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Gesättigte Fettsäuren – besser als ihr Ruf?

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Gesättigte Fettsäuren dienen als Energiequelle und als Strukturfett für die Körperzellen, außerdem sind sie für den Transport von fettlöslichen Vitaminen zuständig. Sie kommen besonders in tierischen Produkten wie Butter, Schmalz, Fleisch und Milch(produkten) vor. Aber auch einige Pflanzenfette enthalten viele gesättigte Fettsäuren – wie Kokosfett, Palmöl und Kakaobutter. Da gesättigte Fettsäuren die Konsistenz eines Fettes festigen, gilt als Faustregel: Je fester ein Fett, desto mehr gesättigte Fettsäuren sind enthalten.

Gesättigte Fettsäuren zählen neben Zucker zu den Nährstoffen mit dem schlechtesten Ruf. Studien zeigen, dass ein hoher Anteil von gesättigten Fetten in der Ernährung in gefährliches Bauchfett umgewandelt wird (► Seite 50) und den ungünstigen LDL-Cholesterinspiegel anhebt (► Seite 60). Damit erhöhen sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.85

DAS MUFFIN-EXPERIMENT

Wie stark der Einfluss von Fett auf die Gesundheit ist, zeigt eine Studie, die im Jahr 2014 publiziert wurde. Sie macht deutlich, dass Fett keineswegs gleich Fett ist, sondern dass es auf die Zusammensetzung der Fettsäuren ankommt. Für das sogenannte Muffin-Experiment baten Wissenschaftler die Teilnehmer, über einen Zeitraum von sieben Wochen jeden Tag drei Muffins zu essen. Die eine Gruppe der Probanden erhielt Muffins mit ungesättigten Fettsäuren (Sonnenblumenöl), die andere Gruppe Muffins mit vielen gesättigten Fettsäuren (Palmöl) (► Seite 155). Ansonsten waren die Muffins in Bezug auf Kalorien und alle anderen Zutaten identisch.

Nach dem Experiment hatten beide Gruppen deutlich an Gewicht zugelegt, immerhin hatten sie während des Experiments 147 Muffins zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung gegessen. Aber es gab signifikante Unterschiede. Wer Sonnenblumenöl-Muffins verzehrt hatte, also besonders viel ungesättigte Fette, reicherte weniger Körperfett und mehr Muskelmasse an. Palmöl-Muffins-Esser hingegen, die viel gesättigte Fettsäuren gegessen hatten, lagerten nicht nur insgesamt mehr Körperfett ein, auch ihre Leber war deutlich stärker verfettet.104 Die Untersuchung zeigt, dass zusätzliche Kalorien zu einer Gewichtszunahme führen, aber dass es erhebliche Unterschiede gibt, wenn man genauer hinschaut. Ein weiteres Beispiel dafür, dass eine Kalorie eben nicht nur eine Kalorie ist. Dieses Experiment verdeutlicht, dass gesättigte Fette zur Erhöhung des gefährlichen Bauchfettes führen (► Seite 50), unsere Organe verfetten und im Zusammenhang mit chronischen Entzündungsprozessen stehen.104

Ernährungsrichtlinien empfehlen daher, nicht mehr als 10 Prozent des täglichen Energieverbrauchs über gesättigte Fettsäuren abzudecken.105, 84 Vor allem tierische gesättigte Fettsäuren, wie sie in Wurst, Fleisch und Milchprodukten enthalten sind, sollten reduziert werden (► Seite 136). Nichtsdestotrotz ist sich die Wissenschaft heute weitgehend darin einig, dass die jahrzehntelange Verteufelung der gesättigten Fettsäuren inzwischen überholt ist und diese Fettsäurengruppe differenzierter betrachtet werden muss.79 Auch wenn die Datenlage bisher nicht eindeutig ist, zeigen viele neuere Studien an großen Bevölkerungsgruppen keinen pauschalen Zusammenhang von gesättigten Fettsäuren und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.106, 107 Bereits 1996, mitten in der Hochphase des Anti-Fett- und Pro-Kohlenhydrate-Dogmas, wiesen Forscher der Harvard University in einer Studie mit 43.757 Teilnehmern nach, dass es keinen Zusammenhang zwischen gesättigten Fetten und Herzerkrankungen gibt, wenn reichlich Ballaststoffe und wenig Zucker gegessen werden.108 Ein weiterer Beweis dafür, dass es immer auf die Qualität und Zusammensetzung der Ernährung insgesamt ankommt und nicht nur auf die einzelnen Nährstoffe.

Außerdem weiß man inzwischen, dass es viele verschiedene Arten von gesättigten Fettsäuren gibt. Kurzkettige (zum Beispiel Essigsäure, Buttersäure und Propionsäure) und mittelkettige (zum Beispiel Capron-, Capryl-, Caprin- und Laurinsäure) gesättigte Fettsäuren scheinen überwiegend neutral oder günstig auf unsere Gesundheit zu wirken. Mehrere Studien wiesen nach, dass mittelkettige gesättigte Fettsäuren sogar sehr gesund sind und beim Abnehmen helfen können.109 Sie kommen in Kokosöl, Palmkernöl und in Butter vor. Es gibt inzwischen zahlreiche sogenannte MCT-Öle (MCT steht für englisch medium-chain triglycerides) auf dem Markt. Es sind also vermutlich vor allem die langkettigen gesättigten Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel erhöhen und langfristig zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Untersucht wird aktuell, inwieweit die langkettige Palmitinsäure an der Entstehung von zahlreichen chronischen Krankheiten beteiligt ist.110

Obwohl der Gesundheitswert der einzelnen gesättigten Fettsäuren noch näher erforscht werden muss, ist die eindimensionale Einteilung in „schlechte“ gesättigte Fettsäuren und „gute“ ungesättigte Fettsäuren überholt. Wenn die Deutsche Gesellschaft für Ernährung dazu aufruft, gesättigte Fettsäuren zu reduzieren, sind damit vor allem die eher langkettigen tierischen Fette, wie sie in Wurst, rotem Fleisch und Butter vorkommen, gemeint. Der Konsum ist in Deutschland eindeutig zu hoch. Sie machen annähernd 50 Prozent des Gesamtfettverzehrs aus.105

Studien zeigen, dass Menschen, die gesättigte Fettsäuren in ihrer Ernährung reduzieren, diese häufig mit Produkten ersetzen, die viel raffinierte Stärke und damit Zucker enthalten.111 Damit kommen sie vom Regen in die Traufe. Denn zu hohe Mengen an Zucker sind gesundheitsschädlich und werden zudem im Körper zu Fett umgewandelt. Ersetzen Sie daher gesättigte Fette aus tierischen Produkten durch Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen und pflanzliche Öle (zum Beispiel Olivenöl, Rapsöl, Leinöl) und achten Sie auf ausreichend Omega-3-Fettsäuren. Es gibt Hinweise, dass gesättigte Fette vor allem bei einem Omega-3-Mangel zu gesundheitlichen Problemen führen.112

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