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§ 152 GWBAnforderungen im Konzessionsvergabeverfahren

(1) Zur Leistungsbeschreibung ist § 121 Absatz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(2) Konzessionen werden an geeignete Unternehmen im Sinne des § 122 vergeben.

(3) 1Der Zuschlag wird auf der Grundlage objektiver Kriterien erteilt, die sicherstellen, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen bewertet werden, sodass ein wirtschaftlicher Gesamtvorteil für den Konzessionsgeber ermittelt werden kann. 2Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Konzessionsgegenstand in Verbindung stehen und dürfen dem Konzessionsgeber keine uneingeschränkte Wahlfreiheit einräumen. 3Sie können qualitative, umweltbezogene oder soziale Belange umfassen. 4Die Zuschlagskriterien müssen mit einer Beschreibung einhergehen, die eine wirksame Überprüfung der von den Bietern übermittelten Informationen gestatten, damit bewertet werden kann, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

(4) Die Vorschriften zur Auftragsausführung nach § 128 und zu den zwingend zu berücksichtigenden Ausführungsbedingungen nach § 129 sind entsprechend anzuwenden.

Schrifttum: Siehe die Hinweise zu §§ 101, 105, 121, 122 GWB.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1
B. Leistungsbeschreibung (Abs. 1) 2, 3
C. Eignung (Abs. 2) 4–7
D. Zuschlag und Zuschlagskriterien (Abs. 3) 8–18
I. Zuschlag 9
II. Zuschlagskriterien 10–18
1. Objektive Kriterien 11
2. Verbindung zum Konzessionsgegenstand 12
3. Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Gesamtvorteils 13–16
4. Beschreibung der Zuschlagskriterien 17, 18
E. Vertragsausführung (Abs. 4) 19

A.Vorbemerkungen

1Gemäß § 148 GWB gilt § 152 GWB für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber1 und gem. § 153 GWB für die Vergabe von Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen.2 § 152 GWB ergänzt § 151 GWB um weitere Vorgaben für das Konzessionsvergabeverfahren, insbesondere betreffend die Leistungsbeschreibung und die Eignungsprüfung, und setzt damit die Art. 36, 38 und 41 KVR in nationales Recht um.3

B.Leistungsbeschreibung (Abs. 1)

2Nach § 151 Abs. 1 GWB sind § 121 Abs. 1 und 3 GWB zur Leistungsbeschreibung für die Vergabe von Konzessionen entsprechend anzuwenden. Er dient der Umsetzung der Vorgaben des Art. 36 Abs. 1 KVR zu technischen und funktionellen Anforderungen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese unionsrechtlichen Anforderungen denen des Art. 42 Abs. 1 Satz 2 VRL entsprechen. Da dieser der Regelung des § 121 GWB zugrunde liegt, konnten die Vorgaben des § 121 Abs. 1 und 3 GWB für entsprechend anwendbar erklärt werden.4 Eine dem § 121 Abs. 2 GWB und Art. 42 Abs. 1 UAbs. 4 VRL entsprechende Anforderung hinsichtlich der Zugänglichkeit für Behinderte fehlt in der KVR. Es kann daher nicht von einem Redaktionsversehen ausgegangen werden, wie in der Literatur5 vertreten wird. Dessen ungeachtet können entsprechende Anforderungen in der Leistungsbeschreibung vom Konzessionsgeber nach § 152 Abs. 1 i. V. m. § 121 Abs. 1 GWB und in Einklang mit Art. 36 Abs. 1 UAbs. 2 KVR („Design für alle“) festgelegt werden. Eine Verpflichtung des Konzessionsgebers zur Festlegung solcher Anforderungen kann sich aber aus anderen Vorschriften ergeben.

Der deutsche Gesetzgeber geht in § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB über den Wortlaut der unionsrechtlichen Vorschriften hinaus, indem er eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung verlangt. Die Anforderung entspricht deutscher Vergaberechtstradition und dient nicht nur dem allgemeinen Bestimmtheitsgebot, sondern auch dem Wettbewerbsgrundsatz, um sicherzustellen, dass die Angebote vergleichbar sind.6 Die „entsprechende“ Anwendung der Anforderungen auf die Vergabe von Konzessionen bringt es mit sich, dass der Konzessionsgeber den besonderen Charakter des Vergabegegenstands berücksichtigen muss. Konzessionen sind durch die Einräumung eines Nutzungs- und Verwertungsrechts an dem Bauwerk bzw. der vertragsgegenständlichen Dienstleistung auf Dauer angelegt. Vielfach ist die Konzessionslaufzeit recht lang, insbesondere wenn dies zur Amortisation der Investitionsaufwendungen gem. § 3 Abs. 2 KonzVgV erforderlich ist. Bei der Bestimmung der Anforderungen muss daher oft auf die Erfahrung mit entsprechenden Bauwerken oder Dienstleistungen zurückgegriffen werden.7 Es empfehlen sich Überprüfungs- und Optionsklauseln, die eine Anpassung ermöglichen.8 Diese müssen den Anforderungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 GWB gerecht werden, damit keine neue Vergabe erforderlich wird.9

3Für die weiteren Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 121 Abs. 1 und 3 GWB verwiesen werden.10

C.Eignung (Abs. 2)

4§ 152 Abs. 2 GWB dient der Umsetzung der wesentlichen Vorgaben des Art. 38 Abs. 1 KVR für die Auswahl und die qualitative Bewertung der Bieter und Bewerber. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KVR schreibt vor, dass die Konzessionsgeber die Erfüllung der Teilnahmebedingungen anhand der ihrer Art nach konkretisierten Eignungskriterien zu prüfen haben. § 152 Abs. 2 GWB setzt diese Vorgabe um, indem er vorschreibt, dass Konzessionen nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die im Hinblick auf diese Eignungskriterien geeignet sind. Das impliziert, dass die Konzessionsgeber die Unternehmen im Hinblick auf diese Kriterien prüfen müssen.

5Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KRL nennt als Eignungskriterien die berufliche und fachliche Befähigung sowie die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und weicht damit von der Systematik des Art. 58 Abs. 1 Satz 1 VRL, die in § 122 Abs. 2 GWB übernommen wurde, ab. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KVR nennt insbesondere nicht die technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Da diese jedoch von der fachlichen Befähigung erfasst ist, ergibt sich kein inhaltlicher Unterschied,11 sodass der Verweis des § 152 Abs. 2 GWB auf § 122 GWB insoweit keinen Bedenken unterliegt. Im Übrigen kann hinsichtlich der Eignungskriterien auf die Kommentierung zu § 122 GWB, Rn. 14 ff. Bezug genommen werden.

6Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KVR fordert nicht diskriminierende Anforderungen und ein angemessenes Verhältnis zum Konzessionsgegenstand. Nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 KVR müssen die Teilnahmebedingungen darüber hinaus „in Bezug und angemessenem Verhältnis zu der Notwendigkeit, die Fähigkeit des Konzessionsnehmers, die Konzession in Anbetracht des Konzessionsgegenstands durchzuführen, sicherzustellen, und dem Zweck, echten Wettbewerb zu garantieren, stehen“. Diese Anforderungen werden zum einen durch die Vergabegrundsätze des Wettbewerbsprinzips, des Diskriminierungsverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB umgesetzt. Die Angemessenheit im Hinblick auf den Auftragsgegenstand, also den Konzessionsgegenstand, ist darüber hinaus über den Verweis in § 152 Abs. 2 GWB auf § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB gefordert. Im Übrigen kann auf die Kommentierung zu § 122 GWB, Rn. 27 ff. verwiesen werden.

7Im Sinne des § 122 GWB geeignete Unternehmen sind nur solche, deren Eignung den gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB veröffentlichten Kriterien entsprechen. § 152 Abs. 2 GWB verweist insoweit auch auf diese Anforderungen und setzt damit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KVR um, der ausdrücklich auf die „in der Konzessionsbekanntmachung angegebenen Anforderungen“ Bezug nimmt. Gemäß § 152 Abs. 2 GWB ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden.12 Die Teilnahmebedingungen sind daher in der Bekanntmachung nach § 151 GWB zu veröffentlichen.13

D.Zuschlag und Zuschlagskriterien (Abs. 3)

8§ 152 Abs. 3 GWB dient der Umsetzung des Art. 41 Abs. 1 und 2 KVR in nationales Recht.14 § 152 Abs. 3 Satz 1 GWB fordert, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen gewertet werden und konkretisiert damit den Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB). Darüber hinaus trifft Abs. 3 Regelungen zum Zuschlag und zu den Zuschlagskriterien, die Abweichungen zu den Vorgaben des § 127 GWB für die Vergabe öffentlicher Aufträge aufweisen. Diese dürfen dem Konzessionsgeber gem. § 152 Abs. 3 Satz 2 GWB keine uneingeschränkte Wahlfreiheit einräumen, sondern müssen das Ermessen des Konzessionsgebers einschränken und leiten, indem sie klare Richtlinien und Maßstäbe festlegen, an denen er seine Zuschlagsentscheidung ausrichten kann und muss.

I.Zuschlag

9Der Zuschlag wird nach objektiven Kriterien erteilt. Als solche müssen die Kriterien den allgemeinen Vergabegrundsätzen des § 97 Abs. 1 GWB entsprechen.15 Im Vergleich zu der Regelung des § 127 GWB über den Zuschlag bei öffentlichen Aufträgen soll nicht das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalten, sondern dasjenige, bei dem sich ein wirtschaftlicher Gesamtvorteil für den Konzessionsgeber ermitteln lässt. Das Merkmal der Ermittlung des wirtschaftlichen Gesamtvorteils ist durch die KVR neu ins Vergaberecht eingeführt worden. Es wird vertreten, dieser Maßstab sei flexibler als der des § 127 GWB und könne durch den Konzessionsgeber nach Bedarf der zugrunde liegenden Konzession ausgefüllt werden.16 Dem Richtliniengeber dürfte es in der Tat darum gegangen sein, die Regelungen für die Konzession – wie auch im anderen Zusammenhang – offener zu gestalten als bei öffentlichen Aufträgen. Der dem Wettbewerbsprinzip immanente Wirtschaftlichkeitsgedanke ist allerdings auch für Konzessionen maßgeblich. Während § 127 Abs. 1 GWB ganz konkret auf das Verhältnis von Preis/Kosten zur Leistung abstellt, zieht § 152 Abs. 3 Satz 1 GWB den Kreis weiter und stellt auf den „Gesamtvorteil“ für den Konzessionsgeber ab. Damit trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass der Konzessionsgeber als Gegenleistung für die Bau- oder Dienstleistung keinen Preis zahlen muss, sondern ein Nutzungsrecht einräumt oder ein Nutzungsrecht neben der Zahlung eines Preises einräumt.17

II.Zuschlagskriterien

10Durch § 152 Abs. 3 GWB wird dem Konzessionsgeber ein Rahmen für die Wahl seiner Zuschlagskriterien gesetzt. Durch diese Kriterien werden die durch den EuGH entwickelten Grundsätze zu den Zuschlagskriterien bei der Vergabe von Konzessionen18 gesetzlich verankert.

