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Leben in Borbetomagus: Was wir über Wohnhäuser wissen

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Die Häuser bei St. Paulus wurden nicht vor Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. gebaut, ihre Wandmalereien sind wohl im späten 1. Jahrhundert entstanden42. Bis zum Abbruch der Häuser um 370 n. Chr. scheinen sie nicht erneuert worden zu sein, jedenfalls gibt es nur eine Malschicht. Südgallische Terra Sigillata aus La Graufesenque (einige Scherben von Steilrandtellern und Schüsseln mit Reliefverzierung), etwas »Belgische Ware« (rote und graue Tellerfragmente) sowie Gebrauchskeramik des mittleren 1. Jahrhunderts n. Chr. sind die ältesten Funde, begleitet von einigen gleichzeitigen Fibeln. Die fragmentierte Schnalle eines Militärgürtels aus claudischer Zeit (um 50 n. Chr.) kann für die Gebäude wohl keine Interpretation hinsichtlich der Bewohner liefern. Haus 1 bei St. Paulus maß etwa 30 m (West – Ost) zu 15 m (Nord – Süd). An der Ostseite befand sich ein sorgfältig gemauerter Keller, Mauerstärke 0,70–0,80 m, aus Kalksteinen (Handsteinen), vermörtelt und mit Fugenstrich, mit Zugang im Süden (Abb. 6).


Abb. 6: Römische Kellerwand, Haus 1 bei St. Paulus

Wenigstens ein Raum von etwa 4,70 × 4 m Größe konnte von einem praefurnium, einer externen Feuerstelle, beheizt werden, der Unterboden, auf dem die warme Luft entlangstrich, bestand aus einem Mörtelestrich mit darauf liegenden Ziegelplatten. Vermutlich wurde das Praefurnium vom Hof aus bedient, an dessen Nord- und Westseite möglicherweise überdachte Veranden gebaut waren. Im Westen befand sich ein Backofen von etwa 0,80 m Durchmesser, mit Ziegelplatten ausgelegt. Zwei Nutzungs- oder Bauperioden konnten festgestellt werden. Die Deutung als Backofen wird gestützt durch Asche und Holzkohle sowie Getreidefunden in der Nähe: einmal Weizenkörner, also Brotgetreide, ein andermal vor allem Gerste (Braugetreide?). Die Dimension des Ofens geht über rein familiäre Nutzung hinaus.

Unterhalb des Ofens, in der Verfüllung einer tiefen Grube, fanden sich mineralisierte (also nicht verkohlte) Kerne von Früchten, die nicht gleichzeitig reifen: Kirschen, Pflaumen, Weintrauben, Äpfel. Reste von Trockenobst oder Kompott43? Jedenfalls werfen diese Funde ein kleines Licht auf den römerzeitlichen Speisezettel.

Von Haus 2, das sich westlich von Haus 1 und in ähnlicher Größe nach Westen bis zur Römerstraße erstreckt haben dürfte, ist allein der Keller dokumentiert, der wie der vorgenannte gemauert war. Er maß etwa 4,20 × 2,90 m, der Zugang von Norden dürfte über eine Treppe erfolgt sein. Das Aufgehende bestand sicherlich vor allem aus Fachwerk, einige Wände waren aber auch mit Kalksteinen gemauert. Als unter dem Bischof Burchard (1000–1025) überall in der Stadt neue Kirchen und Stifte gebaut wurden, stießen die Bauarbeiter auf römische Reste, und die Maurer verwendeten die handlichen Steine erneut. Man sieht sie heute noch auf der Südseite des Paulusstiftes, in den Türmen von St. Andreas und am Dom.

Beide Häuser wurden in der Spätantike systematisch abgerissen, die Keller eingefüllt und das Gelände planiert44. In den Planierungsschichten steckten die Fachwerkwände mit Lehm, Verputz und Malerei. Sie könnten sich zu mehreren Wandfeldern rekonstruieren lassen: Sockelzonen mit Rauten und Kreisen, die Porphyr und Marmor nachahmen, darüber abwechselnd rote und weiße Felder, getrennt von breiten Rahmenstreifen. Es gibt sogar Giebelfelder mit Hippokampen und Reste von männlichen Figuren.

An der Schönauer Straße hatte man vor dem Bau der Fabrik von Doerr & Reinhart den Teil eines Gebäudes ausgegraben und gezeichnet, der auf eine Villa mit säulenumstandenem Hof schließen lässt, also wohl eine luxuriösere Ausführung unseres Hauses 1 von St. Paulus darstellt45. Nicht nur hier war die Trinkwasserversorgung mittels eines Brunnens gesichert. Auf der nördlichen Seite der Schönauer Straße zeigten sich, durchschnitten von der mittelalterlichen Stadtmauer, Teile eines anderen Hauses mit aus Sandsteinen gemauertem Brunnen, schiefergepflastertem kleinem Hof sowie ypsilonförmiger Schlauchheizung. In einen Raum baute man im 4. Jahrhundert einen Töpferofen ein. Das Haus dürfte im 4. Jahrhundert zerstört und teilweise erneuert worden sein46.

Verschiedentlich wurden Keller beobachtet, die nicht aus Steinen, sondern aus aufeinander geschichteten Dachziegeln mit Lehm erbaut waren, so zwischen Judengasse und Friedrichstraße. Von den Grabungen des Landesamtes Mainz im Stadtgebiet (Koehlstraße, Kranzbühlerstraße, Speyererstraße/Schönauer Straße) könnte man weitere Aufschlüsse zur frühesten Besiedlung und zu den Wohnhäusern erwarten.

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