nachprüfungsantrag, der zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags führen kann, nur durch ein materiell beschwertes Unternehmen51 gestellt werden kann. Von § 135 GWB geschützt werden daher nur solche Unternehmen, die in zulässiger und begründeter Weise die Unwirksamkeit des Vertrags im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens geltend machen können.52
3.Relative und absolute Unwirksamkeit
25Die Rechtsprechung schränkte schon die Nichtigkeitswirkung des § 13 VgV a. F. im Sinne einer relativen Unwirksamkeit ein. Nur solche Unternehmen konnten sich auf § 13 VgV a. F. berufen, die in dem konkreten Vergabeverfahren Bieterstatus erlangt hatten. Die Vorschrift sollte bieterschützende Wirkung allein im Rahmen des Vergabeverfahrens entfalten, das Gegenstand der Information war.53 Ein allgemeiner Gerechtigkeitsgedanke sollte dagegen nicht geschützt werden.54
26Auch hinsichtlich des § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB kann man argumentieren, dass die Vorschrift im Sinne einer relativen Unwirksamkeit eine Schutzwirkung ausschließlich zugunsten der unterlegenen Bieter entfaltet. Auf einen etwaigen Verstoß gegen die Informationspflicht und eine daraus resultierende Unwirksamkeitsfolge könnte sich demnach nur der unterlegene Bieter berufen, der zu dem Adressatenkreis55 der Information gehört.56
27Die relative Unwirksamkeit bei einem Verstoß gegen die Informations- und Wartepflicht aus § 134 GWB ergibt sich aber auch daraus, dass einem Antragsteller, der nicht zu dem maßgeblichen Adressatenkreis der Information gehört, die Antragsbefugnis fehlt.57 § 135 GWB knüpft zunächst nur an einen objektiven Vergabeverstoß an. Liegt dieser vor, können aber nur die Unternehmen, die i. S. v. § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt sind, einen entsprechenden Nachprüfungsantrag stellen.58
28§ 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB umfasst die Möglichkeit, de-facto-Vergaben überprüfen zu lassen. Hier besteht der Vorwurf darin, mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung des Auftrags im Amtsblatt der Europäischen Union potentielle Bieter nicht beteiligt zu haben. Nachdem die Vorschrift gerade dem Schutz derjenigen interessierten Unternehmen dient, die von dem Auftrag überhaupt keine Kenntnis erlangt haben, kann es sich auch nicht lediglich um eine relative Unwirksamkeit zugunsten derjenigen Unternehmen handeln, die auf irgendeine Weise doch Kenntnis von der Auftragsvergabe erhalten und ihr Interesse gegenüber dem Auftraggeber angezeigt haben.
29Im Fall des § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB kommt der Feststellung der Unwirksamkeit des unter Verstoß gegen das Verbot der de-facto-Vergabe abgeschlossenen Vertrags deshalb schon faktisch absolute Wirkung zu, weil der Auftraggeber in diesem Fall das Beschaffungsvorhaben im Interesse aller potentiellen, aber bei fortbestehender Beschaffungsabsicht bisher nicht beteiligten Unternehmen in der vergaberechtlich vorgeschriebenen Weise erneut vergeben, d. h. in der Regel beginnend mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union erneut bzw. erstmals ausschreiben muss. Für das Ergebnis einer Verpflichtung zur Neuvergabe ist es auch nicht entscheidend, ob die Feststellung der Unwirksamkeit erst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 135 Abs. 2 GWB oder zuvor getroffen wird, auch wenn es der Antragsteller nach Ablauf der Sechsmonatsfrist in der Hand hat, dem Vertrag durch Rücknahme des Nachprüfungsantrags zur endgültigen Wirksamkeit zu verhelfen.
4.Folge der schwebenden Wirksamkeit
30Die schwebende Wirksamkeit des Vertrags hat zur Folge, dass die gegenseitigen Leistungspflichten aus dem Vertrag ab Vertragsschluss bestehen. Den Vertragsparteien steht kein Leistungsverweigerungsrecht, insbesondere nicht die Unsicherheitseinrede nach § 321 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, da der Vertrag volle Wirksamkeit entfaltet. Während des Schwebezustands erbrachte Leistungen können daher auch wegen bestehenden Rechtsgrunds nicht nach Bereicherungsrecht zurückgefordert werden,59 solange der Schwebezustand andauert.
