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Königsherrschaft

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Die Königsherrschaft [↗ Königtum] im Frankenreich der Merowinger wurde stark von der Person Chlodwigs geprägt, der seit 482 als König der Franken (rex Francorum) auftrat und den fränkischen Stammesverband unter seiner Alleinherrschaft einte. Der König stand an der „Spitze eines Personenverbandes“ (Th. Mayer) – ein Begriff, der die persönliche Seite der frühmittelalterlichen Königsherrschaft akzentuiert. Der König regierte das Volk der Franken (populus Francorum), das in seinem Kern aus Freien und aus Adeligen bestand, die eine wachsende Bedeutung erlangten. Materielle Grundlage des merowingischen Königtums war das Königsgut, das in vielen Landschaften auf römisches Staatsland aufbauen konnte. Zu den römischen Domänen kamen weitere konfiszierte Ländereien, ferner alles herrenlose Land und vor allem ausgedehnte Wälder, die einen großen Teil des Reichsbodens bedeckten. Im alten Gallien waren die Anbauflächen zweifellos umfangreicher als im rechtsrheinischen Raum, aber auch hier bestanden noch große Möglichkeiten zur Ausweitung des Kulturlandes. Die Rodung schuf dem König und seinen Getreuen neues Land, das die wirtschaftliche Basis des Königtums verstärkte.

Die fränkische Reichsbildung beruhte von Anfang an auf verschiedenartigen Grundlagen. Das Reich Chlodwigs, das von dem gewaltsam geeinten fränkischen Stammesverband getragen wurde, umschloß eine Vielzahl anderer Völker, Stammsplitter und kleinere Einheiten unterschiedlicher Art, die sogar die Mehrheit der Reichsbevölkerung bildeten; fast ausnahmslos konnten sie auch unter der fränkischen Königsherrschaft ihre gentile Eigenart bewahren. Dies entsprach fränkischer Herrschaftsauffassung, da Chlodwig und seine Nachfolger bei der Unterwerfung fremder Stämme und bei der Monopolisierung der Herrschaft die Volksrechte mindestens der unterworfenen Großstämme anerkannten. In politischer Hinsicht basierte das Königtum auf dem klaren Willen des fränkischen Volkes zu einem einheitlichen Königreich. So war jeder einzelne Merowinger- und Karolingerherrscher durch seine Wahl zum König legitimiert. An den Königswahlen beteiligten sich durchgängig die Großen der Stämme, das heißt die politisch, wirtschaftlich und sozial klar abgehobenen Führungsschichten. Welche Bedeutung Herrschaftszeichen, Staatssymbole, Zeremonien und sakrale Elemente für das Königtum in den einzelnen Perioden hatten, läßt sich schwer abschätzen. Aus der Bekehrung zum christlichen Glauben resultierten Anspruch und Pflicht zu königlicher Schutzherrschaft über Kirche, Klerus und andere Schutzbefohlene.

Zu den realen Machtgrundlagen der Frankenkönige gehörten neben dem erwähnten Königsgut auch andere Besitztümer und Rechte. Der Frankenkönig nutzte die Hoheitsrechte über Wege, Straßen und schiffbare Gewässer, kassierte dabei anfallende Zölle und Gebühren, beanspruchte die Münzhoheit, die Banngewalt und die oberste Gerichtsbarkeit [↗ Regalien]. Wirksamster Machtfaktor des Königs bei der Beherrschung des Gesamtreiches war sicherlich das Heer. Wer über ausreichend Truppen, seien es eigene Gefolgschaftsverbände oder unterstellte militärische Kontingente, verfügte, konnte als König mit Erfolg das Reich beherrschen. Ein umfangreiches Heer konnte aber nur unterhalten, wer über einen Schatz oder Hort verfügte. Denn ein ansehnlicher Schatz und Geldvorrat, aus dem Anhänger und Truppen entlohnt werden konnten, verschaffte einen sicheren Zugang zur Macht. Im Zusammenhang mit den verfügbaren Mitteln und materiellen Ressourcen muß auch der Kreis der Personen genannt werden, der den König bei der Herrschaftssicherung unterstützte. Da das Frühmittelalter keine Gehälterzahlung kannte, kamen nur Belohnungen und Geschenke nach verdienstvoller Tätigkeit in Frage. Soweit möglich wurden verdienten Einzelpersonen Ämter im Reich zugewiesen: Leitungsfunktionen oder durchschnittliche Ämter in den Königsgutbezirken, Ernennungen zu Grafen oder Erhebungen auf Bischofs- und Abtsstühle. Neben solcher Ämterausstattung gehörte die Vergabe von Land und Lehen zu den Hauptmitteln, mit denen der König seine Getreuen an sich band.

