Читать книгу Enzyklopädie des Mittelalters - Группа авторов - Страница 41

Konzilien und Synoden

Оглавление

Beide Begriffe bezeichnen kirchliche Versammlungen. Während jedoch das lateinische Wort den Zweck betont (concilium = Beratung), verweist das griechische Wort auf die Organisation (sy nodos = Zusammenkunft). Seit im 4. Jahrhundert der griechische Ausdruck als Lehnwort latinisiert war (synodus), wurde er bis zum Ausgang des Mittelalters häufig synonym mit dem lateinischen verwendet [↗ Konziliarismus].

Nach dem von Bibelexegeten diskutierten „Apostelkonzil“ in Jerusalem, über das die Apostelgeschichte berichtet, gibt es seit dem späten 2. Jahrhundert aus Kleinasien, Rom und Nordafrika die ersten Nachrichten über derartige Versammlungen. Weil deren Teilnehmer Bischöfe oder Presbyter als Bischofsvertreter waren, setzen sie die Genese des „monarchischen Episkopats“ voraus. Und auch wenn eindeutige Aussagen fehlen, dürfte die Initiative zu den Versammlungen von den Bischöfen der jeweiligen politischen Metropolen ausgegangen sein. Gegenstand der Beratungen waren anfangs wohl vor allem rituelle (Osterfeststreit) und dogmatische Konflikte (Montanisten, Ketzertaufstreit). Ziel war die unanimitas, der Konsens. Eine zentrale Instanz, die Versammlungen, die alle Christengemeinden erfaßten, einberufen konnte, gab es noch nicht.

Dies änderte sich mit der Verchristlichung des Kaisertums im 4. Jahrhundert. Schon Konstantin der Große (obgleich noch nicht getauft) beanspruchte für sich das Recht, Bischöfe mit der Leitung von Synoden zu beauftragen (z.B. Rom 313, Arles 314) und für das gesamte Reich ein Konzil einzuberufen (Nicäa 325), auf dem allerdings der Osten dominierte. Spätere Kaiser ahmten ihn nach bis hin ins 9. Jahrhundert. Und so war es auch ein Kaiser, Justinian I., der in einem Gesetz (Novellae 131) die Gleichstellung der ersten vier „ökumenischen Konzilien“ (Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesus 431, Chalcedon 451) mit den vier Evangelien dekretierte. Daß Papst Gregor I. (590–604) gleichfalls die Gleichstellung anordnete, zeigte ihn als Reichsbischof.Ein später Nachklang dieser kaiserlichen Prärogative war 1160 das Konzil von Pavia, einberufen von Friedrich I. Barbarossa als Kaiser zur Beendigung des Papstschismas von 1159 – jedoch ohne Erfolg.

Einberufen hatten die Kaiser der Spätantike die Konzilien vornehmlich zur Wahrung oder Wiederherstellung der Stabilität in ihrem Reich, denn dogmatische und andere Konflikte hatten häufig zu Aufruhr geführt; doch sollten auch Rangfragen im Episkopat (z.B. Stellung der Bischöfe von Rom und Konstantinopel) oder etwa Fragen der Disziplin reichseinheitlich geregelt werden. Deshalb waren nur die Gemeindeleiter (Bischöfe oder ihre Vertreter) stimmberechtigt, auch wenn außer Mitgliedern der kaiserlichen Familie andere Laien, Kleriker oder gar Nonnen anwesend waren. Auch in diesem Anspruch auf Einberufung von Konzilien in den von ihnen beherrschten Gebieten ahmten die Herrscher der neu entstandenen Germanenreiche die Kaiser nach, die Westgotenkönige in Spanien ebenso wie die angelsächsischen oder fränkischen Könige. (Der westgotische Konzilsordo prägte die Geschäftsordnung auf Konzilien im lateinischen Westen bis ins Spätmittelalter hinein.) Karl der Große ließ sogar auf der Synode von Frankfurt 794 Belange außerhalb seines Reiches regeln.

Außer den Reichssynoden gab es Partikularsynoden, deren Regelmäßigkeit schon seit Nicäa (325) immer wieder gefordert, jedoch selten realisiert worden ist: von den Bistumssynoden unter Leitung eines Bischofs über die von einem Metropoliten (später: Erzbischof) einberufenen Provinzialsynoden bis hin zu den mehrere Kirchenprovinzen oder einen Patriarchat erfassenden Zusammenkünften. Vom Charakter dieser Synoden hing es ab, welche Materien beraten und beschlossen wurden oder wer teilnahm und stimmberechtigt war. Und für sogenannte Reformklöster (z.B. Cluny) war es seit dem 10. Jahrhundert typisch, sich durch den Papst von der Teilnahmepflicht an Diözesan- oder Provinzialsynoden befreien zu lassen.