31Mit rechtskräftiger Feststellung des Verstoßes im Nachprüfungsverfahren wird der zunächst schwebend wirksame Vertrag von Anfang an unwirksam. Das führt dazu, dass die von dem Auftragnehmer während des Schwebezustands erbrachten Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgten. Sie sind nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabzuwickeln.60 Ist es dem öffentlichen Auftraggeber nicht möglich, das Erlangte herauszugeben, hat er gem. § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Der Wertersatz bemisst sich nach dem objektiven Verkehrswert, also der üblichen, hilfsweise der angemessenen, vom Auftraggeber ersparten, höchstens aber der vereinbarten Vergütung.61 Mit der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 GWB wird auch der Zuschlag unwirksam62 und kann aufgehoben werden (§ 168 Abs. 2 Satz 1 GWB).
32Auch wenn es sich aus § 135 Abs. 1 GWB nicht ausdrücklich ergibt, lässt die Anordnung der Unwirksamkeit des Vertrags ex tunc darauf schließen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Leistungsaustausch auf Grundlage des unwirksamen Vertrags keinen Bestand haben soll und dass der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich zur Rückabwicklung verpflichtet ist.63 Von der in der Rechtsmittelrichtlinie vorgesehenen Möglichkeit, die Unwirksamkeit auf die Verpflichtungen zu beschränken, die noch zu erfüllen sind und daneben „abschreckende“ Sanktionen gegen den Auftraggeber vorzusehen, hat der deutsche Gesetzgeber schließlich keinen Gebrauch gemacht.64 Einen durchsetzbaren Anspruch, die Rückabwicklung zu erzwingen, hat das im Nachprüfungsverfahren erfolgreiche Unternehmen allerdings – jedenfalls auf der Grundlage des Vergaberechts – nicht.65 Eine Verpflichtung zur Rückabwicklung durch die Vergabekammer dürfte zudem nicht von § 168 Abs. 1 GWB gedeckt und unverhältnismäßig sein. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses genügt in der Regel, um die Vergaberechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Bieterinteressen zu verhindern.66 Weitere Sanktionen sieht auch die Rechtsmittelrichtlinie nicht vor, die die Regelung der Folgen der Unwirksamkeit eines Vertrags dem einzelstaatlichen Recht überlässt.67
33Entsteht dem zunächst erfolgreichen Unternehmen als Folge der Unwirksamkeit des Vertrags ein Schaden, der im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nicht ersetzt wird, kommt ein Schadensersatzanspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung auf Ersatz des negativen Interesses gegen den Auftraggeber in Betracht, nachdem es Sache des Auftraggebers ist, das Vergabeverfahren so zu gestalten, dass es den Anforderungen des Vergaberechts genügt. Hierfür sowie für Ansprüche des erfolgreichen Antragstellers, der einen bereits teilweise abgearbeiteten Auftrag vorfindet, gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften.68
34Erst wenn kein fristgerecht eingeleitetes Nachprüfungsverfahren mehr anhängig ist oder in dem fristgerecht eingeleiteten Nachprüfungsverfahren kein Verstoß i. S. d. § 135 Abs. 1 GWB festgestellt wird und die Fristen des § 135 Abs. 2 GWB abgelaufen sind, wird der schwebend wirksame Vertrag endgültig wirksam.