Unter den Karolingern wurden die Machtgrundlagen des fränkischen Königtums bedeutend ausgebaut und erweitert [↗ Karolinger]. Mit dem Dynastiewechsel war eine tiefgreifende Erneuerung und Konsolidierung der Königsherrschaft verbunden, was besonders unter Karl dem Großen in Erscheinung trat. Um seine großen Aufgaben, die im Schutz von Frieden und Recht gipfelten, angemessen zu erfüllen, zog der König rastlos durch das Reich, um Aufstände niederzuschlagen, Recht zu sprechen oder Schutz zu gewähren. Im Mittelpunkt der Herrschaft stand der Königshof, der in den Quellen aula oder palatium heißt und eine persönliche und eine räumliche Seite bezeichnet. Hof im räumlichen Sinne war auf eine Vielzahl von Pfalzen bezogen, die sich über das ganze Reich verteilten. Der König übte seine Herrschaft aus, indem er mit seinem Gefolge zwischen den Pfalzen ständig hin und her zog. So war der Hof, zu dem in seinem personalen Kern alle wichtigen weltlichen und geistlichen Amtsträger gehörten, in ständiger Bewegung durch die einzelnen Reichsteile.

Materielle Grundlage dieser Königsherrschaft war weiterhin das Königs- oder Reichsgut, das sich unter den Karolingern stark vermehrt hatte. Es bestand aus größeren oder kleineren Besitzungen und Rechten, die sich in unterschiedlicher Dichte und Anzahl über das ganze Reichsgebiet erstreckten. Einzelne Regionen hoben sich als Kernlandschaften der königlichen Gewalt heraus, so das Gebiet um Paris, die Maas-Mosel-Region und die Gegend am Mittelrhein. Das Reichsgut, auf dem neben der Vielzahl der Wirtschaftshöfe auch die Königspfalzen lagen, ermöglichte es dem Herrscher, daß er auf seinen Zügen durch das Frankenreich stets auf eigenem Grund und Boden rasten konnte. Sein Interesse ging jedoch darauf aus, über diese Zentren der königlichen Macht hinauszuwirken und von ihnen aus das Reich als Ganzes zu durchdringen. Das Hauptproblem lag aber darin, daß der Adel über eigene autogene Herrschaftsrechte verfügte, die sich in bestimmten Orten und Regionen konzentrierten [↗ Adel]. Der König bemühte sich daher, die Königsherrschaft mit den zahlreichen Adelsherrschaften zu verbinden, so daß diese stärker erfaßt wurden. Schutzverleihungen und die Bestätigung von Schutzverhältnissen dienten ebenfalls der Ausdehnung königlicher Macht. Einzelne Mitglieder des Reichsadels wurden vom König zu wichtigen Aufgaben im Heerdienst oder in der Reichsverwaltung herangezogen.

Einblick in die Organisation des Reichsgutes gewährt vor allem das Capitulare de villis, das unter Karl dem Großen abgefaßt wurde. Neben einem beachtlichen Maß an Schriftlichkeit werden in diesem Dokument, das zahlreiche Weisungen an die Amtsträger enthält, gute Verwaltungserfahrungen und praktische Kenntnisse sichtbar. Ergänzend zu den konkreten Anweisungen werden grundsätzliche Beobachtungen über die optimale Führung von einzelnen Betriebszweigen wie Ackerbau, Viehzucht, Forstwirtschaft, Wein- und Gartenbau, Handwerk und allgemeine Haushaltung dargelegt. Die im Capitulare de villis enthaltenen Anordnungen über die Buchführung und die Formen der Betriebsabrechnung zeigen ein erstaunlich hohes Niveau der Rationalität. Wieviel von Karls Weisungen tatsächlich realisiert wurde, läßt sich schwer abschätzen. Die Statuten des Abtes Adalhard von Corbie von 812 lassen aber erkennen, daß sie dort als vorbildliche Konzepte empfunden wurden. Karls des Großen Bemühungen um die bestmögliche Organisation und Kontrolle des Reichsguts stehen auch in Zusammenhang mit seinen Versuchen, das Münz- und Währungswesen zu reformieren und ein einheitliches Maß- und Gewichtssystem für das ganze Reich zu schaffen.