1.Objektive Kriterien

11Gemäß § 152 Abs. 3 Satz 1 GWB müssen die Zuschlagskriterien objektiv sein. Sie müssen sich sachlich rechtfertigen lassen und nicht auf die Bevorzugung bestimmter Unternehmen oder Unternehmensgruppen gerichtet sein. Das fordern bereits das Diskriminierungsverbot und der Wettbewerbsgrundsatz.19

2.Verbindung zum Konzessionsgegenstand

12Diese Zuschlagskriterien müssen mit dem Konzessionsgegenstand in Verbindung stehen. Die Anforderung gilt gem. § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB auch für öffentliche Aufträge, sodass insoweit auf die Kommentierung zu § 127 GWB, Rn. 17 ff. verwiesen werden kann. Im Hinblick darauf, dass bei der Zuschlagsentscheidung ausdrücklich auf den Gesamtvorteil für den Konzessionsgeber abzustellen ist, kann der Kreis der Umstände, die noch einen Zusammenhang aufweisen, durchaus weit gefasst werden. An diese Verbindung dürfen daher keine zu strengen Anforderungen gestellt werden.20

3.Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Gesamtvorteils

13Die Kriterien müssen geeignet sein, die Ermittlung des wirtschaftlichen Gesamtvorteils für den Konzessionsgeber sicherzustellen. Ziel der Wertung ist die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots im Rahmen einer gesamtheitlichen Betrachtung. Soweit ein Preis fehlt, kommt dieser nicht als Wertungskriterium in Betracht.

14Vielfach ist jedoch für den Konzessionsgeber absehbar, dass die Einräumung des Nutzungsrechts nicht hinreichend ist und daher ein Preis zugezahlt werden muss. Dies war z. B. bei den Pilotprojekten der Betreibermodelle im Bundesfernstraßenbau zum Autobahnausbau (A-Modelle) der Fall, wo neben der weitergeleiteten LKW-Maut eine sog. Anschubfinanzierung gezahlt wurde. Die Höhe dieses Preiselements diente als finanzielles Zuschlagskriterium. Umgekehrt kann auch die Weiterleitung eines Anteils am Ertrag des Konzessionsnehmers an den Konzessionsgeber vorgesehen sein,21 wenn die Einnahmen die zu erwartenden Kosten für die Leistungserbringung übersteigen; die Höhe dieses Anteils oder Betrages müsste von den Bietern angeboten und dann vom Konzessionsgeber bewertet werden. Denkbar sind auch Konstellationen, bei denen Angebote unterschiedliche Auswirkungen auf sonstigen Aufwand und Kosten des Konzessionsgebers haben. Die Auswirkungen auf Kosten (vgl. auch § 127 Abs. 1 Satz 3 GWB) ist ein zulässiges Wertungskriterium, soweit ein Bezug zum Konzessionsgegenstand besteht und unterschiedliche Angebote auch abweichende Auswirkungen haben können, etwa bei Auswirkungen auf Betriebskosten. Diese Auswirkungen müssen durch den Konzessionsgeber vorhergesehen werden, damit er angepasste Wertungsmechanismen, die etwa die Höhe der auf einen bestimmten Zeitraum zu erwartenden Kosten bei definierter Betriebsweise vorsehen, vorgeben kann. In Betracht kommen Kosten in jeder Phase des Lebenszyklus des Bauwerks bzw. der Dienstleistung (vgl. § 59 VgV und die Kommentierung hierzu).

15Darüber hinaus kommen auch leistungsbezogene Zuschlagskriterien in Betracht. Das können gem. § 152 Abs. 3 Satz 3 GWB (auch) qualitative, umweltbezogene und soziale Kriterien sein. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber der Wertung von Angeboten über öffentliche Aufträge (vgl. § 127 Abs. 1 Satz 3 GWB). Zu den qualitativen Kriterien zählen insbesondere die in § 58 Abs. 2 Satz 2 VgV aufgezählten Kriterien. Beim Umweltschutz können Abgasmengen oder sonstige Emissionen oder Ressourcenverbrauch angesetzt werden, bei sozialen Kriterien Arbeitsbedingungen oder auch günstigere Preise oder sonstige Bedingungen für die Nutzer des Bauwerks oder der Dienstleistung.22 Auch bei den umweltbezogenen und sozialen Zuschlagskriterien ist gem. § 152 Abs. 3 Satz 2 GWB darauf zu achten, dass eine Verbindung zum Konzessionsgegenstand besteht. Darüber hinaus wird diskutiert, ob die Höhe des vom späteren Endnutzer zu entrichtenden Entgelts ein Zuschlagskriterium sein kann, mithin die Konzession an denjenigen zu vergeben ist, der die Dienstleistung am kostengünstigsten für die späteren Endnutzer erbringt.23 Dies ist zumindest in den Fällen zu bejahen, in denen die Festlegung des späteren Entgelts als Zuschlagskriterium beispielsweise sozialen Erwägungen Rechnung trägt. Im Übrigen kann auf die Kommentierungen zu § 127 GWB, Rn. 4 ff. und § 58 VgV, Rn. 11 ff., verwiesen werden.

