Читать книгу Geschichte der Stadt Worms - Группа авторов - Страница 31

Latènezeit: Epoche der Kelten

Оглавление

Nach dem Schweizer Fundort wird die an die Hallstattzeit anschließende Epoche ab etwa 450 v. Chr. bis zur Römerzeit als Latènezeit oder als die Zeit der Kelten bezeichnet. Nun bringt man erstmals einen von den Archäologen geprägten Zeitbegriff mit dem aus schriftlichen Quellen bekannten Namen eines Volkes zur Deckung. Gallier nannten die Römer die Kelten im großen linksrheinischen Raum.

Das südliche Mitteleuropa war das Land der Kelten. Sie treten zunächst undeutlich in Erwähnungen der antiken Schriftsteller hervor, und was wir über sie wissen, hat man aus den lückenhaften und tendenziösen Nachrichten ihrer Gegner, der Griechen und Römer, oder gar aus mittelalterlichen Überlieferungen herauszufiltern versucht. Zwischen Spanien und Kleinasien bewegten sich keltische Stammesgruppen, was von den dort schon ansässigen Menschen durchaus als feindlich beurteilt wurde. Gallier besetzten sogar einen Teil der heutigen inneren Türkei. Es sei hier an die Kämpfe um Pergamon in Kleinasien erinnert. Die siegreichen Pergamener weihten im 3. Jahrhundert v. Chr. Skulpturen wie »Gallier tötet sein Weib und sich« den Göttern als Dank für den erfochtenen Sieg über die Eindringlinge. Was die Lebensverhältnisse der im Lande gebliebenen Kelten betrifft, unterrichtet uns die archäologische Forschung allerdings nur ansatzweise.

Manchmal bleibt von einem Grab allein ein einzelner Fund übrig, so wie in Pfeddersheim, als 1938 in einer Sandgrube ein massiv gegossener, reich verzierter Halsreif mit Schälchenenden aus Bronze gefunden wurde. Das zugehörige Skelett dürfte von dem kalkarmen Boden aufgezehrt worden sein. Der Halsreif ist für den Wormser Raum singulär. Rautenförmige Ritzungen schließen sich an achtfach geperlte Partien an, die Perlen sind mit kleinen Kreisaugen verziert. Die Übergänge von den betonten Schälchenenden zu den geperlten Reifpartien sind mit feinsten gekerbten zarten Ringen versehen. Der Reif glänzte ursprünglich golden, wie jedes Schmuckstück aus Bronze. Er stammt aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr.16


Abb. 3: Reich verzierter Halsreif aus Bronze, 4. Jh. v. Chr. Worms – Pfeddersheim (Zeichnung Michael Ober, Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz)

Als 1985 in der Gewann Rautwiesen von Worms-Abenheim ein Verteilerkreuz für eine neue Autobahnauffahrt gebaut werden sollte, vermutete man hier zunächst eine spätneolithische Siedlungsstelle. Die Grabung des Museums der Stadt Worms erbrachte dann Siedlungsreste und Gruben aus der Hallstatt- und Latènezeit. Hervorzuheben ist besonders eine Grube, in die eine trächtige Stute gelegt worden war. Die Spuren an den Knochen belegen, dass man dem Pferd die Haut abgezogen und Beine und Kopf abgeschnitten hat, um dann den Kadaver und seine Teile zu vergraben. Analysen datieren das Pferd in die Zeit zwischen Mitte des 8. Jahrhunderts und des 5. Jahrhunderts v. Chr. Ein vollständiges Pferdeskelett aus der vorrömischen Zeit ist für Zoologen so bedeutsam wie ein Metallhortfund (etwa der aus Neuhausen) für Archäologen. Deshalb wurde das Pferdeskelett nach Untersuchung und Restaurierung in einer nachempfundenen Situation im Museum auch ausgestellt17.

Gräber, kleinere oder größere Gräberfelder der Mittel- und Spätlatènezeit, sind an vielen Stellen in Worms gefunden worden. Wiederum hatte man sie zumeist auf den hochwasserfreien Flächen angelegt. In der Gemarkung Abenheim haben sich Kriegergräber sogar auf der Höhe südlich gegenüber den Rautwiesen gefunden. In Pfeddersheim scheint allerdings der Gräberbereich in Pfrimmnähe beim Naherholungsgebiet angelegt gewesen zu sein. Daneben existieren jedoch auch irreguläre Bestattungen in Siedlungsgruben. Das spektakulärste ist das als »Mutter und Kind« bezeichnete Grab aus dem Sandgebiet von Eich. Hier war zunächst ein fünf bis sechs Jahre altes Kind in eine ehemalige Vorratsgrube gelegt und mit Erde bedeckt worden. Darüber wurde in seitlicher Schlafposition eine junge Frau von etwa 25 Jahren gebettet. Der Befund wurde im Block gehoben, und Generationen von Museumsbesuchern rätseln, ob es sich um ein Unglück oder ein Kapitalverbrechen gehandelt haben könnte. Die Lage der Skelette lässt jedoch auf ein geordnetes Beisetzen schließen, nicht auf ein hastiges Verscharren der Toten.