Unter den ottonischen und salischen Herrschern wurde das deutsche Reich nach dem Zerfall des fränkischen Großreiches neu geordnet. Im Unterschied zum Reich der Karolinger ruhte das Ottonenreich wesentlich auf den Stämmen und deren Bindung an das Königtum. Heinrich I. und Otto I. gingen auch dazu über, dem Königtum wieder einen stärkeren Einfluß auf die Kirche und deren Güter zu geben. Diese Neuverteilung der Gewichte zwischen Königtum, Adel und Kirche verschaffte der deutschen Königsherrschaft im 10. und 11. Jahrhundert eine sichere Grundlage und einen Vorsprung vor dem westfränkisch-französischen Königtum. Otto I. setzte sich zum Ziel, eine Neuordnung des Reiches auf zwei Wegen anzugehen. Zum einen bemühte er sich, die Unterordnung der Stammesherzöge unter seine Königsherrschaft mit Hilfe der Familienpolitik zu sichern und die Herzogtümer an Mitglieder seiner eigenen Familie zu übergeben, und zum anderen war er bestrebt, sich vor allem auf die Machtmittel der Reichskirche zu stützen. Auch die karolingischen Herrscher hatten schon eine aktive Kirchenpolitik betrieben und sich bei der Durchführung ihrer Politik der kirchlichen Macht bedient. Otto der Große und seine Nachfolger nahmen also in ihrer Reichskirchenpolitik karolingische Traditionen auf, gingen aber dann weit darüber hinaus. Sie haben sich nicht nur eng mit der Reichskirche verbunden, sondern sie haben diese planmäßig so ausgebaut, daß sie gegenüber dem Stammesherzogtum ein wirksames Gegengewicht darstellte und gleichzeitig die Grundlagen der Königsgewalt verstärkte. Man erkennt diesen Ausbau an den reichen Schenkungen und Privilegien, die die Ottonen den Bischöfen und Äbten übertragen haben. Diese Schenkungen blieben im Obereigentum des Reiches, verpflichteten aber die beschenkten Kirchen zu erhöhten Leistungen im Dienste des Königs. Die Stärkung der Reichskirche war um so wirkungsvoller, als sie voll in der Kontrolle des Königs verblieb.

Die von den Ottonen und Saliern privilegierte Reichskirche übernahm im Gegenzug neue Aufgaben für das Reich. Eine derartige Verpflichtung bestand vor allem im servitium regis, den naturalwirtschaftlichen Aufwendungen der Kirchen für den Königshof. Der König stützte sich auch in ottonisch-salischer Zeit auf das Reichsgut, das sich in ungleichmäßiger Dichte über das ganze Reich verteilte und eine der wichtigsten Machtgrundlagen des Königtums bildete. Auf diesem Reichsgut, das mit dem Hausgut der Ottonen und Salier verschmolz, lagen weiterhin die Wirtschaftshöfe, die für den Unterhalt des reisenden Königshofes zu sorgen hatten. Ihre Servitialpflicht erfüllten sie, indem sie vielfältige Naturalien an den königlichen Haushalt zur Versorgung der Hofgesellschaft lieferten. An diesen Naturalleistungen beteiligten sich nun seit der Ottonenzeit auch im verstärkten Maße die Bischofskirchen und Abteien. Man erkennt dies daran, daß die Ottonen zunehmend neben den Pfalzen Bischofskirchen und Reichsklöster als Reisestationen wählten. Damit fiel diesen Kirchen für die Dauer des königlichen Aufenthaltes die Unterhaltspflicht des Hofes zu. Sie war ähnlich wie bei den Wirtschaftshöfen des Königs nach servitia bemessen, wobei man unter einem servitium eine bestimmte Maßeinheit für Naturallieferungen verstand. Hier zeigte sich, wie fruchtbar sich die Privilegierung der Kirche für den König ausgewirkt hatte: Neben dem Reichsgut wurden nun auch die Ressourcen der Reichskirche ausgiebig für das Königtum nutzbar gemacht.