III.Nachprüfungsverfahren
1.Rüge als Voraussetzung
35Da § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB Unternehmen schützt, die aufgrund unterlassener, vorheriger Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union von einer bereits erfolgten Auftragsvergabe keine Kenntnis erlangen konnten, erklärt § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB folgerichtig die Fristen des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB für den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des de-facto vergebenen Vertrags nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB für unanwendbar. Schließlich ist der Auftraggeber an den schwebend wirksamen Vertrag gebunden69 und kann selbst auf eine Rüge eines betroffenen Bieters rechtmäßige Zustände nicht mehr herstellen. Eine Rüge vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist zur Feststellung der Unwirksamkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB damit entbehrlich. Das wird wegen des gegenüber dem § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. geänderten Wortlauts selbst dann gelten, wenn der Antragsteller an dem nicht ordnungsgemäß bekannt gemachten Vergabeverfahren beteiligt war.70 Wird dagegen die Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB geltend gemacht, bleibt es bei der Rügeverpflichtung der betroffenen Bieter und Bewerber als Voraussetzung für die Einleitung des Nachprüfungsantrags.71 Nach Ansicht des OLG Düsseldorf soll aber, wenn der Auftraggeber den Zuschlag vor Ablauf der Präklusionsfrist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB erteilt hat, die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB gegenüber den längeren Fristen des § 135 Abs. 2 GWB unbeachtlich sein.72
2.Fristen
36§ 135 Abs. 2 GWB sieht verschiedene Fristen vor, innerhalb der die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses durch Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens geltend gemacht werden muss. Neben der Frist, die auf den Zugang73 der vom Auftraggeber dem betroffenen Bieter oder Bewerber übermittelten Information über den Abschluss des Vertrags abstellt, sind zwei objektive Fristen aufgenommen, sodass spätestens nach einem halben Jahr Rechtssicherheit darüber vorliegt, ob der Vertragsschluss angefochten werden kann. Bei den sechs Monaten handelt es sich um die absolute zeitliche Grenze74, die die Richtlinie damit umschreibt, dass „in jedem Fall vor Ablauf dieser Frist“ eine Nachprüfung beantragt sein muss.75 Diese Frist kann somit – abhängig von einer von dem Auftraggeber veranlassten Bekanntmachung der erfolgten Auftragsvergabe oder von einer Information durch den Auftraggeber hierüber – verkürzt, jedoch nicht verlängert werden.
37Bei den Fristen handelt es sich um formelle Ausschlussfristen, deren Ablauf – ohne Hemmung, Unterbrechung oder Wiedereinsetzungsmöglichkeit – im Interesse der Rechtssicherheit zum Rechtsverlust bei den betroffenen Unternehmen führt.76 Dies ergibt sich für die Frist des § 135 Abs. 2 Satz 2 GWB und die Frist der sechs Monate nach § 135 Abs. 2 Satz 1 BGB schon daraus, dass es sich um objektiv zu bestimmende Fristen handelt, die unabhängig von einer Kenntnis oder Kenntnismöglichkeit des betroffenen Unternehmens beginnen und ablaufen. Bei der 30-Tage-Frist des § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB besteht im Hinblick auf die Abhängigkeit des Fristlaufs von dem Zugang der Information durch den Auftraggeber bei dem betroffenen Unternehmen kein Bedürfnis für eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit,77 nachdem eine Wiedereinsetzung voraussetzt, dass die Versäumung der Frist unverschuldet erfolgte, was bei einer durch die Information vermittelten Kenntnis des Verstoßes nicht anzunehmen ist.
38Die Fristen sind eingehalten, wenn der Nachprüfungsantrag innerhalb der maßgeblichen Frist bei der Vergabekammer eingeht. Auch wenn die Vorschrift von einem „Geltendmachen“ spricht, genügt der Antragsteller dem jeweiligen Fristerfordernis in § 135 Abs. 2 GWB, wenn der Nachprüfungsantrag der Vergabekammer innerhalb der Frist zugeht. Das Feststellen der Unwirksamkeit innerhalb der Frist durch die Nachprüfungsorgane ist hier nicht gemeint, nachdem sich schon die Vergabekammer für ihre (grundsätzlich anfechtbare) Entscheidung mindestens 35 Kalendertage Zeit nehmen kann (§ 167 Abs. 1 GWB) und der Antragsteller keinen Einfluss darauf hat, wann die Unwirksamkeit tatsächlich rechtskräftig festgestellt wird. Auch auf die Zustellung des Nachprüfungsantrags beim Auftraggeber kommt es zur Wahrung der Frist nicht an, weil es – anders als in § 169 Abs. 1 GWB – nicht darum geht, eine aufschiebende Wirkung innerhalb einer Wartefrist auszulösen, sondern darum, die Wirksamkeit eines bereits geschlossenen Vertrags zu überprüfen. Schließlich gibt auch die Rechtsmittelrichtlinie vor, dass die Nachprüfung innerhalb der Frist lediglich beantragt werden muss.78
