Читать книгу Vergaberecht - Corina Jürschik - Страница 76
C.Einzelfragen
Оглавление8Als einzige Vorschrift des vierten Teils des GWB, die auch für Beschaffungen unterhalb der Schwellenwerte Anwendung findet, wird in § 106 Abs. 1 Satz 2 GWB die Bestimmung des § 114 Abs. 2 Satz 3 GWB genannt, nach der Auftraggeber i. S. d. § 99 GWB verpflichtet sind, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auch bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte Daten zu Art und Menge der vergebenen Liefer-, Bau- und Dienstleistungen sowie zum Wert des erfolgreichen Angebots zu übermitteln. Von dieser Verpflichtung ausgenommen sind lediglich Vergaben, deren Auftragswert unterhalb einer im Verordnungswege festgelegten Bagatellgrenze verbleibt. Diese liegt derzeit gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VergStatVO bei 25.000 €.6
9Aufgrund des maßgeblichen Einflusses der Schwellenwerte auf die praktische Entscheidung, nach welchen Vergabevorschriften ein öffentlicher Auftrag auszuschreiben ist, kommt es entscheidend auf eine korrekte und nachvollziehbare Schätzung und Berechnung des Auftragswertes durch den öffentlichen Auftraggeber an. Die hier zu beachtenden Grundsätze und Regeln werden nach wie vor detailliert auf der Verordnungsebene formuliert und zwar nahezu inhaltsgleich in den §§ 3 VgV, 2 SektVO, 3 VSVgV und 2 KonzVgV. Auf die dortigen Kommentierungen wird verwiesen.
§ 107 GWBAllgemeine Ausnahmen
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3. zu Arbeitsverträgen,
4. zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) 1Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
1. bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2. die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
2Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. 3Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1. sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2. Leistungen betreffen, die
a) für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b) Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
Schrifttum: Amelung/Janson, Vergabe von Rettungsdienstleistungen: Keine generelle Freistellung vom Vergaberecht, NZBau 2016, 23 ff.; Antweiler, Ausschreibungspflicht und „Bereichsausnahme“ bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen, VergabeR 2015, 275 ff.; Classen, Zur Abgrenzung von Dienstleistungskonzessionen gegenüber Miet- und Pachtverträgen nach der Richtlinie 2014/23/EU, VergabeR 2016, 13 (17); Dreher, Mietverträge mit Neubau- oder Umbauverpflichtungen im Kartellvergaberecht, NZBau 2009, 542; Prieß, Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach den neuen Vergaberichtlinien, NZBau 2015, 343 ff.; Prieß/Hölzl, Ausnahmen bleiben die Ausnahme!, NZBau 2008, 563 ff.; Ruthig, Die Bereichsausnahme des § 107 I Nr. 4 GWB und ihre Konsequenzen für den Rettungsdienst, NZBau 2016, 3 ff.; Wagner/Bauer, Grundzüge des zukünftigen Vergaberegimes in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, VergabeR 2009, 856 ff.
Übersicht | Rn. | |
A. | Vorbemerkungen | 1–4 |
B. | Allgemeine Ausnahmen zum Anwendungsbereich | 5–39 |
I. | Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen (§ 107 Abs. 1 Nr. 1 GWB) | 5–7 |
II. | Erwerb, Miete oder Pacht von Grundstücken (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 GWB) | 8–14 |
III. | Arbeitsverträge (§ 107 Abs. 1 Nr. 3 GWB) | 15–18 |
IV. | Katastrophenschutz, Zivilschutz und Gefahrenabwehr (§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB) | 19–26 |
V. | Artikel 346 AEUV (ex-Artikel 296 EGV) (§ 107 Abs. 2 GWB) | 27–39 |