Die enge Verbindung der ottonischen und salischen Herrscher mit der Reichskirche stärkte aber nicht nur die wirtschaftliche Macht des Königtums, sondern vermehrte auch seine militärische Kraft: Das Heeresaufgebot der Reichsbischöfe und Reichsäbte stellte einen bedeutenden Teil des Reichsheeres. Dies ersieht man deutlich aus dem Aufgebot, das Otto II. im Jahr 982 nach der Niederlage bei Cotrone erließ. Die Relationen dieses Aufgebotes lassen erkennen, daß Bischöfe und Äbte rund drei Viertel, die weltlichen Großen aber nur ein Viertel der Panzerreiter stellten. In der Zeit der Ottonen und Salier hat demnach die Reichskirche die Hauptlast der Feldzüge des Königs getragen und zur Militärkraft des Königs einen hohen Beitrag geleistet. Man ermißt den schweren Verlust, den das deutsche Königtum durch den Investiturstreit erlitten hat, wenn man mit dem Indiculus Ottos II. von 982 spätmittelalterliche Aufgebote vergleicht. In den Reichsmatrikeln des 15. Jahrhunderts beträgt der Anteil der Reichskirche am Gesamtaufgebot nur noch ein Drittel, während die weltlichen Fürsten zwei Drittel der Truppen stellen.

Neben dem Reichskirchengut behielt das Königsgut auch weiterhin eine große Bedeutung für die Herrschaftsstellung und Herrschaftspraxis der Könige. Zum Kern des Reichsguts gehörte der Fiskalbesitz, der dem König unmittelbar zugeordnet war und von königlichen Amtsträgern verwaltet wurde. Als Kernlandschaften des Reichsguts mit intensiver königlicher Regierungstätigkeit erkennt man in ottonischer Zeit den nordthüringisch-ostsächsischen Raum, also die Heimat des ottonischen Geschlechts, ferner das Rhein-Main-Gebiet und den niederrheinischen Raum um Aachen. Die Herzogtümer Bayern und Schwaben, in deren Bereich das Reichsgut überwiegend in die Verfügungsgewalt der Herzöge gekommen war, blieben in frühottonischer Zeit für den König schwer zugänglich und wurden von der königlichen Herrschaftspraxis nur gering erfaßt. Erst unter Heinrich II. gewann auch die Region um Regensburg, die einst unter Ludwig dem Deutschen eine zentrale Königslandschaft gewesen war, wieder an Bedeutung für das Königtum. Die Salier, die ursprünglich ihre Hausgüter im mittelrheinischen Raum besaßen, übernahmen zwar das liudolfingische Erbe; doch ließ die weitgehende Verdrängung des Königtums aus der Harzgegend unter Heinrich IV. und Heinrich V. Sachsen zu einer relativ königsfernen Region werden.

Die Gegenüberstellung von königsnahen und königsfernen Landschaften berührt die Frage nach dem Stellenwert der Hausgüter des regierenden Königsgeschlechts. Die Unterscheidung zwischen Hausgut und Reichsgut ist den Königen offenbar bewußt gewesen, hat jedoch in der praktischen Politik keine große Bedeutung gehabt. Zum politischen Streitgegenstand konnte diese prinzipielle Unterscheidung vor allem beim Dynastiewechsel werden, wie dies gegen Ende der Salierzeit auch der Fall war. In den Auseinandersetzungen Lothars von Supplingenburg mit den Staufern in der Zeit um 1125 spielte das Schicksal des salischen Hauserbes, das die Staufer für sich beanspruchten, eine wichtige Rolle. Seit der salischen Epoche traten auch transpersonale Staatsauffassungen, die eine Konstanz des Reichsgutes über den Tod einzelner Könige hinaus postulierten, stärker in den Vordergrund.