39Nachdem die Nachprüfungsorgane einen wirksam erteilten Zuschlag nicht aufheben können, wird der Vertrag nach Ablauf der Fristen wirksam. Ein gleichwohl dagegen gerichteter Nachprüfungsantrag wäre unzulässig (§ 168 Abs. 2 Satz 1 GWB). Auch in einer nachfolgenden Ausschreibung sollen etwaige Vergaberechtsverstöße des wirksam gewordenen Vertrags im Hinblick darauf, dass § 135 GWB Rechtssicherheit herbeiführen soll, keine Rolle mehr spielen, selbst wenn ein vergaberechtswidriger Zustand hierdurch perpetuiert wird.79 Zu beachten ist aber, dass der Ablauf der Fristen lediglich Verstöße i. S. d. § 135 Abs. 1 GWB heilen kann, nicht jedoch einem eventuell aus anderen Gründen (z. B. Zuschlag außerhalb der Bindefrist oder mit Änderungen) noch gar nicht zustande gekommenen Vertrag zur Wirksamkeit verhilft. Ebenfalls nicht durch den Ablauf der Frist wirksam wird ein Vertragsschluss, der wegen kollusiven Zusammenwirkens nichtig ist, weil Auftraggeber und Auftragnehmer beispielsweise vereinbart haben, mit der Ausführung eines vergaberechtswidrig geschlossenen Vertrags erst sechs Monate später zu beginnen. Für den Fall der mutwilligen Herbeiführung des Fristablaufs bleibt die Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 138 Abs. 1 BGB und § 826 BGB, unberührt. Von einer gesetzlichen Klarstellung im GWB hat der Gesetzgeber abgesehen.80
40a) 30 Kalendertage nach Information. Die Frist der 30 Kalendertage gem. § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB knüpft an die Information der betroffenen Bieter und Bewerber durch den öffentlichen Auftraggeber über den Abschluss des Vertrags, also an den Zugang der Information bei dem jeweiligen Empfänger an. Eine anderweitige Kenntniserlangung durch den Bieter oder Bewerber als durch eine Information durch den öffentlichen Auftraggeber genügt nach der amtlichen Begründung als fristauslösendes Ereignis nicht.81 Insbesondere setzt somit eine Kenntniserlangung aufgrund eigener Recherchen des Antragstellers oder ihm von dritter Seite bei irgendeiner Gelegenheit zugetragener Informationen die Frist nicht in Gang.82 Ausreichend ist es jedoch grundsätzlich, wenn der betroffene Bieter oder Bewerber eine Schutzschrift des Auftraggebers gem. § 163 Abs. 2 Satz 2 GWB erhält.83 Die Frist der 30 Kalendertage findet keine Anwendung, wenn Unternehmen, die nicht Bieter oder Bewerber waren, von dem Auftraggeber über eine erfolgte Vergabe informiert werden,84 wenn der Vertragsschluss bei Information noch nicht erfolgt ist85 oder bei einer Direktvergabe ohne Beteiligung von mindestens zwei Unternehmen.86
41Für den Beginn der Frist kommt es damit anders als noch unter § 101b Abs. 2 GWB a. F. und anders als im Rahmen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht auf die rechtliche und tatsächliche Kenntnis des Antragstellers von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften an, sondern nur auf eine durch den Zugang einer Information des Auftraggebers vermittelte Kenntnis über den Abschluss des Vertrags.87 Um diese Kenntnis erlangen zu können, muss die Information ausweislich Art. 2f Abs. 1 lit. a der Rechtsmittelrichtlinie „eine Zusammenfassung der einschlägigen Gründe gem. Artikel 41 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG enthalten“. Im Falle des § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB müsste dem Antragsteller demnach eine Information mit dem Inhalt gem. § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB88 zugehen, um den Beginn der Frist auszulösen, wogegen gegenüber dem Antragsteller, der im Falle der de-facto-Vergabe i. S. d. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB schon kein Angebot abgegeben hat, Gründe für die Nichtberücksichtigung seines Angebots entfallen. In beiden Fällen entfällt zudem die Mitteilung des frühesten Zeitpunkts des Vertragsschlusses, wenn der Auftraggeber den Vertrag bereits abgeschlossen hat.