16Eine bessere oder mehr Leistung ist nur dann auch wirtschaftlich vorteilhaft, wenn nicht die finanziellen Nachteile etwa in Form von Preiszahlungen oder Kosten überwiegen. Hierzu bedarf es eines Mechanismus, mit dem finanzielle und leistungsbezogene Kriterien ins Verhältnis gesetzt werden.24 Dies betrifft insbesondere qualitative Kriterien. Soweit ein Angebot die Mindestanforderungen an die Qualität einhält, ist ein qualitativ besseres Angebot nicht per se wirtschaftlich vorteilhafter. Insoweit ist ein angemessenes Verhältnis zu wahren. Darüber hinaus müssen auch umweltbezogene und soziale Kriterien zu den finanziellen Kriterien ins Verhältnis gesetzt werden. Der Konzessionsgeber muss vorab entscheiden und festlegen, was ihm ein besserer Umweltschutz und sozialere Bedingungen wert sind.

4.Beschreibung der Zuschlagskriterien

17Die maßgeblichen Zuschlagskriterien müssen gem. § 152 Abs. 3 Satz 4 GWB mit einer Beschreibung einhergehen, die hinreichend bestimmt ist und eine wirksame Überprüfung der von den Bietern übermittelten Informationen gestattet. Nur wenn konkretisiert ist, welche Umstände bei der Angebotswertung wie berücksichtigt werden, können die Bieter ihr Angebot darauf einstellen. Damit wird dem Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB Rechnung getragen. § 31 Abs. 1 KonzVgV konkretisiert die Vorgabe dahingehend, dass die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge bekannt gemacht werden sollen.25

18Eine hinreichend bestimmte Beschreibung erlaubt es auch dem Konzessionsgeber, bei der Sichtung der Angebote diskriminierungsfrei einzuschätzen, wie diese zu bewerten sind. Mitunter erfordert dies auch die Vorlage entsprechender Nachweise, die eine Verifizierung der Bieterangaben ermöglichen. Werden beispielsweise im Hinblick auf die Lebenszyklusbetrachtung Betriebs- oder Entsorgungskosten oder im Hinblick auf den Umweltschutz Emissionsmengen angesetzt, müssen diese Angaben belegbar sein, um Willkür zu vermeiden. Gegebenenfalls muss die Konzession zudem Vertragsbestimmungen vorsehen, über die sichergestellt ist, dass sich die Umstände über die Konzessionslaufzeit nicht zum Nachteil des Konzessionsgebers verändern bzw. sich die angegebenen Umstände auch tatsächlich einstellen.

E.Vertragsausführung (Abs. 4)

19Anders als die VRL sieht die KVR keine Vorschriften zu Ausführungsbedingungen vor.26 Davon ausgehend stellt der Gesetzgeber fest, dass insoweit allerdings kein Unterschied zur Ausführung von öffentlichen Aufträgen zu erkennen sei und der Richtliniengeber von dem Recht zur Festlegung von Ausführungsbedingungen durch den Konzessionsgeber ausgeht.27 Dem kann uneingeschränkt zugestimmt werden, sodass es folgerichtig erscheint, §§ 128 und 129 GWB, mit denen Art. 18 Abs. 2 und Art. 70 VRL umgesetzt wurden, für entsprechend anwendbar zu erklären. Danach müssen Konzessionsnehmer alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einhalten, wobei beispielhaft auf eine Reihe arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Bezug genommen wird (§ 128 Abs. 1 GWB). Darüber hinaus können Konzessionsgeber sonstige Ausführungsbedingungen festlegen, die mit dem Konzessionsgegenstand in Verbindung stehen (§ 128 Abs. 2 GWB). Mit dem Verweis auf § 129 GWB wird klargestellt, dass eine Verpflichtung von Konzessionsgebern zur Auferlegung von Ausführungsbestimmungen nur aufgrund Bundes- oder Landesgesetz zulässig ist. Im Hinblick auf die Anwendung dieser Vorgaben ergeben sich keine Besonderheiten bei Konzessionen. Es kann daher im Übrigen auf die Kommentierungen zu §§ 128 und 129 GWB verwiesen werden.

§ 153 GWBVergabe von Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen

Für das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs IV der Richtlinie 2014/23/EU betreffen, sind die §§ 151 und 152 anzuwenden.

Schrifttum: Siehe die Hinweise zu §§ 130, 151 und 152 GWB.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1, 2
B. Anwendungsbereich 3–5
C. Regelung des § 153 GWB 6

A.Vorbemerkungen

1§ 153 GWB dient der Umsetzung des Art. 19 KVR, nach dem an die Vergabe von Konzessionen über bestimmte soziale und sonstige besondere Leistungen geringere Anforderungen gestellt werden.1 Hierbei handelt es sich um Mindestanforderungen. Die Mitgliedstaaten können im Interesse eines größeren Wettbewerbs strengere Anforderungen stellen. Weitere Anforderungen für Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen, enthält § 154 GWB.