Das eben knapp skizzierte Gliederungsschema von Synoden läßt sich auch beim römischen Bischof erkennen. An seiner Diözesansynode nahmen die Spitzen des Ortsklerus – Presbyter und Diakone später auch die römischen Äbte und Bischöfe aus der näheren Umgebung teil. Vor allem diese Art von Synode wurde im 12. Jahrhundert durch die Beratung und Beschlußfassung mit den Kardinälen im Konsistorium ersetzt. Der Provinzialsynode entsprach die Einberufung der Bischöfe in der Italia suburbicaria. Und weil (zumindest bis zum 5./6. Jahrhundert) ein Großteil der päpstlichen Patrimonien in den Metropolitanbereichen der Bischöfe von Thessalonike und Arles lagen, suchten manche Päpste auch auf dortige Provinzialsynoden Einfluß zu nehmen. Hingegen lassen sich bei den von Kaisern einberufenen Konzilien eine Präsenz und Mitwirkung von Päpsten oder deren Vertretern erst seit Chalcedon (451) feststellen. Und manchmal dienten derartige Konzilien nicht gerade dem Ansehen des Apostolischen Stuhles im Westen. Das lag auch daran, daß der päpstliche Einfluß auf Synoden in Nordafrika, Spanien und Gallien minimal war.

Das änderte sich erst mit der Karolingerzeit, als unter Karl dem Großen, Ludwig dem Frommen und Karl dem Kahlen Päpste an Reichssynoden selbst oder durch Vertreter teilnahmen. Im Konflikt mit Konstantinopel leitete schon Nikolaus I. (858–867), die Realität überschätzend, daraus den Anspruch des Papstes ab, für die ganze Kirche Synoden einberufen zu können. Immerhin setzte sich die karolingische Tradition im 10. Jahrhundert fort, bis schließlich 1021 in Pavia Papst Benedikt VIII. und Kaiser Heinrich II. gemeinsam einer Synode vorsaßen. Daß es aber im Notfall immer noch der weltliche Herrscher war, der die Kirche rettete, zeigte noch 1046 Heinrich III. auf den Synoden von Sutri und Rom, auf denen die drei, damals miteinander rivalisierenden Päpste abgesetzt wurden. Bald darauf jedoch wendete sich das Blatt.

Bereits Leo IX. hatte 1049 auf einem Konzil in Reims gezeigt, daß er für sich als Papst das Recht beanspruchte, in reichsfremden Orten Synoden abzuhalten und auf diesen gesamtkirchliche Fragen zu regeln. Seit Alexander II. leiteten römische Beauftragte, selbst solche mit niederen Weihegraden, auswärtige Versammlungen. Und je mehr Konflikte von Päpsten mit Kaisern eskalierten, desto mehr stärkten Päpste ihren Rückhalt auf Synoden und ließen kirchenrechtlich wichtige Materien dort unter ihrem persönlichen Vorsitz behandeln und beschließen. Daß hingegen drei in der Lateranbasilika gehaltene Synoden (1123, 1139, 1179) als „ökumenische Konzilien“ gelten, ist erst ein Ergebnis der katholischen Apologetik der „Gegenreformation“. Immerhin haben schon Dekretisten (Kommentatoren des Decretum Gratiani als damals wichtigster Sammlung des Kirchenrechts) im 12. Jahrhundert die Bedeutung von Synoden betont, die der Papst selbst geleitet hat.

Das erste Generalkonzil, das schon Zeitgenossen den früher von Kaisern einberufenen Konzilien gleichstellten, tagte 1215 unter der Leitung von Innozenz III. (4. Laterankonzil). Vom Papst intendiert, aber auch real, repräsentierte es die vom Papst geleitete Universalkirche – einschließlich der vier östlichen Patriarchate (Antiochien, Jerusalem, Konstantinopel, Alexandrien), denn diesen standen nun lateinische Geistliche vor. Obwohl diese sich nur selten vor Ort durchsetzen konnten, erfaßte in der (bis heute gültigen) Rechtsfiktion die Universalkirche die gesamte rechtgläubige Christenheit und ihre deutlichste Manifestation fand (und findet) diese im vom Papst gelenkten Generalkonzil. Und erst diese Rechtsfiktion ermöglichte es, daß anfangs einzelne Gelehrte („Konziliaristen“), dann die Konzilien von Konstanz (1414–1418) und Basel (1431–1447/49) die Oberhoheit der Generalkonzilien auch über den Papst beanspruchen konnten. Erleichtert hatten diesen Anspruch nicht nur die reale Situation im und nach dem „Abendländischen Schisma“ [↗ Abendländisches Schisma], sondern, abgesehen von der schon genannten Rechtsfiktion, die Bildung außerhalb der traditionellen Hierarchie stehender Organisationen (besonders der Bettelorden) und die wachsende Bedeutung der Universitäten; beide Faktoren hatten bewirkt, daß Charakter und Anzahl der stimmberechtigten Konzilsteilnehmer seit 1274 (Lyon II) sich immer stärker differenziert hatten. Daher verlor der Organisationstypus des Generalkonzils viel von seiner Attraktion, als nach dem Scheitern des Basler Konzils sich nicht nur der Leitungsanspruch des Papstes wieder durchsetzte, sondern auch der Episkopat erneut die Mehrzahl der stimmberechtigten Teilnehmer stellte. Beide Elemente prägen seitdem die römische Kirche bis heute.

BERNHARD SCHIMMELPFENNIG

Enzyklopädie des Mittelalters

Подняться наверх