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2.9 Gender Studies

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Einen akademischen Anstrich bekommen diese Aktivitäten durch ein neues Fach an Hochschulen, das sich als »Gender Studies« bezeichnet. Eine genaue Verortung ist schwierig, versteht sich das Fach doch als interdisziplinär. Die Wurzeln lägen sowohl in der Frauen- und Geschlechterforschung wie auch in der Frauenbewegung und aktuell beschäftige man sich mit der Frage »wie Geschlecht, Gesellschaft, Kultur und Wissen (schaft) zueinander vermittelt sind« (Brand & Sabisch, 2018, S. 2). Das Thema ist weder trivial noch uninteressant. Die einschlägigen Publikationen erwecken allerdings häufig den Eindruck, dass es sich um ein Sammelbecken von verschiedenen ideologisch aufgeladenen Themen handelt, zu denen eine politisch korrekte Haltung eingenommen wird. Denn bei aller Interdisziplinarität spielen biologische Überlegungen keine Rolle, und wenn, dann lediglich als Projektionsfläche für alles Schlechte dieser Welt, das es zu bekämpfen gilt. In einem Aufruf, Manuskripte bei der Zeitschrift »Gender« zum Thema »Antifeministische Mobilisierungen« einzureichen, wird die Biologie unter dem Begriff »(Re-)Naturalisierung von Geschlecht« problematisiert, wobei eine entsprechend motivierte Kritik am ideologischen Charakter der Gender Studies »diskursive Anschlüsse für Rassismen und Ideologien zur Legitimierung von Ungleichheit« böte (Gender, S. 1). Diese Art der Immunisierung gegenüber Kritik ist einzigartig für eine Disziplin mit wissenschaftlichem Selbstverständnis.

Dabei ist eine breite akademische Kritik an den Gender Studies überfällig. Besonders viel Material für Kritik liefert beispielsweise ein sexualpädagogisches Handbuch, in dem prominente Vertreter dieses Fachs der Idee folgen, Geschlecht und Sexualität seien sozial konstruiert. In der Absicht, »Verwirrung und Veruneindeutigung« in Sachen »Sexualitäten, Identitäten, Körpern etc.« (Tuider et al., 2012, S. 40) bei Kindern und Jugendlichen zu stiften, schlagen Elisabeth Tuider und Kollegen darin zahlreiche Übungen vor. Eine Übung namens »Der neue Puff für alle« etwa stellt Jugendliche vor die Aufgabe, ein »Freudenhaus der sexuellen Lebenslust« in der Großstadt zu modernisieren. Dabei sollen sämtliche sexuelle Vorlieben berücksichtigt werden. Bemerkenswert ist, dass die Autoren keine empirischen Belege vorlegen, die ihre Ideen als hilfreich ausweisen. Offenkundig besteht auch kein Verständnis für die Tatsache, dass eine pädagogische Intervention nicht alleine deswegen gut ist, weil sie vermeintlich »theoretisch gut fundiert« sei. So verwies Tuider bei einer Fachtagung zu dieser Frage zunächst auf Adornos Aussage, dass man »ohne Angst verschieden sein« können müsse. Sie wollte allerdings einem »weißen, deutschen Professor« nicht das letzte Wort zu ihren Praxisvorschlägen überlassen. Stattdessen zitierte sie Jugendliche, die an diesen Maßnahmen teilgenommen hatten – so etwa einen Jungen, der zu Protokoll gab: »Wir fanden es damals alle gut, über solche Themen zu reden, weil wir danach endlich alle darüber Bescheid wussten.«2 Die methodische Naivität dieses Evaluationsversuchs ist erschütternd. Abgesehen davon, dass man diese Übungen pädagogisch für prinzipiell ungeeignet halten kann, wäre grundsätzlich eine empirische Untersuchung solch pädagogischer Maßnahmen notwendig, bevor man deren Einsatz empfiehlt (s. Kasten »Korrelation und Kausalität«) (Zmyj, 2016).

Politisch flankiert wird die Etablierung der Gender Studies an den Hochschulen durch diverse staatliche Maßnahmen, die unter dem Begriff »Gleichstellung« firmieren. Die grundgesetzlich geforderte tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männer wird daran gemessen, ob im jeweiligen Bereich eine Gleichverteilung der Geschlechter vorliegt. Wird ein Frauenanteil von 50 % unterschritten, müsse dies an einer mangelnden Gleichberechtigung liegen. Liegt er darüber, sei dies nicht weiter problematisch. Dieser »Gleichstellungsstandard« spielt bei der Vergabe von öffentlichen Geldern an Hochschulen eine maßgebliche Rolle, sei es bei der Vergabe von Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, im Rahmen der Exzellenzinitiative oder bei der sogenannten »leistungsbezogenen Mittelvergabe« der Bundesländer. Beim Professorinnenprogramm des Bundes werden Universitäten sogar nur dann gefördert, wenn sie eine Frau auf einen Lehrstuhl berufen. Wohl unter dem Einfluss dieser politischen Großwetterlage richteten viele Hochschulen Genderprofessuren und Genderstudiengänge in der Hoffnung ein, bei einer Begutachtung wohlwollend in der Kategorie »Gleichstellungsstandards« bewertet zu werden.

Ihren universellen Geltungsanspruch bringen die Gender Studies an verschiedenen Stellen zum Ausdruck. Beispielhaft ist die kürzlich vom Umweltbundesamt herausgegebene Literaturarbeit »Gendergerechtigkeit als Beitrag zu einer erfolgreichen Klimapolitik« (Röhr et al., 2017), die so wirkt als sei sie von Loriots »Verein zur Integration der Begriffe Karneval und Umwelt in die Frau« inspiriert. Auch an den Universitäten setzen die Gender Studies auf Expansion. So macht das Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW Vorschläge, wie »Gender-Aspekte« in 54 Studiengänge, wie etwa Maschinenbau oder Physik, integriert werden könnten (Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, 2020). Man kommt nicht umhin bei dieser Forderung an den Universitätsbetrieb der DDR zu denken, der für alle Studierenden das Fach Marxismus-Leninismus vorsah. Man würde auch den Befehlscharakter dieser Vorschläge unterschätzen, wenn man nicht das Antragsformular für neue Studiengänge an einer großen nordrhein-westfälischen Universität kennen würde, in dem mehr Angaben zu »Gender-Aspekten« gemacht werden müssen als zum Studienfach selbst.

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