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Dennoch erwuchsen vom 14. Jahrhundert an aus den bestehenden Orden selbst Antriebe zu einer weiteren Festigung, welche keineswegs nur formalistisch auf eine Rückkehr zu den Anfängen zielten, sondern auch ursprüngliche Ideale in neue Ausgestaltungen zu gießen strebten. Gemeinsames Kennzeichen aller Bestrebungen war der „Wille zur Innerlichkeit, [der] Rückzug aus der Welt, die Revision des Verhältnisses zur Theologie und Wissenschaft, die Vorliebe für das individuelle Gebet und die Meditation“ (K. Elm). Die Amtskirche und insbesondere die großen Konzile des Spätmittelalters waren sich des Reformbedarfes aber durchaus bewußt und unterstützten entsprechende Maßnahmen.

Insbesondere die alten monastischen und kanonikalen Klöster, Verbände und Orden hatten einen hohen Regenerierungsbedarf zum einen angesichts der öffentlichen Prädominanz der Bettelorden in den Städten, aber ebenso auch an den Höfen der Mächtigen, und zum anderen wegen ihrer hohen Gefährdung durch Kommendataräbte (Laien oder Geistliche, die eine Abtei seitens des Heiligen Stuhles als Pfründe erhalten hatten), welche wie früher die Laienäbte nicht selten die wirtschaftlichen Ressourcen der Häuser ausbeuteten und profanisierten.

Wahrend der 60er Jahre des 14. Jahrhunderts ging von Subiaco einer der ersten überregionalen Reformimpulse im Benediktinertum aus, der vor allem nördlich der Alpen wirkte und dort an der Wende zum 15. Jahrhundert in den Abteien von Kastl (Oberpfalz) und Melk (Niederösterreich) wiederum weitere Knotenpunkte der Reform bilden ließ. Obgleich normative Vorgaben in Form von Statuten verfaßt wurden, die von mehreren Dutzend Klöstern (darunter so bedeutende wie zum Beispiel St. Emmeram oder St. Gallen [Kastl] bzw. Tegernsee [Melk]) angenommen wurden, kam es zu keiner Verbandsbildung. Eine solche erfolgte erst bei der Reform von Bursfelde (an der Weser) in der Mitte des 15. Jahrhunderts mit massiver kurialer Unterstützung (z.B. auch durch den Kardinal Nikolaus von Kues). Dieser Verband von ursprünglichen Einzelabteien, dem dann 1530 94 Abteien (darunter so wichtige wie zum Beispiel St. Peter in Erfurt, St. Jakob in Mainz, Hirsau, Gembloux oder Corvey) angehören sollten, wurde straff geführt mit einem gemeinsamen Präsidenten, mit jährlichen judizialen und legislatorischen Generalkapiteln und zentraler Visitation nach dem Vorbild und mit den Privilegien der ebenfalls benediktinischen Kongregation von St. Guistina (1408 von den Olivetanern reformiert) in Padua.

Auf die Regularkanoniker (Augustiner-Chorherren) hatte vor allem die neue Frömmigkeitsbewegung der sogenannten Devotio moderna besonderen Einfluß genommen. Diese von Gert Groote († 1384) aus Deventer angestoßene Laienbewegung, die im Semireligiosentum der „Brüder und Schwestern vom Gemeinsamen Leben“ jenseits der herkömmlichen Orden Leitgedanken der „Nachfolge Christi“ in Demut und Betrachtung entfaltete, führte auch zu einer Klostergründung bei Windesheim nahe Zwolle (1387) mit Annahme der Augustinusregel und nachfolgender Verbandsbildung, die durch Papst Bonifaz IX. 1395 approbiert wurde. Diese Kongregation der Windesheimer Augustiner-Chorherren entwickelte 1402 eigene Statuten mit teilweisen Übernahmen von den Regularkanonikern von St. Viktor in Paris. Die Devotio moderna strahlte ebenfalls nach Italien, insbesondere auf St. Salvatore in Laterano (seit 1445/46), aus, woraus sich die Lateranensische Kongregation bildete, die Reformnetzwerke bis nach Ostmitteleuropa aufbaute.

Unter dem Einfluß jener Frömmigkeitsbewegung entwickelte sich auch der Kartäuserorden erneut zu einer attraktiven, Mystik und gelehrten Humanismus verbindenden Gemeinschaft, die jetzt zahlreiche Gründungen von Häusern in unmittelbarer Stadtnähe (z.B. Köln, Basel, Freiburg i. Br.) erfuhr.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts setzten gleichfalls bei den Bettelorden Reformen ein, die als eine „Observanzbewegung“ verstanden wurden, da es im wesentlichen um die Rückbesinnung auf die ursprünglichen Ideale des jeweiligen Ordens und seiner Regel ging. Angestoßen durch den Generalmagister Raymund von Capua 1390 begann eine solche Reform bei den Dominikanern, die im deutschen Reich vor allem durch Johannes Nider († 1438) in Basel vorangetrieben wurde. Bei den durch die Spiritualen vorbelasteten Franziskanern geschah eine Rückbesinnung auf die Leitideen des Ordensgründers namentlich bei Fogliano unter Paolucci Trinci ab 1368 in eremitischer Abgeschiedenheit, aus der sich aber in Verbindung mit anderen Reformzentren bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts gleichsam ein neuer Orden – der der „Observanten“ – mit hunderten von Klöstern neben den herkömmlichen Gemeinschaften der sogenannten „Konventualen“ erwuchs.

Die Vielfalt war insgesamt größer, als sie hier nur in den Grundlinien aufgezeichnet werden konnte. Gemeinsames Kennzeichen durch die Jahrhunderte war einerseits die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem, dessen Wurzeln gewissermaßen aus alten Aktualitäten stammend immer noch (oftmals recht blühend) fortbestanden oder zumindest fortwirkten, und andererseits das stets innovative Aufgreifen von zeitgemäßen Bedürfnissen, welches sich häufig an die Spitze der fortschrittlichsten Bemühungen der mittelalterlichen Gesellschaft um neue Organisationsformen und Ordnungskonzepte gestellt hatte.

GERT MELVILLE

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