Die Tafelgüter des Königs, die in eigener Regie betrieben wurden und unmittelbar für die Versorgung des königlichen Haushalts bestimmt waren, hatten im 10. und 11. Jahrhundert noch ein großes Gewicht in der königlichen Herrschaftsorganisation und Reiseplanung. Die ambulante Regierungstätigkeit des Königs erforderte eine intensive Nutzung des königlichen Grundbesitzes, der damit zum unentbehrlichen Substrat königlicher Herrschaft wurde. Einen wesentlichen Bestandteil des Königsgutes bildeten auch die Forsten, in denen den Besitzern alle nicht anderweitig beanspruchten Herrschaftsrechte, also Jagd, Beholzungsrecht und Waldweide, zustanden und Rodungsrechte Chancen zum Herrschafts- und Landesausbau boten. Bereits unter den Ottonen und Saliern ist erkennbar, daß große Forstgebiete im Umkreis von Pfalzen und Königshöfen bestanden, wie die Forsten bei den Pfalzen Ingelheim, Frankfurt und Aachen. Ein Teil der Forstbezirke wurde auch aus der unmittelbaren königlichen Verwaltung entlassen und als Lehen an Vasallen und Reichskirchen ausgegeben.

Eine neue Epoche der Königsherrschaft setzte im deutschen Reich mit den Stauferherrschern (1138–1254) ein, die nach der Schwächung des Königtums im Zeitalter des Investiturstreits die Grundlagen der königlichen Macht erneuerten. Wegbereiter dieser staufischen Reformpolitik waren bereits die beiden letzten Salier Heinrich IV. und Heinrich V., die einerseits durch den Aufbau von königlichen Territorialgebieten und andererseits durch den Einsatz von Ministerialen die Basis der Königsherrschaft verbreiten wollten. Der Kampf um Reich und Staat war eng mit der Verfügung über das Reichskirchengut und den ausreichenden Besitz von Reichsund Königsgut verbunden, wie sich bei der Reichslandpolitik Heinrichs IV. im Harzraum gezeigt hatte. Die Salier beteiligten sich bewußt am Landesausbau und traten damit in Konkurrenz zu kirchlichen und adeligen Herrschaftsträgern, die sich durch Rodung ebenfalls neue Herrschaftsgebiete erschlossen und die Basis des Königtums dadurch einengten. Dies führte zur Königslandpolitik und zum Aufbau von Königsterritorien, in denen Friedensschutz und Rechtsausübung, die Verfügung über königliches Kammergut sowie die Burgenhoheit vorrangig in der Hand des Königs und der von ihm abhängigen Dienstmannen lagen. Methoden und Organisationsformen dieser Königslandpolitik zeigten sich deutlich bei den politischen Maßnahmen, die Heinrich IV. im Umkreis des Harzes durchführte. Offensichtlich standen die Burgen im Mittelpunkt der königlichen Territorialpolitik, da sich gegen sie der Hauptwiderstand der Sachsen richtete. Der sächsische Adel war empört darüber, daß dienstmännische Burgbesatzungen mit wichtigen staatlichen Aufgaben beauftragt waren.

Die Reichsland- und Territorialpolitik der Staufer konzentrierte sich lange Zeit auf die salisch-staufischen Kernlande und die Oberrheinische Tiefebene, wo nach dem Ausspruch Ottos von Freising die vis maxima regni lag. Schon als Herzöge von Schwaben erwiesen sich die Staufer im Auftrag der Salierkönige als Meister im Burgenbau und beim Einsatz von Ministerialen. Von prunkvollen Pfalzen und stolzen Reichsburgen aus verwalteten sie das Land, das sich allmählich um diese Mittelpunkte herum zu größeren Verwaltungsbezirken mit abhängigen Beamten in den Pfalzen, Königshöfen und Städten zu formen begann. Beim Aufbau ihrer Reichsländer gingen die Staufer von den Restbeständen der alten Königsgüter aus und erweiterten sie planmäßig. Mit Ausnahme der Harzregion bei der Pfalz Goslar und der Umgebung von Nimwegen blieb der Norden Deutschlands auch nach dem Sturz Heinrichs des Löwen der staufischen Territorialpolitik weitgehend versperrt. Ähnliche Beobachtungen macht man für die linksrheinischen Gebiete westlich der unteren Mosel und für das bayerische Herzogtum südlich der Donau. Der welfische Besitz in Oberschwaben zwischen Donau, Lech und Bodensee gelangte größtenteils nach dem Tode Barbarossas in die volle Verfügungsgewalt der Staufer.