2Hintergrund für das vereinfachte Verfahren bei der Vergabe von Konzessionen nach § 153 GWB ist nach der Gesetzesbegründung, dass diesen oftmals personen- oder ortsgebundenen Dienstleistungen zumeist nur, wenn überhaupt, eine eingeschränkte grenzüberschreitende Bedeutung zukommt. Die besonderen Dienstleistungen, insbesondere im Bereich des Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesens, werden in Bereichen erbracht, die gesellschaftlich und kulturell in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können, so z. B. die reine Patientenbeförderung außerhalb des Rettungsdienstes.2

B.Anwendungsbereich

3§ 153 GWB trifft Regelungen zur Vergabe von Konzessionen,3 die soziale und andere besondere Dienstleistungen i. S. d. Anhangs IV zur KVR betreffen. Die Vorschrift gilt für Dienstleistungskonzessionen gem. § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB,4 deren Gegenstand Dienstleistungen sind, die in diesem Anhang zur KVR aufgezählt sind. Die Aufzählung ist abschließend. Die erfassten Tätigkeiten sind wie folgt in Anhang IV zur KVR beschrieben:

– Dienstleistungen des Gesundheits- und Sozialwesens und zugehörige Dienstleistungen

– Verwaltungsdienstleistungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen- und im Bereich Kultur

– Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung

– Beihilfen, Unterstützungsleistungen und Zuwendungen

– Sonstige öffentliche und persönliche Dienstleistungen, einschließlich Dienstleistungen von Arbeitnehmervereinigungen, politischen Organisationen, Jugendverbänden und anderen Mitgliederorganisationen

– Dienstleistungen religiöser Vereinigungen

– Gaststätten und Beherbergungsgewerbe

– Dienstleistungen im juristischen Bereich, soweit nicht aufgrund des Artikels 10 Absatz 8 Buchstabe d5 ausgeschlossen

– Sonstige Dienstleistungen der Verwaltung und für die öffentliche Verwaltung

– Dienstleistungen für das Gemeinwesen

– Dienstleistungen für den Strafvollzug, Dienstleistungen im Bereich öffentliche Sicherheit, Rettungsdienste, soweit nicht aufgrund des Artikels 10 Absatz 8 Buchstabe g6 ausgeschlossen

– Ermittlungs- und Sicherheitsdienstleistungen

– Postdienste

– Sonstige Dienstleistungen7

– Internationale Dienstleistungen

4Diesen Beschreibungen sind CPV-Referenznummern zugeordnet, welche die in § 153 GWB in Bezug genommenen Dienstleistungen verbindlich definieren. Die Beschreibungen in der rechten Spalte der Tabelle in Anhang IV, die in der KVR fälschlich mit „CPV-Referenznummer“ anstatt „Beschreibungen“ überschrieben ist, sind nur als grobe Beschreibung der in der linken Spalte der Tabelle aufgezählten und durch CPV-Referenznummern konkretisierten Dienstleistungen zu verstehen. Sie sind allenfalls als Auslegungshilfe heranzuziehen. Maßgeblich sind die CPV-Referenznummern. Hierbei handelt es sich um das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (Common Procurement Vocabulary), das in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 213/2008 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) und der Vergaberichtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2004/17/EG und 2004/18/EG im Hinblick auf die Überarbeitung des Vokabulars8 gilt. Das gemeinsames Vokabular und das damit verbundene einheitliche Klassifikationssystem wurden eingeführt, um die von den Auftraggebern für die Beschreibung des Auftrags verwendeten Referenzsysteme zu vereinheitlichen.9

5Die Liste in Anhang IV zur KVR entspricht weitgehend derjenigen in Anhang XIV zur VRL zur Bestimmung der sozialen und sonstigen besonderen Dienstleistungen, die den Sonderregelungen für Vergabe öffentlicher Aufträge über diese Leistungen nach der VRL unterliegen und der in § 130 Abs. 1 GWB in Bezug genommen wird. Abgesehen von redaktionellen Abweichungen sind auch in geringem Maße abweichende CPV-Referenznummern angegeben. Es bedarf daher der genauen Prüfung anhand des einschlägigen Anhangs, ob es sich um eine soziale oder sonstige besondere Dienstleistung handelt. Ergänzend wird auf die Kommentierung zu § 130 GWB verwiesen.

C.Regelung des § 153 GWB

6§ 153 GWB erklärt die §§ 151, 152 GWB, welche das Verfahren bei der Vergabe von Konzessionen und die Anforderungen im Konzessionsvergabeverfahren regeln, für anwendbar. Aufgrund der Ermächtigung des § 113 GWB wurden die Einzelheiten der Vergabe von Konzessionen in der KonzVgV geregelt. Maßgeblich ist insbesondere § 22 KonzVgV. Im Übrigen kann auf die Kommentierungen zu §§ 151 und 152 GWB sowie § 22 KonzVgV verwiesen werden.

