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E.Ausschluss/Befangenheit

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15Die Mitglieder der Vergabekammer haben als Angehörige der öffentlichen Verwaltung bzw. ehrenamtlich Bestellte die Neutralität zu wahren und dürfen nicht tätig werden, wenn ein Ausschlussgrund oder die Besorgnis der Befangenheit bestehen, §§ 20, 21, 83 Abs. 1 VwVfG. Ausschlussgründe bestehen, wenn ein Kammermitglied, in bestimmten Fällen auch dessen naher Angehöriger, im Lager eines Verfahrensbeteiligten steht, durch den Ausgang des Verfahrens selbst Vor- oder Nachteile haben wird oder mit der zugrunde liegenden Angelegenheit vorbefasst war, vgl. im Einzelnen § 20 VwVfG und die entsprechenden Regelungen der Länder. Die Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn objektiv ein Umstand vorliegt, der die vernünftigerweise nicht auszuschließende Besorgnis der parteiischen Amtsausübung hervorruft,20 § 21 VwVfG. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass diese Vorschriften für die Mitglieder der Vergabekammer durch die Vorschriften des § 54 VwGO i. V. m. §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 ZPO zu ersetzen seien.21 OLG Jena weist jedoch zutreffend darauf hin, dass „im Kern“ die Voraussetzungen für die Ablehnung die gleichen sind.22 Es kann auch nicht die unzureichende förmliche Rechtsstellung der Verfahrensbeteiligten angeführt werden,23 da das Kammerverfahren – zumindest in analoger Anwendung – als förmliches Verwaltungsverfahren gem. §§ 63 ff. VwVfG anzusehen ist, welches bei Ausschüssen den Beteiligten ein Ablehnungsrecht einräumt, § 71 Abs. 3 VwVfG.

16Sind den Kammermitgliedern Ausschluss- oder Befangenheitsgründe selbst bewusst, müssen sie von sich aus darauf hinweisen und die zugrunde liegende Sachlage als dienstliche Äußerung aktenkundig machen, §§ 20 Abs. 4, 21 Abs. 2 VwVfG. Über den Ausschluss entscheidet die Vergabekammer ohne das betroffene Mitglied, für das keine Vertretung stattfindet, § 20 Abs. 4 VwVfG. Hält man dagegen die gerichtlichen Regelungen für anwendbar, entscheidet gem. § 54 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO „das Gericht“ in voller Besetzung mit einem Vertreter.24

17Macht ein Beteiligter einen Ausschluss- oder Befangenheitsgrund geltend, hat sich das Kammermitglied ebenfalls dienstlich zu äußern und es erfolgt eine Entscheidung der verbliebenen Kammermitglieder, gegebenenfalls einschließlich eines Vertreters.25 Die Ablehnung ist spätestens vor Einlassung in die mündliche Verhandlung anzubringen, § 71 Abs. 3 VwVfG bzw. § 54 VwGO i. V. m. § 43 ZPO. Wird die Kammer durch mehrfaches Ausscheiden beschlussunfähig, soll nach OLG Naumburg „das für die Einsetzung des Ausschusses zuständige Organ“, also der Leiter/die Leiterin der für die Bestellung zuständigen Behörde, über die Befangenheit und die Besetzung der Kammer entscheiden.26 Dies wirft jedoch die Frage auf, ob gegen eine solche Entscheidung, die nicht von der Vergabekammer ausgeht, die (isolierte oder mit der Hauptsache verbundene) Beschwerde gem. § 116 Abs. 3 GWB überhaupt möglich ist bzw. ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Lässt man die Entscheidung über den Ausschluss in analoger Anwendung der Vorschrift aus § 45 Abs. 3 ZPO auf das Beschwerdegericht übergehen, würde diese mögliche, im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz aber kaum wünschenswerte Eröffnung eines weiteren Rechtswegs auf jeden Fall vermieden.

18Überwiegend besteht die Auffassung, dass die Entscheidung über die Befangenheit nicht gesondert anfechtbar ist, auch wenn das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wird (keine Heranziehung des § 46 Abs. 2 ZPO).27 Die fehlerhafte Besetzung der Kammer bei der Entscheidung über eine Ablehnung macht für sich allein den nachfolgenden Beschluss jedenfalls dann nicht fehlerhaft, wenn die Ablehnungsentscheidung materiell richtig war.28 Ebenfalls führt nach KG Berlin die Mitwirkung eines befangenen Mitglieds für sich genommen nicht zur Aufhebung der Entscheidung, sondern zunächst zur Überprüfung durch das Beschwerdegericht. Lässt die Entscheidung keine rechtliche Benachteiligung des jeweiligen Verfahrensbeteiligten erkennen, besteht kein Anlass, auf die fehlerhafte Besetzung der Kammer einzugehen.29

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