Читать книгу Gesunde Ernährung heute und morgen - Dr. med. Jörn Klasen - Страница 36
Die Rolle des Cholesterins
ОглавлениеCholesterin (auch Cholesterol) ist eine in allen tierischen Zellen vorkommende fettähnliche Substanz. Als Hauptbestandteil der Plasmamembran von Zellen erhöht es deren Stabilität und ist an der Ein- und Ausschleusung von Signalstoffen beteiligt. Außerdem ist Cholesterin die Vorstufe von Vitamin D3 und wird für die Herstellung von vielen Hormonen benötigt. Auch unser Gehirn ist ein sehr cholesterinreiches Organ: Rund ein Viertel des Gesamtcholesterins befindet sich hier. Cholesterin ist also zunächst ein lebenswichtiger Baustein für unseren Körper. Das meiste Cholesterin, um die 90 Prozent, wird im Körper selbst hergestellt – ca. 1 bis 2 Gramm pro Tag, nur ein kleiner Teil wird folglich mit der Nahrung aufgenommen. Und zwar ausschließlich über tierische Lebensmittel, denn pflanzliche enthalten kein Cholesterin.
Von Cholesterin haben wir alle schon viel gehört – vor allem Schlechtes – und viele der älteren Generation haben darunter gelitten, dass ihnen das Frühstücksei über Jahre regelrecht verboten wurde. Was hat es also mit dem Cholesterin auf sich? Ist es wirklich so schlecht, wie jahrzehntelang gepredigt wurde? Und können wir mit unserer Ernährung Einfluss auf den Cholesterinspiegel nehmen?
Der Körper produziert Cholesterin in der Leber, die den größten Teil davon ins Blut abgibt. Da Cholesterin nicht wasserlöslich ist, verbindet es sich im Blut mit anderen Fetten (Triglyzeriden) und Eiweißen zu Lipoproteinen, also Fett-Eiweiß-Verbindungen, die sich dann als Transportmoleküle durchs Blut bewegen können. Diese Lipoproteine, die Cholesterin aufgenommen haben, werden nach ihrer Größe und Dichte in verschiedene Arten eingeteilt und mit ihren englischen Akronymen bezeichnet.
►VLDL (Very Low Density Lipoproteine)
►LDL (Low Density Lipoproteine)
►sd-LDL (small dense Low Density Lipoproteine)
►HDL (High Density Lipoproteine)
VLDL-Partikel sind relativ große Transportmoleküle, die mit Cholesterin und anderen Fetten (Triglyzeriden) beladen durch die Blutbahn wandern.47 Unterwegs werden die Triglyzeride abgebaut. Jetzt bezeichnet man das Transportmolekül als LDL-Cholesterin. Unter diesen Verbindungen gibt es kleine und dichte Moleküle, sogenannte sd-LDL, die besonders schädlich sind und oxidieren können. Heute weiß man, dass es vor allem diese Moleküle sind, die sich an Arterienwänden ansammeln und damit das Risiko für Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) und in der Folge für Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen.115, 116 LDL-Cholesterin, insbesondere das kleine sd-LDL, wird deshalb als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet.
Es gibt aber auch das „gute“ Cholesterin, das sogenannte HDL-Cholesterin. HDL transportiert Cholesterin in die entgegengesetzte Richtung, nämlich von den Körperzellen in die Leber, wo es abgebaut wird. Außerdem ist HDL in der Lage, überschüssiges LDL-Cholesterin, das in die Gefäßwände eingelagert wurde, wieder zu entfernen.117 Damit schützt es die Gefäße und reduziert das Risiko für Herzerkrankungen.
