Читать книгу Vergaberecht - Corina Jürschik - Страница 86

B.Ausnahmen aufgrund internationaler Verfahrensregeln

Оглавление

I.Völkerrechtliche Verpflichtungen (§ 109 Abs. 1 Nr. 1 lit. a GWB)

2Ausgenommen vom Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB sind Aufträge, Wettbewerbe oder Konzessionen aufgrund von im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossenen internationalen Abkommen4 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sind, oder deren Untereinheiten, über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnerstaaten gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt, für das andere Verfahrensregeln gelten. Voraussetzung ist also, dass der Vertragspartner der Bundesrepublik Deutschland ein oder mehrere andere Staaten oder deren Untereinheiten sind sowie, dass für das Vergabeverfahren besondere Verfahrensregeln gelten, die in dem Abkommen festgelegt sind. Untereinheiten im Sinne der Vorschrift sind beispielsweise die Bundesstaaten der USA. Die Ausnahmevorschrift greift auch nur dann, wenn Vereinbarungen zu dem gemeinsam zu verwirklichenden oder zu nutzenden Projekt tatsächlich getroffen sind. Die rein abstrakte Möglichkeit eines Projektes genügt nicht.5

II.Internationale Organisation (§ 109 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GWB)

3Aufträge internationaler Organisationen,6 die in einem besonderen Verfahren vergeben werden,7 fallen nicht unter den vierten Teil des GWB. Als derartige internationale Organisationen sind Organisationen i. S. d. Völkerrechts anzusehen,8 bei denen die Staaten selbst und andere internationale Organisationen Mitglieder sein können. Von der Ausnahme erfasst sind beispielsweise Beschaffungen der UN oder ihrer Unterorganisationen in Deutschland. Die Regelung schafft eine Ausnahme nur für die deutsche Rechtsebene. Voraussetzung für die EG-Rechtsebene ist, dass die Mitgliedstaaten die Kompetenz besitzen, einen entsprechenden Vertrag über die internationale Organisation abzuschließen. Von der Ausnahme erfasst sind beispielsweise Beschaffungen der Europäischen Patentorganisation (EPO) und anderer zwischenstaatlicher Einrichtungen, deren Vergaben eigenen Regelungen unterliegen.

III.Besondere Vergaberegeln (§ 109 Abs. 1 Nr. 2 GWB)

4Ausgenommen vom Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB sind nach dieser Vorschrift Beschaffungen, die nach besonderen Verfahrensregeln einer internationalen Organisation oder Finanzierungseinrichtung durch diese Einrichtungen erfolgen, wenn sie den Auftrag oder den Wettbewerb vollständig finanzieren. Die Konzession wird in § 109 Abs. 1 Nr. 2 GWB nicht angesprochen, nachdem es wesentliches Merkmal der Konzession i. S. d. § 105 GWB ist, dass sich der Konzessionär selbst finanziert.

Sind andere, dem vierten Teil des GWB unterliegende öffentliche Auftraggeber an der Vergabe beteiligt, wird der Auftrag jedoch überwiegend von der internationalen Organisation oder Finanzierungseinrichtungen finanziert, können sich die Parteien auf das anwendbare Vergabeverfahren einigen, also im Ergebnis die Anwendung des vierten Teils des GWB ausschließen. Scheitert eine Einigung, wird im Ergebnis wohl EU-Vergaberecht anzuwenden sein, da eine entscheidende Voraussetzung des Ausnahmetatbestands fehlt.9

Von der Ausnahme erfasst sind beispielsweise Beschaffungen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), die deren „Procurement Policies and Rules“ unterliegen.

IV.Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge oder Konzessionen (§ 109 Abs. 2 GWB)

5§ 109 Abs. 2 GWB verweist für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge i. S. d. § 104 GWB auf § 145 Nr. 7 GWB und für Konzession in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit auf § 150 Nr. 7 GWB.

Für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die Verteidigung- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne Aufträge i. S. d. § 104 GWB zu sein, finden sich entsprechende Regelungen in § 117 Nr. 4 und Nr. 5 GWB.

§ 110 GWBVergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die verschiedene Leistungen zum Gegenstand haben

(1) 1Öffentliche Aufträge, die verschiedene Leistungen wie Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, werden nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist. 2Dasselbe gilt für die Vergabe von Konzessionen, die sowohl Bau- als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Der Hauptgegenstand öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die

1. teilweise aus Dienstleistungen, die den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 130 oder Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 153 unterfallen, und teilweise aus anderen Dienstleistungen bestehen oder

2. teilweise aus Lieferleistungen und teilweise aus Dienstleistungen bestehen,

wird danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Liefer- oder Dienstleistungen am höchsten ist.

Übersicht Rn.
A. Vorbemerkungen 1
B. Regelungsbereich der Vorschrift 2, 3
C. Kriterien für die Abgrenzung 4–9
I. Zuordnung nach dem Hauptgegenstand (§ 110 Abs. 1 GWB) 4–7
II. Zuordnung nach dem höchsten Wert (§ 110 Abs. 2 GWB) 8, 9
Vergaberecht

Подняться наверх