42Hinsichtlich der Berechnung der Fristen kann für den Fristbeginn auf die §§ 31 VwVfG i. V. m. 187 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden. Die Frist beginnt damit an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem Bieter oder Bewerber die Information des Auftraggebers zugegangen ist. Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie, die den Tag des jeweiligen Ereignisses nicht zu den 30 Kalendertagen zählt.89 § 193 BGB ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf den Fristbeginn anwendbar.90 Die Beweislast für den Zugang der Information beim Antragsteller und damit den Beginn des Fristlaufs trägt der Auftraggeber.91
43Die Frist endet mit Ablauf von 30 vollen Kalendertagen nach dem Tag des Zugangs der Information. Das Fristende bestimmt sich nach § 188 Abs. 1 BGB. Zwar könnte argumentiert werden, dass es sich hier um eine von dem jeweiligen Antragsteller einzuhaltende Rechtsmittelfrist handelt und Auslegungsregeln wie §§ 193 BGB, 31 Abs. 3 VwVfG und 222 Abs. 2 ZPO somit anwendbar sein müssen.92 Mit dem Begriff Kalendertage ist das Fristende jedoch auch hier eindeutig bestimmt, so dass für die Anwendung der Auslegungsregeln kein Raum besteht.93 Die Frist endet deshalb mit Ablauf des letzten Tages der Frist, also am 30. Kalendertag nach Zugang der Information um 24.00 Uhr.94
44b) Sechs Monate nach Vertragsschluss. Unabhängig von einer Information durch den Auftraggeber oder einer Kenntnis des Bieters95 wird der wegen eines Verstoßes i. S. d. § 135 Abs. 1 GWB schwebend wirksame Vertrag endgültig wirksam, wenn nach Vertragsschluss sechs Monate vergangen sind, ohne dass ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet wurde.
45Der Tag des Vertragsschlusses zählt bei Berechnung des Fristbeginns nicht mit (§§ 31 VwVfG i. V. m. 187 Abs. 1 BGB). Die Frist beginnt damit an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Vertrag geschlossen wurde. Sie endet mit Ablauf desjenigen Tages des sechsten Monats, der durch seine Zahl dem Tag des Vertragsschlusses entspricht (§ 188 Abs. 2 BGB). Fehlt dieser Tag, endet die Frist mit dem Ablauf des sechsten Monats (§ 188 Abs. 3 BGB).96 Die Berechnung des Fristbeginns entspricht der Vorgabe der Rechtsmittelrichtlinie, die den Tag des Vertragsschlusses nicht zu den sechs Monaten zählt.97 § 193 BGB ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf den Fristbeginn anwendbar.98 Auf das Fristende finden Auslegungsregeln wie §§ 193 BGB, 31 Abs. 3 VwVfG und 222 Abs. 2 ZPO keine Anwendung.99
46c) 30 Kalendertage nach Veröffentlichung. Hat der Auftraggeber die erfolgte Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht, endet die Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit 30 Kalendertage nach Veröffentlichung der Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union („Ex-Post-Transparenz“). Auftraggeber können durch die Veröffentlichung der Auftragsvergabe innerhalb kurzer Zeit Gewissheit erlangen, ob der Vertrag wegen eines Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 GWB angefochten oder endgültig wirksam wird. Mit der freiwilligen Ex-Ante-Transparenz des § 135 Abs. 3 GWB hat § 135 Abs. 2 Satz 2 GWB nichts zu tun, nachdem § 135 Abs. 2 GWB von einem bereits geschlossenen Vertrag ausgeht und damit nicht die Absichtsbekundung zum Gegenstand hat, einen Vertrag erst noch zu schließen.100
47Darauf, ob Dritte von der Bekanntmachung Kenntnis nehmen, kommt es für den Lauf der Frist nicht an. Jedoch muss zumindest eine Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen, die voraussetzt, dass für potentielle Bieter aus dem Inhalt der Bekanntmachung erkennbar ist, ob die Auftragsvergabe einen Verstoß gegen § 135 Abs. 1 GWB darstellen kann. Bei einem Verstoß gegen § 134 GWB bedarf es im Vergleich dazu nicht vieler Informationen. Dort kann der unterlegene Bieter schon anhand der Tatsache der Bekanntmachung einer Auftragsvergabe prüfen, ob eine ihm gegenüber bestehende Informations- und Wartepflicht verletzt wurde.