§ 154 GWBSonstige anwendbare Vorschriften

Im Übrigen sind für die Vergabe von Konzessionen einschließlich der Konzessionen nach § 153 folgende Vorschriften entsprechend anzuwenden:

1. § 118 hinsichtlich vorbehaltener Konzessionen,

2. die §§ 123 bis 126 mit der Maßgabe, dass

a) Konzessionsgeber nach § 101 Absatz 1 Nummer 3 ein Unternehmen unter den Voraussetzungen des § 123 ausschließen können, aber nicht ausschließen müssen,

b) Konzessionsgeber im Fall einer Konzession in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen können, wenn das Unternehmen nicht die erforderliche Vertrauenswürdigkeit aufweist, um Risiken für die nationale Sicherheit auszuschließen; der Nachweis kann auch mithilfe geschützter Datenquellen erfolgen,

3. § 131 Absatz 2 und 3 und § 132 mit der Maßgabe, dass

a) § 132 Absatz 2 Satz 2 und 3 für die Vergabe von Konzessionen, die Tätigkeiten nach § 102 Absatz 2 bis 6 betreffen, nicht anzuwenden ist und

b) die Obergrenze des § 132 Absatz 3 Nummer 2 für Bau- und Dienstleistungskonzessionen einheitlich 10 Prozent des Wertes der ursprünglichen Konzession beträgt,

4. die §§ 133 bis 135,

5. § 138 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 und 3 an verbundene Unternehmen,

6. § 139 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 und 3 an ein Gemeinschaftsunternehmen oder durch Gemeinschaftsunternehmen an einen Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 und 3 und

7. § 140 hinsichtlich der Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber im Sinne des § 101 Absatz 1 Nummer 2 und 3 für unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzte Tätigkeiten.

Schrifttum: Siehe die Hinweise zu §§ 118, 123, 131–135, 138–140 GWB.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1, 2
B. Entsprechende Anwendung 3, 4
C. Entsprechend anwendbare Vorschriften 5–10
I. Vorbehaltene Konzessionen (Nr. 1) 5
II. Ausschlussgründe (Nr. 2) 6–10
D. Konzessionen von Personenbeförderungsleistungen im Eisenbahnverkehr (Nr. 3 Alt. 1) 11
E. Vertragsänderungen (Nr. 3) 12–15
F. Kündigung von Konzessionen, Informationsschreiben, Wartefrist und Unwirksamkeit (Nr. 4) 16
G. Besondere Ausnahmen im Sektorenbereich (Nr. 5 bis 7) 17–20

A.Vorbemerkungen

1Gemäß § 148 GWB gilt § 154 GWB für die Vergabe von Konzessionen durch Konzessionsgeber.1 Im einleitenden Halbsatz stellt § 154 GWB klar, dass auch die Vergabe von Konzessionen gem. § 153 GWB von der Vorschrift erfasst ist. Bei diesen Konzessionen handelt es sich um Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen und über den Verweis auf Anhang IV zur KVR in § 153 GWB definiert sind.2 Die Klarstellung war zur Vermeidung von Missverständnissen bei der Auslegung erforderlich, weil § 153 GWB ausdrücklich §§ 151 und 152 GWB für anwendbar erklärt, obwohl Konzessionen, die soziale und sonstige besondere Dienstleistungen betreffen, nicht vom Anwendungsbereich dieser Vorschriften ausgenommen waren. § 154 GWB erklärt eine Reihe von Vorschriften, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelten, für entsprechend anwendbar auf die Vergabe von Konzession. Die Regelung spiegelt das Bestreben des nationalen Gesetzgebers wider, wenn möglich zu verweisen.3

2§ 154 GWB dient der Umsetzung einer Reihe von Vorgaben aus der KVR an die Vergabe von Konzessionen. Aufgrund der inhaltlichen Vergleichbarkeit mit den entsprechenden Regelungen der VRL, war es dem deutschen Gesetzgeber möglich, auf die entsprechenden Umsetzungen zum Teil mit Einschränkungen oder Abweichungen im GWB zu verweisen.

B.Entsprechende Anwendung

3§ 154 GWB erklärt bestimmte, ausdrücklich und damit abschließend aufgezählte Vorschriften, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge gelten, für entsprechend anwendbar. Damit unterscheidet sich dieser Verweis von dem in § 153 GWB dadurch, dass die Anwendung entsprechend sein soll. Da es sich im Zusammenhang mit dem Verweis auf die §§ 151 und 152 GWB auch um Vorschriften über die Vergabe von Konzessionen handelt, konnte der Gesetzgeber von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit ausgehen. Hinsichtlich der Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzessionen sind, ergibt sich im Zusammenhang mit der Verweisung in § 153 GWB kein Anpassungsbedarf bei der Anwendung. Im Rahmen der Anwendung des § 154 GWB sind die Besonderheiten der Konzession gegenüber dem öffentlichen Auftrag dagegen zu berücksichtigen. Das betrifft insbesondere die Gegenleistung, die gem. § 105 Abs. 1 GWB in der Einräumung eines Nutzungs- oder Verwertungsrechts besteht4 und damit von der Gegenleistung eines öffentlichen Bau- oder Dienstleistungsauftrags abweicht.

