Читать книгу Enzyklopädie des Mittelalters - Группа авторов - Страница 23

Juristische Korporation

Оглавление

Eine breite Diskussion über Rechte und Struktur von Korporationen entfaltete sich in der Kirchenrechtswissenschaft des 13. Jahrhunderts. Gegenstand dieser Diskussion war zumeist die lokale Bischofskirche, die als Korporation von Bischof und Domkapitel aufgefaßt wurde. In diesem Kontext wurde umfangreich darüber diskutiert, wie die Entscheidungsbefugnis in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zwischen Bischof und Domkapitel verteilt ist, welche Entscheidungen einen Konsens aller Mitglieder erfordern und welche von den jeweils Betroffenen allein gefällt werden dürfen. Als Leitlinie diente die römisch-rechtliche Maxime: Quod omnes tangit, ab omnibus debet approbari („Was alle betrifft, soll von allen entschieden werden“). Die Leitung der Korporation wurde also nicht allein dem Haupt anvertraut, sondern der Korporation als Gesamtheit. Diese wurde seit dem Juristenpapst Innozenz IV. als persona ficta oder persona repraesentata aufgefaßt, das heißt als „juristische Person“, die unabhängig von den einzelnen Mitgliedern weiterexistiert und die vor Gericht handlungsfähig ist. Die Wissenschaft des Kirchenrechts stellte somit ein Vokabular zur Verfügung, das auf größere politische Einheiten übertragen werden konnte. So faßte man im Spätmittelalter auch die gesamte Kirche, die Stadt und das Reich als Korporation auf. Diese Übertragung des Vokabulars implizierte jedoch nicht in jedem Fall die Befürwortung eines genossenschaftlichen Regiments. Eine Korporation konnte auch als herrschaftlich organisiert aufgefaßt werden. So verstand zum Beispiel der französische König die Maxime Quod omnes tangit nicht als Forderung nach aktivem Konsens der Untertanen, sondern als prozedurale Einverständniserklärung, das heißt als normatives Verfahren, das die Untertanen in Kenntnis setzt, sie aber nicht vor die Alternative der Ablehnung stellt.

KARL UBL

Enzyklopädie des Mittelalters

Подняться наверх