48Bei einem Verstoß i. S. d. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB, also einer Auftragsvergabe ohne die erforderliche vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung, Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union,101 ist dagegen die bloße Tatsache der Auftragsvergabe nicht ausreichend, um die Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses prüfen zu können. Die Bekanntmachung muss deshalb – entsprechend Art. 2f Abs. 1 lit. a erster Spiegelstrich der Rechtsmittelrichtlinie – eine Begründung des öffentlichen Auftraggebers enthalten, warum er den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat.102 Das EU-Standardformular zur Bekanntmachung vergebener Aufträge in Anhang III/D1 der Durchführungsverordnung103 verlangt hierzu, klar und ausführlich darzulegen, warum die Vergabe des Auftrags ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union rechtmäßig ist, und zwar jeweils unter Angabe der relevanten Tatsachen und gegebenenfalls der rechtlichen Schlussfolgerungen im Einklang mit den Artikeln der VRL.
49Hinweise auf die Nachprüfungsstelle, auf Rechtsschutzmöglichkeiten, Fristen oder eine Rechtsmittelbelehrung sind nach Ansicht des OLG Schleswig dagegen nicht zwingend erforderlich.104 Nach Ansicht der VK Bund ist es dagegen geboten, die 30 Kalendertage als Rechtsbehelfsfrist zu qualifizieren und für das In-Gang-Setzen der Frist zu verlangen, dass der Auftraggeber, der den Lauf der 30-Tages-Frist für sich nutzbar machen möchte, hierauf in der Bekanntmachung hinweist, weshalb dem Auftraggeber die Angabe der Frist und der richtigen Nachprüfungsstelle105 in der Bekanntmachung in jedem Fall zu empfehlen ist.106 Die Angabe der möglichen Rechtsbehelfe verlangt schließlich auch das EU-Standardformular in Anhang III der Durchführungsverordnung,107 das für die Bekanntmachung vergebener Aufträge im Rahmen der VRL zu verwenden ist.108 Genügt die Bekanntmachung nämlich nicht den Mindestvoraussetzungen, tritt die Fristverkürzung auf 30 Kalendertage nicht ein und es bleibt bei den Fristen des § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB.109 Das gilt auch, wenn die Bekanntmachung irreführende Fehler enthält.110
50Der Tag der Veröffentlichung zählt schon nach dem Wortlaut der Vorschrift bei der Berechnung des Fristbeginns nicht mit. Die Frist beginnt damit am Tage nach der erfolgten Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und endet mit Ablauf der 30 vollen Kalendertage. Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie, die den Tag des jeweiligen Ereignisses auch nicht zu den 30 Kalendertagen zählt.111 § 193 BGB ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf den Fristbeginn anwendbar.112 Auf das Fristende finden Auslegungsregeln wie §§ 193 BGB, 31 Abs. 3 VwVfG und 222 Abs. 2 ZPO keine Anwendung.113 Der Antragsteller genügt aber auch hier dem Fristerfordernis, wenn der Vergabekammer der Nachprüfungsantrag innerhalb der 30 Kalendertage zugeht.114
IV.Freiwillige Ex-Ante-Transparenz
51§ 135 Abs. 3 GWB übernimmt die in Art. 2d der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG, jeweils in der Fassung der Rechtsmittelrichtlinie, vorgesehene Möglichkeit, die Unwirksamkeit eines öffentlichen Auftrags zu vermeiden. Die Rechtsmittelrichtlinie sieht die Umsetzung der freiwilligen Ex-Ante-Transparenz in Art. 2d Abs. 4 bereits zwingend vor, weshalb auch deutsche Auftraggeber durch unmittelbare Anwendung der Vorschrift im nationalen Recht bzw. richtlinienkonforme Auslegung von § 101b GWB a. F. davon bereits hätten Gebrauch machen können.