Eier haben viel Cholesterin und hatten lange einen schlechten Ruf. Heute weiß man, dass ein maßvoller Eierkonsum (weniger als sieben Eier pro Woche) den Cholesterinspiegel nicht negativ beeinflusst. Verschiedene Studien zeigten, dass der Eierkonsum sich eher auf die großen LDL- und HDL-Partikel auswirkt und damit in Maßen wahrscheinlich sogar vor Arteriosklerose schützen kann (► Seite 144).118
Zu viel gesättigte Fettsäuren und vor allem Transfette in unserer Nahrung erhöhen den ungünstigen LDL-Cholesterinspiegel.113 Einer der wichtigsten Hebel, um die Cholesterin- und Fettwerte positiv zu beeinflussen, ist die Reduktion von leicht verdaulichen Kohlenhydraten aus Süßigkeiten, Limonaden, Weißmehlbackwaren und Fertigprodukten. Zucker regt die Leber dazu an, Fett und Cholesterin zu produzieren. Zudem erhöht er vor allem die kleinen LDL-Moleküle, also das schlechte Cholesterin, und senkt das gute HDL-Cholesterin (► Seite 41).111
Wer also seinen Cholesterinspiegel positiv beeinflussen möchte, sollte Fertigprodukte, die viel Zucker und ungesunde Fette enthalten, reduzieren oder am besten ganz meiden. Günstig auf den Cholesterinspiegel wirkt eine überwiegend pflanzliche, ballaststoffreiche Ernährung.47 Studien zeigen zudem, dass insbesondere Nüsse, die lange als Dickmacher verteufelt wurden, das gefährliche sd-LDL senken.119 Die Cholesterinkonzentration im Blut unterliegt großen und unregelmäßigen Schwankungen und wird neben der Ernährung auch von Stressniveau und Bewegungslevel stark beeinflusst.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es sich bei Cholesterin um eine wertvolle, überlebenswichtige Bausubstanz handelt und dass es eine kleine Untergruppe gibt, die zu Arterienverkalkung führen kann. Ein bahnbrechender Artikel im renommierten New England Journal of Medicine zeigte bereits 2005, dass nicht Cholesterin, sondern chronische Entzündungen eine der Hauptursachen für Herzerkrankungen sind.120 Heute weiß man, dass das Risiko für Herzerkrankungen durch eine Vielzahl von Faktoren erhöht wird, darunter neben Entzündungen auch Insulinresistenz, hohe Triglyzeridwerte, niedrige HDL-Werte, erhöhte Anzahl der LDL-Teilchen und geringe Größe der LDL-Teilchen.121
Wer erhöhte Blutfettwerte hat, kann selbst viel dagegen tun – ganz ohne Medikamente. Als „Lipidsenker“ empfehlen wir in Anlehnung an den Ernährungsexperten Prof. Hans Konrad Biesalski:122
►viele Ballaststoffe, Nüsse und Gemüse in der Ernährung
►die Reduktion von Zucker und Weißmehl sowie gesättigten Fettsäuren
►mäßige, aber regelmäßige körperliche Bewegung
►das Einüben von Kompetenzen im Umgang mit Stress
Cholesterin und Arterienverkalkung
Die verschiedenen Lipoproteine nehmen Cholesterin auf. LDL („schlechtes“ Cholesterin) transportiert Cholesterin von der Leber zu den Körperzellen und kann sich an den Zellwänden absetzen („Arterienverkalkung“). HDL („gutes“ Cholesterin) nimmt das Cholesterin aus den Körperzellen auf und transportiert es zur Leber zurück.
DIE BESTIMMUNG DER BLUTFETTWERTE
Die Bestimmung der Blutfettwerte wird für Menschen ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre empfohlen. Die Untersuchungsergebnisse sind als „normal“ einzustufen,121 wenn:
►Gesamtcholesterin < 200 mg/dl (5,2 mmol/l)
►Triglyzeride < 150 mg/dl (1,70 mmol/l)
►LDL-Cholesterin < 115 mg/dl (3 mmol/l)
►HDL-Cholesterin
•Frauen > 45 mg/dl (1,2 mmol/l)
•Männer > 40 mg/dl (1 mmol/l)