4Die entsprechende Anwendung bedeutet, dass der Normanwender sich nicht zwingend an den Wortlaut halten muss, sondern es vorrangig auf den materiellen Regelungsgehalt, insbesondere Sinn und Zweck der Norm ankommt. Solange die Bestimmung ihrem Wortlaut nach anwendbar und diese Anwendung mit dem Wesen der Konzession vereinbar ist, muss sie in dieser Form auch angewendet werden. Passt der Wortlaut dagegen nicht oder nur eingeschränkt, sind Regelungsgehalt sowie der Sinn und das Ziel der Bestimmung zu ergründen und dieser Normgehalt auf die Besonderheiten der Konzession zu übertragen. Maßgeblich ist die in der Norm zum Ausdruck kommende Wertung. Die vergaberechtlichen Anforderungen sind im Lichte dieser Wertungsentscheidung des Gesetzgebers zu bestimmen. Im Hinblick auf die Leistung entspricht die Konzession einem öffentlichen Auftrag (Bau- oder Dienstleistungsauftrag). Die Anforderungen der in § 154 Nr. 1 bis 7 GWB aufgezählten Vorschriften, die keinen unmittelbaren oder mittelbaren Bezug zu dem Gegenleistungsverhältnis des ausgeschriebenen Vertrags aufweisen und mit dem Wesen der Konzession in Einklang stehen, sind daher i. d. R. anzuwenden, ohne dass es einer Anpassung an die Besonderheiten der Konzession bedarf. Im Übrigen bedarf es der Anpassung unter Beachtung der Zweckbestimmung und des materiellen Regelungsgehalts der jeweiligen Anforderung.

C.Entsprechend anwendbare Vorschriften

I.Vorbehaltene Konzessionen (Nr. 1)

5§ 154 Abs. 1 Nr. 1 GWB dient der Umsetzung des Art. 24 der KVR5 und erklärt die Regelungen des § 118 GWB über bestimmten Auftragnehmern vorbehaltene öffentliche Aufträge auch bei der Vergabe von Konzessionen für anwendbar. Dadurch ist es auch Konzessionsgebern erlaubt, das Recht zur Teilnahme an dem Verfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen oder aber auch Unternehmen, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen oder anderen benachteiligten Personen ist, vorzubehalten. Alternativ kann der Konzessionsgeber bestimmen, dass die Konzession im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen ist. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten aus dem Konzessionscharakter des Vergabegegenstands. Im Übrigen kann daher auf die Kommentierung zu § 118 GWB verwiesen werden.

II.Ausschlussgründe (Nr. 2)

6§ 154 Abs. 1 Nr. 2 GWB erklärt die Ausschlussgründe (§§ 123 und 124 GWB) und die Regelung über die Selbstreinigung (§ 125 GWB) sowie die Höchstdauer des Ausschlusses (§ 126 GWB) für entsprechend anwendbar und setzt damit Art. 38 Abs. 4 UAbs. 1 und Abs. 5 UAbs. 1 KVR in nationales Recht um.6 Die Regelungen kommen indes für private Sektoren-Konzessionsgeber und im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich nach lit a) und b) mit geringfügigen Modifikationen zur Anwendung.

7Nach der Umsetzung des Art. 38 Abs. 4 UAbs. 3 und Abs. 5 UAbs. 2 der KVR7 in § 154 Abs. 1 Nr. 2 lit a) GWB gelten die zwingenden Ausschlussgründe i. S. d. § 123 GWB für einen privaten Sektoren-Konzessionsgeber i. S. d. § 101 Abs. 1 Nr. 3 GWB8 lediglich fakultativ.9 Der Konzessionsgeber muss, wie im Rahmen des § 124 GWB, der die fakultativen Ausschlussgründe regelt, ein Ermessen ausüben.10 Für Einzelheiten in Bezug auf die Ausschlussgründe des § 123 GWB kann auf die Kommentierung zu § 123 GWB verwiesen werden.

8§ 154 Nr. 2 lit. b) GWB dient der Umsetzung des Art. 38 Abs. 7 lit. i) KVR11 und ermöglicht es Konzessionsgebern, bei der Vergabe von Konzessionen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich ein Unternehmen auszuschließen, wenn dieses nicht die erforderliche Vertrauenswürdigkeit aufweist. Mit diesem zusätzlichen fakultativen Ausschlussgrund soll Risiken für die nationale Sicherheit begegnet werden. Der Wortlaut dieser Bestimmung stellt nicht auf die verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträge i. S. d. § 104 GWB ab (wie etwa § 144 GWB), sondern verweist recht allgemein auf die Bereiche Verteidigung und Sicherheit. Art. 38 Abs. 7 lit. i) KVR, dessen Umsetzung § 154 Nr. 2 lit. b) GWB dient, nennt insoweit „Konzessionen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich im Sinne der Richtlinie 2009/81/EG“, also i. S. d. VSVR. Der Verwendung dieser Begriffe in Art. 2, 56 Abs. 10, Art. 70 und 71 VSVR ist zu entnehmen, dass der in Bezug genommene Bereich nicht nur die Vergabe verteidigungs- und sicherheitsspezifischer öffentlicher Aufträge umfasst. Vielmehr handelt es sich bei den verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen lediglich um eine Teilmenge dieses Bereichs (vgl. insb. die Definition in Art. 2 VSVR). Das GWB enthält keine Definition des Bereichs Verteidigung und Sicherheit, es ist daher von dem allgemeinen Verständnis im Zusammenhang mit den Regelungen der VSVR auszugehen. Verteidigung meint damit die Landesverteidigung i. S. d. GG.12 Hinsichtlich des Begriffs der Sicherheit kann auf die Kommentierung zu § 104 GWB verwiesen werden. Soweit eine Vergabe sich in diesen Bereichen bewegt, kann sich ein Konzessionsgeber auf diesen zusätzlichen Ausschlussgrund berufen.