52Ein öffentlicher Auftraggeber kann die Möglichkeit der freiwilligen Ex-Ante-Transparenz in Anspruch nehmen, wenn die in § 135 Abs. 3 GWB genannten drei Voraussetzungen vorliegen, er also
– der Ansicht ist, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zulässig ist,
– eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht hat, mit der er die Absicht bekundet, den Vertrag abzuschließen, und
– der Vertrag nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens zehn Kalendertagen, gerechnet ab dem Tag nach der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung, abgeschlossen wurde.
Nachdem § 135 Abs. 3 GWB eine Ausnahme von der Regel der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Abs. 2 Nr. 1 GWB darstellt, sind die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands eng auszulegen. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf darf der öffentliche Auftraggeber deshalb nur dann der Ansicht sein, den Auftrag ohne Bekanntmachung vergeben zu können, wenn er den Sachverhalt sorgfältig, nämlich vollständig und zutreffend ermittelt hat und die von ihm hieraus gezogenen tatsächlichen und rechtlichen Schlussfolgerungen zumindest vertretbar sind. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, zu dem der Auftraggeber seine Entscheidung getroffen hat115 bzw. auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung dieser Entscheidung.116 Bleibt zweifelhaft, ob die in § 135 Abs. 3 Nr. 1 GWB vorausgesetzte Ansicht des öffentlichen Auftraggebers vorlag, geht die Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten. Ihn trifft für das Vorliegen des ihm vorteilhaften Ausnahmetatbestands die materielle Beweislast.117
53Der von § 135 Abs. 3 Satz 2 GWB vorgegebene Inhalt der Bekanntmachung im Rahmen der Ex-Ante-Transparenz entspricht Art. 3a der Rechtsmittelrichtlinie. Sie muss den Namen und die Kontaktdaten des öffentlichen Auftraggebers, die Beschreibung des Vertragsgegenstands, die Begründung der Entscheidung des Auftraggebers, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zu vergeben, und den Namen und die Kontaktdaten des Unternehmens, das den Zuschlag erhalten soll, umfassen. Die Begründung muss dabei interessierte Unternehmen in die Lage versetzen, selbst prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für eine Vergabe ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung vorliegen. Das EU-Standardformular für die Freiwillige Ex-ante-Transparenzbekanntmachung in Anhang XII/D der Durchführungsverordnung118 verlangt hierzu, klar und ausführlich darzulegen, warum die Vergabe des Auftrags ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union rechtmäßig ist, und zwar jeweils unter Angabe der relevanten Tatsachen und gegebenenfalls der rechtlichen Schlussfolgerungen.
54Für den Lauf der zehn Kalendertage zählt der Tag der Veröffentlichung schon nach dem Wortlaut der Vorschrift bei der Berechnung des Fristbeginns nicht mit. Die Frist beginnt damit am Tag nach der erfolgten Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und endet mit Ablauf der zehn vollen Kalendertage, 24:00 Uhr. Dies entspricht den Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie, die den Tag des jeweiligen Ereignisses auch nicht zu den zehn Kalendertagen zählt.119 § 193 BGB ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf den Fristbeginn anwendbar.120 Auf das Fristende finden Auslegungsregeln wie §§ 193 BGB, 31 Abs. 3 VwVfG und 222 Abs. 2 ZPO keine Anwendung.121
55Die Angliederung der Ex-Ante-Transparenz an § 135 Abs. 1 und 2 GWB führt zur Frage, ob es für ein Unternehmen ausreicht, vor Ablauf der 10 Kalendertage eine Nachprüfung eingehend bei der Vergabekammer beantragt zu haben122 oder ob es auf die Zustellung des Nachprüfungsantrages beim öffentlichen Auftraggeber ankommt, um einen Suspensiveffekt herbeizuführen und den wirksamen Abschluss des Vertrages mit dem Wettbewerber zu verhindern. Für die Beantragungslösung spricht der Verweis in § 135 Abs. 3 GWB auf die „Unwirksamkeit nach Absatz 1 Nummer 2“, die nach § 135 Abs. 2 GWB lediglich eingehend bei der Vergabekammer „geltend gemacht“ werden muss.123