Auch zwei Siedlungsgruben in den Rautwiesen von Worms-Abenheim waren nachträglich als Gräber verwendet worden In einer Grube lag eine gut 30-jährige Frau, eine wenigstens zweifache Mutter, mit stark angezogenen Beinen und angewinkelten Armen auf ihrer linken Seite. Ihr bronzener Dreiknotenreif am rechten Arm und die Vogelkopffibel, die vielleicht an einem Kleidungsstück befestigt war, mit dem man sie zugedeckt hatte, datieren das Grab in die 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Das zweite Grab im oberen Teil einer kreisrunden Trichtergrube barg ebenfalls eine Frau, wieder in Seitenlage mit stark angezogenen Beinen und den Händen vor dem Gesicht. Haube oder Haar schmückten kleine Ringe aus Bronze. Ihr hatte man einen Satz Tongefäße mit Nahrungsmitteln beigegeben (Abb. 4).


Abb. 4: Worms-Abenheim, irreguläre Bestattungen von zwei Frauen. Oben Grab 3 in Grube 75, unten Grab 2, Frau mit Dreiknotenarmreif und Vogelfibel, Frühlatène, 5. Jh. v. Chr. (Zeichnungen H.-J. Windecker)

In der mittleren Latènezeit bestattete man immer noch im heutigen nördlichen Industriegebiet. Es gibt sowohl Körpergräber als auch Feuerbestattungen. Die Überreste von Brandgräbern sind heute allerdings manchmal so unscheinbar, dass sie schnell durch eine Baggerschaufel abgetragen und vernichtet sein können.

Siedlungen der Latènezeit konnten im Wormser Raum bisher nicht planmäßig erforscht werden. Derzeit haben neue Untersuchungen auf dem westlich von Worms gelegenen Donnersberg begonnen, auf dem im 2. Jahrhundert v. Chr. ein großes keltisches Oppidum begründet wurde, das den (ideellen, wirtschaftlichen, religiösen, politischen?) Mittelpunkt des in Rheinhessen und der Nordpfalz ansässigen Stammes darstellte. Seinen Namen kennen wir nicht. Vielleicht war er ein Teilstamm, jedenfalls der östliche Nachbar der Treverer. Deren wichtigstes Oppidum lag auf dem Titelberg (in Luxemburg). Leider sind wir über den Anfang und die Entwicklung des Donnersberg-Oppidums nicht besonders gut informiert. Hinreichende Veröffentlichungen der alten Grabungen gibt es nicht. Unter anderem ist bekannt, dass auf dem Donnersberg zahlreiche keltische Münzen der Zeit von ca. 190–85 v. Chr. gefunden wurden18. In diese Münzreihe passen auch die wenigen in Worms entdeckten keltischen Münzen, von denen die meisten die am Eisbach gelegene Gemarkung von Wiesoppenheim erbrachte. Ein Gräberfeld lag westlich des Ortes, und Koehl berichtete 1890 von dem unversehrten Brandgrab eines Kindes, dessen Überreste ein Satz von neun Gefäßen umgab, »in einigen Speisereste, bestehend aus Schweine- und Vögelknochen«. Bei einem Körpergrab hätten sich »Kinnbacken vom Schwein« gefunden. Weitere Gräber seien durch den Weinbau schon vor langer Zeit zerstört worden.

Die Ausgrabungen des Museums bei der St. Pauluskirche in Worms, zum Rhein hin am Rande der ersten hochwasserfreien Terrasse gelegen, erbrachten aus Gruben im gewachsenen Boden, der etwa drei Meter unter der modernen Oberfläche liegt, einige Scherben von Gefäßen, von denen weniger als fünf von großen Schalen mit eingebogenem Rand aus der Spätlatènezeit (2. Jh. v. Chr.) stammen. Eine Bau- oder Siedlungstätigkeit um die Zeitenwende ist hier jedoch nicht nachweisbar.

Geschichte der Stadt Worms

Подняться наверх