Читать книгу Vergaberecht - Corina Jürschik - Страница 115

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(2) 1Die Auftraggeber nach Absatz 1 erteilen der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Auskunft über die Vergabe der unter diese Vorschrift fallenden Aufträge nach Maßgabe der Entscheidung 93/327/EWG der Kommission vom 13. Mai 1993 zur Festlegung der Voraussetzungen, unter denen die öffentlichen Auftraggeber, die geographisch abgegrenzte Gebiete zum Zwecke der Suche oder Förderung von Erdöl, Gas, Kohle oder anderen Festbrennstoffen nutzen, der Kommission Auskunft über die von ihnen vergebenen Aufträge zu erteilen haben (ABl. L 129 vom 27.5.1993, S. 25). 2Sie können über das Verfahren gemäß der Rechtsverordnung nach § 113 Satz 2 Nummer 8 unter den dort geregelten Voraussetzungen eine Befreiung von der Pflicht zur Anwendung dieser Bestimmung erreichen.

Schrifttum: Terwiesche, Vergabe von Leistungen im Rahmen eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans, NuR 2019, 186.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1, 2
B. Anwendungsvoraussetzungen 3, 4
I. Persönlicher Anwendungsbereich 3
II. Sachlicher Anwendungsbereich 4
C. Anwendbare Vergaberegeln und Berichtspflichten 5–7
I. Beachtung der Vergabegrundsätze 5, 6
II. Inhalt und Umfang der Berichterstattungspflicht 7

A.Vorbemerkungen

1Die Vorschrift wurde durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom 20.4.2009 seinerzeit neu in das GWB (§ 129b GWB a. F.) aufgenommen. Bis dahin war das von Auftraggebern nach dem Bundesberggesetz zu beachtende Vergaberegime in § 11 VgV a. F. geregelt, der weitgehend in § 129b GWB a. F. übernommen wurde. § 143 GWB wiederum übernimmt weitgehend den Wortlaut des § 129b GWB a. F. und enthält lediglich Anpassungen an das neue Oberschwellenvergaberecht.

2Die Sonderregelung für Auftraggeber aus dem Bereich des Bergbaus hat einen europarechtlichen Hintergrund. Nach Art. 3 der Richtlinie 93/38/EG1 konnte die Kommission diese Tätigkeiten auf Antrag eines Mitgliedstaats und bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, u. a. der Gewährleistung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatzes bei der Auftragsvergabe, von der Anwendung des Sektorenvergaberechts2 freistellen. Entsprechende, bis heute gültige Freistellungsentscheidungen sind zugunsten mehrerer Mitgliedstaaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland3, ergangen.

B.Anwendungsvoraussetzungen

I.Persönlicher Anwendungsbereich

3§ 143 GWB gilt nach seinem Wortlaut ausschließlich für Sektorenauftraggeber nach § 100 GWB i. V. m. § 102 Abs. 6 GWB, die nach dem Bundesberggesetz4 berechtigt sind, Erdöl, Gas, Kohle oder andere Festbrennstoffe aufzusuchen oder zu gewinnen. Das ist neu; bislang war in § 129b GWB a. F. nur von „Auftraggeber“ die Rede. Damit scheint der deutsche Gesetzgeber – anders als noch bei § 129b GWB a. F. – nunmehr klargestellt zu haben, dass § 143 GWB nur für Sektorenauftraggeber gem. § 100 GWB, nicht aber für sonstige Bergbautreibende gilt. Allerdings verstößt der Wortlaut von § 143 GWB insoweit gegen europäisches Recht. Dies ergibt sich aus Art. 3 der Richtlinie 93/38/EG und der darauf gestützten Freistellungsentscheidung der Europäischen Kommission. Voraussetzung für eine Freistellung ist danach, dass Bergbauberechtigungen auf der Grundlage objektiver, verhältnismäßiger und nicht diskriminierender Kriterien vergeben werden – und daher nicht als besondere oder ausschließliche Rechte angesehen werden müssen – und die Bergbautreibenden – die bei Vorliegen einer Freistellungsentscheidung nicht als öffentliche Sektorenauftraggeber angesehen werden müssen – zur Beachtung bestimmter Mindeststandards bei der Auftragsvergabe verpflichtet werden. Diese Vorgaben, bei deren Beachtung der Bergbausektor in Deutschland grundsätzlich von der Anwendung des Sektorenvergaberechts freigestellt wurde (und die im Ergebnis zu einer Verpflichtung zur Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundpflichten auf alle Bergbautreibenden führen), werden in § 143 GWB umgesetzt. Der Grundsatz der europafreundlichen Auslegung gebietet daher, dass § 143 GWB für alle Inhaber von Bergbauberechtigungen unabhängig von ihrer Einordnung als Sektorenauftraggeber nach § 100 GWB gilt.