56Für die Zustellungslösung spricht, dass die Rechtsmittelrichtlinie in Art. 2f Abs. 1 nur auf Art. 2d Abs. 1 verweist und damit lediglich im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Stilhaltefrist oder gegen die Verpflichtung zur vorherigen Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union davon spricht, dass eine Nachprüfung innerhalb einer bestimmen Frist „beantragt werden“ muss. Die freiwillige Ex-Ante-Transparenz findet sich jedoch in Art. 2d Abs. 4 der Rechtsmittelrichtlinie und erst deren Inanspruchnahme ohne Vorliegen der Voraussetzungen würde zu einem Verstoß führen, gegen den die Nachprüfung beantragt werden muss. Zudem handelt es sich anders als in § 135 Abs. 2 GWB bei der Frist in § 135 Abs. 3 Nr. 3 GWB nicht um eine Frist, innerhalb der ein Bieter oder Bewerber etwas tun muss (nämlich die Nachprüfung beantragen), sondern um eine Frist vor dessen Ablauf der Auftraggeber etwas nicht tun darf (nämlich den Zuschlag erteilen), die dem Zweck dient, eine mögliche Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Unwirksamkeit zu vermeiden.124 Die Frist in § 135 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist daher vergleichbar mit der Wartefrist des § 134 Abs. 2 GWB nach deren Ablauf der Auftraggeber den Zuschlag wirksam erteilen kann, wenn ihm nicht zuvor ein Nachprüfungsantrag zugestellt worden ist.
57Aus Bieter- bzw. Bewerbersicht ist deshalb anzuraten, eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der freiwilligen Ex-Ante-Transparenz rechtzeitig zu rügen und mit einem Nachprüfungsantrag nicht bis zum letzten Tag der Frist zuzuwarten, um die Zustellung des Nachprüfungsantrags vor Ablauf der Frist zu ermöglichen.
58Liegen die drei Voraussetzungen des § 135 Abs. 3 GWB vor, ist der nach Ablauf der zehn Kalendertage abgeschlossene Vertrag wirksam und kann von den Nachprüfungsbehörden nicht mehr aufgehoben werden, selbst wenn materiell ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur vorherigen Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB vorliegt.125 An der erforderlichen „Ansicht“ des öffentlichen Auftraggebers fehlt es aber, wenn er bösgläubig gehandelt hat, er also in Kenntnis seiner Verpflichtung zur vorherigen Veröffentlichung einer Bekanntmachung dennoch den Weg über § 135 Abs. 3 GWB wählt, um seine Ausschreibungsverpflichtung zu umgehen126 oder wenn er in der Ex-Ante-Bekanntmachung absichtlich falsche Angaben macht, um einen Nachprüfungsantrag zu verhindern. Beruht seine Ansicht dagegen auf einem Rechtsirrtum bleibt es bei den Wirkungen der Ex-Ante-Transparenz.127
V.Vorbeugender Rechtsschutz
59Zu § 101b Abs. 2 GWB a. F. wurde vertreten, dass diese Vorschrift keinen vorbeugenden Rechtsschutz im Falle einer de-facto-Vergabe eines ausschreibungspflichtigen Auftrages gibt, also ein Bieter den Abschluss des Vertrages abwarten muss, bevor er ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann.128 Diese Ansicht entspricht auch dem Wortlaut des § 135 Abs. 2 GWB, der von einem bereits abgeschlossenen Vertrag ausgeht, der einem Nachprüfungsverfahren unterzogen wird. Allerdings kann mit guten Gründen vertreten werden, dass ein Nachprüfungsantrag gegen eine bevorstehende de-facto-Vergabe möglich sein muss, wenn der Auftraggeber ein Vergabeverfahren begonnen hat, ohne das erforderliche förmliche Verfahren einzuleiten.129 Voraussetzung ist aber, dass der Auftraggeber schon hinreichend konkret den Abschluss des Vertrags plant und entsprechende organisatorische oder planerische Schritte zur Durchführung des Beschaffungsvorgangs begonnen hat. Rein präventiver Rechtsschutz gegen lediglich vorbereitende Handlungen ist dagegen nicht statthaft.130 Zudem verbleibt es bei der Rügeobliegenheit als Voraussetzung für einen Nachprüfungsantrag, nachdem diese gem. § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB nur bei einem bereits geschlossenen Vertrag entfällt.131