9Als Nachweis lässt § 154 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) GWB eine geschützte Datenquelle ausreichen. Dies entspricht den Vorgaben der KVR, um den spezifischen Ansprüchen bei Vergaben im Bereich der Verteidigung und Sicherheit gerecht zu werden. In Art. 38 Abs. 7 lit. i) KVR wird jegliches Beweismittel zugelassen „einschließlich geschützter Datenquellen“. Damit sollen Datenquellen zugelassen werden, die besonderen Schutzes bedürfen, insbesondere geheimdienstliche Quellen oder verdeckte Ermittler, deren Offenbarung die Quellen gefährden würde. Damit geht eine Beschränkung der Transparenz einher, die im überwiegenden öffentlichen Interesse der Sicherheit hinzunehmen ist. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Beschränkung eines der grundlegenden Vergabegrundsätze nicht missbraucht wird.

10Abgesehen von den Besonderheiten des § 154 Nr. 2 lit. a) und b) GWB sind die §§ 123 bis 126 GWB uneingeschränkt auch auf Konzessionen anwendbar. Sie betreffen nicht den Vertragsgegenstand, sondern das Unternehmen. Im Übrigen kann daher auf die Kommentierung zu diesen Vorschriften verwiesen werden.

D.Konzessionen von Personenbeförderungsleistungen im Eisenbahnverkehr (Nr. 3 Alt. 1)

11Der § 131 Abs. 2 und 3 GWB enthält Regelungen über die Vergabe von Aufträgen über Personenverkehrsleistungen im Eisbahnverkehr. Absatz 2 verweist auf bestimmte Regelungen der Verordnung (EG) 1370/2007. Nach Absatz 3 werden Regelungen über den Personalübergang im Falle eines Betreiberwechsels geregelt. Diese Vorschriften sind uneingeschränkt auch für die Vergabe von Konzessionen in diesem Bereich anwendbar. Im Übrigen wird auf die Kommentierung zu § 131 GWB verwiesen.

E.Vertragsänderungen (Nr. 3)

12Die Vorschrift des § 132 GWB über Vertragsänderungen ist nach Maßgabe der lit. a) und b) auf die Vergabe von Konzessionen entsprechend anwendbar.

13Nach lit. a) wird die Anwendbarkeit insoweit eingeschränkt, als für Konzessionsvergaben im Bereich der Sektorentätigkeit nach § 102 Abs. 2 bis 6 GWB die absolute Begrenzung in Höhe von 50 % des ursprünglichen Auftragswertes bei einer Konzessionsänderung nach § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB, die in § 132 Abs. 2 Satz 2 und 3 GWB ansonsten vorgeschrieben ist, für Konzessionen nicht gilt. Dies entspricht Art. 43 Abs. 1 Satz 2 und 3 der KVR, der damit in nationales Recht umgesetzt wurde.13

14Abweichend zur VRL existiert in der KVR keine Unterscheidung zwischen Bau- und Dienstleistungen bei der de-minimis-Regelung, wie sie für öffentliche Aufträge in § 132 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB vorgesehen ist. Stattdessen regelt Art. 43 Abs. 2 lit. ii) KVR eine einheitliche Höchstgrenze von 10 % des ursprünglichen Wertes der Konzession. Zur Umsetzung dieser Regelung musste die Anwendbarkeit des § 132 GWB diesbezüglich gem. § 154 Nr. 3 lit. b) GWB eingeschränkt werden.

15Im Übrigen ergeben sich keine Besonderheiten aus dem Konzessionscharakter, sodass auf die Kommentierung zu § 132 GWB verwiesen werden kann.

F.Kündigung von Konzessionen, Informationsschreiben, Wartefrist und Unwirksamkeit (Nr. 4)

16§ 154 Abs. 1 Nr. 4 GWB dient der Umsetzung des Art. 44 KVR in nationales Recht. Er erklärt die Regelungen der §§ 133–135 GWB für entsprechend anwendbar. Aufgrund der inhaltlichen Vergleichbarkeit der Regelung des Art. 44 KVR sowie des Art. 74 VRL konnten die Vorschriften ohne Abweichungen für anwendbar erklärt werden.14 Hinsichtlich des Regelungsgehalts der in Bezug genommenen Normen kann auf die Kommentierung zu den einzelnen Vorschriften verwiesen werden.

G.Besondere Ausnahmen im Sektorenbereich (Nr. 5 bis 7)

17§ 154 Nr. 5 bis 7 dienen der Umsetzung der Art. 13, 14 und 16 KVR.15 Die Vorschriften regeln Ausnahmen für Vergaben im Sektorenbereich. Sie gelten in allen drei Fällen ausschließlich für Konzessionsgeber i. S. d. § 101 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GWB, also für öffentliche und private Sektoren-Konzessionsgeber.16

18Nr. 5 betrifft die Ausnahme der Anwendung des Vergaberechts nach dem und aufgrund des GWB auf die Vergabe von Konzessionen an verbundene Unternehmen (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 GWB).17

19Nr. 6 betrifft die Ausnahme von der Anwendung des Vergaberechts für die Vergabe durch oder an ein Gemeinschaftsunternehmen nach § 139 GWB. Im Übrigen kann auf die Kommentierung zu § 139 GWB verwiesen werden.

20Nr. 7 betrifft Konzessionsvergaben durch einen Sektoren-Konzessionsgeber betreffend unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzte Tätigkeiten. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten aus dem Konzessionscharakter des Ausschreibungsgegenstands, weshalb auf die Kommentierung zu § 140 GWB verwiesen werden kann.

Vergaberecht

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