Die Gegenauffassung kommt allerdings zu im Wesentlichen vergleichbaren Ergebnissen, indem sie Bergbauberechtigungen – anders als hier vertreten – als besondere oder ausschließliche Rechte gem. § 100 Abs. 1 Nr. 2a GWB ansieht.5

II.Sachlicher Anwendungsbereich

4In sachlicher Hinsicht gilt das Sonderregime des § 143 GWB nur für Aufträge, die Bergbautreibende im Zusammenhang mit ihrer Fördertätigkeit vergeben und die die für Sektorenauftraggeber maßgeblichen Schwellenwerte überschreiten. Ausgenommen ist gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 GWB die Beschaffung von Energie oder Brennstoffen zur Energieerzeugung. Derartige Aufträge sind auch von der Anwendung des allgemeinen Sektorenvergaberechts freigestellt.6

C.Anwendbare Vergaberegeln und Berichtspflichten

I.Beachtung der Vergabegrundsätze

5Bergbautreibende müssen bei der Vergabe von Aufträgen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der wettbewerbsorientierten Auftragsvergabe beachten, interessierte Unternehmen ausreichend informieren und ihre Zuschlagsentscheidung auf der Grundlage objektiver Kriterien treffen. Sie sind damit weitgehend an die in § 97 GWB niedergelegten allgemeinen Vergabegrundsätze gebunden. Mangels gesetzlicher Freistellung sind diese vor den Vergabenachprüfungsinstanzen voll justiziabel; Bergbautreibende müssen außerdem die Informations- und Wartepflicht gem. § 134 GWB erfüllen.7 Bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens hingegen unterliegen sie ansonsten keinerlei Bindungen.

6Damit hat § 143 GWB eine ähnliche Wirkung wie § 100 GWB für Sektorenauftraggeber: Während Auftraggeber, die ohnehin unter § 100 GWB fallen, durch die Vorschrift privilegiert8 werden, sind Auftraggeber, die nicht unter § 100 GWB, sondern nur unter § 143 GWB fallen, allein aufgrund dieser Vorschrift zur Beachtung des Vergaberechts verpflichtet.

II.Inhalt und Umfang der Berichterstattungspflicht

7§ 143 Abs. 2 GWB statuiert – vorbehaltlich einer Befreiung nach Maßgabe einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung gem. § 113 Satz 2 Nr. 8 GWB – Berichtspflichten hinsichtlich der nach dem besonderen Vergaberegime im Bergbausektor vergebenen Aufträge. Für den Inhalt entsprechender Mitteilungen, die der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu übermitteln sind, wird auf die Entscheidung 93/327/EWG der Kommission9 verwiesen. Danach muss über Einzelaufträge erst ab einem Auftragswert von fünf Millionen Euro berichtet werden. Insoweit gilt eine Frist von 48 Tagen ab Auftragsvergabe. Über Aufträge mit einem geringeren Auftragswert genügt eine zusammengefasste Mitteilung innerhalb einer Frist von 48 Tagen zum Ende eines Kalendervierteljahrs mit kurzen, in der Entscheidung aufgelisteten Angaben zu den im jeweiligen Kalendervierteljahr vergebenen Aufträgen.

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