Innerhalb der weiten Wirkungsbereiche der staufischen Reichsministerialität in den Kernlandschaften des Reiches bildeten die siedlungsarmen Wald- und Forstgebiete die bevorzugten Aktionsfelder einer herrschaftlichen Durchdringung des Landes. Königsforste erstreckten sich in unterschiedlicher Ausdehnung im Heiligen Wald um Hagenau im nördlichen Elsaß, im Gebiet um die Pfalz Lautern und im Dreieich südlich von Frankfurt. Die Konzentration auf Regionen mit größeren Entfaltungsmöglichkeiten für Rodung und Landesausbau verringerte die Gefahr der Konfrontation mit fürstlichen Konkurrenten. Die Territorialpolitik der Staufer setzte sich ebenso wie jene der weltlichen und geistlichen Fürsten aus einer Vielzahl von Maßnahmen und Einzelaktionen zusammen. Die Mittel, welche sie anwandten, waren Kauf und Tausch, Erbschaft und Vertrag, Übernahme von Kirchenlehen und Revindikation alter Königsrechte. Im Zusammenhang mit ihrer Reichslandpolitik betrieben die Staufer auch die Gründung von Städten, wobei der fiskalische Gesichtspunkt der Vermehrung der Steuereinnahmen überwog. An dem allgemeinen Aufschwung des Geldverkehrs im 12. und 13. Jahrhundert sind die Staufer nicht nur durch ihre Städtepolitik, sondern auch durch die Installierung neuer Münzstätten beteiligt. Barbarossa ließ eine Reihe neuer Münzstätten errichten und erwarb zum Beispiel die Münzrechte in Altenburg, Mühlhausen und vor allem in Schwäbisch Hall, deren Münzen unter staufischer Herrschaft eine große Verbreitung erlangten.

Die wirksamsten Träger der staufischen Territorialpolitik in den Kernräumen der königlichen Herrschaftsgebiete waren zweifellos die Reichsministerialen. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts stieg ihre Bedeutung in der königlichen Herrschaftsorganisation und in der allgemeinen Reichspolitik kontinuierlich an. Insbesondere in der Italienpolitik Friedrichs I. und Heinrichs VI. fanden die Reichsministerialen vielfältige Tätigkeitsfelder und neue Aufstiegsmöglichkeiten. Seit den achtziger Jahren und verstärkt unter Philipp von Schwaben und Heinrich (VII.) gewannen sie wachsenden Einfluß am Königshof, wo sie als Inhaber der Reichshofämter hervortraten. Im Thronstreit waren sie bis zur Ermordung Philipps von Schwaben offensichtlich die wichtigsten Kontinuitätsträger der staufischen Reichspolitik. Im Unterschied zu seinen Vorgängern bevorzugte Friedrich II. bei dem Ausbau der Reichsverwaltung in Italien seit 1238 Funktionsträger aus seinem sizilischen Königreich, ohne auf deutsche Dienstmannen zurückzugreifen. Dieser Vorgang und die geringe Bedeutung der deutschen Reichsministerialen am normannischstaufischen Kaiserhof waren eine Folge der Schwerpunktverlagerung der Reichsherrschaft vom nordalpinen Raum nach Italien. Seit 1254 verloren die Reichsministerialen für längere Zeit einen festen Bezugspunkt zum Königtum, das nach dem Tod Konrads IV. bis zur Regierungszeit Rudolfs von Habsburg sein eingeschränktes Wirkungsfeld vorwiegend außerhalb der staufischen Kernlandschaften besaß. Mit dem Ende der Staufer kam auch das Ende der Sonderstellung der Reichsministerialen im Königsdienst. Der Habsburgerkönig Rudolf stützte sich bei seiner Neuorganisation der deutschen Königsherrschaft vornehmlich auf niedere Adelige und andere Funktionsträger.

Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts und dem Untergang der Staufer war die Zeit der alten Königsherrschaft in Deutschland endgültig vorbei. Während England und Frankreich dank längerer Thronfolge bereits zu Erbmonarchien geworden waren, mißlangen die Bemühungen des Staufers Heinrich VI. um die Erblichkeit des deutschen Königtums; mit päpstlicher Hilfe setzte sich seit 1198 ein Recht bestimmter geistlicher und weltlicher Reichsfürsten auf die Königswahl durch. Diese wurden seit der Wahl von 1257 Alleinwähler, so daß sich im Spätmittelalter ein deutsches Wahlkönigtum etablierte. Die „Goldene Bulle“ Karls IV. (1356) sicherte reichsgesetzlich endgültig die Wahlrechte der Kurfürsten.

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